Im Fokus von Netzwerk Wien 1900 stehen neben Klimts familiärem Umfeld, die Kolleg:innen des Meisters, seine Auftraggeber:innen sowie die wichtigsten Zeitgenoss:innen. Überdies sind jene Wirkungsstätten dokumentiert, die als Wiege des »Wien 1900« verstanden werden. Auch den für Klimt impulsgebenden Orten im In- und Ausland wird hier Raum geboten.
Förderer:innen
Schon während seiner Schulzeit wurde Gustav Klimt von seinen Lehrern besonders gefördert: Sie verhalfen ihm zu ersten bezahlten Assistenzen an ihren Projekten. Später waren es Ferdinand Eitelberger und das Architekturbüro Fellner & Helmer, die der »Künstler-Compagnie« öffentliche Aufträge vermittelten. Mit zunehmender Bekanntheit erweiterte sich der Kreis seiner privaten Auftraggeber:innen. Zu seinen Förderer:innen gehörten vor allem vermögende, zumeist jüdische Persönlichkeiten aus dem Wiener Großbürgertum.
30 Personen & Familien
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Martin Gerlach: Einblick in die Wohnung Serena und August Lederer, 1920er - 1930er, Österreichische Nationalbibliothek, Bildarchiv und Grafiksammlung
© Bildarchiv und Grafiksammlung, Österreichische Nationalbibliothek


Eduard Ast

Eduard Ast, in: Allgemeine Sport-Zeitung, 05.01.1919.
© Klimt-Foundation, Wien

Inserat der Firma Ed. Ast & Co., in: N. N.: Katalog der Kunstschau Wien 1908, Ausst.-Kat., Ausstellungsbau Lothringerstraße (Wien), 01.06.1908–15.11.1908, Wien 1908.
© Bibliothek des Belvedere, Wien
Der Wiener Bauunternehmer und Ingenieur Eduard Ast war ein bedeutender Förderer und Unterstützer der sogenannten »Klimt-Gruppe«. Er besaß eine Villa in der Künstlerkolonie auf der Hohen Warte, die von Josef Hoffmann errichtet wurde, und kaufte mehrere Gemälde Gustav Klimts.
Eduard Ast wurde 1868 in Wien geboren. Um die Jahrhundertwende übernahm der erfahrene Bauunternehmer die renommierte Betonbaufirma und Zementwarenfabrik von Julius Chailly und führte diese zunächst unter dem Namen – Ingenieur Eduard Ast – in der Porzellangasse 25 im 9. Wiener Gemeindebezirk weiter. Kurze Zeit später trat das technisch innovative Unternehmen bereits unter der Bezeichnung Eduard Ast & Co. in Erscheinung; Eduard Ast selbst wurde dabei fortan als Gesellschafter genannt. Das erfolgreiche Unternehmen inserierte in den nächsten Jahren wiederholt in namhaften Zeitungen und Zeitschriften unter anderem auch im Ver Sacrum, der hauseigenen Zeitschrift der Wiener Secession.
Zusammenarbeit mit der Klimt-Gruppe
Wie der Kontakt zwischen Eduard Ast und Künstlern wie Gustav Klimt und Josef Hoffmann genau zustande gekommen ist, lässt sich heute nicht mehr genau eruieren. Zu einer bewährten Zusammenarbeit zwischen der Klimt-Gruppe, die 1905 die Wiener Secession verließ, und der Firma Eduard Ast & Co. kam es nachweislich bei der »Kunstschau Wien 1908« und der »Internationalen Kunstschau Wien 1909«, die Gustav Klimt und andere Künstler initiierten. So wurde in den Katalogen der beiden Kunstaustellungen wiederholt vermerkt, dass Bau- und Betonarbeiten von der Firma Eduard Ast & Co. ausgeführt wurden. In diesem Zusammenhang berichtete die Zeitung Neue Freie Presse am 22. April 1909 auch über folgende persönliche Geste:
»Kurz nach der Eröffnung bereiteten die Künstler der ›Kunstschau‹ dem Ingenieur Eduard Ast im intimen Kreise eine Ehrung, indem sie ihn für seine Verdienste um die baulichen Anlagen der ›Kunstschau‹ ein sehr hübsch ausgestattetes Album überreichten, das Bilder von Klimt und anderen Künstlern enthielt.«
Darüber hinaus präsentierte Gustav Klimt in der »Kunstschau Wien 1908« die beiden Gemälde Freundinnen I (Schwestern) (1907, Klimt-Foundation, Wien) und Danaë (1907/08, Privatbesitz), die Eduard Ast vermutlich unmittelbar vor oder nach der Veranstaltung erwarb. Später sollte auch das Gemälde Pallas Athene (1898, Wien Museum, Wien) in seinen Besitz übergehen, das ursprünglich dem Industriellen Viktor Zuckerkandl gehörte.
Villa Ast auf der Hohen Warte
Ab 1909 ließ sich Eduard Ast von Josef Hoffmann in der »Künstlerkolonie« auf der Hohen Warte im 19. Wiener Gemeindebezirk eine mehrstöckige Villa mit einer großen Gartenanlage erbauen und einrichten. Ein umfangreicher Bericht mit einer Fotostrecke aus der Zeitschrift Moderne Bauformen von Amelia Sarah Levetus ermöglichen es heute die Hängung der beiden Klimt-Gemälde in der Villa genau zu bestimmen. Bis 1931 lebte Eduard Ast mit seiner Familie in dem Haus. Danach wohnte Alma Mahler-Werfel, Stieftochter des Malers Carl Moll, mit ihrem Ehemann Franz Werfel für einige Jahre dort.
Weiterer Werdegang
Eduard Ast hielt zahlreiche bautechnische Vorträge und engagierte sich neben Josef Hoffmann für die Gründung eines Österreichischen Werkbundes, in dem er als Ausschussmitglied fungierte. Ast war ein begeisterter Ruderer ab 1907 langjähriger Präsident des Wiener Ruderverein Donauhort. 1932 musste er für sein Unternehmen Konkurs anmelden. Der gefragte Bauunternehmer verstarb schließlich im August 1945 in Wien.
Literatur und Quellen
- Amelia Sarah Levetus: Die Villa Ast in Wien von Professor Josef Hoffmann, in: Moderne Bauformen. Monatshefte für Architektur und Raumkunst, 12. Jg. (1913), S. 1-24.
- Neue Freie Presse, 22.04.1909, S. 1.
- Der Bautechniker. Centralorgan für das österreichische Bauwesen, 18. Jg., Nummer 3 (1898), S. 44.
- Neues Wiener Tagblatt, 01.05.1913, S. 12.
- Kleine Volks-Zeitung, 01.02.1936, S. 4.
- Vereinigung bildender KünstlerInnen Wiener Secession (Hg.): Ver Sacrum. Organ der Vereinigung bildender Künstler Österreichs, 1. Jg., Heft 8 (1898), S. 1.
- Felix Czeike (Hg.): Historisches Lexikon Wien, Band 1, Wien 1992, S. 177.
- Felix Czeike (Hg.): Historisches Lexikon Wien, Band 3, Wien 1994, S. 85.
- Max Eisler: Österreichische Werkkultur, Wien 1916, S. 241.
- N. N.: Die Eröffnung der "Kunstschau", in: Die Zeit, 22.04.1909, S. 3.
- N. N.: Rudern. Baurat Ast als Jubilar, in: Sport-Tagblatt, 16.11.1933, S. 7.

Hermann Bahr

Hermann Bahr fotografiert von Friedrich Viktor Spitzer, in: Photographische Rundschau und photographisches Centralblatt. Zeitschrift für Freunde der Photographie, 22. Jg., Heft 3 (1908).
© Klimt-Foundation, Wien

Die Gruppe »Jung-Wien«: stehend Richard Beer-Hofmann und Hermann Bahr, sitzend Hugo von Hoffmannsthal und Arthur Schnitzler fotografiert von Anna Krieger, um 1895, Österreichische Nationalbibliothek, Wien
© Bildarchiv und Grafiksammlung, Österreichische Nationalbibliothek
Der österreichische Dichter, Schriftsteller, Dramatiker, Essayist sowie Theater- und Literaturkritiker Hermann Bahr gilt als Schlüsselfigur der Wiener Kunst- und Kulturszene der Jahrhundertwende und Wegbereiter der Moderne.
Hermann Bahr wurde am 19. Juli 1863 in Linz geboren, wo er das akademische Gymnasium besuchte. In Salzburg war er am Benediktiner-Gymnasium und übersiedelte danach nach Wien, um Klassische Philologie, Jus und Nationalökonomie zu studieren. Bahr begann in deutschnationalen Kreisen zu verkehren und zählte zu den Gefolgsleuten von Georg Ritter von Schönerer. Aufgrund einer antisemitischen Rede anlässlich des Trauerkommers für Richard Wagner 1883, die er als Mitglied der deutschnationalen Burschenschaft Albia hielt, wurde er von der Universität Wien ausgeschlossen. Er setzte daher sein Studium in Graz und Czernowitz fort und besuchte ab 1884 Vorlesungen in Philosophie, Geschichte, Literatur und Kunstgeschichte an der Friedrich-Wilhelms-Universität in Berlin, schloss sein Studium jedoch nicht ab.
Bahr unternahm Reisen nach Frankreich, Spanien, Marokko, Russland und Italien und arbeitete bereits ab 1882 publizistisch für unterschiedliche Zeitschriften und Verlage. Besonders sein Aufenthalt 1888/89 in Paris prägte seine Hinwendung zur Kunst und Moderne. Unter dem Titel Zur Kritik der Moderne erschien 1889 eine erste Sammlung seiner Zeitungsbeiträge. Im Jahr darauf wurde er Mitarbeiter der Freien Bühne in Berlin, wo er sich mit Josef Kainz und Arno Holz anfreundete. Da der berufliche Erfolg ausblieb, kehrte er 1894 nach Wien zurück. Hier ließ er sich als Schriftsteller, Theaterkritiker und Bühnendichter nieder. Er trat aus der römisch-katholischen Kirche aus und heiratete 1895 die jüdische Schauspielerin Rosalia (auch Rosa) Jokl.
Bahr machte Bekanntschaft mit Peter Altenberg, Hugo von Hofmannsthal, Arthur Schnitzler, Felix Salten und Richard Beer-Hofmann und wurde zum Mittelpunkt des literarischen Kreises Jung-Wien, dessen Mitglieder sich regelmäßig im Café Griensteidl trafen. Er galt als Sprachrohr der modernen Literaturströmung und publizierte seine gesammelten Kritiken 1891 unter dem Titel Die Überwindung des Naturalismus.
Ein Zusammentreffen mit Theodor Herzl in Paris, dessen zionistische Bewegung er in der Folge befürwortete, beeinflusste wohl sein 1894 verfasstes Buch Der Antisemitismus. Ein internationales Interview. Im gleichen Jahr gründete Bahr gemeinsam mit Heinrich Kanner und Isidor Singer die Wochenschrift Die Zeit und betreute den Kulturteil. Weiters arbeitete er für die Deutsche Zeitung und schrieb Theaterkritiken für die Österreichische Volks-Zeitung sowie das Neue Wiener Tagblatt. Bahr positionierte sich durch seine Tätigkeit geschickt im Kulturbetrieb, wobei Karl Kraus zu seinen größten Kritikern zählte und ihn häufig in der Fackel angriff.
Während der Gründung der Wiener Secession engagierte sich Hermann Bahr für die Erneuerung der Kunst und als Fürsprecher der programmatischen Künstlervereinigung. In den ersten drei Jahren wirkte er auch im literarischen Beirat der Zeitschrift Ver Sacrum, dem publizistischen Organ der Secession. Zudem verfasste er Rezensionen, in denen er sich besonders für die Malerei Klimts einsetzte. So bezeichnete er dessen Supraporte für das Palais Dumba Schubert am Klavier (1899, 1945 auf Schloss Immendorf verbrannt) in der »IV. Secessionsausstellung« 1899 als:
»[…] das schönste Bild, das jemals ein Österreicher gemalt hat.«

Josef Löwy: Schubert am Klavier, 1899, MAK – Museum für angewandte Kunst
© MAK

Josef Maria Olbrich: Villa Bahr, Winzerstraße 22, 1130 Wien, in: Der Architekt. Wiener Monatshefte für Bau- und Raumkunst, 6. Jg. (1900).
© ANNO | Österreichische Nationalbibliothek

Aura Hertwig (?): Einblick in die Villa Bahr, um 1905, Theatermuseum, Wien
© KHM-Museumsverband
1900 beauftragte Bahr Josef Maria Olbrich mit der Gestaltung seiner Villa in Ober Sankt Veit und erwarb Klimts öffentlich kontrovers diskutiertes Gemälde Nuda Veritas (1899, Österreichisches Theatermuseum, Wien). Dieses bekam einen prominenten Platz an der Wand seines Arbeitszimmers. In der Tür des Raums integrierte er auch Klimts Zeichnung Hexe in einem kleinen Rahmen. Die Villa wurde zum Treffpunkt für Wiener Künstler, zu denen unter anderem Klimt, Otto Wagner und Gustav Mahler zählten.
1901 äußerte sich Bahr in einem Ehrenbeleidigungsprozess gegen Kraus über Klimt:
»Ich habe auf der Welt nichts so gern, als Bilder von Klimt. Durch mein Eintreten für seine Bilder bin ich mit Klimt persönlich befreundet worden, ich wurde sein Intimus.«
Im selben Jahr hielt Bahr vor der Schriftstellervereinigung Concordia seine Rede über Klimt. In dieser warnte er davor, dass unter den herrschenden Voraussetzungen die moderne Kunst in Österreich in Gefahr stehe, durch willkürliche Eingriffe zerstört zu werden. Auch im Streit um Klimts Fakultätsbilder, die vom Staat für die Universitätsaula beauftragt wurden, bezog er Stellung und verteidigte neben Ludwig Hevesi und Berta Zuckerkandl, die Freiheit der Kunst. Bahr sammelte und publizierte 1903 zudem negative Pressestimmen unter dem Titel Gegen Klimt.
Neben seiner journalistischen Tätigkeit schrieb er zahlreiche Bühnenstücke und avancierte zu einem führenden Ideengeber der Salzburger Festspiele. Ab 1906 war er Regisseur bei Max Reinhardt am Deutschen Theater in Berlin und lernte zu dieser Zeit auch die Opernsängerin, Regisseurin und Wagner-Interpretin Anna Bellschan von Mildenburg kennen. Nach der Scheidung von seiner ersten Frau heirateten sie 1909 und übersiedelten drei Jahre später gemeinsam nach Salzburg.
Wie viele Intellektuelle der Zeit befürwortete Bahr Österreichs Eintritt in den Ersten Weltkrieg. Obwohl er dadurch als »gestrig« kritisiert wurde, versuchte er mit seinem 1916 erschienenem Werk Expressionismus, in dem er für die neueste Kunstrichtung eintrat, der aktuellen Kunstdebatte gerecht zu werden. Er zeigte sich gegenüber allen literarischen Strömungen, vom Naturalismus bis hin zum Expressionismus, aufgeschlossen, schrieb Romane und verfasste kulturgeschichtlich interessante Tagebücher. Nach dem Ersten Weltkrieg war sein Werk jedoch von Konservativismus und der Rückkehr zum Katholizismus geprägt. Er arbeitete als Dramaturg am Wiener Burgtheater und zog 1922 nach München. Dort verbrachte Hermann Bahr seine letzten Lebensjahre krank und dement und verstarb am 15. Jänner 1934.
Literatur und Quellen
- Hermann Bahr: Rede über Klimt, Wien 1901, S. 13.
- Hermann Bahr: Gegen Klimt, Wien 1903.
- Hermann Bahr: Tagebuch 1918, Innsbruck 1919, S. 40.
- Österreichische Biographisches Lexikon. Hermann Bahr. www.biographien.ac.at/oebl/oebl_B/Bahr_Hermann_1863_1934.xml (14.09.2020).
- Markus Kristan: Kunstschau Wien 1908, Wien 2016, S. 214-215.
- Wien Geschichte Wiki. Hermann Bahr. www.geschichtewiki.wien.gv.at/Hermann_Bahr (08.04.2020).
- Hermann Bahr. Österreichischer Kritiker europäischer Avantgarden. www.univie.ac.at/bahr/ (08.04.2020).
- Hermann Bahr: Secession, Wien 1900, S. 120, S. 123.
- Eduard Pötzl: Gerichtssaal. Ein Ehrenbeleididungsproceß, in: Neues Wiener Tagblatt, 24.02.1901, S. 6-8.
- N. N.: Lese-Abend der »Concordia«, in: Neue Freie Presse, 26.03.1901, S. 5.
- Jarmila Weißenböck: Das Haar der Nuda Veritas. Hermann Bahr und seine Klimts, in: Parnass, 20. Jg., Heft 17 (2000), S. 116-117.
- Markus Neuwirth: Hermann Bahr und Gustav Klimt. Exotismus als Fluchtpunkt, in: Jeanne Benay, Alfred Pfabigan (Hg.): Hermann Bahr – für eine andere Moderne, Bern 2004.
- Werner Hanak: Von Bärten und Propheten. Oder: Theodor Herzl, Hermann Bahr und die Folgen des »antisemitic turns« der Wiener 1880er Jahre, in: Elana Shapira (Hg.): Design Dialogue. Jews, Culture and Viennese Modernism, Wien 2018, S. 313-328.
- Kurt Ifkovits: forum oö Geschichte. Virtuelles Museum Oberösterreich. Hermann Bahr. www.ooegeschichte.at/themen/kunst-und-kultur/literaturgeschichte-oberoesterreichs/literaturgeschichte-ooe-in-abschnitten/19-fruehes-20-jahrhundert/hermann-bahr/ (19.10.2021).
- Brief von Gustav Klimt an Hermann Bahr (17.11.1897). HS_AM19666Ba.
- Ludwig Hevesi: Villa Bahr. Juni 1900, in: Acht Jahre Sezession (März 1897–Juni 1905). Kritik – Polemik – Chronik, Wien 1906, S. 512-516.

Friederike Maria Beer-Monti

Friederike Maria Beer am Attersee, Sommer 1916, Klimt-Foundation
© Klimt-Foundation, Wien

Gustav Klimt: Porträt Friederike Maria Beer, 1916, Tel Aviv Museum of Art, The Mizne-Blumental Collection
© Tel Aviv Museum of Art, Tel Aviv, Foto: Elad Sarig

Gustav Klimt und Friederike Maria Beer bei einem Spaziergang in Weissenbach, Sommer 1916, Klimt-Foundation
© Klimt-Foundation, Wien
Das Leben der kosmopolitischen Friederike Maria Beer-Monti war von Kunst geprägt. Drei Maler der Wiener Avantgarde – Hans Böhler, Egon Schiele und Gustav Klimt – porträtierten diese mondäne Frau mit Vorliebe für die Mode der Wiener Werkstätte.
Friederike Maria Beer und die Wiener Avantgarde
Friederike Maria Beer kam am 27. Jänner 1891 als Tochter des jüdischen Kaufmanns Emil Beer und seiner Frau Isabella (geb. Geissler) in Wien zur Welt. Nach dem frühen Tod des Vaters wurde ihre Mutter Inhaberin der legendären »Kaiserbar«, dem »Rendezvousplatz der Theater- und Kunstwelt« in der Wiener Innenstadt (Krugerstraße 3).
Seit ihrer Kindheit war sie mit dem aus der vermögenden Industriellen- und Mäzenatenfamilie stammenden Maler Hans Böhler befreundet und über eine längere Zeit liiert. Über Böhler, der künstlerisch in der Wiener Avantgarde verankert war, wurde Friederike mit der damaligen Kunstszene vertraut. Im Jahr 1908 hielt er die damals 17-Jährige im Werk Stehender weiblicher Akt (Privatbesitz) fest. Dieses für die damalige Zeit skandalöse Bild und die Auflehnung der Eltern gegen die Beziehung der beiden waren Anlass, Friederike 1909 in ein belgisches Internat zu schicken. Böhler wurde nach China zur Mitarbeit in die dortigen Werke seiner Familie entsandt. 1911 kehrten beide nach Wien zurück. Fortan engagierte sich Beer als Modell für die Wiener Werkstätte – sie bezeichnete sich selbst als »wandelnde Werbung« für diese innovative Produktionsgemeinschaft. 1913/14 unternahm sie gemeinsam mit Hans und seinem Bruder Richard Böhler eine Reise durch Mittel- und Südamerika. Spätestens im Jahr 1914 bezog Beer eine Wohnung in Wien-Mariahilf (Laimgrubengasse 4), die von Josef Hoffmann respektive der Wiener Werkstätte ausgestattet wurde. Im selben Jahr verewigte Egon Schiele die junge Frau, ein Kleid der »WW« tragend, in Öl auf Leinwand. Den Kontakt hatte Böhler hergestellt. Schieles Bildnis Friederike Maria Beer (Privatbesitz) wurde noch im selben Jahr in seiner Kollektivausstellung in der Wiener Galerie Arnot präsentiert.
»Was wollen Sie von mir?« Begegnungen mit Gustav Klimt
Neben Böhler und Schiele wurde Beer auch von Klimt porträtiert. Als sie im November des Jahres 1915 in dessen Hietzinger Atelier in der Feldmühlgasse 11 (ehemals 9) vorstellig wurde, meinte er ihrer Erinnerung nach: »Was wollen Sie von mir? Sie sind doch ohnehin erst vor Kurzem von Schiele gemalt worden!« Klimt ließ sich jedoch nach eingehender Betrachtung der charismatischen Dame von diesem Auftrag überzeugen. Er bereitete dieses Werk durch zumindest 40 Skizzen und Detailstudien vor, in denen das Modell immer wieder unterschiedliche Kleidungsstücke, auch der Wiener Werkstätte, trägt. Schließlich zeigt sich die Dargestellte im Porträt Friederike Maria Beer (1916, Tel Aviv Museum of Art, The Mizne-Blumenthal Collection) in einem Kleid, entworfen von Eduard Josef Wimmer-Wisgrill, aus dem Pongé »Marina« von Dagobert Peche. Es befindet sich heute in der Kostümabteilung des Metropolitan Museum of Art, New York. Der buntfarbige Innenstoff »Flora« der Pelzjacke, Klimt bestand darauf die Jacke zu wenden, wurde von Leo Blonder entworfen. Wie keinem anderen gelang es Klimt, die starke Persönlichkeit Friederikes und ihre Beziehung zu Kunst und Mode perfekt in Szene zu setzen.
Beer erinnerte sich daran, ihr Bildnis dem Meister im Februar 1916 entwendet zu haben, damit er keine weiteren Anpassungen mehr vornehmen konnte. Die Kosten für dieses Gemälde von 20.000 Kronen übernahm Böhler, der ihr ursprünglich die Wahl ließ: eine Perlenkette oder ein Porträt von Klimt. Ausgestellt wurde es erstmals im Jahr 1920 auf der Kunstschau im Österreichischen Museum für Kunst und Industrie (heute: MAK – Museum für angewandte Kunst, Wien).
Im Sommer 1916 trafen Modell und Maler abermals aufeinander. Klimt verbrachte seine letzte Sommerfrische am Attersee im heute noch erhaltenen Forsthaus am Beginn des Weißenbachtales. Friederike hielt sich in diesem Sommer mit Hans und Erwin Böhler, der in diesem Jahr die Insel Litzlberg kaufte, ebenfalls am Attersee auf. Treffen mit Klimt, Flöge und weiteren Sommerfrischegästen sind durch private Schnappschüsse dokumentiert.
Nach dem Tod Gustav Klimts arbeitete Friederike von 1918 bis 1920 in der Galerie von Gustav Nebehay, wo sie die Zeichnungen des Klimt-Nachlasses ordnete und stempelte. Abgesehen von ihrem eigenen Porträt besaß Friederike noch Gustav Klimts Gemälde Schloss Kammer am Attersee II (1909, Privatbesitz), das Böhler 1920 erwarb und ihr schenkte.
Die Kosmopolitin Friederike Maria Beer-Monti
In den 1920er-Jahren verließ sie Österreich und lebte für kurze Zeit auf der Insel Procida im Golf von Neapel. Sie kehrte jedoch nach Wien zurück und lieh im Jahr 1929 ihre von Klimt und Schiele gefertigten Porträts sowie Schloss Kammer am Attersee II der Österreichischen Galerie (heute: Österreichische Galerie Belvedere, Wien) für die Neueröffnung der »Modernen Abteilung«. Um 1934 übersiedelte sie nach New York und gründete zwei Jahre später gemeinsam mit Hugh Sylvan Stix die Artists Gallery. Vor allem nach 1938 wurde diese Galerie zu einer wichtigen Anlaufstelle für u.a. österreichische, emigrierte Künstler wie Max Oppenheimer. Bis 1962 war sie dort leitend tätig. Gegen Ende der 1960er-Jahre verkaufte sie ihre Werke von Böhler, Schiele und Klimt an die Londoner Galerie Marlborough Fine Art und übersiedelte nach Hawaii.
Friederike Maria Beer-Monti nahm sich am 12. Juli 1980 in ihrem 90. Lebensjahr in Kaneohe, Hawaii, das Leben. Ihre letzte Ruhestätte fand sie am Evangelischen Friedhof in Wien-Simmering.
Literatur und Quellen
- Christian M. Nebehay (Hg.): Gustav Klimt. Dokumentation, Wien 1969, S. 433-434.
- Alessandra Comini: Egon Schiele’s Portraits, Berkeley - London - Los Angeles 1974, S. 128-132.
- Alice Strobl (Hg.): Gustav Klimt. Die Zeichnungen, Band III, 1912–1918, Salzburg 1984, S. 98-109.
- Martin Suppan: Hans Böhler. Leben und Werke, Wien 1990.
- Jane Kallir: Egon Schiele. The Complete Works, New York 1990.
- Tobias G. Natter, Gerbert Frodl (Hg.): Klimt und die Frauen, Ausst.-Kat., Oberes Belvedere (Wien), 20.09.2000–07.01.2001, Köln 2000.
- Tobias G. Natter (Hg.): Gustav Klimt. Sämtliche Gemälde, Wien 2012.
- Sandra Tretter, Peter Weinhäupl, Felizitas Schreier, Georg Becker (Hg.): Gustav Klimt. Atelier Feldmühlgasse 1911–1918, Wien 2014, S. 19-22, S. 55.
- Klaus Pumberger: Worüber wir nicht geredet haben. Arisierung, Verdrängung, Widerstand, Ein Haus und die Geschichte zweier Familien, Innsbruck - Bozen - Wien 2015.
- Agnes Husslein-Arco, Jane Kallir, Alfred Weidinger (Hg.): Klimt, Schiele, Kokoschka und die Frauen, Ausst.-Kat., Unteres Belvedere (Wien), 22.10.2015–28.02.2016, München 2015.
- Sandra Tretter, Peter Weinhäupl (Hg.): Gustav Klimt. Sommerfrische am Attersee 1900-1916, Wien 2015, S. 76-77, S. 99.
- Egon Schiele online Werkverzeichnis. egonschieleonline.org/works/paintings/work/p276 (23.03.2020).
- Christian Witt-Dörring: Josef Hoffmann’s and Koloman Moser’s Interior Decoration. A Larger Framework for Klimt’s Portraits, in: Tobias G. Natter (Hg.): Klimt and the Women of Vienna’s Golden Age. 1900–1918, Ausst.-Kat., Neue Galerie New York (New York), 22.09.2016–16.01.2017, London - New York 2016, S. 201.
- Carla Carmona Escalera: A comparison of the portraits of Friederike Maria Beer painted by Egon Schiele and Gustav Klimt. Differentiating between scenography and grammar in painting, in: Johann Thomas Ambrózy, Carla Carmona Escalera, Sandra Tretter, Eva Werth (Hg.): Egon Schiele Jahrbuch, Wien 2019, S. 160-168.

Julius Victor Berger

Julius Victor Berger, Künstlerhaus-Archiv, Wien
© Künstlerhaus-Archiv, Wien
Julius Victor Berger lehrte an der Wiener Kunstgewerbeschule dekorative Malerei. Er unterrichtete Gustav und Ernst Klimt sowie Franz Matsch, die im Palais Zierer und in der Hermesvilla nach seinen Entwürfen arbeiteten. Eines seiner bekanntesten Werke ist das Deckengemälde Die Mäcene des Hauses Habsburg im Kunsthistorischen Museum.
Der Maler Julius Victor Berger wurde 1850 im mährischen Neutitschein (heute: Nový Jičín, Tschechien) geboren. Er studierte ab 1864 für zehn Jahre an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Nach Abschluss seines Studiums erhielt er ein Reisestipendium und ging für einige Jahre nach Italien.
Lehrer und Förderer der »Künstler-Compagnie«
1881 erhielt Berger eine Lehrstelle an der Wiener Kunstgewerbeschule des österreichischen Museums für Kunst und Industrie. Er übernahm dort die Fachklasse für dekorative Malerei des kürzlich verstorbenen Ferdinand Laufbergers. Zu seinen Schülern zählten Gustav Klimt, Ernst Klimt und Franz Matsch. Nach deren Studienabschluss führten die drei jungen Künstler – fortan bekannt als die »Künstler-Compagnie« – künstlerische Ausschmückungen im Palais Zierer (1881/82, später: Palais Kranz) und im Schlafzimmer der Hermesvilla (1885) nach den Vorlagen und Skizzen ihres ehemaligen Lehrers aus. 1887 beendete Berger seine Lehrtätigkeit an der Kunstgewerbeschule und wechselte an die Akademie der bildenden Künste, wo er bis zu seinem Tod, 1902, als Professor lehrte.
Bergers Œuvre
Bergers künstlerisches Werk umfasst zahlreiche Historien- und Genrebilder, Porträts, Illustrationen, Zeichnungen, grafische Arbeiten sowie dekorative Raumausstattungen für Privathäuser und öffentliche Gebäude, wie die Deckenfresken im Justizpalast in Wien. Eines seiner Hauptwerke ist das monumentale Deckengemälde Die Mäcene des Hauses Habsburg (1891) im Goldenen Saal des k. k. Hofmuseums (heute: Kunsthistorisches Museum).
Literatur und Quellen
- Österreichische Illustrierte Zeitung, 23.11.1902, S. 153.
- Österreichische Kunst-Chronik, Nummer 7 (1888), S. 170-172.
- Neues Wiener Tagblatt, 24.07.1891, S. 4.
- Österreichische Akademie der Wissenschaften (Hg.): Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950, Band 1, Wien 1994.
- Felix Czeike (Hg.): Historisches Lexikon Wien, Band 1, Wien 1992, S. 330.
- Beatrix Kriller-Erdrich: Julius Victor Berger und die Mäzene des Hauses Habsburg. Ein Bilddenkmal zur Entstehungsgeschichte der habsburgischen Sammlungen, Wien 2006.
- Günter Meißner, Klaus Gerhard Saur (Hg.): Allgemeines Künstler-Lexikon. Die bildenden Künstler aller Zeiten und Völker, Band IX, München - Leipzig 1994, S. 357-358.
- Ulrich Thieme, Felix Becker (Hg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker, Band III, Leipzig 1909, S. 397-398.
- Kunsthandlung C. J. Wawra (Hg.): 181. Kunstauktion. Versteigerung der Ölgemälde, Aquarelle, Handzeichnungen, Bücher und Dekorationsgegenstände: aus dem Nachlasse des Historienmalers Julius Berger, Aukt.-Kat., Wien 1903.
- Otmar Rychlik (Hg.): Gustav Klimts Lehrer. 1876-1882. Sieben Jahre an der Kunstgewerbeschule, Ausst.-Kat., MAK – Museum für angewandte Kunst (Wien), 03.11.2021–13.03.2022, Bad Vöslau 2021, S. 119-122.

Nicolaus Dumba

Nicolaus Dumba fotografiert von Emil Rabending, um 1867
© Wien Museum

Palais Dumba fotografiert von Bruno Reiffenstein, 1941, Wien Museum
© Wien Museum

Nicolaus Dumba in seinem Arbeitszimmer im Palais Dumba, Ausstattung von Hans Makart
© Bildarchiv und Grafiksammlung, Österreichische Nationalbibliothek
Nicolaus Dumba war ein österreichischer Industrieller und liberaler Politiker. Als Mäzen förderte er seinerzeit die zeitgenössische Kunst- und Kulturszene und deren Weiterentwicklung. Sein Stadtpalais an der Wiener Ringstraße ließ er von Hans Makart, Gustav Klimt, Georg Klimt und Franz Matsch künstlerisch ausstatten.
1830 wurde Nicolaus Dumba als Sohn eines vermögenden griechisch-aromunischen Warenhändlers in Wien geboren. Sein Vater, der die Handelsbeziehung zwischen dem Osmanischen Reich und der k. u. k. Monarchie forcierte, ermöglichte ihm den Besuch des akademischen Gymnasiums sowie mehrere Auslandsaufenthalte. Schon bald danach widmete sich Dumba seiner kaufmännischen und politischen Karriere.
Dumba als Kunst- und Musikfreund
Neben der Politik engagierte sich Dumba – ein großer »Schubertiana« Sammler – vor allem auch in der Wiener Kunst- und Kulturszene: Er leitete über mehrere Jahre die Geschäfte des Österreichischen Kunstvereins, war ab 1864 Mitglied der Genossenschaft bildender Künstler Wiens und fungierte als Vorstand des Wiener Männergesang-Vereins und der Gesellschaft der Musikfreunde. Darüber hinaus förderte er zahlreiche (befreundete) Künstler und Musiker, wie Rudolf von Alt, Caspar Zumbusch und Richard Wagner, und unterstütze Kulturinstitutionen und Vereinigungen in politischer und finanzieller Hinsicht.
Das Wiener Stadtpalais
1865/66 ließ sich Nicolaus Dumba an der Wiener Ringstraße gegenüber vom Stadtpark ein eigenes Palais errichten. Für die Ausschmückung seines Arbeitszimmers beauftragte er zunächst den »Malerfürst« Hans Makart. Das sogenannte »Makart-Zimmer« im Palais Dumba hielten später Rudolf von Alt und Hans Temple (beide Werke befinden sich heute im Wien Museum) malerisch fest.
Ab 1893 sollte die dekorative Ausstattung des Musiksalons und des Speisezimmers erfolgen. Dumba betraute damit die jungen Künstler Gustav Klimt und Franz Matsch. Letzterer übernahm die Ausschmückung des heute nicht mehr erhaltenen Speisezimmers, während Klimt für das Musikzimmer die Supraporten Die Musik (1897/98) und Schubert am Klavier (1899) (beide verbrannt auf Schloss Immendorf im Mai 1945) erstellte. Korrespondenz zwischen Klimt und Dumba zu diesem Auftrag befindet sich heute in der Wienbibliothek und in der Österreichischen Nationalbibliothek.
Ehrungen für den Kunstmäzen
Dumba erhielt für sein politisches und kulturelles Engagement viele Honorierungen und Ehrenmitgliedschaften. Darüber hinaus ernannte ihn die Stadt Wien 1890 zum Ehrenbürger. Anlässlich seines Todes im Jahr 1900 wurde auch eine Straße nahe dem Musikverein und dem Wiener Künstlerhaus nach dem Industriellen benannt.
Literatur und Quellen
- Neue Freie Presse, 26.03.1900, S. 3.
- Neue Illustrierte Zeitung, 05.07.1874, S. 14-15.
- Alice Strobl (Hg.): Gustav Klimt. Die Zeichnungen, Band I, 1878–1903, Salzburg 1980, S. 101-103.
- Kunst und Kunsthandwerk. Monatsschrift des k. k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie, 2. Jg., Heft 10 (1899), S. 341-365.
- Felix Czeike (Hg.): Historisches Lexikon Wien, Band 2, Wien 1993, S. 107-108.
- Österreichische Akademie der Wissenschaften (Hg.): Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950, Band 1, Wien 1994.
- Illustrirtes Wiener Extrablatt, 24.03.1900, S. 2-3.
- Alexander Klee: Nicolaus Dumba. Philanthrop, Mäzen und Kulturpolitiker, in: Agnes Husslein-Arco, Alexander Klee (Hg.): Klimt und die Ringstraße, Ausst.-Kat., Unteres Belvedere (Wien), 03.07.2015–11.10.2015, Wien 2015, S. 111-120.

Rudolf Eitelberger

Rudolf Eitelberger fotografiert von Ludwig Angerer, um 1880–1885
© Wien Museum
©

Gustav Klimt: Rudolf von Eitelberger auf dem Totenbett, 1885, Wien Museum
© Wien Museum
Auf Initiative von Rudolf Eitelberger, studierter Philologe und Kunsthistoriker, erfolgte 1864 die Gründung des Österreichischen Museums für Kunst und Industrie und 1867 der Wiener Kunstgewerbeschule, wo später auch Gustav Klimt unterrichtet wurde. Der Aufschwung der Wiener Schule der Kunstgeschichte und der österreichischen Kunstindustrie lässt sich unter anderem auf seine Tätigkeiten und Bestrebungen zurückführen.
Rudolf Eitelberger Edler von Edelberg wurde 1817 im mährischen Olmütz (heute: Olomouc, Tschechien) geboren. Er studierte dort Rechtswissenschaften und später klassische Philologie und Kunstgeschichte in Wien. 1847 war er der erste Dozent, der sich für Kunstgeschichte habilitierte. Bereits fünf Jahre später wurde er außerordentlicher und 1864 ordentlicher Universitätsprofessor für Kunstgeschichte.
Ein neues Museum
Aufgrund seiner Nebentätigkeit als Kunstreferent der Wiener Zeitung war Eitelberger Mitglied der Ausstellungskommission, die mit der Vertretung der Abteilung für bildende Kunst auf der Londoner Weltausstellung 1862 betraut wurde. Eitelberger war nicht nur von der internationalen künstlerischen Leistungsschau sehr beeindruckt: Laut seiner persönlichen Aufzeichnungen lernte er während seines Aufenthaltes die Institution des South-Kensington-Museums – Museum und Kunstschule gleichermaßen – kennen. In der Verschmelzung von Ausstellungsräumlichkeiten und Bildungsstätte sah Eitelberger ein ideales Modell, das Österreich für sich nutzen sollte. 1862 verschriftlichte er seine Idee in einer Denkschrift und unterbreitete seinen Vorschlag unter anderem Erzherzog Rainer. Noch im gleichen Jahr genehmigte Kaiser Franz Joseph I. die Gründung eines Museums zur »Förderung der Geschmacksbildung«. Eitelberger wurde zum ersten Direktor des k. k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie (heute: MAK – Museum für angewandte Kunst, Wien) und der Kunstgewerbeschule ernannt.
Eitelberger als Impulsgeber
Neben der Gründung des neuen k. k. Museums für Kunst und Industrie und der Kunstgewerbeschule regte Eitelberger auch die Gründung einer Zentralkommission für Kunst- und historische Denkmäler an, war an der Reorganisation der Akademie der bildenden Künste beteiligt und organisierte den ersten internationalen Kunsthistorikerkongress in Wien. Daneben fungierte er als Herausgeber der Mitteilungen der k. k. Zentralkommission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historische Denkmale und publizierte ab 1871 die Quellenschriften für Kunstgeschichte und Kunsttechnik des Mittelalters und der Renaissance.
Einer der ersten Förderer Klimts
Eitelberger unterstütze Klimt, seinen Bruder und Franz Matsch während ihrer Schulzeit und auch in den ersten Berufsjahren aktiv. So forderte Eitelberger laut einem Brief von Franz Matsch die drei jungen Künstler 1883 persönlich auf ihren Theatervorhang für das Stadttheater Reichenberg für einige Tage im k. k. Österreichischen Museum für Kunst und Industrie auszustellen, bevor dieser an die Auftraggeber überstellt werden sollte.
Hinsichtlich der beruflichen Beziehung zwischen den jungen Künstlern und Eitelberger ist vor allem ein Autograf besonders hervorzuheben. Es handelt sich dabei um einen an Rudolf Eitelberger adressierten Brief von 1884, der von Franz Matsch geschrieben und von den Brüdern Klimt mitunterzeichnet wurde. Es ist der bislang einzige bekannte Autograf, der eine schriftliche Präsentation des Programms der sogenannten »Künstler-Compagnie« beinhaltet. Daneben bitten die drei Künstler den Kunsthistoriker um die Vermittlung von Aufträgen in der Wiener Reichs-, Haupt- und Residenzstadt. Späteren Berichten zufolge empfahl Eitelberger daraufhin Franz Matsch, Gustav und Ernst Klimt an den Architekten Carl von Hasenauer, dem Erbauer der Hermesvilla und des k. k. Hofburgtheaters (heute: Burgtheater, Wien).
Das letzte Porträt
Rudolf Eitelberger verstarb im April 1885 in Wien. Vor dessen Begräbnis porträtierte Gustav Klimt den Kunsthistoriker auf dem Totenbett. Jenes Aquarell mit dem Titel Rudolf von Eitelberger auf dem Totenbett (1885, Wien Museum) spendete 1909 Eitelbergers Familie zusammen mit anderen Gegenständen aus dessen persönlichen Besitz der Stadt Wien, mit der Prämisse, dass sein schriftstellerischer Nachlass zur »Benutzung und Verwertung durch Fachgelehrte« zugänglich gemacht werde.
Literatur und Quellen
- Rudolf Eitelberger: Österreichische Kunst-Institute und kunstgewerbliche Zeitfragen, Wien 1879.
- Wiener Zeitung, 21.04.1885.
- N. N.: Festschrift zur Eröffnung des neuen Museums-Gebäudes am 4. November 1871, Wien 1871.
- Österreichische Akademie der Wissenschaften (Hg.): Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950, Band 1, Wien 1994.
- Felix Czeike (Hg.): Historisches Lexikon Wien, Band 2, Wien 1993, S. 159-160.
- Eva Kernbauer, Kathrin Pokorny-Nagel, Raphael Rosenberg, Julia Rüdiger, Patrick Werkner, Tanja Jenni (Hg.): Rudolf Eitelberger von Edelberg. Netzwerke der Kunstwelt, Wien - Köln - Weimar 2019.
- Brief von Franz Matsch in Wien an Rudolf Eitelberger in Wien, mitunterschrieben von Ernst und Gustav Klimt (02.02.1884). H.I.N. 22.439, Wienbibliothek im Rathaus, Handschriftensammlung.
- Neues Wiener Journal, 25.04.1909, S. 3-4.
- Ursula Storch (Hg.): Klimt. Die Sammlung des Wien Museums, Ausst.-Kat., Wien Museum (Wien), 16.05.2012–07.10.2012, Wien 2012, S. 200.

Fellner & Helmer

Ferdinand Fellner, in: Das interessante Blatt, 30.03.1916.
© ANNO | Österreichische Nationalbibliothek

Hermann Helmer, Österreichische Nationalbibliothek, Wien
© Bildarchiv und Grafiksammlung, Österreichische Nationalbibliothek
Das Wiener Architektenduo Ferdinand Fellner der Jüngere und Hermann Helmer war besonders für ihre Theaterbauten bekannt. Ihr Büro, Fellner & Helmer, arbeitete sehr eng mit der »Künstler-Compagnie« zusammen und beauftragte diese unter anderem mit der künstlerischen Ausstattung der Stadttheater in Brünn, Reichenberg, Karlsbad, Fiume und Totis.
Das Architektenbüro Fellner & Helmer wurde 1873 von dem österreichischen Architekten Ferdinand Fellner dem Jüngeren und dem deutschen Architekten Hermann Helmer in Wien gegründet. Helmer, ein gelernter Maurer und Absolvent der technischen Hochschule in München, arbeitete bereits zuvor als Architekturzeichner im Atelier von Fellners Vater. Nach dessen Tod übernahm sein Sohn die Leitung, der die Zusammenarbeit mit Helmer forcierte. Helmer war zunächst für die Arbeiten im Büro, Fellner für die Kundenbetreuung und Beaufsichtigung der Bauprojekte vor Ort zuständig. Später bearbeiteten beide Architekten mit jeweils einem eigenen Team zeitgleich diverse Aufträge. Aufgrund der guten Auftragslage beschäftigten Fellner & Helmer in ihrem Atelier bis zu 20 Architekten.
Theater für Europa
Fellner & Helmer galten vor allem als Spezialisten des modernen Theaterbaus. Zwischen 1874 und 1916 planten und errichteten sie zahlreiche Theater- und Konzertbauten in ganz Europa. Ihr Architekturbüro hatte einen hervorragenden Ruf, da sie effizient, verantwortungsvoll und kostengünstig arbeiteten. Darüber hinaus machten sich Fellner & Helmer einen Namen durch die Entwicklung von neuen architektonischen Brandschutzstandards, die nach dem Ringtheaterbrand von 1888 für Theatergebäude erforderlich wurden und noch bis heute bestehen.
Zusammenarbeit mit der »Künstler-Compagnie«
Der Kontakt zwischen Fellner & Helmer und der »Künstler-Compagnie« wurde vermutlich durch Ferdinand Laufberger hergestellt. 1880 erhielten Gustav Klimt, Ernst Klimt und Franz Matsch vom Architektenbüro zum ersten Mal einen künstlerischen Auftrag. Dieser umfasste die Herstellung von vier Deckengemälde für das Palais Sturany. Es folgten in den nächsten Jahren weitere umfangreiche Aufträge, wie die dekorative Ausstattung des Schlosstheaters in Totis sowie der Stadttheater in Reichenberg, Karlsbad und in Fiume.
Pläne von Theaterbauten

Briefkopf des Atelier Fellner & Helmer auf einem Schreiben der Künstler-Compagnie im Bezug auf den Dekorationsauftrag für das Stadttheater Reichenberg, SOkA Liberec, Archiv města Liberec
© SOkA Liberec, Archiv města Liberec (AML)
Das Ende der Ateliergemeinschaft
Die erfolgreiche Ateliergemeinschaft Fellner & Helmer bestand über vier Jahrzehnte. In der Zeit erfolgte die Planung und Abwicklung von über 200 Bauprojekten in ganz Europa. Nach Fellners Tod 1916 übernahm zunächst noch Helmer das Atelier, später sein Sohn. Mit dem Zerfall der Donaumonarchie löste sich – bedingt durch die schlechte Wirtschaftslage – das Architektenbüro endgültig auf.
Literatur und Quellen
- Architektenlexikon. Wien 1770–1945. Gottlieb Helmer. www.architektenlexikon.at/de/220.htm (31.03.2020).
- Architektenlexikon. Wien 1770–1945. Ferdinand Fellner. www.architektenlexikon.at/de/126.htm (31.03.2020).
- Tobias G. Natter (Hg.): Gustav Klimt. Sämtliche Gemälde, Wien 2012, S. 522-525, S. 533-535.
- Alfred Weidinger (Hg.): Gustav Klimt, München - Berlin - London - New York 2007, S. 232-234, S. 236, S. 242.
- Felix Czeike (Hg.): Historisches Lexikon Wien, Band 2, Wien 1993, S. 275-276.
- Felix Czeike (Hg.): Historisches Lexikon Wien, Band 3, Wien 1994, S. 140.
- Der Architekt. Wiener Monatshefte für Bau- und Raumkunst, 22. Jg. (1919), S. I (Beilage).
- Akt mit Abschrift eines Briefwechsels zwischen der Stadt Reichenberg, Franz Matsch, Gustav Klimt sowie dem Architekturbüro Fellner & Helmer (27.02.1883). VI. – Gd, 202, Signatur 709/4, Karton 188_15, SOkA Liberec, Archiv města Liberec (AML).

Martin Gerlach

Martin Gerlach fotografiert von Hermann Clemens Kosel, um 1905, in: Das interessante Blatt, 16.03.1916.
© Klimt-Foundation, Wien

Martin Gerlach (Hg.): Allegorien und Embleme. Originalentwürfe von den hervorragendsten modernen Künstlern, sowie Nachbildungen alter Zunftzeichen und modernen Entwürfen von Zunftwappen im Charakter der Renaissance. Abtheilung I. Allegorien, Wien 1882/84.
© Universität Wien, Fachbereichsbibliothek Kunstgeschichte

Martin Gerlach: Festons, Wien 1897, Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg
© Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg
Der deutsch-österreichische Entwurfszeichner, Fotograf und Verleger Martin Gerlach veröffentlichte in seinem Mappenwerk Allegorien und Embleme mehrere Entwürfe von Gustav Klimt. Der Verlag arbeitete außerdem eng mit der Secession zusammen.
Martin Gerlach kam am 13. März 1846 in Hanau, Hessen, als Sohn von Georg und Katharina Gerlach, geb. Schwarz, zur Welt. Er besuchte die Zeichenakademie in Hanau und lernte sechs Jahre lang die Ziseleur- und Graveurkunst. 1868 gründete er mit A. Schwarz in Berlin ein großes Gold- und Juweliergeschäft, das 1870 liquidiert wurde.1873 verlobte er sich mit seiner zukünftigen Frau Marie Meinel. Anschließend eröffnete Gerlach eine Verlagsbuchhandlung in Berlin spezialisiert auf kunstgewerbliche Schriften aus den Bereichen Architektur, Ornamentik und Pflanzenkunde. Die erste Publikation war das prämierte Vorlagenwerk Die Perle, für das Gerlach selbst Entwürfe sowie Musterzeichnungen für die Gold- und Juwelierbranche anfertigte.
Mit seinem Umzug 1874 nach Wien übersiedelte auch sein Verlag. Mit Ferdinand Schenk rief er das Polygraphische Kunstinstitut ins Leben und begründete den Kunstverlag Martin Gerlach & Comp., der 1882 in Gerlach & Schenk, Verlag für Kunst und Gewerbe umbenannt wurde.
Gerlach konzentrierte sich nach seinem Erfolg mit Die Perle auf das schöpferische Gestalten von Vorlagenwerken für bildende Künstler und Kunsthandwerker. So kam es zur Publikation des erfolgreichen Mappenwerks Allegorien und Embleme (1882–1885; Neue Folge, um 1900) mit Originalentwürfen zu allegorischen Figuren und dekorativem Zierwerk von modernen, zeitgenössischen Künstlern. Neben renommierten Malern wie Franz von Stuck, gab Gerlach auch den noch weniger bekannten Nachwuchskünstlern Gustav und Ernst Klimt sowie Franz Matsch die Gelegenheit an der Mappe mit zu arbeiten.
Während die erste Ausgabe noch eher dem akademischen Geschmack des Historismus entsprach, lieferten Kolo Moser, Carl Otto Czeschka und Gustav Klimt für die Neue Folge moderne Allegorien, dem secessionistischen Jugendstil entsprechend.
Kolo Moser erinnert sich, dass Klimt 1896 persönlich bei Gerlach erschien um diesem seinen Entwurf Sculptur (1896, Wien Museum) für die Allegorien Neue Folge Nr. 58 vorzulegen und über dessen Umsetzung im Druck zu diskutieren. Während den Arbeiten an Allegorien und Embleme war es demnach zu einem engen Kontakt von Klimt und Gerlach gekommen. Wenig verwunderlich ist es daher, dass Gerlach und Schenk 1898 den Druck der Secessionszeitschrift Ver Sacrum übernahm.
Es folgte die Veröffentlichung zahlreicher Vorlagenwerke wie Blumen und Pflanzen zur Verwendung für kunstgewerbliche Decorationsmotive und den Zeichenunterricht (1892) sowie das kunstgewerbliche Sammelwerk Die Quelle.
Nachdem Gerlach 1895 zum Mitglied der Photographischen Gesellschaft in Wien geworden war, bereiste er die Monarchie und Bayern zu fotografischen Studienzwecken. Dabei interessierten ihn vor allem Aufnahmen von volkskundliche Motive. Diese Clichés nutzte er für zahlreiche seiner Publikationen wie die Jubiläumsausgabe des Albums der Stadt Wien und Die Wachau in Wort und Bild. Der Kunstschriftsteller Joseph August Lux nannte Gerlach einen »Führer der Moderne« auf dem Gebiet der Fotografie.
1901 erfolgte eine erneute Namensänderung des Verlags in Martin Gerlach & Co., Buch- und Kunstverlag, nachdem Albert Wiedling an die Stelle Schenks getreten war. 1907 wurde Gerlach für seine Verdienste zum kaiserlichen Rat, 1913 zum Ritter des Franz Joseph-Ordens ernannt.
Nach der Jahrhundertwende erweiterte sich das Repertoire des Verlags. Neben Werken aus dem Kunstbereich kamen auch literarische Reihen wie Gerlachs Jugendbücherei und Meisterwerke deutscher Prosa heraus. Für die Buchillustrationen wurden Jugendstilkünstler aus dem In- und Ausland wie Ferdinand Staeger, Ignatius Taschner, Bertold Löffler, Ferdinand Andri und Carl Otto Czeschka herangezogen. Gerlach publizierte außerdem mehrere Werke zur Geschichte und Topographie Wiens, darunter Max Eislers 1919 erschienene Publikation Historischer Atlas des Wiener Stadtbildes.
Martin Gerlach verstarb am 9. April 1918, im selben Jahr wie Gustav Klimt und Egon Schiele. Der Verlag wurde von seinem Sohn Franz gemeinsam mit dem Sohn seines Geschäftspartners, Walter Wiedling weitergeführt. Sein zweiter Sohn Martin Gerlach jun. wurde Fotograf und machte unter anderem Aufnahmen von Serena Lederer und Friederike Maria Beer, die zuvor bereits von Klimt porträtiert worden waren.
Literatur und Quellen
- Wien Geschichte Wiki. Martin Gerlach. www.geschichtewiki.wien.gv.at/Gerlach_%26_Wiedling (16.04.2020).
- Astrid Mahler, Elborg Forster: A World of Forms from Nature. New Impulses for the Aesthetic of the Jugendstil (04.01.2011). www.tandfonline.com/doi/abs/10.1080/01973760701219339 (16.04.2020).
- Buchdrucker-Zeitung, 05.01.1883, S. 4.
- Österreichische Illustrierte Zeitung, 21.04.1918, S. 512.
- W.: Zum 70. Geburtstage Martin Gerlachs, in: Reichspost, 11.03.1916, S. 3.
- Karl Moser: Begegnung mit Gustav Klimt, Nach Aufzeichnungen des Malers Koloman Moser, in: Neues Wiener Journal, 01.03.1931, S. 22-23.
- Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. Fachzeitschr. für Verlagswesen u. Buchhandel, 13.05.1872, S. 8.
- Berliner Börsen-Zeitung, 09.04.1873, S. 14.
- Murray G. Hall: Österreichische Verlagsgeschichte. Band I. Entwicklung des Verlagsbuchhandels in Österreich bis 1918. verlagsgeschichte.murrayhall.com/ (18.05.2020).
- Notizen von Kolo Moser betreffend Klimts Zeichnung »Sculptur« für das Mappenwerk »Allegorien und Embleme. Neue Folge« (undatiert). H.I.N. 160.514, Wienbibliothek im Rathaus, Handschriftensammlung.

Alois Hauser

Nicolaus Dumba, in: Der Floh, 20.12.1873.
© Wien Museum

Alois Hauser: Archäologische Zeichnungen, in: Constantin Uhude: Die Architekturformen des klassischen Alterthums mit besonderer Berücksichtigung der Säulenordnung und Gesimsbildung, Berlin 1902.
© Universitätsbibliothek Heidelberg
Alois Hauser war ein österreichischer Architekt, Denkmalpfleger und weitgereister Archäologe. 1868 wurde er als Dozent für »Kunststylen, Kunstterminologie und Kunstgeschichte« an die neu gegründete Wiener Kunstgewerbeschule berufen, wo er später auch Gustav Klimt unterrichten sollte.
Alois Hauser wurde 1841 in Wien geboren. Er besuchte zunächst das Polytechnische Institut (heute: Technische Universität Wien), setzte aber dann sein Studium in Berlin fort, wo sein archäologisches Interesse forciert wurde. Alois Hauser unternahm in weiterer Folge Studienreisen nach Griechenland, Kleinasien, Italien und auf die Balkanhalbinsel. Danach kehrte er nach Wien zurück und arbeitete für einige Zeit im Architekturbüro seines Onkels Ferdinand Fellner dem Älteren – Vater des Theaterarchitekten Ferdinand Fellner, der zusammen mit Hermann Helmer einer der ersten Auftraggeber der »Künstler-Compagnie« werden sollte.
Professor für »Styllehre«
1868 wurde Alois Hauser mit nur 27 Jahren als Dozent an die neu gegründete Wiener Kunstgewerbeschule berufen, wo er laut dem Jahresbericht aus dem Jahr 1868 des k. k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie theoretische Vorträge zu »Kunststylen, Kunstterminologie und Kunstgeschichte« halten sollte. Zehn Jahre später wurde er zusammen mit dem Zeichner Karl Hrachowina und dem Maler und späteren Vorstand der Vorbereitungsschule, Ludwig Minnigerode, zum Professor ernannt.
Wie Hrachowina und Minnigerode unterrichtete auch Alois Hauser zu diesem Zeitpunkt gerade den jungen Gustav Klimt in der Vorbereitungsschule. Laut dem Schulzeugnis, das heute im Archiv der Universität für angewandte Kunst Wien aufliegt, beurteilte der Pädagoge im Schuljahr 1877/78 Klimts Gesamtleistung in dem Studienfach »Styllehre mit Zeichenübungen« als »sehr gut«.
Archäologe und Denkmalpfleger
Alois Hauser widmete sich neben seiner Lehrtätigkeit auch der Archäologie. 1873 und 1875 unternahm er unter anderem archäologische Expeditionen auf die griechische Insel Samothrake. Darüber hinaus entdeckte er in den 1880er Jahren im Zuge von Ausgrabungen im niederösterreichischen Deutsch-Altenburg und Petronell-Carnuntum – wo eine ehemalige Römerstadt verortet ist – ein antikes Amphitheater. Gleichzeitig leistete Hauser auch bedeutende Beiträge für die Denkmalpflege. Er war ein zentrales Mitglied der k. k. Centralkommission für Kunst- und historische Denkmäler für Wien und Österreich und wirkte auch als Architekt und Restaurator in den kroatischen Städten Split und Trogir sowie im italienischen Lesina.
Wissenschaftliches Erbe
1896 verstarb Alois Hauser mit nur 55 Jahren in seiner Villa in Baden. Er hinterließ der kulturwissenschaftlichen Forschung ein umfangreiches Vermächtnis, das vor allem eine Vielzahl an kunsthistorischen Publikationen und Lehrbüchern, die er unter anderem im Auftrag des k. k. Ministeriums für Cultus und Unterricht erstellte, umfasste.
Literatur und Quellen
- k. k. Österreichisches Museum für Kunst und Industrie (Hg.): Jahresbericht des k. k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie für 1868, Wien 1869, S. 18.
- Neue Freie Presse, 09.10.1896, S. 6.
- Neue Freie Presse, 07.10.1896, S. 7.
- Der Bautechniker. Centralorgan für das österreichische Bauwesen, 16. Jg. (1896), S. 798.
- Badener Bezirks-Blatt, 24.10.1896, S. 1.
- Der Floh, 20.12.1873, S. 9.
- Felix Czeike (Hg.): Historisches Lexikon Wien, Band 3, Wien 1994, S. 88.
- Österreichische Akademie der Wissenschaften (Hg.): Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950, Band 2, Wien 1994.
- Hans Vollmer (Hg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker, Band XVI, Leipzig 1923, S. 140.
- Otmar Rychlik (Hg.): Gustav Klimts Lehrer. 1876-1882. Sieben Jahre an der Kunstgewerbeschule, Ausst.-Kat., MAK – Museum für angewandte Kunst (Wien), 03.11.2021–13.03.2022, Bad Vöslau 2021.
- Mittheilungen des k. k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie. Monatsschrift für Kunst und Gewerbe, 13. Jg., Heft 153 (1878), S. 115-116.
- Zeitschrift des österreichischen Ingenieur-Vereines, XLVIII. Jg., Nummer 43 (1896), S. 583.
- Neues Wiener Journal, 24.09.1896, S. 4.
- Alois Hauser: Styl-Lehre der architektonischen und kunstgewerblichen Formen, Band 1, Wien 1877.
- Alois Hauser: Styl-Lehre der architektonischen und kunstgewerblichen Formen, Band 2, Wien 1884.
- Alois Hauser: Styl-Lehre der architektonischen und kunstgewerblichen Formen, Band 3, Wien 1880.
- N. N.: Prof. Alois Hauser ✝, in: Mittheilungen des k. k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie. Monatsschrift für Kunst und Gewerbe, N.F., 11. Jg., Heft 10 (1896), S. 206-207.

Karl Hrachowina

Zeugnis der k. k. Kunstgewerbeschule in Wien für Gustav Klimt, ausgefüllt und unterschrieben von Ludwig Minnigerode und Ferdinand Laufberger, 25.07.1878, Universität für angewandte Kunst Wien, Kunstsammlung und Archiv
© Universität für angewandte Kunst Wien, Kunstsammlung und Archiv

Werbung für das Wappenbüchlein von Karl Hrachowina, in: Österreichische Kunst-Chronik, Nummer 5 (1883).
© ANNO | Österreichische Nationalbibliothek
Karl Hrachowina betätigte sich als technischer Zeichner und war Herausgeber von mehreren künstlerischen Vorlagenwerken. Ab den 1870er Jahren unterrichtete er »Ornamentales Zeichen« an der Wiener Kunstgewerbeschule. Zu seinen Schülern zählte auch Gustav Klimt.
Karl Hrachowina wurde 1845 in Ungarn geboren. Er absolvierte in den 1860er Jahren ein Studium an der Akademie der bildenden Künste in Wien. In dieser Zeit erstellte er bereits einzelne Arbeiten für das k. k. Österreichische Museum für Kunst und Industrie (heute: MAK – Museum für angewandte Kunst, Wien). Anschließend arbeitete er drei Jahre lang als technischer Zeichner für die k. k. privilegierte Österreichische Nordwestbahn. Ab 1871 verfolgte er eine pädagogische Laufbahn. Hrachowina begann zunächst an der Technischen Hochschule (heute: Technische Universität Wien) als Assistent zu arbeiten. Später lehrte er dort für mehrere Jahre als Supplent »Freihand- und Ornamentzeichnen«.
Professor an der Wiener Kunstgewerbeschule
1877 erhielt Hrachowina eine Stelle als Dozent an der Wiener Kunstgewerbeschule und unterrichtete fortan in der Vorbereitungsschule »Ornamentales Zeichnen«. Bereits ein Jahr später erfolgte laut den Mittheilungen des k. k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie Hrachowinas Ernennung zum Professor. Zu seinen ersten Schülern zählte nachweislich auch Gustav Klimt, dessen Arbeitseifer und Leistung er im Schuljahr 1877/78 als »sehr fleißig« und »vorzüglich« beurteilte.
Neben seiner Lehrtätigkeit an der Wiener Kunstgewerbeschule illustrierte Hrachowina in den 1880er Jahren im Auftrag des k. k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie auch mehrere Publikationen und erstellte Vorlagenwerke für ornamentales Zeichnen, wie Initialen, Alphabete und Randleisten verschiedener Kunstepochen (1883) und Wappenbüchlein für Kunstjünger und Kunsthandwerker (1883).
Letzte Lebensjahre eines »vorzüglichen Lehrers«
Karl Hrachowina unterrichtete insgesamt 19 Jahre an der Kunstgewerbeschule in Wien. Noch bis zu seinem Tod, im Februar 1896, war er dort als Lehrer tätig. In seinem Nachruf, der in den Mittheilungen des k. k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie erschien, heißt es, dass er ein ausgezeichneter Lehrer gewesen war, der:
»[…] mit Eifer und Hingebung seinem [!] Berufe lebte und, ausgestattet mit feinem künstlerischen Gefühle, reichem Wissen und ausgezeichnetem pädagogischen Talente, glänzende Lehrerfolge erzielte.«
Literatur und Quellen
- Felix Czeike (Hg.): Historisches Lexikon Wien, Band 3, Wien 1994, S. 275.
- Österreichische Akademie der Wissenschaften (Hg.): Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950, Band 2, Wien 1994.
- Hans Vollmer (Hg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker, Band XVII, Leipzig 1924, S. 597.
- k. k. Österreichisches Museum für Kunst und Industrie (Hg.): Jahresbericht des k. k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie für 1877, Wien 1878, S. 9.
- Mittheilungen des k. k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie. Monatsschrift für Kunst und Gewerbe, 13. Jg., Heft 153 (1878), S. 115-116.
- Neue Freie Presse, 01.06.1878, S. 1.
- Neue Freie Presse, 29.10.1884, S. 4.
- Wiener Allgemeine Zeitung, 11.05.1883, S. 4.
- N. N.: Professor Karl Hrachowina †, in: Mittheilungen des k. k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie. Monatsschrift für Kunst und Gewerbe, N.F., 11. Jg., Heft 3 (1896), S. 57-58.

Sonja Knips

Sonja Knips fotografiert von Friedrich Viktor Spitzer, 1907, in: Photographische Rundschau und photographisches Centralblatt. Zeitschrift für Freunde der Photographie, 22. Jg., Heft 3 (1908).
© Klimt-Foundation, Wien

Gustav Klimt: Porträt Sonja Knips, 1897/98, Österreichische Galerie Belvedere
© Belvedere, Wien, Foto: Johannes Stoll

Bruno Reiffenstein (?): Einblick in die Wohnung von Sonja und Anton Knips, 1916, in: Der Architekt. Wiener Monatshefte für Bau- und Raumkunst, 21. Jg. (1916/18).
© Klimt-Foundation, Wien

Einblick in die Villa Knips, vermutlich 1920er, Verbleib unbekannt
© APA-PictureDesk
Sonja Knips war eine herausragende Persönlichkeit im Wien des frühen 20. Jahrhunderts. Sie beeinflusste als Förderin der Wiener Werkstätte, Mäzenin und Kunstsammlerin die Entwicklung der Wiener Moderne, wobei sie besonders Gustav Klimt und Josef Hoffmann nahe stand.
Sonja Knips wurde am 2. Dezember 1873 in Lemberg (heute: Ukraine) geboren, stammte aus einer adeligen österreichischen Offiziersfamilie und wurde auf den Namen Sophia Amalie Maria getauft. Als geborene Freifrau Potier des Echelles kam sie aus einer zwar gesellschaftlich anerkannten, jedoch nicht wohlhabenden Familie.
Sie absolvierte das Lehrerinnenseminar und arbeitete danach als Gesellschafterin, bis sie 1896 den Großindustriellen Anton Knips heiratete. Das Paar bekam zwei Söhne, führte aber keine für die damalige Zeit übliche Ehe. Sonja Knips war sehr emanzipiert und ging ihren eigenen Interessen nach. Aufgrund ihrer hohen Ausgaben gab es öfters Konflikte, aber ihr Mann finanzierte Renovierungen, Um- und Neubauten, extravagante Kleider und die Sammeltätigkeit der Kunstmäzenin.
Sonja Knips interessierte sich für die Wiener Avantgarde und lernte Gustav Klimt wahrscheinlich bereits vor 1895 kennen, als er ihr einen Fächer mit einer Zeichnung und einem Gedicht schenkte. Klimt schuf das Porträt Sonja Knips (1897/98, Belvedere, Wien), das 1898 erstmals in der »II. Ausstellung der Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession« der neu gegründeten Künstlervereinigung präsentiert wurde. Das quadratische Werk zeigt sie in einem blassrosa Kleid vor dunklem Hintergrund und avancierte zu einem programmatischen Schlüsselwerk des Secessionismus, das zugleich Klimts Weg als Porträtist der Wiener Gesellschaft ebnete. In der Hand hält sie ein kleines Büchlein, bei dem es sich wahrscheinlich um das in rotes Leder gebundene Skizzenbuch Klimts handelt, das sich in Sonja Knips Privatbesitz befand. Es ist eines von nur drei erhaltenen Skizzenbüchern Klimts, das Zeichnungen und Notizen aus der Zeit zwischen 1897 bis um 1900 enthält und dem ein Foto von Gustav Klimt beigelegt ist. Sonja Knips erwarb neben Ihrem Porträt später auch die Gemälde Obstbäume (1901, Privatbesitz) und Adam und Eva (1916-1918 (unvollendet), Belvedere, Wien) von Klimt.
Ein Tagebucheintrag von Knips dokumentiert, dass sie die eheliche Wohnung in der Gumpendorferstraße 15 ab 1901 von Josef Hoffmann umgestalten ließ. Sie beauftragte Hoffmann auch mit der Planung eines Landhauses in Seeboden am Millstätter See in Kärnten. Das Haus samt durchgestaltetem Interieur und Mobiliar entwarfen Hoffmann und Koloman Moser, der Bau begann ab 1905. Sonja Knips nutzte das Landhaus mit Bootssteg vor allem während der Sommermonate als Zufluchtsort, um dem Lärm und der Hitze der Stadt zu entfliehen.
Sie unterstützte als Kundin und Förderin die Ideen der Wiener Werkstätte. Ihren Einsatz belegt eine Fotografie von 1907, die Sonja Knips, Berta Zuckerkandl und Lili Waerndorfer am Stand der Wiener Werkstätte auf dem »Künstler-Gartenfest« in Weigls Dreher Park zeigt. Knips war hier laut Zeitungsberichten gemeinsam mit Lili Waerndorfer, Serena Lederer und Berta Zuckerkandl in der »Künstlerbude« tätig. Die Frauen trugen modische Reformkleider und Hüte. Knips erwarb nämlich nicht nur regelmäßig Schmuck und Kleider der Wiener Werkstätte, sondern zählte ebenso zu den frühen Kundinnen des 1904 eröffneten Modesalons »Schwestern Flöge«.
Neben dem Landhaus in Kärnten wünschte sie sich auch in Wien »Ein Haus mit Garten«, wie sie in ihrem Tagebuch schrieb. Bereits 1915 kaufte sie ein großes Grundstück in der Nusswaldgasse 22 in Döbling. Die Vorbesitzerin war Berta Zuckerkandl, die hier ihren legendären Salon geführt hatte. Sonja Knips zog um 1916 in das baufällige Haus und beauftrage erneut Hoffmann mit einem als Gesamtkunstwerk konzipierten Neubau, den sie 1925 beziehen konnte.
Die Villa – auch Haus Knips genannt – fungierte als Treffpunkt für Kartenspielrunden, Hauskonzerte und »Künstlerabende«. Knips war oft Gastgeberin der Wiener Gesellschaft und lud internationale Künstler und Intellektuelle ein. Zu ihren Gästen zählten unter anderem Henry van de Velde, Peter Behrens, Josef August Lux, Carl Moll, Emilie Flöge und Mäda Primavesi. Noch bis in die 1930er Jahre fanden hier Treffen von befreundeten Künstlern der ehemaligen Wiener Avantgarde wie Josef Hoffmann, Eduard Wimmer-Wisgrill und Anton Hanak statt.
Sonja Knips starb im Mai 1959 mit 85 Jahren an den Folgen eines Herzinfarktes in Seeboden, wo sie auch begraben wurde.
Literatur und Quellen
- Manu Miller: Sonja Knips und die Wiener Moderne. Gustav Klimt, Josef Hoffmann und die Wiener Werkstätte gestalten eine Lebenswelt, Wien 2004.
- Tobias G. Natter (Hg.): Gustav Klimt. Sämtliche Gemälde, Wien 2017, S. 505-506, Nr. 114.
- Tobias G. Natter (Hg.): Klimt and the Women of Vienna’s Golden Age. 1900–1918, Ausst.-Kat., Neue Galerie New York (New York), 22.09.2016–16.01.2017, London - New York 2016, S. 116.
- Alice Strobl (Hg.): Gustav Klimt. Die Zeichnungen, Band IV, 1878–1918, Salzburg 1989, S. 73-74.
- Christian M. Nebehay: Gustav Klimt. Das Skizzenbuch aus dem Besitz von Sonja Knips, Wien 1987.
- N. N.: Gartenfest in Weigls Dreherpark, in: Neues Wiener Tagblatt, 07.06.1907, S. 9-10.
- N. N.: Künstlerisches Gartenfest, in: Neue Freie Presse, 07.06.1907, S. 12.
- Walter Riezler: Haus von Sonja Knips in Wien, in: Die Form. Zeitschrift für gestaltende Arbeit, Heft 1 (1927), S. 17-20.

Ferdinand Laufberger

Ferdinand Laufberger fotografiert von Carl Herberth, um 1860, Wien Museum
© Wien Museum
Der Maler Ferdinand Laufberger unterrichtete ab 1868 Malerei und dekorative Kunst an der Wiener Kunstgewerbeschule. Er bildete Gustav Klimt, Ernst Klimt und Franz Matsch zu Dekorationsmalern aus und ließ die zukünftige »Künstler-Compagnie« durch Mitarbeit an mehreren seiner Auftragsarbeiten erste praktische Erfahrungen sammeln.
Ferdinand Julius Wilhelm Laufberger, 1829 im nordböhmischen Mariaschein (heute: Bohosudov, Tschechien) geboren, absolvierte eine künstlerische Grundausbildung in Prag. Ab 1844 studierte er an der Prager Kunstakademie und ab 1852 an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Bereits während seiner Studienzeit begann er als Zeichner und Illustrator in der Wiener Xylographischen Anstalt des Verlegers Rudolf Schürer von Waldheim zu arbeiten; seine Zeichnungen wurden unter anderem in den humoristischen Zeitschriften Illustrierten Blättern und Figaro publiziert. Nach seiner Studienzeit unternahm Laufberger eine zweijährige Studienreise, die ihn unter anderem nach Frankreich und Italien führte.
Lehrtätigkeit an der Kunstgewerbeschule
1868 übernahm Laufberger eine Lehrstelle in der Fachschule für Zeichnen und Malen an der Wiener Kunstgewerbeschule des österreichischen Museums für Kunst und Industrie. Seine Klasse besuchten ab 1878/79 Gustav Klimt, Ernst Klimt und Franz Matsch, die von ihm – zwischenzeitlich erneut zum Direktor der Schule ernannt – nachweislich gefördert wurden. So erhielt beispielsweise Gustav Klimt 1880 von Ferdinand Laufberger eine Korrespondenz-Karte (Klimt-Archiv, Albertina) mit einem Angebot für einen kleinen, künstlerischen Arbeitsauftrag.
Korrespondenzkarte von Ferdinand Laufberger an Gustav Klimt

Ferdinand Laufberger: Dekorative Studien, Albertina Wien
© ALBERTINA, Wien
Während ihrer Schulzeit ließ Laufberger die zukünftige »Künstler-Compagnie« auch bereits an Großaufträgen, wie an den Dekorationsmalereien in den Innenhöfen des Kunsthistorischen Museums, mitarbeiten. Darüber hinaus dürfte Laufberger zu jener Zeit die jungen Künstler an das Architektenbüro Fellner und Helmer vermittelt haben.
Laufberger, der Maler und Grafiker
Zu den wichtigsten Werken Laufbergers, der 1881 mit nur 52 Jahren in Wien verstarb, zählen heute die Illustrationsvorlagen für das Album zur Erinnerung an die Donau, der Bühnenvorhang für die Wiener Hofoper (zerstört 1945), die Fresken und Sgraffiti-Dekorationen für das Österreichische Museum für Kunst und Industrie (1888 entfernt) und das Kunsthistorische Museum (um 1880) sowie der Mosaikentwurf der Pallas Athene am Stubenring (1877).
Literatur und Quellen
- Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (Hg.): Neue Deutsche Biografie, Band 13, Berlin 1982, S. 707-708.
- Tobias G. Natter (Hg.): Gustav Klimt. Sämtliche Gemälde, Wien 2012, S. 522.
- Alfred Weidinger (Hg.): Gustav Klimt, München - Berlin - London - New York 2007, S. 232.
- Mittheilungen des k. k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie. Monatsschrift für Kunst und Gewerbe, 16. Jg., Heft 191 (1881), S. 401-405.
- Mittheilungen des k. k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie. Monatsschrift für Kunst und Gewerbe, 20. Jg., Heft 234 (1885), S. 333-335.
- Neue Illustrierte Zeitung, 31.07.1881, S. 715-716.
- Österreichische Kunst-Chronik, Nummer 6 (1882), S. 68-69.
- Felix Czeike (Hg.): Historisches Lexikon Wien, Band 3, Wien 1994, S. 692.
- Österreichische Akademie der Wissenschaften (Hg.): Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950, Band 5, Wien 1993.
- Andreas Beyer, Bénédicte Savoy, Wolf Tegethoff (Hg.): Allgemeines Künstler-Lexikon. Die bildenden Künstler aller Zeiten und Völker, Band LXXXIII, Berlin - New York 2014, S. 284.
- Hans Vollmer (Hg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker, Band XXII, Leipzig 1928, S. 435-436.
- Otmar Rychlik (Hg.): Gustav Klimts Lehrer. 1876-1882. Sieben Jahre an der Kunstgewerbeschule, Ausst.-Kat., MAK – Museum für angewandte Kunst (Wien), 03.11.2021–13.03.2022, Bad Vöslau 2021, S. 59-66.
- Fremden-Blatt, 04.08.1871, S. 6.
- Neue Freie Presse, 01.06.1878, S. 1.
- Th. Frimmel: Ferdinand Laufberger, in: Zeitschrift für bildende Kunst, 17. Jg. (1882), S. 261-272.

Familie Mautner Markhof

Gustav Klimt in der Villa Mautner, um 1906, Österreichische Nationalbibliothek, Bildarchiv und Grafiksammlung
© Bildarchiv und Grafiksammlung, Österreichische Nationalbibliothek

Gustav Klimt: Studie für ein nicht ausgeführtes „Bildnis Magda Mautner von Markhof“, 1905, Albertina
© ALBERTINA, Wien
Karl Ferdinand Ritter Mautner von Markhof bewohnte mit seiner zweiten Frau Editha, geb. Freiin Sunstenau von Schützenthal, und den künstlerisch begabten Töchtern Magda, Ditha und Doris eine Villa in der Wiener Landstraßer Hauptstraße. Die kunstinteressierte Familie verkehrte mit Gustav Mahler, Gustav Klimt und den jungen Künstlern der Wiener Secession, wobei auch familiäre Verbindungen geschlossen wurden.
Karl Ferdinand und sein Bruder Georg Heinrich leiteten eine Brauerei in St. Marx. Das Familienunternehmen war von deren Vater Adolf Ignaz Mautner, geborener Abraham Israel Mautner, gegründet worden. Er stammte aus Smiřice (Smirsitz) in Böhmen und hatte 1840 die Brauerei zum Erfolg geführt. 1846 konvertierte er vom jüdischen zum katholischen Glauben und ließ auch seine Söhne taufen. Aufgrund seiner Verdienste wurde er 1872 in den Ritterstand erhoben. 1876 übernahm Karl Ferdinand die Geschäfte; Ignaz verstarb 1889. Er gilt als Stifter zahlreicher humanitärer Einrichtungen wie das Mautner Markhofsche Kinderspital in Wien sowie Waisen- und Altersheimen in ganz Österreich.
Zur Jahrhundertwende führten seine Söhne die Brauerei zur drittgrößten Europas. Nach dem Suizid Karl Ferdinands 1896 übernahm dessen Sohn Viktor die Leitung.
Karl Ferdinands zweite Ehefrau Editha war Philanthropin, engagierte sich in der Frauenbewegung und war unter anderem Vorstandsmitglied des Wiener Frauen-Erwerb-Vereins und des Vereins für erweiterte Frauenbildung. Aus dieser Ehe gingen fünf Töchter hervor. Magda studierte an der Kunstgewerbeschule beim Mitbegründer der Wiener Secession Alfred Roller, der seine zukünftige Ehefrau, die Künstlerin Mileva Stoisavljevic im Hause Mautner Markhof kennenlernte.
Auf der »Kunstschau Wien«, Kunst für das Kind, stellte Magda Mautner Markhof ein Puppenhaus aus. Die Architektur war inspiriert durch das Formenvokabular Hoffmanns auf der Hohen Warte.
Mit Gustav Klimt pflegte die Familie engen Kontakt, was durch Fotografien belegt ist. An ihn ging auch der Auftrag für ein Porträt Magdas. Obwohl mehrere Studien (1904) vorliegen, kam es nicht zur Ausführung des Gemäldes. Magda Mautner Markhof verbrachte längere Zeit in Paris, wo sie Schülerin des Symbolisten Maurice Denis war. Nach Fritz Waerndorfer wurde Magda die Besitzerin von Klimts Gemälde Die Hoffnung I (1903/04, National Gallery of Canada, Ottawa). 1914 zog sie nach ihrer Heirat mit dem Literaten und Hotelier Alois Grasmayer von Wien nach Salzburg.
Auch mit Josef Hoffmann war die Familie in Kontakt. Er gestaltete sowohl für Magda als auch für Editha das Interieur ihrer Wohnungen.
Wohnung von Magda Mautner Markhof

Hochzeitsanzeige von Kolo Moser und Editha Mautner Markhof, 1904, Werkbundarchiv - Museum der Dinge Berlin, Nachlass Muthesius
© Werkbundarchiv - Museum der Dinge, Berlin
Editha (Ditha) war die jüngere Schwester Magdas. Sie studierte in den Jahren 1902 bis 1905 Architektur bei Josef Hoffmann an der Kunstgewerbeschule in Wien, war Schülerin von Carl Otto Czeschka und widmete sich dem Studium von Schrift und Heraldik bei Rudolf von Larisch. Editha unterhielt außerdem eine umfangreiche Kunstsammlung. In ihrem von Hoffmann gestalteten Palais hingen neben alten Meistern auch Werke aus dem Kreis der befreundeten Secessionskünstler, darunter Klimt, Nowak, Engelhart und Krämer. 1903 lernte sie Kolo Moser kennen, den sie 1905 heiratete. Moser förderte die künstlerische Aktivität seiner Frau, die 1905 ihr erstes Kartenspiel publizierte und für die Wiener Werkstätte arbeitete. 1906 erschien im selben Verlag ihr berühmtes Secessions-Tarock (Originalentwürfe im MAK). In den Jahren 1907 bis 1912 entstanden diverse Entwürfe für Kalender in Leporello-Form.
1907 zog sich Moser aus der Wiener Werkstätte zurück. Einer der Gründe war, dass Fritz Waerndorfer an seine vermögende Ehefrau herangetreten war und sie um finanzielle Unterstützung für die prekäre Lage der Wiener Werkstätte bat.
Nach dem Tod Mosers 1918 heiratete Editha abermals, gab ihre künstlerische Tätigkeit jedoch auf. Aus beiden Ehen gingen fünf Kinder hervor. Ihre letzte Ruhestätte fand sie im Grab ihres ersten Mannes.
Auch durch Dorothea (Doris) waren die Mautner Markhofs mit der Wiener Secession familiär verbunden. Dorothea stammte aus der ersten Ehe von Karl Mautner Markhof und heiratete den Maler Josef Engelhart. Auf Wunsch ihres Ehemanns gab Dorothea, die selbst malte, ihre künstlerische Tätigkeit auf. Der Austritt der Klimt-Gruppe aus der Secession führte innerhalb der Familie Mautner Markhof zu Spannungen. Während Kolo Moser aus der Vereinigung ausgetreten war, zählte Josef Engelhart als Vizepräsident weiterhin zu deren überzeugten Mitgliedern.
Literatur und Quellen
- Wien Geschichte WIki. Adolf Ignaz Mautner. www.geschichtewiki.wien.gv.at/Adolf_Ignaz_Mautner (07.05.2020).
- Wien Geschichte Wiki. Editha Mautner Markhof. www.geschichtewiki.wien.gv.at/Editha_Mautner_Markhof (07.05.2020).
- Wien Geschichte Wiki. Mautner-Markhof. www.geschichtewiki.wien.gv.at/Mautner_Markhof_(Unternehmen) (07.05.2020).
- Universität Wien. monuments. Josef Engelhart. monuments.univie.ac.at/index.php (07.05.2020).
- Galerie bei der Albertina. www.galerie-albertina.at/en/exhibits/11053/cupboard-from-the-apartment-magda-mautner-markhof/ (10.05.2020).
- belvedere. Werkverzeichnis. werkverzeichnisse.belvedere.at/online/text/355447/koloman-moser/biography (07.05.2020).
- Ariadne. Österreichische Nationalbibliothek. fraueninbewegung.onb.ac.at/node/3211 (07.05.2020).
- Christoph Thun-Hohenstein, Anne-Katrin Rossberg, Elisabeth Schmuttermeier (Hg.): Die Frauen der Wiener Werkstätte, Ausst.-Kat., MAK – Museum für angewandte Kunst (Wien), 21.04.2021–03.10.2021, Wien - Basel 2020.
- Dynastie Mautner Markhof. Magda Grasmayr. www.dynastiemautnermarkhof.com/de/blog/magda-mautner-markhof-by-gustav-klimt/ (24.06.2021).
- Österreichisches Biographisches Lexikon. Mautner Markhof Editha. www.biographien.ac.at/oebl/oebl_M/Mautner-Markhof_Editha_1846_1918.xml (16.09.2020).
- Alice Strobl (Hg.): Gustav Klimt. Die Zeichnungen, Band II, 1904–1912, Salzburg 1982, S. 13-15, S. 22-23.
- Neue Freie Presse, 06.04.1902, S. 6.

Hugo Miethke

Hugo Miethke, um 1870, Verlag Miethke & Wawra
© Bildarchiv und Grafiksammlung, Österreichische Nationalbibliothek

Galerie H. O. Miethke am Neuen Markt 13, Ecke Plankengasse 6, vor 1896
© Wien Museum

Inserat der Versteigerung von Makarts Nachlass, in: Neues Wiener Tagblatt, 26.03.1885.
© ANNO | Österreichische Nationalbibliothek

Hugo Miethke in der Galerie H. O. Miethke, Dorotheergasse 11, um 1900
© Dorotheum Wien, Auktionskatalog 04.11.2019

Sterbeanzeige, in: Neue Freie Presse, 15.01.1918.
© ANNO | Österreichische Nationalbibliothek

Inserat der Versteigerung von Hugo Othmar Miethkes Nachlass 1918, in: Neues Wiener Journal, 02.05.1918.
© ANNO | Österreichische Nationalbibliothek
Hugo Othmar Miethke stammte aus dem preußischen Potsdam und gründete 1861 in Wien die Firma Miethke & Wawra, die sich später als Galerie Miethke zur avantgardistischsten und bedeutendsten Kunsthandlung der k. k. Monarchie entwickelte.
Hugo Miethke wurde am 29. Juli 1834 in Potsdam geboren und sein Taufname lautete Hugo Hermann Werner Ottomar. Er wuchs als Sohn von Emilie (geb. Hamel) und Friedrich Miethke, einem Hof-Glasermeister und Potsdamer Stadtverordneten, in einer bürgerlichen Familie auf. Näheres zu seiner Ausbildung oder seinen Beweggründen nach Wien zu kommen ist unbekannt. In die kaiserliche Residenzstadt übersiedelte er spätestens 1861, als er mit 27 Jahren gemeinsam mit Carl Josef Wawra die Firma Miethke & Wawra gründete. Die offene Gesellschaft wurde 1863 im Wiener Handelsregister als Buch- und Antiquariatshandel eingetragen und das erste Geschäftslokal befand sich in der Singerstraße.
Zunächst als Antiquariat und Kunstverlag betrieben, entwickelten sich Miethke und Wawra rasch zu wichtigen Begründern von Kunstauktionen in Wien. Zudem erkannten sie früh die Möglichkeit das neue Medium der Fotografie zu verwerten, etwa für Reproduktionen von Stadtansichten und Wiener Sehenswürdigkeiten, und verlegten druckgrafische Werke wie 1886 Die kaiserlich königliche Gemälde-Gallerie in Wien, einer Vorform des heutigen Museumsführers.
Das Aufblühen des Kunsthandels während der Jahrhundertmitte führte zum kontinuierlichen Aufstieg von Miethke & Wawra vom Auktionshandel zur Galerie. Die Geschäftsmänner etablierten in kurzer Zeit ein internationales Distributionsnetz und pflegten Kontakte zu wichtigen Kunsthändlern wie Van Gogh in Brüssel, Bernheim, Ambroise Vollard, Paul Durand-Ruel und Charles Sedelmayer in Paris sowie zu Paul Cassirer in Berlin.
Gründung der Galerie H. O. Miethke
Um 1874 trennten sich die Wege von Carl Josef Wawra und Hugo Miethke. Letzterer gründete die Galerie H. O. Miethke und fand ein neues Geschäftslokal am Neuen Markt 13, Ecke Plankengasse 6. Hier führte er im ersten Stock mit Blick auf den »Donner-Brunnen« einen »Verlag von und Handel mit Malerei«. Er spezialisierte sich dabei auf die Versteigerung von Ölbildern und Grafiken sowie auf den Ausstellungsbetrieb. Ab 1878 arbeitete er auch wieder mit Wawra zusammen, der sich auf den Grafikbereich spezialisierte. Miethke handelte mit Alten Meistern, versteigerte Künstlerverlassenschaften von Hans Makart, Emil Jakob Schindler, Viktor Tilgner, Rudolf von Alt und förderte moderne Künstler wie Gustav Klimt. Zudem zeigte Miethke in Wien die französischen Landschaftsmaler des »Paysage intime«. Im Altmeisterhandel zählten damals nicht nur öffentliche Sammlungen und Museen zu seinem Kundenkreis, sondern auch bedeutende Sammler wie Gustav Figdor und Graf Johann Pálffy.
Im Jahr 1895 kaufte Miethke das Palais der Adelsfamilie Nákó in der Dorotheergasse 11 (heute: Palais Eskeles) und ließ das klassizistische Wohngebäude umbauen. Im Erdgeschoß fanden der Verlag und ein Ausstellungsraum für zeitgenössische Kunst Platz, im ersten Stock präsentierte er Alte Meister und im zweiten Stockwerk richtete sich der Galerist seine Wohnung ein. Nach der Eröffnung der neuen Räumlichkeiten am 29. Mai 1896 entwickelte sich die Galerie zu einer der bedeutendsten Kunsthandlungen der Monarchie.
Nachdem sich Miethke im Alter aus dem Geschäft zurückzog, verkaufte er seine Galerie am 31. Mai 1904 an Hans Weidenbusch und ein erneuter Besitzerwechsel erfolgte bereits am 24. November 1904. Der Käufer war Paul Bacher, ein Freund Gustav Klimts, der beabsichtigte die Galerie als Verkaufslokal der Wiener Secession zu nutzen. Carl Moll, der bei Miethke bereits 1892 die Nachlassversteigerung Schindlers organisiert hatte, übernahm 1904 die Rolle des »künstlerischen Ratgebers« der Galerie. Dies führte zu Interessenskonflikten innerhalb der Secession, dem Austritt von Moll und kurz darauf auch der sogenannten Klimt-Gruppe. Die Galerie Miethke übernahm fortan Klimts Vertretung.
In einem Interview mit Berta Zuckerkandl, das 1905 in der Wiener Allgemeinen Zeitung erschien, erklärte Hugo Miethke, dass er sein Unternehmen immer unter der Prämisse der künstlerischen Qualität betrieb und oft auf den richtigen Kunden warten musste und meinte:
»Ich habe immer getrachtet, die Minderware, das heißt die reine Marktware auszuschließen. Immer musste bei meinen Erwerbungen ein künstlerisches Moment mitsprechen; immer suchte ich das Echte, das künstlerisch Interessante auf und gab mir die größte Mühe, diese Eigenschaften meinen Kunden herausfühlen zu lassen. […] man darf nicht um des momentanen Gewinnstes [!] halber Preise verderben.«
Weiters erzählte er von den guten Geschäften während der Weltausstellung in Wien, als er sich ein halbes Jahr im Künstlerhaus einmietete und schilderte seine Entdeckungen Alter Meister. So konnte er Werke von Dürer, Rembrandt oder van Dyck weiterverkaufen, deren Echtheit wichtige Museumsdirektoren (u.a. Eduard von Engerth, Albert Ilg, August Schäffer) negierten. Miethke meinte dazu sehr amüsant:
»Natürlich sind die schönsten Abenteuer diejenigen, welche eine Blamage für patentirte Kunstkenner und einen Sieg der eigenen Initiative bedeuten. […] Der Aberglaube, daß ein Amt auch die Gewähr für das Wissen ist, bleibt ja in den Menschen unausrottbar.«
Er beklagte auch die Unterscheidung zwischen »secessionistischer und nichtsecessionistischer Kunst«, da für ihn unabhängig von dieser Einteilung immer die Qualität der Kunst entscheidend war.
Miethkes Ehefrau Anna (geb. von Carpentier) starb 1869 mit nur 32 Jahren. 1881 heiratete er Marie Canzi, die Tochter des Malers August Canzi, in der Lutherischen Stadtkirche, die unweit seiner Galerie in der Wiener Innenstadt lag. Ihr gemeinsamer Sohn Otto Maria Miethke studierte an der Wiener Kunstgewerbeschule bei Kolo Moser und wurde als Maler, Grafiker und Lyriker bekannt. Hugo Othmar Miethke starb am 11. Jänner 1918 auf Gutenegg bei Cilli (heute: Celje, Slowenien).
Literatur und Quellen
- Wladimir Aichelburg. 150 Jahre Künstlerhaus Wien 1861-2011. www.wladimir-aichelburg.at/kuenstlerhaus/mitglieder/verzeichnisse/freunde-und-mitarbeiter/ (16.04.2020).
- Österreichisches Biographisches Lexikon. Otto Maria Miethke. www.biographien.ac.at/oebl/oebl_M/Miethke_Otto-Maria_1881_1922.xml (11.09.2020).
- -n-.: Kunstsalon H. O. Miethke, in: Neue Freie Presse, 30.05.1896, S. 7.
- Berta Zuckerkandl: Aus dem Leben eines berühmten Kunsthändlers. Interview mit Herrn Miethke, in: Wiener Allgemeine Zeitung, 29.01.1905, S. 3-5.
- Tobias G. Natter (Hg.): Die Galerie Miethke. Eine Kunsthandlung im Zentrum der Moderne, Ausst.-Kat., Jüdisches Museum Wien (Wien), 19.11.2003–08.02.2004, Wien 2003.
- Neue Freie Presse, 15.01.1918, S. 9.
- N. N.: Die Spaltung in der Wiener Sezession, in: Die Werkstatt der Kunst. Organ für die Interessen der bildenden Künstler, 4. Jg., Heft 39 (1905), S. 530-531.
- Trauungsbuch 1878/81 (Tomus TRB12), Pfarrgemeinde Wien Innere Stadt (Lutherische Stadtkirche), fol. 287.
- N. N.: Miszellen. Othmar Hugo Miethke, in: Oesterreichisch-ungarische Buchhändler-Correspondenz, 59. Jg., Nummer 4 (1918), S. 34.
- N. N.: Sterbeanzeige Anna Miethke geb. v. Carpentier, in: Neue Freie Presse, 19.12.1869, S. 32.

Ludwig Minnigerode

Ludwig Minnigerode
© Künstlerhaus-Archiv, Wien

Ludwig Minnigerode: Ein Märchen, in: Dorotheum (Hg.): Gemälde und Aquarelle Wiener, deutscher und belgischer Meister des 19. Jahrhunderts. Gemälde alter Meister, Miniaturen, Graphik, Tapisserien, wertvolle Teppiche, Kunstmobiliar, Gold- und Silberarbeiten, Waffen, Spitzen, Nummer 382, Aukt.-Kat., Wien 1927.
© Universitätsbibliothek Heidelberg
Ludwig Minnigerode war Professor für »Figurales Zeichnen« an der Wiener Kunstgewerbeschule des k. k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie. 1878 wurde er zum Vorstand der Vorbereitungsschule ernannt. Im Schuljahr 1877/78 besuchte Gustav Klimt nachweislich seinen Unterricht.
Der Genre- und Porträtmaler Ludwig Minnigerode wurde 1847 in der Stadt Styrj in Ostgalizien (heute: Ukraine) geboren. Er studierte an der Wiener Akademie der bildenden Künste, wo er vom Historienmaler Eduard Engerth unterrichtet wurde. Laut der deutschen Kunstzeitung Die Dioskuren erhielt er dort 1867 einen Anerkennungspreis für eine »Zeichnung einer ganzen Figur nach dem Naturmodelle«. 1874 erstellte er zusammen mit anderen Kommilitonen, wie dem Maler Julius Victor Berger, der später ebenso Gustav Klimt unterrichten sollte, eine Reihe von Regentenporträts. Diese gab Kronprinz Rudolf für seine zukünftigen Gemächer in der Wiener Hofburg bei der Spezialschule für Historienmalerei in Auftrag. Darüber hinaus nahm Ludwig Minnigerode nachweislich seit seiner Studienzeit an mehreren Ausstellungen des Österreichischen Kunst-Vereins teil.
Lehrtätigkeiten an der Wiener Kunstgewerbeschule
Ludwig Minnigerode wurde erstmals 1876 im Jahresbericht des k. k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie (heute: MAK – Museum für angewandte Kunst, Wien) als Teil des Lehrerkollegiums der Wiener Kunstgewerbeschule genannt:
»Da die Professoren Laufberger und Rieser unmöglich den Unterricht so grosser [!] Schülermengen allein besorgen konnten, wurden denselben zunächst die Assistenten Ludwig Minnigerode und Hugo Ströhl an die Seite gegeben […]«
Bereits ein Jahr später wurde der Maler zusammen mit anderen Dozenten der Wiener Kunstgewerbeschule, wie dem Zeichner Karl Hrachowina oder dem Architekten Alois Hauser, zum Professor ernannt. Zusätzlich übernahm Ludwig Minnigerode die Leitung der Vorbereitungsschule, wo er »Figurales Zeichnen« unterrichtete.
Im Schuljahr 1877/78 besuchte auch Gustav Klimt seinen Kurs. 1878 entstand im Zuge dessen unter anderem Klimts bekannte Kopfstudie des Brunn‘schen Kopfes, die sich später im Nachlass Ludwig Minnigerodes wiederfand. Eine wesentliche Informationsquelle bildet in diesem Zusammenhang aber vor allem Klimts Jahreszeugnis aus der Vorbereitungsschule, das heute im Archiv der Universität für angewandte Kunst Wien verwahrt wird. Minnigerode konstatierte seinem Schüler darin für das Studienfach »Figurales Zeichnen« ein »sehr fleißig« und »vorzüglich«; zwei Bestnoten.
Weiterer Karriereverlauf
1893 – anlässlich des 25jährigen Bestehens des k. k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie – verlieh Kaiser Franz Joseph I. dem Pädagogen das Ritterkreuz des Franz Joseph-Ordens. Ein paar Jahre später trat er in den Ruhestand. Danach finden sich nur mehr marginale Quellen über sein weiteres Leben. Er verstarb im September 1930 in der Stadt Salzburg.
Literatur und Quellen
- Salzburger Volksblatt: unabh. Tageszeitung f. Stadt u. Land Salzburg, 25.09.1930, S. 7.
- Mittheilungen des k. k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie. Monatsschrift für Kunst und Gewerbe, 13. Jg., Heft 153 (1878), S. 115-116.
- k. k. Österreichisches Museum für Kunst und Industrie (Hg.): Jahresbericht des k. k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie für 1876, Wien 1876, S. 10.
- Hans Vollmer (Hg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker, Band XXIV, Leipzig 1930, S. 580.
- Das Vaterland. Zeitung für die österreichische Monarchie, 09.10.1893, S. 3.
- Troppauer Zeitung, 30.05.1874, S. 2.
- Neue Freie Presse, 01.06.1878, S. 17.
- Die Dioskuren. Deutsche Kunstzeitung. Hauptorgan der Deutschen Kunstvereine, 12. Jg., Nummer 31 (1867), S. 247.
- Kunstchronik. Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe, 9. Jg., Heft 44 (1874), Spalte 711.
- Österreichischer Kunstverein (Hg.): 208. Ausstellung. Oesterreichischer Kunst-Verein in Wien, Ausst.-Kat., Österreichischer Kunstverein in Wien (Schönbrunnerhaus, Wien), 00.12.1869, Wien 1869, S. 2.
- Alice Strobl (Hg.): Gustav Klimt. Die Zeichnungen, Band I, 1878–1903, Salzburg 1980, S. 20.
- Otmar Rychlik (Hg.): Gustav Klimts Lehrer. 1876-1882. Sieben Jahre an der Kunstgewerbeschule, Ausst.-Kat., MAK – Museum für angewandte Kunst (Wien), 03.11.2021–13.03.2022, Bad Vöslau 2021.

Gustav Nebehay

Hotel Bristol nach 1913, die Kunsthandlung Nebehay befand sich im 1. Stock
© Wien Museum
Als Förderer junger österreichischer Künstler und erfolgreicher Kunsthändler war Gustav Nebehay mit Gustav Klimt und Egon Schiele befreundet. Er stellte deren Werke in seinem Kunsthandel im Hotel Bristol aus, auch den Nachlass Klimts.
Gustav Nebehay wurde am 26. Juni 1881 als Sohn eines Gastwirts in Wien geboren. Er war das jüngste von sechzehn Kindern.
Mit vierzehn Jahren begann er eine Lehre in der renommierten Wiener Buchhandlung von Rudolf Heger. 1900 zog Nebehay nach Leipzig, wo er in der Rossberg'schen Buchhandlung tätig wurde. Dort kam er mit dem Buch- und Kunsthändler Hans Boerner in Kontakt, dessen Buchhandlung C. G. Boerner auf alte Grafik spezialisiert war. Gustav Nebehay wechselte bald als Partner in dessen Firma, wo er erste Erfahrungen mit dem Kunsthandel sammelte und zahlreiche bedeutende Auktionen von Grafiken alter Meister organisierte. Die Spezialisierung lag bei C. G. Boerner jedoch stets auf alter Grafik und nie auf Werken zeitgenössischer Künstler. Durch sein Engagement avancierte Nebehay zu einem international bekannten Kunst- und Grafikhändler.
Am 3. Juni 1908 heiratete er Maria Sonntag, eine Schwester des renommierten Leipziger Kunstbuchbinders Carl Sonntag jun.. Das Ehepaar hatte fünf Kinder. Der älteste Sohn Christian M. Nebehay wurde Autor und verfasste diverse umfangreiche Dokumentationen über Gustav Klimt.
Während des Ersten Weltkriegs wurde Gustav Nebehay in den Kriegsdienst einbezogen und übersiedelte deshalb nach Wien. 1917 holte er, da er an der Trennung von seiner Familie litt, diese nach Wien, wo er sich gegen Kriegsende seine eigene Firma aufbaute. Die Kunsthandlung Gustav Nebehay hatte ihren Sitz in bester Lage, im Hotel Bristol, im Ersten Wiener Gemeindebezirk. Das von der Ringstraße über einen eigenen Eingang zugängliche Lokal umfasste einen über ein Glasdach belichteten Hof, einen zweiten Ausstellungsraum sowie ein Arbeitszimmer. Nebehay erweiterte seinen Fokus von Grafik auf künstlerische Medien aller Art. Den Schwerpunkt bildete dabei vorwiegend Kunst aus der Wiener Schule des 19. und frühen 20. Jahrhunderts.

Gustav Nebehay Kunsthandlung (Hg.): Handzeichnungen von Gustav Klimt, Ausst.-Kat., Gustav Nebehay Kunsthandlung (Hotel Bristol „Altes Haus“ 2. Stock, Wien), 00.09.1918–00.10.1918, Wien 1918.
© Wienbibliothek im Rathaus

Die bildenden Künste. Wiener Monatshefte, 2. Jg. (1919).
© ANNO | Österreichische Nationalbibliothek
Künstlerfreunde und Kegelabende
Bedingt durch seinen Beruf tauchte Nebehay in die Künstlerkreise Wiens ein. Zu einem seiner ersten Kontakte gehörte Josef Hoffmann, der 1916 ein Armband als Geschenk für Nebehays Frau Maria entwarf und 1924/25 mit der Wiener Werkstätte die Geschäftsräume der Kunsthandlung im Hotel Brüssel neu gestaltete. Durch diese Freundschaft wurde Nebehay zu regelmäßigen Kegelabenden im Restaurant Hartmann eingeladen, an denen auch zahlreiche Wiener Künstler teilnahmen. Daher gehörten neben Hoffmann auch der Maler und Kunsterzieher Franz Čižek, bei dem sein Sohn Christian Stunden nahm, Egon Schiele, Otto Lendecke sowie Gustav Klimt zu Nebehays Bekannten- und Freundeskreis.
Besonders zu Klimt entwickelte Nebehay ein engeres Verhältnis. Klimt besuchte die Familie Nebehay im Frühjahr 1917 in ihren Wohnräumen in der sogenannten »Pechhütte«, einer Jausenstation in Unter St. Veit. Davon zeugt ein Eintrag in Klimts letztem Notizbuch. Auch mehrere Zeichnungen belegen die Beziehung zwischen der Familie des Kunsthändlers und dem bekannten Maler. Klimt schenkte dem Ehepaar Nebehay im Zuge seines Besuches mehrere Blätter und versah diese auf Bitte des Kunsthändlers mit den Widmungen »Frau Maria Nebehay zugeeignet« und »Herrn Gustav Nebehay freundschaftlichst zugeeignet« sowie mit seiner typischen Ovalsignatur.
Auch bei Klimts Begräbnis, nicht ganz ein Jahr später, war der Kunsthändler anwesend und ist aus diesem Anlass auf einem Foto mit Emilie Flöge, Josef Hoffmann, Berta Zuckerkandl und Julius Tandler dokumentiert. Noch kurz zuvor hatte er mit dem Maler eine größere Ausstellung von Gemälden und Zeichnungen in seinem Kunstsalon im Hotel Bristol geplant, was durch Klimts jähen Tod im Februar 1918 jedoch verhindert wurde. Stattdessen stellte Nebehay in einer Art Gedenkausstellung Zeichnungen aus, die er im Sommer 1917 selbst von Klimt erworben hatte. Im Frühjahr 1918 organisierte er außerdem gemeinsam mit Klimts langjährigem Freund Carl Moll die Schau »Ein Jahrhundert Wiener Malerei in Zürich«, auf der Klimt aus Ehrerbietung ein eigener Saal gewidmet wurde.
Gustav Nebehay als Händler für Klimt
Die Erben entschlossen sich schließlich Klimts künstlerischen Nachlass durch Gustav Nebehay veräußern zu lassen. Zu diesem Zweck veranstaltete die Kunsthandlung Gustav Nebehay 1919 die umfangreiche »Gedächtnis=Ausstellung Gustav Klimt« mit rund 20 Gemälden, etlichen Zeichnungen, sowie einem Großteil der Asiatika Sammlung und der Ateliereinrichtung des Meisters.

Einblick in die Gustav-Klimt-Gedächtnisausstellung, Februar 1919 - März 1919
© Klimt-Foundation, Wien

Gustav Nebehay Kunsthandlung (Hg.): Die Zeichnungen. Heft II Juni 1919. Gustav Klimt, Ausst.-Kat., Gustav Nebehay Kunsthandlung (Hotel Bristol „Altes Haus“ 1. Stock, Wien), 00.06.1919–00.00.1919, Wien 1919.
© Klimt-Foundation, Wien

Dagobert Peche: Plakat für die Gustav Klimt-Stoclet Fries-Ausstellung in der Kunsthandlung Gustav Nebehay, 1920
© Klimt-Foundation, Wien

Himmelhof, Wohnhaus der Familie Nebehay ab den 1920ern
© Wien Museum

© Wienbibliothek im Rathaus
Die Verkäufe aus dieser Schau brachten Summen ein, die für Klimt-Werke zu Lebzeiten nicht erzielt werden konnten. Aus einem Brief von Emilie Flöge an Klimts Bruder Georg geht hervor, dass Nebehay anbot, auch nach Schluss der Ausstellungen weiterhin Zeichnungen für die Erben zu verkaufen:
»Lieber Georg! Herr Nebehay schreibt mir, dass er die Ausstellung geschlossen hat, und er möchte mir, ehe er die nicht verkauften Sachen zurück schickt, folgenden Vorschlag machen. Er würde ca. 300 Stück Zeichnungen aller QUalitäten [!] zurück behalten, und sie weiterhin für die Erben Klimts verkaufen. Seine Bedingungen für diesen Verkauf wären 25% der erlösten Summe bei Zeichnungen.«
Noch im selben Jahr folgte daher eine zweite Ausstellung, die ausschließlich Klimt-Zeichnungen zeigte. Zu den Käufern und somit auch zur Kundschaft der Kunsthandlung zählten bedeutende Klimtsammler:innen wie Sonja Knips, Mäda Primavesi und Serena Lederer, die den Großteil ihrer Klimt-Zeichnungen über die Nachlassschau von Herrn Nebehay erworben hatte. Vermutlich bedingt durch das erhöhte Arbeitspensum stellte Nebehay 1918 für kurze Zeit Friederike Beer-Monti, die 1916 von Klimt porträtiert worden war, als Gehilfin ein. Eine ihrer Aufgaben bestand darin Zeichnungen mit einem Nachlasstempel zu versehen und somit eindeutig identifizierbar zu machen.
Nebehay setzte sich auch nach Klimts Tod dafür ein, dass das Werk des Jahrhundertkünstlers nicht in Vergessenheit geriet. 1920 zeigte er erstmals die Entwurfszeichnungen Klimts für den Stocletfries. Ein eigens aus diesem Anlass entworfenes Plakat von Dagobert Peche bewarb die Schau. Die Entwürfe wurden alsdann vom Museum für angewandte Kunst erworben, wo sie sich bis heute befinden.
Gustav Nebehay war offiziell zum Experten für den Verkauf von Klimt-Werken avanciert. So ist es nachvollziehbar, dass sich Joseph Urban 1922 an Nebehay wandte, als er auf der Suche nach Klimt-Gemälden für seine Wiener Werkstaette of America war. Insgesamt drei Werke Klimts erwarb er über die Kunsthandlung Gustav Nebehay. Durch seinen Ruf als erfolgreicher Kunsthändler wurde Nebehay auch mit dem Verkauf der Nachlässe der mit ihm befreundeten Künstler Egon Schiele und Otto Lendecke betraut. Zu den Mitarbeiter:innen der Kunsthandlung gehörten Maria Hauffen, die Sekretärin Nebehays, und Eduard Kosmack, der bis 1914 Verleger und Teil der Kegelgesellschaft rund um Klimt gewesen war und daher bereits in der Vergangenheit eng mit den Künstlern der Wiener Werkstätte zusammen gearbeitet hatte.
In den 1920ern kaufte Nebehay den sogenannten »Himmelhof« in Unter St. Veit, wo die Familie fortan lebte. Das Haus wurde bald ein Treffpunkt für bekannte Künstler wie Remigius Geyling, Eugen Hamm, Dagobert Peche, Georg Kolbe und Ludwig Heinrich Jungnickel. Oftmals bot Nebehay verarmten Künstlerfreunden und ihren Familien über Wochen Asyl. Auch Leiter wichtiger Museen wie Alfred Stix, Generaldirektor der österreichischen Museen und der Albertina, und Franz Martin Haberditzl, Direktor des Belvedere, gehörten zum Freundeskreis Nebehays und tätigten über dessen Kunsthandlung zahlreiche Ankäufe für ihre Institutionen. Zeitweise schenkte der großzügige Geschäftsmann auch Werke an die Museen, wenn es nicht genug Budget für Ankäufe gab.
Ende der Kunsthandlung und Rückzug aus Wien
Gegen Ende der 20er Jahre verschlechterte sich die wirtschaftliche Lage der Kunsthandlung. Zudem erhielt Nebehay eine Diabetesdiagnose. Aus diesen Gründen dürfte er 1928 übereilt die Kunsthandlung in Wien aufgelöst haben, um ohne seine Familie – seine Frau hatte sich geweigert ihn zu begleiten – nach Berlin zu ziehen. Dort eröffnete er ein neues Geschäft am Schöneberger Ufer 37.
Wenige Monate nach seinem Umzug wurde er beauftragt die weltberühmte Sammlung des verstorbenen Wiener Kunstsammlers Albert Figdor zu veräußern. Ein prestigeträchtiges Unterfangen, dass dem Kunsthändler jedoch zum Verhängnis werden sollte. Der Verkauf erregte große mediale Aufmerksamkeit und wurde mehrmals in Zeitungsberichten sowohl in Deutschland als auch Österreich beleuchtet. Als die Sammlung schließlich über zwei Jahre später 1930 aufgeteilt auf Auktionen in Wien und Berlin versteigert wurde, hatte Nebehay zahlreiche mühselige Rechtsstreite und finanzielle Einbußen durch die Vernachlässigung aller anderer seiner Geschäfte hinter sich. Seine Kunsthandlung in Berlin wurde liquidiert und Nebehay konnte sich bis zu seinem Tod in der Branche nicht mehr etablieren.
Nebehay verstarb am 7. September 1935 im Zuge eines Kuraufenthaltes in Marienbad (heute: Mariánské Lázně, Tschechien) im Alter von 54 Jahren an Herzversagen.
Literatur und Quellen
- Wien Geschichte Wiki. Gustav Nebehay. www.geschichtewiki.wien.gv.at/Gustav_Nebehay (16.04.2020).
- N. N.: Theater, Kunst und Literatur. Kunst, in: Wiener Allgemeine Zeitung (Morgenausgabe), 17.09.1918, S. 3.
- Österreichisches Biographisches Lexikon. Gustav Nebehay. www.biographien.ac.at/oebl/oebl_N/Nebehay_Gustav_1881_1935.xml (16.04.2020).
- ILAB. International LEAGUE of ANTIQUARIAN BOOKSELLERS. ilab.org/articles/50-years-wiener-antiquariat-50-jahre-wiener-antiquariat (16.04.2020).
- Gustav Nebehay Kunsthandlung (Hg.): Die Zeichnung, Heft 2, Wien 1919.
- Sandra Tretter, Peter Weinhäupl, Felizitas Schreier, Georg Becker (Hg.): Gustav Klimt. Atelier Feldmühlgasse 1911–1918, Wien 2014.
- Der Cicerone. Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers, 11. Jg., Heft 7 (1919), S. 202.
- Christian Nebehay: Die goldenen Sessel meines Vaters, Wien 1983.
- Alice Strobl (Hg.): Gustav Klimt. Die Zeichnungen, Band III, 1912–1918, Salzburg 1984, S. 30, Nr. 2219.
- Brief von Emilie Flöge in Wien an Georg Klimt (10.03.1919). S104.
- Gustav Nebehay Kunsthandlung (Hg.): Handzeichnungen von Gustav Klimt, Ausst.-Kat., Gustav Nebehay Kunsthandlung (Hotel Bristol „Altes Haus“ 2. Stock, Wien), 00.09.1918–00.10.1918, Wien 1918.
- Brief von Mary Urban in New York an Philipp Häusler in Wien (20.03.1922). HIN 2.1.3.10.5.20, Wienbibliothek im Rathaus, Handschriftensammlung.
- Allgemeine Sport-Zeitung, 23.06.1923, S. 299.
- Brief von Anne Moore in New York an Philip Häusler in Wien (undatiert). HIN 2.1.3.10.5.9, Wienbibliothek im Rathaus, Handschriftensammlung.
- Berliner Tageblatt und Handels-Zeitung (Morgenausgabe), 28.06.1928, S. 11.
- Notizbuch von Gustav Klimt (vermutlich 1917).

Carl Reininghaus

Egon Schiele: Carl Reininghaus, 1912
© Wien Museum
Als Kunstmäzen förderte Carl Reininghaus Gustav Klimt, Egon Schiele, Ferdinand Hodler und andere Künstler der Secession. Nach der XIV. Beethoven gewidmeten Ausstellung der Secession erwarb er den Beethovenfries von Klimt und rettete ihn vor der Zerstörung.
Carl Reininghaus stammte aus einer Grazer Bierdynastie. Er war der älteste Sohn von Julius Reininghaus und Emilie, geb. Mautner Markhof, und kam am 11. Februar 1857 in Graz zur Welt. Nachdem sein Vater früh verstorben war, erbte Carl Reininghaus ein beträchtliches Vermögen, das ihm ein Leben in finanzieller Unabhängigkeit ermöglichte. Sein Kapital investierte Reininghaus in eine umfangreiche Kunstsammlung. Er gilt als wichtiger Auftraggeber und Mäzen seiner Zeit. Um 1900 besaß Reininghaus daher eine der bedeutendsten Kunstsammlungen in der Steiermark. Der Schwerpunkt seiner Sammlung lag dabei auf Werken von Hans Makart, Hans Thoma und Wilhelm von Kaulbach sowie älterer italienischer Kunst.
Nach der Scheidung von seiner ersten Frau Zoë, geb. von Karajan, mit der er fünf Kinder hatte, zog Reininghaus 1904 nach Wien. Bereits davor hatte er in der Reichshauptstadt, eventuell durch seine Verwandtschaft mit der secessionsnahen Fördererfamilie Mautner Markhof bedingt, Kontakte zu jungen Secessionisten wie Gustav Klimt, Carl Moll und Egon Schiele geknüpft. Reininghaus verlegte den Fokus seiner Kunstsammlung auf moderne Kunst und förderte die Künstler der Secession aktiv. So finanzierte er beispielsweise 1899 eine gemeinsame Italienreise von Klimt und Moll.
Carl Moll berichtete über die Begeisterungsfähigkeit des Grazer Industriellen für die Secession:
»Die Eröffnung einer Sezessionsausstellung konnte er nie erwarten, schon während des Hängens belagerte er das Haus, drehte jedes Bild um, störte die Arbeitenden, war gefürchtet und – geliebt.«

Moriz Nähr: Einblick in die XIV. Secessionsausstellung, April 1902 - Juni 1902, Österreichische Nationalbibliothek, Bildarchiv und Grafiksammlung, aus dem Nachlass von Moriz Nähr
© Bildarchiv und Grafiksammlung, Österreichische Nationalbibliothek

Gustav Klimt: Der Beethovenfries (Die feindlichen Gewalten), 1901/02, Österreichische Galerie Belvedere, Dauerleihgabe in der Secession, Wien
© Belvedere, Wien

Gustav Klimt: Der Beethovenfries (Die Künste, Paradieschor und Umarmung), 1901/02, Österreichische Galerie Belvedere, Dauerleihgabe in der Secession, Wien
© Belvedere, Wien
Der Beethovenfries und die Hohe Warte
Um 1900 entstand im Umfeld der Secession der Plan auf der Hohen Warte eine Künstlerkolonie zu errichten. Zu diesem Zweck erwarben die Künstlerfamilien Moll, Moser, Henneberg und Spitzer dort Baugrund. Auch Carl Reininghaus kaufte als einziger Nichtkünstler ein Grundstück auf der Hohen Warte. Sein Plan war sich eine Villa von Josef Hoffmann im Sinne eines Gesamtkunstwerks erbauen zu lassen. Aus unbekannten Gründen wurde die Villa Reininghaus jedoch nie errichtet und der Baugrund später an Carl Moll und die Familie Ast abgetreten.
Etwa zur selben Zeit tätigte Reininghaus einen seiner wahrscheinlich größten Ankäufe auf einer Secessionsausstellung. Klimt hatte 1901/02 den Beethovenfries für die Beethovenausstellung der Secession geschaffen. Der monumentale Fries sollte eigentlich nur der Raumdekoration dienen und nach der Schau von den Wänden geschlagen werden. Carl Reininghaus meldete jedoch an, er wolle das Werk erwerben. Mehrere Zeitungen berichteten, Reininghaus würde die stolze Summe von 40.000 Kronen (ca. 291.000 Euro) für das Werk bezahlen. In einem Brief an Maria Zimmermann vom 17. Oktober 1902 schilderte Klimt jedoch, dass es sich beim tatsächlichen Kaufpreis nur um die Hälfte dieser Summe handelte. Außerdem berichtete Klimt, dass Reininghaus den Fries für ein noch nicht ausgeführtes Wohnhaus erwerben wollte:
»[...] bezüglich des >Ereignisses< [Anm. Ankauf des Beethovenfrieses] – jedenfalls hast Du das >Extrablatt< gelesen – das ist alles nicht wahr – diesbezüglich ist Alles beim Alten geblieben – nicht 40.000 sondern 20.000 und auch dieses nur falls die Bilder runter und wo anders raufzubringen sind. [...] das Haus wohin sie kommen sollen ist noch nicht gebaut – es ist noch gar nicht angefangen zu bauen – bis dorthin kann's den Mann längst wieder reuen«
Eventuell könnte es sich bei dem hier erwähnten Haus um jene Villa handeln, für die Reininghaus den Grund auf der Hohen Warte erworben hatte, welche dann jedoch nie ausgeführt wurde. Der Verkauf kam dennoch zu Stande. Trotz Schwierigkeiten bei der Abnahme des Frieses zeigt ein Revers von 1907, dass Reininghaus die Platten ankaufte. Klimt bestätigte hier, dass er jeweilige Schäden, die am Werk durch Abschlagen von der Wand oder Transport zustande kommen würden, nach der Überweisung des Restbetrags kostenfrei übernehmen würde. Der Verkauf dürfte durch die Galerie Miethke abgewickelt worden sein, da deren Leiter Carl Moll und dessen Mitarbeiter Hugo Haberfeld ebenfalls das Revers unterfertigten.
Reininghaus bewahrte den ungenutzten Fries bis 1915 auf. Auf persönliche Anfrage war eine Besichtigung des Werks möglich, öffentlich war der Fries jedoch in dieser Zeit nicht zu sehen. So konnte beispielsweise Eduard Buschbeck auf Vermittlung des Direktors der österreichischen Galerie, Friedrich Dörnhöffer, den Fries 1912 besichtigen. 1915 veräußerte Reininghaus das monumentale Werk an die Klimt-Sammler August und Serena Lederer.

Gustav Klimt: Revers von Gustav Klimt in Wien, mitunterschrieben von Carl Moll und Hugo Haberfeld, 16.12.1907, Wienbibliothek im Rathaus, Handschriftensammlung, Nachlass Hans Ankwicz-Kleehoven
© Wienbibliothek im Rathaus, Handschriftensammlung

Auktionshaus für Altertümer Glückselig Gesellschaft M.B.H. (Hg.): Gemälde und Antiquitäten aus dem Nachlasse Carl (v.) Reininghaus. Wertvolle Musikinstrumente und Künstlerdokumente aus dem Nachlasse Ernst Löwenfeld. Mobiliar und Kunstgegenstände aus Wiener Privatbesitz, Aukt.-Kat., Wien 1933.
© Universitätsbibliothek Heidelberg
Mäzen der Moderne
Neben Klimt unterstützte Reininghaus auch noch andere aufstrebende Künstler. So erwarb er im Zuge von Ausstellungen der Secession mehrere Werke von Ferdinand Hodler, darunter auch das Hauptwerk der 19. Ausstellung 1904, Die Lebensmüden (1892, Neue Pinakothek München). Auch mit Egon Schiele war Reininghaus eng verbunden. Nachweislich besuchte er den jungen Künstler wiederholt in dessen Atelier. Nach dem Vorwurf an Schiele der Verführung einer Minderjährigen stellte Reininghaus dem befreundeten Künstler finanzielle Hilfe bei dessen Prozess zur Verfügung. Schiele schuf außerdem mehrere Porträts seines Sammlers und Förderers. 1905 ließ sich Reininghaus seine Wohnung am Brahmsplatz 4, die er bis 1921 bewohnte, von Adolf Loos ausstatten. Das Interieur ist jedoch nicht erhalten.
Darüber hinaus war Reininghaus international sammlerisch tätig. Sein Interesse lag hier vor allem auf französische Kunst. Unter anderem befanden sich in seiner Sammlung Werke von Eduard Manet, Auguste Renoir und Paul Cézanne. Immer wieder verlieh er Werke seiner Sammlung für Ausstellungen, damit sie der Öffentlichkeit präsentiert werden konnten, so auch an die von Carl Moll geführte Galerie Miethke.
Als Bewunderer der modernen Kunst organisierte er außerdem Wettbewerbsausstellungen mit denen er jungen Künstlern eine Möglichkeit zur Präsentation ihrer Werke bot. So stiftete er 1913 einen Preis von 3.000 Kronen (ca. 20.300 Euro) für ein malerisches Werk. In der Jury saßen Gustav Klimt, Rudolf Junk, Josef Hoffmann und Carl Reininghaus selbst.
1920 heiratete Reininghaus Friederike Knepper. Die Ehe blieb kinderlos. Nach seinem Tod am 29. Oktober 1929 wurde seine Sammlung, trotz seines gegenteiligen Wunsches diese als Ganzes zu bewahren, aus finanziellen Gründen teilweise veräußert. Die Haupterben waren Reininghaus uneheliche Kinder, welche er noch vor seinem Tod offiziell adoptiert hatte. Seine fünf Kinder aus erster Ehe erhielten dagegen nur den Pflichtteil. Die Auszahlung dieses Anteils war nur durch Verkauf einzelner Werke aus der Sammlung möglich.
Literatur und Quellen
- Lexikon der österreichischen Provenienzforschung. www.lexikon-provenienzforschung.org/reininghaus-carl (04.05.2020).
- Kunstrückgabebeirat. www.secession.at/wp-content/uploads/2016/01/Empfehlung-des-Kunstr%c3%bcckgabebeirat.pdf (04.05.2020).
- Reininghaus.at. www.reininghaus.at/website/carl_r.htm (04.05.2020).
- Wien Geschichte Wiki. Brahmsplatz. www.geschichtewiki.wien.gv.at/Brahmsplatz (04.05.2020).
- Christina Gschiel: „Transport der Teile ohne zu schneiden“. Die Bergung des Beethoven-Frieses aus der Sammlung Lederer in Schloss Thürnthal, in: Pia Schölnberger, Sabine Loitfellner (Hg.): Bergung von Kulturgut im Nationalsozialismus, Mythen – Hintergründe – Auswirkungen, Wien - Köln - Weimar 2016, S. 359-382, S. 360.
- Carl Moll: Carl Reininghaus. Ein Gedenkwort von Carl Moll, in: Neue Freie Presse, 17.11.1929, S. 37-38.
- Tobias G. Natter: Die Wiener haben mir nun aus dem Dreck herausgeholfen!. Ferdinand Hodler, sein Sammler Carl Reininghaus und die Folgen, in: Tobias G. Natter, Niklaus Manuel Güdel, Monika Mayer, Elisabeth Schmuttermeier, Rainald Franz (Hg.): Hodler, Klimt und die Wiener Werkstätte, Ausst.-Kat., Kunsthaus Zürich (Zürich), 21.05.2021–29.08.2021, Zürich 2021, S. 12-31.
- Revers von Gustav Klimt in Wien, mitunterschrieben von Carl Moll und Hugo Haberfeld (16.12.1907). H.I.N. 15.9214, Wienbibliothek im Rathaus, Handschriftensammlung.
- Brief mit Kuvert von Gustav Klimt in Wien an Maria Zimmermann in Villach (17.10.1902). S63/28.
- Brief von Carl Reininghaus in Wien an Friedrich Dornhöffer (17.02.1913). 1913-290/2, Österreichische Galerie Belvedere, Archiv.
- N. N.: Der Erbstreit im Hause Reininghaus beigelegt. Aufteilung der Kunstschätze, in: Die Stunde, 12.11.1931, S. 3.
- Wiener Allgemeine Zeitung, 30.03.1906, S. 2.
- Neue Freie Presse, 31.05.1913, S. 13.

Michael Rieser

Michael Rieser fotografiert von Carl Mahlknecht, um 1860
© Wien Museum
Der Historien- und Porträtmaler Michael Rieser zählte zu den ersten Lehrkräften der neu gegründeten k. k. Kunstgewerbeschule in Wien. Er unterrichtete dort 20 Jahre lang. Seinen Unterricht in der hiesigen Vorbereitungsschule besuchten auch Gustav Klimt, Ernst Klimt und Franz Matsch.
Michael Rieser wurde 1828 in Tirol geboren. Bereits als Jugendlicher ging er nach Danzig (heute: Gdańsk, Polen), wo er bei seinem Onkel einen kaufmännischen Beruf erlernen sollte. Die Ausbildung brach er ab und besuchte stattdessen für einige Jahre die lokale Kunstschule. Ab 1848 studierte er an der Münchner Kunstakademie und vier Jahre später an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Nach seinem Studienabschluss ging er für mehrere Jahre nach Italien.
Lehrauftrag an der Wiener Kunstgewerbeschule
1868 kehrte Michael Rieser wieder nach Wien zurück, da ihn Rudolf Eitelberger, Initiator des k. k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie (heute: MAK – Museum für angewandte Kunst, Wien), zusammen mit dem Architekten Joseph Storck, dem Bildhauer Otto König, den Malern Ferdinand Laufberger und Franz Sturm ins erste Lehrerkollegium der neu gegründeten Wiener Kunstgewerbeschule berief, wobei Rieser zum Leiter der hiesigen Vorbereitungsschule ernannt wurde.
In den 1870er Jahren unterrichtete Rieser auch Gustav Klimt, Ernst Klimt und Franz Matsch, die er künstlerisch förderte. So ließ er diese an der Umsetzung seiner zwei Glasfensterentwürfe für die Wiener Votivkirche, die anlässlich des verhinderten Attentats auf Kaiser Franz Joseph I. gestiftet wurde, mitwirken.
Rückzug aus gesundheitlichen Gründen
Der Maler unterrichte insgesamt 20 Jahre an der Wiener Kunstgewerbeschule. Im Schuljahr 1888/89 ließ er sich krankheitsbedingt in den dauerhaften Ruhestand versetzen und zog sich weitgehend ins Privatleben zurück. Michael Rieser, der sich zeitlebens vor allem der religiösen Historienmalerei und der kirchlichen Kunst widmete, verstarb schließlich im November 1905. Laut einem Bericht der Zeitung Die Zeit vom 12. November 1905 erschienen zu seiner Verabschiedung unter anderem Arthur von Scala, Direktor des k. k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie, und sein ehemaliger Schüler und nunmehriger Professor Franz Matsch.
Literatur und Quellen
- Otmar Rychlik (Hg.): Gustav Klimts Lehrer. 1876-1882. Sieben Jahre an der Kunstgewerbeschule, Ausst.-Kat., MAK – Museum für angewandte Kunst (Wien), 03.11.2021–13.03.2022, Bad Vöslau 2021.
- Hans Vollmer (Hg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker, Band XXVIII, Leipzig 1934, S. 343.
- Der Kunstfreund, N.F., 22. Jg., Heft 7 (1906), S. 85-89.
- Kunst und Kunsthandwerk. Monatsschrift des k. k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie, 11. Jg., Heft 1 (1906), S. 72-73.
- Mittheilungen des k. k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie. Monatsschrift für Kunst und Gewerbe, N.F., 4. Jg., Heft 43 (1889), S. 456.
- Mittheilungen des k. k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie. Monatsschrift für Kunst und Gewerbe, 3. Jg., Heft 34 (1868), S. 208.
- Hermann Herdtle: Michael Rieser, in: Die christliche Kunst. Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst und Kunstwissenschaft, 10. Jg. (1913/14), S. 65-72.
- Neues Wiener Tagblatt, 11.11.1905, S. 3.
- Österreichische Akademie der Wissenschaften (Hg.): Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950, Band 9, Wien 1988.
- Das Vaterland. Zeitung für die österreichische Monarchie, 10.11.1905, S. 5.

Adolphe Stoclet
Adolphe Stoclet war ein belgischer Geschäftsmann und passionierter Kunstsammler. 1904 beauftragten er und seine Ehefrau Suzanne Josef Hoffmann mit der Errichtung eines Palais in Brüssel, das ein Gesamtkunstwerk der Wiener Werkstätte werden sollte. Für den Speisesaal entwarf Gustav Klimt einen dreiteiligen Mosaikfries.
Adolphe Stoclet wurde 1871 in Brüssel geboren. Er studierte an der Brüsseler Universität Ingenieurswesen, wo er sich auf Eisenbahntechnik spezialisierte. Nach seinem Studienabschluss führte ihn seine Arbeit als Ingenieur zunächst nach Mailand und 1902 nach Wien, wo er an der Reorganisation der Aspangbahn, die sich im Besitz der Austro-Belgischen Eisenbahngesellschaft befand, mitwirkte. Während des zweijährigen Wienaufenthaltes schlossen er und seine Frau Suzanne – zwei Kunst- und Kulturliebhaber – Bekanntschaft mit zahlreichen Künstlern der Wiener Secession, wie dem Architekten Josef Hoffmann.

Das Palais Stoclet entworfen von Josef Hoffmann, um 1914, in: Moderne Bauformen. Monatshefte für Architektur und Raumkunst, 13. Jg. (1914).
© Universitätsbibliothek Heidelberg

Das Palais Stoclet entworfen von Josef Hoffmann, Gartenfassade, um 1914, in: Moderne Bauformen. Monatshefte für Architektur und Raumkunst, 13. Jg. (1914).
© Universitätsbibliothek Heidelberg
Palais Stoclet
1904 verließ die Familie Stoclet aus persönlichen Gründen Wien und kehrte nach Belgien zurück, wo Adolphe Stoclet die Verwaltung der Société Générale de Belgique übernahm. Noch im gleichen Jahr sollte er Josef Hoffmann mit dem Bau des Palais Stoclet in Brüssel betrauen; die künstlerische Ausstattung übernahmen zahlreiche Künstler der Wiener Werkstätte.
Zwei Jahre später, im Mai 1906, besichtigte erstmals das Ehepaar Stoclet gemeinsam mit Fritz Waerndorfer, Carl Otto Czeschka und Gustav Klimt, die sich gerade auf der Rückreise von London nach Wien befanden, die Baustelle in der Avenue de Tervueren. Im Mai 1914 reiste Klimt erneut nach Brüssel und besichtigte zum ersten Mal den 1910/11 fertiggestellten Prachtbau sowie den Speisesaal mit der finalen Umsetzung seines Entwurfs des Mosaikfrieses, die von der Wiener Werkstätte und Leopold Forster ausgeführt wurde.
Stoclets Erbe
Adolphe Stoclet leitete noch bis 1941 die Société Générale de Belgique. Seine letzten Lebensjahre waren von einer Krankheit gezeichnet, die ihn in seiner Mobilität stark einschränkte. Er verstarb 1949. Das repräsentative Stadtpalais und der Großteil der opulenten Kunstsammlung – Teile davon wurden zuletzt 2018 versteigert – befinden sich noch heute im Besitz der Familie.
Literatur und Quellen
- Alice Strobl (Hg.): Gustav Klimt. Die Zeichnungen, Band II, 1904–1912, Salzburg 1982, S. 139-141.
- Felix Czeike (Hg.): Historisches Lexikon Wien, Band 5, Wien 1997, S. 648.
- Felix Czeike (Hg.): Historisches Lexikon Wien, Band 1, Wien 1992, S. 174-175.
- Académie royale de Belgique (Hg.): Biographie Nationale, Band 33, Brüssel 1965, Spalte 675-681.
- Der Standard. Die fantastische Sammlung des Herrn Stoclet wird versteigert (07.10.2018). www.derstandard.at/story/2000088729968/die-sammlung-des-herrn-stocletaussereuropaeische-meisterwerke-werden-versteigert (01.04.2021).
- Tobias G. Natter (Hg.): Gustav Klimt. Sämtliche Gemälde, Wien 2012, S. 100-179.
- Alfred Weidinger (Hg.): Gustav Klimt, München - Berlin - London - New York 2007, S. 289.
- Sandra Tretter, Peter Weinhäupl (Hg.): Gustav Klimt. Sommerfrische am Attersee 1900-1916, Wien 2015, S. 55-59, S. 75.
- Christian Witt-Döring: Palais Stoclet, in: Christian Witt-Döring, Janis Staggs (Hg.): Wiener Werkstätte 1903-1932. The Luxury of Beauty, New York 2017, S. 368-409.
- Christian Witt-Dörring: Das Palais Stoclet – ein Gesamtkunstwerk. Eine Schicksalsgemeinschaft von Auftraggeber und Wiener Werkstätte 1905-1911, in: Christoph Thun-Hohenstein, Matthias Boeckl, Rainald Franz, Christian Witt-Dörring (Hg.): Josef Hoffmann. 1870–1956. Fortschritt durch Schönheit, Ausst.-Kat., MAK – Museum für angewandte Kunst (Wien), 15.12.2021–19.06.2022, Basel 2021, S. 145-148.
- Agnes Husslein-Arco, Alfred Weidinger (Hg.): Gustav Klimt – Josef Hoffmann. Pioniere der Moderne, Ausst.-Kat., Oberes Belvedere (Wien) - Unteres Belvedere (Wien), 25.10.2011–04.03.2012, München 2011, S. 202-251.
- Amalie Sara Levetus: Das Stoclethaus zu Brüssel von Architekt Josef Hoffmann, in: Moderne Bauformen. Monatshefte für Architektur und Raumkunst, 13. Jg. (1914), S. 1-34.

Fritz Waerndorfer

Lili und Fritz Waerndorfer, um 1895
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Gustav Klimt im Garten der Villa von Fritz Waerndorfer, vermutlich um 1903, Verbleib unbekannt
© Privatbesitz

Einblick in die Villa Waerndorfer, 1903/04, MAK - Museum für angewandte Kunst, Archiv der Wiener Werkstätte
© MAK
Der österreichische Unternehmer, Kunstmäzen und Mitbegründer der Wiener Werkstätte prägte durch seine gesellschaftlichen Verbindungen und sein Engagement maßgeblich die Kunstszene in Wien um 1900. Er sammelte Gemälde von Gustav Klimt sowie Werke internationaler Avantgardekünstler und förderte Josef Hoffmann und Kolo Moser.
Fritz Waerndorfer (ursprünglich Wärndorfer) wurde am 5. Mai 1868 in Wien als Sohn des Textilfabrikanten Samuel und Berta Wärndorfer, geb. Neumann, geboren und entstammte einer wohlhabenden jüdischen Industriellenfamilie. Seine Tanten mütterlicherseits – Marianne und Jenny Neumann – waren mit Moriz Benedict und Isidor Mautner verheiratet, die drei Schwager führten die Baumwollspinnerei Wärndorfer-Benedict-Mautner, einen der größten Textilkonzerne der Monarchie mit Hauptsitz in Nachod (heute Tschechien).
Nach Absolvierung des Akademischen Gymnasiums in Wien leistete Fritz Waerndorfer bis 1889 Militärdienst und hielt sich danach zu Studienzwecken in England auf, wo er in der Kunstszene verkehrte und zu sammeln begann. 1895 folgte eine Anstellung im Familienbetrieb, zu dessen Gesellschafter er später aufstieg. 1896 heiratete er die Autorin und Übersetzerin Lili Jeanette Hellmann und sie bekamen drei Kinder.
Bereits um die Jahrhundertwende pflegte er engen Kontakt mit Hermann Bahr und war Gast im Salon von Berta Zuckerkandl. Über diese Verbindung traf er vermutlich auch die Gründer der Wiener Secession Gustav Klimt, Josef Hoffmann, Carl Moll und Kolo Moser. Waerndorfer förderte und beauftragte die befreundeten Künstler der jungen Vereinigung und baute eine Sammlung auf mit Werken von Richard Luksch, Marcus Behmer, Aubrey Beardsley, George Minne sowie Klimts Gemälden Pallas Athene (1898, Wien Museum), Obstgarten am Abend (1899, Privatbesitz), Ein Morgen am Teiche (1899, Leopold Museum, Wien), Bauernhaus mit Birken (1900, Privatbesitz), Aus dem Reich des Todes (Zug der Toten) (1903, Verbleib unbekannt, seit Kriegsende 1945 verschollen) und Die Hoffnung I (1903/04, National Gallery of Canada, Ottawa).
Da Waerndorfer fließend Englisch sprach und mit den neuesten britischen Designtrends vertraut war, bat Hoffmann ihn im Frühjahr 1900 nach Glasgow zu reisen, um Charles Rennie Mackintosh für eine Beteiligung an der »VIII. Ausstellung« der Secession zu gewinnen. Im November stellte Mackintosh mit der richtungsweisenden Künstlergruppe des schottischen Modern Style namens The Four in Wien neben Charles Robert Ashbee, Henry van de Velde, George Minne u.a. aus. Die bahnbrechende, von Moll als Präsident und Hoffmann als Vizepräsident der Secession organisierte Schau führte zur programmatischen Aufwertung des Kunstgewerbes. Dabei wohnte das Künstler- und Ehepaar Mackintosh während der Ausstellung in Waerndorfers Villa in der Carl-Ludwig-Straße 45 (heute: Weimarer Straße 59) im Währinger Cottage-Viertel und er beauftragte sie spätestens 1902 mit der Einrichtung seines Musiksalons. Margaret MacDonald Mackintosh entwarf dafür einen dreiflügeligen Fries mit dem Motiv Die sieben Prinzessinnen (1906, MAK) aus dem gleichnamigen Theaterstück von Maurice Maeterlinck, der allerdings erst 1907 in den Salon Einzug fand.
Weiters gründete er 1903 mit Hoffmann und Moser die Wiener Werkstätte nach dem Vorbild des englischen Arts-and-Crafts-Movement. Ziel war die Erneuerung des Kunstbegriffes im Bereich des Kunstgewerbes und die Herstellung von Möbeln, Alltagsgegenständen und Schmuck. Dabei initiierte er auch die Einrichtung von Klimts Atelier in der Josefstädter Straße. Klimt schrieb im Sommer 1903 an Mizzi Zimmermann:
»Der Herr aus dem Cottage Viertel wollte in meiner Abwesenheit das Atelier auf seine Kosten herrichten lassen, als Überraschung – ich sollte davon nichts wissen – die Hausbesorgerin ließ es nicht zu – sonder[n] fragte bei mir an – ich hatte alle Mühe die sonst ganz löbliche Absicht zu nichte zu machen […].«
Klimt verweigerte die komplette Umgestaltung der Räume und lediglich einige von Hoffmann entworfene und der Wiener Werkstätte ausgeführte Möbel kamen Ende des Jahres in das Atelier.
Mit der Modernisierung seines Hauses, seiner Sammlungstätigkeit und der Förderung internationaler Künstler positionierte sich Waerndorfer als prägende Persönlichkeit der Wiener Gesellschaft, Kunst- und Kulturszene sowie als Gastgeber zahlreicher Treffen. Ludwig Hevesi schilderte einen Besuch in der Villa am 25. November 1905:
»Über einem großen Bilde sind zwei Flügeltüren hermetisch geschlossen, um jedes profane Auge abzuhalten. Das Bild ist die berühmte, sagen wir berüchtigte ›Hoffnung‹ von Klimt. Nämlich jenes junge Weib in hochinteressanten Umständen, das [!] der Künstler hüllenlos zu malen wagte. Eines seiner Meisterwerke.«
Waerndorfer reiste 1906 mit Klimt, Hoffmann und Carl Otto Czeschka nach London, um anlässlich der Präsentation des österreichischen Kunstgewerbes die »Imperial-Royal Austrian Exhibition« in Earls Court zu besuchen. Die Rückreise führte über Brüssel, wo sie den Bauplatz des Palais Stoclet besichtigten, einem der umfassendsten Projekte der Wiener Werkstätte im Sinne eines Gesamtkunstwerks.
Im 1907 gegründeten Etablissement Kabarett Fledermaus übernahmen Hoffmann und die Wiener Werkstätte die künstlerische Gestaltung. Der ambitionierte Mäzen Waerndorfer bemühte sich um das avantgardistische Programm mit Aufführungen von Egon Friedell, Peter Altenberg und Alfred Polgar, modernen Tanzchoreografien der Wiesenthal-Schwestern sowie Schattenspielen von Oskar Kokoschka. Letzteren beschäftigte Waerndorfer auch als Kunstlehrer seiner Kinder und ermutigte ihn, sein Kinderbuch Die träumenden Knaben (1908) zu gestalten.
Um einen fälligen Bankkredit der Wiener Werkstätte aus seinem Privatvermögen zu bezahlen, veräußerte er 1909 seine Familienanteile an der Baumwollspinnerei. 1911 verkaufte er das Cabaret Fledermaus. Da die Schulden der Wiener Werkstätte weiter angestiegen, wurde 1913 die Produktion eingestellt und Konkurs angemeldet.
Ein Jahr später verließ Waerndorfer schließlich auf Drängen seiner Familie und Hoffmann das Unternehmen und übersiedelte in die USA. Hier nannte er sich Frederick bzw. Fred Warndof, betätigte sich als Farmer in Florida und beantragte 1919 die amerikanische Staatsbürgerschaft. Zudem lebte er in Savannah (Georgia), wo ihm sein Onkel Isidor Mautner eine Stelle als Koordinator für Baumwolllieferungen verschaffte. Mitte der 1920erJahre zog er nach New York und pflegte Kontakte mit Friedrich Kiesler sowie Vally Wieselthier. Mit dem Künstlernamen Warndof arbeitete er als Textilentwerfer und Maler. Seine Ehe mit Lili wurde 1930 geschieden, 1931 heiratete er die junge, englisch-stämmige Pianistin und Komponistin Fiona McCleary, die er bereits 1928 kennengelernt hatte. Am 9. August 1939 starb Fritz Waerndorfer im Bundesstaat Pennsylvania in Bryn Mawr.
Literatur und Quellen
- MAK Blog. blog.mak.at/der-waerndorfer-fries-im-mak/ (31.03.2020).
- Österreichisches Biographisches Lexikon. Fritz Waerndorfer. biographien.ac.at/oebl/oebl_W/Waerndorfer_Fritz_1868_1939.xml (25.08.2020).
- Peter Vergo: Fritz Waerndorfer as Collector, in: Alte und moderne Kunst. Österreichische Zeitschrift für Kunst, Kunsthandwerk und Wohnkultur, 26. Jg., Heft 177 (1981), S. 33-38.
- Elana Shapira: Modernism and Jewish Identity in Early Twentieth-Century Vienna: Fritz Waerndorfer and His House for an Art Lover, in: Studies in the Decorative Arts, Band 13 (2006), S. 52-92.
- Heinz Spielmann, Hella Häussler, Rüdiger Joppien: Carl Otto Czeschka. Ein Wiener Künstler in Hamburg. Mit unveröffentlichten Briefen, Göttingen 2019, S. 446-448.
- Peter Noever (Hg.): Ein moderner Nachmittag. Margaret MacDonald Mackintosh und der Salon Waerndorfer in Wien, Wien 2000.
- Peter Vergo: Fritz Waerndorfer and Josef Hoffmann, in: The Burlington Magazine, 125. Jg., Heft 964 (1983), S. 402-410.
- Siegfried Geyer: Der Leidensweg der Wiener Werkstätte, in: Die Bühne. Wochenschrift für Theater, Film, Mode, Kunst, Gesellschaft, Sport, 3. Jg., Heft 81 (1926), S. 6-9.
- Ludwig Hevesi: Ein moderner Nachmittag, in: Flagranti und andere Heiterkeiten, Stuttgart 1909, S. 166-167.
- Ludwig Hevesi: Haus Wärndorfer, in: Altkunst – Neukunst, Wien 1909, S. 221–227.
- Brief mit Kuvert von Gustav Klimt in Kammer am Attersee an Maria Zimmermann in Villach (28.08.1903). S64/24.
- Brief von Fritz Waerndorfer in Wien an die Vereinigung bildender Künstler Österreichs (03.04.1901). 43.4.6.10787, Secession Wien (Archiv).
- N. N.: Charles Rennie Mackintosh Glasgow, in: Innendekoration, 13. Jg. (1902), S. 133-136.
- Heidi Brunnbauer: Im Cottage von Währing/Döbling .... Interessante Häuser - interessante Menschen, Band 2, Gösing 2006, S. 126-132.

Familie Bloch-Bauer

Adele Bloch-Bauer, fotografiert von Friedrich Viktor Spitzer, 1906, in: Photographische Rundschau und photographisches Centralblatt. Zeitschrift für Freunde der Photographie, 22. Jg., Heft 3 (1908).
© Klimt-Foundation, Wien

Gustav Klimt: Porträt Adele Bloch-Bauer I, 1907, Neue Galerie New York, Acquired through the generosity of Ronald S. Lauder, the Heirs of the Estates of Ferdinand and Adele Bloch-Bauer, and the Estée Lauder Fund
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Adele Bloch-Bauer: Brief von Adele Bloch-Bauer in Elbekosteletz an Julius Bauer, 22.08.1903, Österreichische Nationalbibliothek, Sammlung von Handschriften und alten Drucken, Teilnachlass Julius Bauer
© Sammlung von Handschriften und alten Drucken, Österreichische Nationalbibliothek

Gustav Klimt: Porträt Adele Bloch-Bauer II, 1912, Privatbesitz, courtesy of HomeArt
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Die wohlhabende Familie Bloch-Bauer zählte zu den wichtigsten Förderern Gustav Klimts. Mit dem Auftragswerk Porträt Adele Bloch-Bauer I schuf der Jugendstilkünstler eine der Ikonen seiner Goldenen Periode. Es steht sinnbildlich für die unzähligen Enteignungen im Zuge des Nationalsozialismus und den oftmals verfahrensintensiven Restitutionen.
Die Familien Bloch und Bauer
Der aus einer Prager Zuckermagnaten-Dynastie stammende Ferdinand Bloch wurde am 16. Juli 1864 in Jungbunzlau (heute: Mladá Boleslav) geboren. Er leitete eine der größten Zuckerfabriken Mitteleuropas. Neben seinem sozialpolitischen Engagement und seiner Sammeltätigkeit war er förderndes Mitglied des Österreichischen Staatsgalerievereins, dem späteren Verein der Museumsfreunde. Adele Bauer, Tochter des Generaldirektors des Wiener Bankvereins, Moriz Bauer, kam am 9. August 1881 in Wien zur Welt. Im Dezember 1899 heirateten der 35jährige Ferdinand Bloch und die 18jährige, ebenfalls sozialpolitisch engagierte Adele Bauer. Die Verbindung dieser beiden jüdischen Familien wurde durch die Hochzeit zwischen Adeles Schwester, Theresia, und Ferdinands Bruder, Gustav, noch zusätzlich gestärkt. Beide Ehepaare trugen ab Februar 1917 den Doppelnamen Bloch-Bauer. Ferdinand und Adele hatten keine Kinder.
Ihr gesellschaftliches Ansehen nutzten sie zur Etablierung eines Salons, in welchem sich die intellektuelle und künstlerische Elite Wiens traf. Neben politischen Persönlichkeiten der Sozialdemokratie, die Adele auch finanziell unterstützte, waren Gustav Mahler, Arthur Schnitzler, Stefan Zweig oder etwa auch Richard Strauss gern gesehene Gäste. Durch diese Verbindungen traten sie zudem mit Gustav Klimt in Kontakt.
Gustav Klimt und seine »märchenhaften Kombinationen für das Auge«
Bereits 1903 erhielt das Malergenie den Auftrag für das Gemälde Porträt Adele Bloch-Bauer I (1907, Neue Galerie New York), das ursprünglich als Hochzeitstaggeschenk für Adeles Eltern gedacht war. Sie skizzierte dazu in einem Brief von 22. August 1903 an den mit ihr befreundeten Journalisten Julius Bauer:
»[…] Ursprünglich wollten wir Kinder ein gemeinsames Geschenk präsentieren, sind aber gänzlich davon abgekommen. Mein Mann hat sich dann entschlossen mich von Klimt porträtieren zu lassen […]«.
Ab dem Winter desselben Jahres erarbeitete Klimt schließlich in mehr als 100 akribischen Detailstudien, jenes goldene »Idol im funkelnden Tempelschrein« – wie es Berta Zuckerkandl treffend beschrieb – das u.a. auf die in diesem Jahr von Klimt besichtigte Mosaikkunst Ravennas und Venedigs referenziert. Erst 1907 stellte er es fertig.
»Frau Bloch sagt dass ich gut aussehe« Gustav Klimt und das Ehepaar Bloch-Bauer
Klimt traf das Mäzenatenehepaar regelmäßig, etwa bei gemeinsamen Abendessen oder Besuchen von Konzerten und Ausstellungen. 1910 wohnten der Maler und Adele gemeinsam mit u.a. Alfred Roller, Kolo und Editha Moser und Carl Otto Czeschka der zweiten Aufführung von Gustav Mahlers VIII. Symphonie bei. Der Konzertbesuch fand im Rahmen einer Ausstellung in München statt.
1912 hielt Klimt Adele ein zweites Mal im Werk Porträt Adele Bloch-Bauer II (1912, Privatbesitz) fest. Dieses im Vergleich zum ersten Gemälde oppositionelle Werk besticht durch seine fauvistische, floral geprägte Buntfarbigkeit und asiatische Ornamentik. In diesem Jahr besuchte Klimt Familie Bloch-Bauer, wie auch schon im September 1911, auf ihrem Anwesen in Jungfernbreschan (heute: Panenské Břežany) in der Nähe von Prag. Klimt schrieb Emilie Flöge eine Ansichtskarte am 15. November 1912 auf dem Weg dorthin. Bei diesen gesellschaftlichen Zusammenkünften waren zumeist mehrere Gäste geladen. Ein besonderes Ereignis waren die »Hühnerjagden«, von denen Klimt Emilie ebenso berichtete.
Die Sammlung der Familie Bloch-Bauer
Neben den beiden Porträts von Adele waren Klimts Werke Birkenwald (Buchenwald) (1903, Privatbesitz), Schloss Kammer am Attersee III (1910, Belvedere, Wien), Apfelbaum I (Kleiner Apfelbaum) (um 1912, Privatbesitz), Häuser in Unterach am Attersee (1915/16, Privatbesitz) sowie vermutlich ab 1928 bis 1939 auch Porträt Amalie Zuckerkandl (1917/18 (unvollendet), Belvedere, Wien) Bestandteil dieser Sammlung. Darüber hinaus besaß Familie Bloch-Bauer auch mehrere Zeichnungen von Klimt, wie die Karteikarte 355 der Galerie H. O. Miethke belegt. Die Sammelleidenschaft war generell weit gediehen, so befanden sich ebenso Arbeiten von Ferdinand Georg Waldmüller und Emil Jakob Schindler sowie Objekte aus Porzellan und Silber in der Kollektion.
Die Jahre nach Klimts Tod
Der Erste Weltkrieg bedingte eine Übersiedlung der Bloch-Bauers auf ihr Schloss in Jungfernbreschan sowie die Annahme der tschechoslowakischen Staatsbürgerschaft. Darüber hinaus fungierte dieses Anwesen als ihr Hauptwohnsitz. Außerdem verfügten sie weiterhin über eine Wohnung in der Schwindgasse 10 (Wien-Wieden). 1919 kaufte Ferdinand ein Palais in der Elisabethstraße 18 (Wien-Innere Stadt). In diesem Jahr wurden der Österreichischen Staatsgalerie (heute: Belvedere, Wien) die Porträts von Adele und die vier im Besitz befindlichen Landschaften Klimts als Leihgaben für Ausstellungszwecke zugesprochen. Zu Beginn des Jahres 1920 wurden sie jedoch wieder in die Residenz der Bloch-Bauers zurückgestellt und erhielten ihren Platz im sogenannten »Klimt-Zimmer«.
Bis zu ihrem Tode forcierte Adele ihre Rolle als mondäne Salonière einerseits und Unterstützerin der sozialistischen Arbeiterbewegung andererseits. Sie verstarb schließlich am 24. Jänner 1925 und wurde auf dem Urnenfriedhof in Wien-Simmering bestattet. In ihrem Testament hielt sie fest, dass die Klimt-Gemälde nach dem Tod ihres Mannes an die Österreichische Staatsgalerie gehen sollten.
Ferdinand Bloch-Bauer engagierte sich nach dem Ableben seiner Ehefrau weiterhin für die Kunst. Er erweiterte seine Sammlung und stellte Werke für diverse Schauen, wie etwa für die »Klimt-Gedächtnisausstellung« in der Wiener Secession im Jahr 1928 zur Verfügung.
Der aufkeimende Nationalsozialismus und der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges zwangen ihn schließlich zur Flucht nach Prag und zur Emigration in die Schweiz. Sein Vermögen wurde konfisziert. 1939 wurde die Sammlung enteignet und aufgelöst. Ferdinand Bloch-Bauer verstarb am 13. November 1945 in Zürich. Seine Asche wurde ebenfalls im Urnenhain des Krematoriums Simmering beigesetzt. In seinem zuvor verfassten Testament hielt er fest, dass sein Nachlass an seine Nichten Louise Baronin Gutmann, Maria Altmann und seinen Neffen Robert Bentley übergehen sollte. Die Enteignung der erlesenen Sammlung Bloch-Bauer und Ignoranz des Testamentes von Ferdinand Bloch-Bauer führten schließlich zu einem langwierigen Rechtsstreit, der – abgesehen von wenigen vorangegangenen Rückgaben – 2006 in die längst überfällige Restitution der Klimt-Gemälde an Maria Altmann mündete.
Literatur und Quellen
- Berta Zuckerkandl: Die Kunstschau 1908, in: Wiener Allgemeine Zeitung, 06.06.1908, S. 4.
- Ludwig Hevesi: Altkunst – Neukunst, Wien 1909, S. 207.
- Tobias G. Natter (Hg.): Die Welt von Klimt, Schiele und Kokoschka. Sammler und Mäzene, Köln 2003, S. 87-99.
- Sophie Lillie: The Golden Age of Klimt. The Artist’s Great Patrons: Lederer, Zuckerkandl and Bloch-Bauer, in: Renée Price (Hg.): Gustav Klimt. The Ronald S. Lauder and Serge Sabarsky Collections, Ausst.-Kat., Neue Galerie New York (New York), 18.10.2007–30.06.2008, München 2007, S. 54-89.
- Georg Gaugusch: Wer einmal war. Das jüdische Großbürgertum Wiens 1800–1938, Band 1, Wien 2011, S. 104-107.
- Hubertus Czernin: Die Fälschung. Der Fall Bloch Bauer und das Werk Gustav Klimts. Band 2, Wien 1999.
- Tobias G. Natter, Gerbert Frodl (Hg.): Klimt und die Frauen, Ausst.-Kat., Oberes Belvedere (Wien), 20.09.2000–07.01.2001, Köln 2000.
- Tobias G. Natter (Hg.): Klimt and the Women of Vienna’s Golden Age. 1900–1918, Ausst.-Kat., Neue Galerie New York (New York), 22.09.2016–16.01.2017, London - New York 2016.
- Agnes Husslein-Arco, Jane Kallir, Alfred Weidinger (Hg.): Klimt, Schiele, Kokoschka und die Frauen, Ausst.-Kat., Unteres Belvedere (Wien), 22.10.2015–28.02.2016, München 2015.
- Leonhard Weidinger: Lexikon der Provenienzforschung. Ferdinand Bloch-Bauer. www.lexikon-provenienzforschung.org/bloch-bauer-ferdinand (02.09.2022).
- Lisa Silverman: Gustav Klimt, Adele Bloch-Bauer I. www.bpb.de/themen/zeit-kulturgeschichte/geteilte-geschichte/340148/gustav-klimt-adele-bloch-bauer-i/ (02.09.2022).
- Ansichtskarte von Gustav Klimt in Wodolka an Emilie Flöge am Semmering (15.11.1912). RL 2868, Leopold Privatsammlung.
- Ansichtskarte von Gustav Klimt in Wien an Emilie Flöge am Semmering, 1. Karte (Morgen) (28.02.1912). RL 2854, Leopold Privatsammlung.
- Ansichtskarte von Gustav Klimt in Wodolka an Emilie Flöge in Wien (27.09.1911). RL 2845, Leopold Privatsammlung.
- Brief mit Kuvert von Gustav Klimt in Wien an Emilie Flöge in Wien (vermutlich Ende September 1911). Autogr. 959/54-2, Österreichische Nationalbibliothek, Sammlung von Handschriften und alten Drucken.
- Eintrittskarte zur »Ausstellung München 1910« unterschrieben von Gustav Klimt, Alma Mahler-Werfel, Kolo Moser, Editha Moser, Adele Bloch-Bauer, Alfred Roller, Max Reinhardt, Anna Moll, Josef Maria Auchentaller und Carl Otto Czeschka (13.09.1910). MKG Archiv, NL Czeschka, Bestand Angelika Spielmann Karton 13 A, Mappe 5_2.
- Karteikarte Nr. 355 der Galerie H. O. Miethke über den Verkauf von 16 Skizzen (17.07.1906).
- Brief von Adele Bloch-Bauer in Elbekosteletz an Julius Bauer (22.08.1903). Autogr. 577/52-1, Österreichische Nationalbibliothek, Sammlung von Handschriften und alten Drucken.

Familie Gallia

Gustav Klimt: Porträt Hermine Gallia, 1903/04, The National Gallery
© The National Gallery, London

Einblick in die Wohnung von Hermine und Moriz Gallia, um 1915
© Klimt-Foundation, Wien
Moriz und Hermine Gallia waren um die Jahrhundertwende bedeutende Förderer der Wiener Secession und der Wiener Werkstätte. Ihre Privatsammlung – darunter befand sich Mobiliar von Josef Hoffmann und zwei Klimt-Gemälde – war eine der wenigen, die während der Zeit des Nationalsozialismus größtenteils ins Ausland gerettet werden konnte.
Die vermögenden Eheleute Moriz und Hermine Gallia stammten ursprünglich aus Mähren und Schlesien (heute: Tschechien). In Wien, wo Moriz Gallia unter anderem für den Chemiker und Unternehmer Carl Auer von Welsbach arbeitete, gelang der Familie der soziale und gesellschaftliche Aufstieg. Um die Jahrhundertwende trat das Ehepaar vermehrt als Mäzene in Erscheinung, wobei ihr Förder- und Sammelinteresse vor allem den Secessionisten, wie Gustav Klimt, Ferdinand Andri und Carl Moll, sowie später den Künstlern der Wiener Werkstätte galt.
Wohllebengasse
Die Familie lebte zunächst für mehrere Jahre in der Schleifmühlgasse im 4. Wiener Gemeindebezirk. Mitte der 1910er Jahre übersiedelte das Ehepaar schließlich mit seinen vier Kindern, die zwischen 1895 und 1899 geboren worden waren, einige Straßen weiter in ein von ihnen eigens beauftragtes Wohnhaus in der Wohllebengasse 4. Die Realität hatten sie bereits 1912 offiziell erworben. Die Einrichtung mehrerer Räume ihrer über 700 Quadratmeter großen, neuen Wohnung übernahmen Architekt Josef Hoffmann und die Wiener Werkstätte. Mehrere Fotografien, die unter anderem 1915/16 in einer Ausgabe der Deutsche Kunst und Dekoration veröffentlicht wurden, zeigen uns heute wie Hoffmann gekonnt die zwei von der Familie Gallia erworbenen Gemälde Klimts in jenen Wohnräumen prominent inszenierte: Buchenwald II (Buche) (1903, Verbleib unbekannt) im großen Salon, in unmittelbarer Nähe des Klaviers und das großformatige Porträt Hermine Gallia (1903/04, National Gallery, London) im Frauensalon. Letzteres wurde 1903 zum ersten Mal – in unvollendetem Zustand – in der »XVIII. Ausstellung der Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession«, der Klimt-Kollektive, präsentiert.
Emigration der Kinder
Moriz Gallia verstarb im Sommer 1918. Seine Ehefrau und Haupterbin übernahm daraufhin laut einem Bericht der Wiener Zeitung im September 1918 zwischenzeitlich seine Firmengeschäfte. Bei ihrem Ableben im Jahr 1936 ging die Kunstsammlung des Ehepaars schließlich an die verbliebenen drei Kinder. Diese emigrierten während der Zeit des Nationalsozialismus nach Australien. Zahlreiche Gegenstände aus der elterlichen Kunstsammlung, die unter anderem auch Werke von Michael Powolny und Emil Orlik umfasste, konnten sie ins Exil retten; ebenso das Klimt-Gemälde ihrer Mutter. Dieses verkaufte die Familie im Jahr 1971 über das Auktionshaus Christie’s. Heute befindet sich das Porträt in der National Gallery in London.
Literatur und Quellen
- Marion Krammer, Niko Wahl: Klimt Lost, Wien 2018, S. 124-141.
- Tim Bonyhady: Wohllebengasse. Die Geschichte meiner Wiener Familie, Wien 2013.
- Georg Gaugusch: Wer einmal war. Das jüdische Großbürgertum Wiens 1800–1938, Band 1, Wien 2011, S. 835-837.
- Rohrpost-Kartenbrief von Gustav Klimt in Wien an Moriz Gallia in Wien (06.12.1910). EXHI013119.
- Brief mit Kuvert von Gustav Klimt in Wien an Emilie Flöge (undatiert). Autogr. 959/55-1, Österreichische Nationalbibliothek, Sammlung von Handschriften und alten Drucken.
- Felix Czeike (Hg.): Historisches Lexikon Wien, Band 5, Wien 1997, S. 671.
- Adolph Lehmann's allgemeiner Wohnungs-Anzeiger. Nebst Handels- u. Gewerbe-Adressbuch für d. k. k. Reichshaupt- u. Residenzstadt Wien u. Umgebung, 57. Jg., Band 2 (1915), S. 340.
- Adolph Lehmann's allgemeiner Wohnungs-Anzeiger. Nebst Handels- u. Gewerbe-Adressbuch für d. k. k. Reichshaupt- u. Residenzstadt Wien u. Umgebung, 56. Jg., Band 2 (1914), S. 341.
- Tobias G. Natter (Hg.): Gustav Klimt. Sämtliche Gemälde, Wien 2012, S. 531-532.
- Tobias G. Natter, Gerbert Frodl (Hg.): Klimt und die Frauen, Ausst.-Kat., Oberes Belvedere (Wien), 20.09.2000–07.01.2001, Köln 2000, S. 104-107.
- Wiener Zeitung, 27.09.1918, S. 644.
- Deutsche Kunst und Dekoration, Band 37 (1915/16), S. 400, S. 407.
- Wiener Zeitung, 21.08.1918, S. 2.
- Neue Freie Presse, 07.02.1936, S. 16.
- Neues Wiener Tagblatt, 12.03.1912, S. 6.

Familie Lederer

Martin Gerlach: Einblick in die Wohnung Serena und August Lederer, 1920er - 1930er, Österreichische Nationalbibliothek, Bildarchiv und Grafiksammlung
© Bildarchiv und Grafiksammlung, Österreichische Nationalbibliothek

Gustav Klimt: Porträt Elisabeth Lederer, 1916, Privatbesitz
© Klimt-Foundation, Wien

Martin Gerlach: Einblick in die Wohnung Serena und August Lederer, 1920er - 1930er, Österreichische Nationalbibliothek, Bildarchiv und Grafiksammlung
© Bildarchiv und Grafiksammlung, Österreichische Nationalbibliothek

Gustav Klimt: Freundinnen II, 1916/17, 1945 in Schloss Immendorf verbrannt, in: Max Eisler (Hg.): Gustav Klimt. Eine Nachlese, Wien 1931.
© Klimt-Foundation, Wien

Gustav Klimt: Gartenweg mit Hühnern, 1916, 1945 in Schloss Immendorf verbrannt
© Klimt-Foundation, Wien

Schloss Immendorf
© Klimt-Foundation, Wien
Familie Lederer zählte zu den wichtigsten Mäzenen Gustav Klimts. In ihrer erlesenen Kunstsammlung befanden sich neben Hauptwerken, die repräsentativ für unterschiedliche Perioden des Jugendstilkünstlers standen, etliche seiner Zeichnungen. Der Großteil dieser umfangreichen Sammlung wurde durch den verheerenden Brand auf Schloss Immendorf vernichtet.
Der am 3. Mai 1857 geborene jüdische Großindustrielle August Lederer sicherte durch die Übernahme und Leitung der Raaber (heute: Györ) und Jungbunzlauer Spirituosenfabriken sein Vermögen. Er war mit der am 20. Mai 1867 geborenen Serena (Szerena, Sidonie) Pulitzer verheiratet. Die von Josef Hoffmann als »bestangezogene Frau Wiens« bezeichnete Grande Dame war die treibende Kraft hinter dem Aufbau der exquisiten Familiensammlung. Der Ehe entstammten eine Tochter, Elisabeth, die am 20. Jänner 1894 auf die Welt kam, und zwei Söhne, Erich, geboren am 13. September 1896, sowie Friedrich, geboren am 30. Juni 1899. Vor allem Elisabeth und Erich waren der Kunst eng verbunden.
Gustav Klimt und Familie Lederer
Wenngleich die Abbildung von Serenas Antlitz in Klimts Zuschauerraum im Alten Burgtheater in Wien (1888, Wien Museum, Wien) bereits einen ersten Kontakt mit seiner zukünftigen Gönnerin dargestellt hatte, kennzeichnete spätestens der Auftrag für das Gemälde Porträt Serena Lederer (1899, The Metropolitan Museum of Art, New York) kurz vor der Jahrhundertwende den Auftakt eines nahezu 20 Jahre andauernden Bündnisses. Weitere Familienbildnisse folgten wie Porträt Elisabeth Lederer (1914–1916, Privatbesitz) sowie das der Mutter Serenas, Porträt Charlotte Pulitzer (1917, Verbleib unbekannt, seit Kriegsende 1945 verschollen). Als Klimt mit diesem Abbild betraut war, dürfte er sich in einer finanziell prekären Lage befunden haben, sodass er Serena schrieb:
»Hochverehrte Gnädige! Ein blöder Brief – Verzeihung? Den Zufall kennen Sie! Das Bild wird Dienstag oder Mittwoch fertig – der schäbige Rest des Honorars wird dann auch fällig – ich warte darauf wie der Teufel – auf eine arme Seel‘! […] Bis dahin sind es noch einige armselige Tage – könnte ich also früher schon 2000 bis 3000 Kronen haben […]«.
August Lederer unterstützte Klimt indirekt beim Ausstieg aus dem seit 1894 zu bewerkstelligenden und im Verlauf der Jahre aufzehrenden Auftrag zu den Deckengemälden für den Großen Festsaal (ehemals: Aula) der Universität Wien. 1905 ging das Fakultätsbild Die Philosophie (1900–1907, 1945 in Schloss Immendorf verbrannt) samt Ölskizze in den Besitz der Familie Lederer über. 1919 konnte Lederer nach dem Tod Klimts und Kolo Mosers schließlich auf Vermittlung Egon Schieles noch Die Jurisprudenz (1903–1907, 1945 in Schloss Immendorf verbrannt) für seine Sammlung gewinnen. Der Kompositionsentwurf zu diesem Fakultätsbild befand sich bereits seit 1905 in Familienbesitz.
Klimt und Familie Lederer pflegten freundschaftlichen Kontakt. Regelmäßig kehrte der Künstler zu Mittagstisch und Abendmahl ein und nahm an den gesellschaftlichen Highlights, den Salons, teil. Auch an ihrem Wohnsitz in Györ besuchte er sie des Öfteren. Über Jahre hinweg gab der Jugendstilkünstler Serena Zeichenunterricht, wie Schiele 1912 an Arthur Roessler berichtete: »Die Frau L. [Lederer] war durch 14 Jahre die Schülerin Klimts und kann daher auch viel, aber natürlich uneigen und unschöpferisch.« Auch die Tochter, Elisabeth, verfügte über künstlerisches Talent, das Klimt förderte. Sie begann zudem im Alter von 15 Jahren eine Ausbildung an der k. k. Kunstgewerbeschule u.a. bei Michael Powolny. Klimt vermittelte wiederum Schiele an Familie Lederer, der vor allem in Erich seinen Unterstützer finden sollte.
Die Kunstsammlung der Familie Lederer und ihr tragisches Schicksal
Familie Lederer verfügte über mehrere Immobilien, zu denen auch das heute nicht mehr existente Ledererschlössl (Wien-Penzing) sowie der Wohnsitz in Györ zählten. Der Hauptwohnsitz befand sich in der Bartensteingasse 8 (Wien-Innere Stadt), unweit von Gustav Klimts zwischen 1890 und 1911 genütztem Atelier in der Josefstädter Straße 21 (Wien-Josefstadt). Ein Großteil der umfangreichen Sammlung war in dieser Wohnung untergebracht. Für Klimts Die Philosophie und weitere Werke war ein eigens dafür geschaffener Raum vorgesehen. Josef Hoffmann, Kolo Moser und Georg Klimt zeichneten dafür verantwortlich.
Abgesehen von erwähnten Familienporträts und den Fakultätsbildern befanden sich in der Sammlung Lederer die Werke: Die Musik (1897/98, 1945 in Schloss Immendorf verbrannt), Schubert am Klavier (1899, 1945 in Schloss Immendorf verbrannt), Der Beethovenfries (1901/02, Belvedere, Wien), Aus dem Reich des Todes (Zug der Toten) (1903, Verbleib unbekannt, seit Kriegsende 1945 verschollen), seine Landschaftsgemälde Der goldene Apfelbaum (1903, 1945 in Schloss Immendorf verbrannt), Bauerngarten mit Kruzifix (1912, 1945 in Schloss Immendorf verbrannt), Malcesine am Gardasee (1913, Verbleib unbekannt, seit Kriegsende 1945 verschollen), Gartenweg mit Hühnern (1916, 1945 in Schloss Immendorf verbrannt) sowie Wasserschlangen I (Pergament) (1904, überarbeitet: vor 1907, Belvedere, Wien), Freundinnen II (1916/17, 1945 in Schloss Immendorf verbrannt), Bildnis Wally (1916, 1945 in Schloss Immendorf verbrannt), Leda (1917, 1945 in Schloss Immendorf verbrannt) und Gastein (1917, Verbleib unbekannt, seit Kriegsende 1945 verschollen). Zudem kaufte Serena Lederer nach Klimts Tod bei Gustav Nebehay im Jahr 1919 ein weiteres umfangreiches Konvolut an Zeichnungen an. Noch im selben Jahr veranlasste sie über den Verlag Gilhofer & Ranschburg den Druck einer Faksimileedition mit den 25 schönsten Exemplaren.
Der aufkeimende Nationalsozialismus bedeutete nicht nur immense Repressalien für Familie Lederer. Im Jahr 1939 wurde auch das Schicksal der umfangreichen Sammlung besiegelt – es kam zur Enteignung. 1943 wurde unter Anleitung von Baldur von Schirach der Großteil der Klimt-Gemälde in der Gedächtnisschau »Gustav Klimt. Ausstellung« in der Wiener Secession – nun unter der Bezeichnung Ausstellungshaus Friedrichstraße bekannt – präsentiert. Die Schau wurde aufgrund drohender Bombengefahr jedoch frühzeitig beendet. Es erfolgte die Einlagerung des Großteils der Sammlung Lederer – Teil davon waren auch Werke anderer Kunstschaffender – auf dem niederösterreichischen Schloss Immendorf. In den letzten Kriegstagen im Mai des Jahres 1945 ereignete sich einer der verheerendsten Kulturgüterverluste Österreichs. Ein Brand vernichtete die auf dem Schloss eingelagerten Objekte.
Die Gemälde Porträt Serena Lederer und Porträt Elisabeth Lederer tauchten nach Kriegsende am Kunstmarkt auf und sollten 1948 im Wiener Dorotheum versteigert werden. Von der Veräußerung wurde jedoch abgesehen. Beide Werke wurden schließlich an Erich Lederer restituiert.
Das Schicksal der Familie Lederer
August Lederer verstarb am 30. April 1936 in Wien. Serena Lederer starb am 27. März 1943 in Budapest, wohin sie emigrieren musste. Elisabeth, die sich 1938 von ihrem Mann Wolfgang Freiherr von Bachofen von Echt scheiden hatte lassen und durch einen fingierten Abstammungsbescheid, der Gustav Klimt als ihren leiblichen Vater auswies, der Verfolgung durch die Nationalsozialisten entkommen war, erlag am 19. Oktober 1944 einer schweren Krankheit. Die Söhne Erich und Friedrich überlebten im Exil die Schreckenszeit des Zweiten Weltkrieges. Friedrich starb am 21. März 1972. Erich bemühte sich bis in die 1970er Jahre vergeblich um die Restitution des umfangreichen Beethovenfrieses. Er verstarb am 19. Jänner 1985 in Genf. Ihre letzte Ruhe fand Familie Lederer in ihrer Gruft am Hietzinger Friedhof, auf dem auch Gustav Klimt begraben wurde.
Literatur und Quellen
- Christian M. Nebehay: Gustav Klimt. Sein Leben nach zeitgenössischen Berichten und Quellen, Wien 1969, Zeile 142-143.
- Christian M. Nebehay: Gustav Klimt, Egon Schiele und die Familie Lederer, Bern 1987.
- Sophie Lillie: Was einmal war. Handbuch der enteigneten Kunstsammlungen Wiens, Wien 2003, S. 657-671.
- Georg Gaugusch: Wer einmal war. Das jüdische Großbürgertum Wiens 1800–1938, Band 2, Wien 2016, S. 1783-1788, S. 2579-2592.
- Tobias G. Natter (Hg.): Die Welt von Klimt, Schiele und Kokoschka. Sammler und Mäzene, Köln 2003, S. 111-139.
- Karteikarte Nr. 31 der Galerie H. O. Miethke über den Verkauf einer Ölskizze für »Die Jurisprudenz« (18.02.1905).
- Karteikarte Nr. 32 der Galerie H. O. Miethke über den Verkauf einer Ölskizze für »Die Philosophie« (18.02.1905).
- Brief von Egon Schiele in Györ an Arthur Roessler (24.12.1912). H.I.N. 180.671.
- Ansichtskarte von Gustav Klimt in Wien an Emilie Flöge in Wien (27.10.1915). Autogr. 959/51-6, Österreichische Nationalbibliothek, Sammlung von Handschriften und alten Drucken.
- Else Hofmann: Die Bildhauerin Elisabeth Bachofen-Echt, in: Österreichische Kunst, 5. Jg., Heft 4 (1934), S. 8-9.
- N. N.: Brief von Gustav Klimt an Serena Lederer, vermutlich 1917, Verbleib unbekannt, in: Tobias G. Natter (Hg.): Die Welt von Klimt, Schiele und Kokoschka. Sammler und Mäzene, Köln 2003, S. 126.

Familie Loew

Ansichtskarte des Sanatorium Loew in der Mariannengasse 20, 1906/07
© Wien Museum

Postkarte zur Bewerbung des Wiener Sanatorium Dr. Anton Loew. Buch- und Kunstdruckerei Josef Gerstmayer, Wien, 1910-1925
© Josephinum - Ethik, Sammlungen und Geschichte der Medizin, MedUni Wien

Gustav Klimt: Porträt Gertrud Loew, 1902, The Lewis Collection, in: Kunstverlag Hugo Heller (Hg.): Das Werk von Gustav Klimt, Wien - Leipzig 1918.
© Klimt-Foundation, Wien

Anton Loew, in: Wiener Bilder. Illustrirtes Familienblatt, 18.09.1907.
© ANNO | Österreichische Nationalbibliothek
Die wohlhabende Familie Loew, die vor allem durch das renommierte Sanatorium Dr. Anton Loew Bekanntheit erlangte, zählte darüber hinaus zu wichtigen Unterstützer:innen der Wiener Moderne. Gustav Klimt und Kolo Moser wurden mit besonderen Aufträgen betraut.
Familie Loew
Der am 20. Oktober 1847 in Pressburg (heute: Bratislava) geborene Mediziner Dr. Anton Viktor Loew war mit Sophie Franziska (geb. Unger), die am 22. Dezember 1854 auf die Welt kam, verheiratet. Dieser Ehe entstammte, nebst weiteren Kindern, die das Erwachsenenalter nicht erreichten, die am 16. November 1883 geborene Tochter Gertrud »Gerta« Franziska Sophie Loew. Im Geburtsjahr konvertierte die jüdische Familie zum römisch-katholischen Glauben.
Anton Loew war passionierter Kunstsammler und ein wichtiger früher Stifter der Wiener Secession, wie aus Alfred Rollers erster Mitgliederliste hervorgeht.
Das Sanatorium Dr. Anton Loew
Der Mediziner führte das von seinem Vater begründete Sanatorium Loew (ab 1882 Mariannengasse 18–20, Wien-Alsergrund), das um die Jahrhundertwende nicht nur eines der vornehmsten, sondern auch das größte Wiener Privatkrankenhaus war. Ab 1906 wurde das Areal um eine äußerst fortschrittliche Frauenheilanstalt in der Pelikangasse 13–15 erweitert. Die Familie wohnte in unmittelbarer Nähe, in der Pelikangasse 7.
Patient:innen des Sanatorium Loew waren sowohl Mitglieder des Adels und Kaiserhauses als auch der Wiener Kunstszene. Erzherzogin Elisabeth Marie Windisch-Grätz, Tochter von Kronprinz Rudolf, unterzog sich hier einer Blinddarmoperation. Ludwig Wittgenstein, Gustav Klimt, Alma Mahler-Werfel und Gustav Mahler suchten dieses Krankenhaus ebenso auf. Der Komponist verstarb hier 1911.
Neben der Leitung dieser Einrichtung begründete Anton Loew gemeinsam mit dem Psychiater Richard Krafft-Ebing gegen Ende des 19. Jahrhunderts auch jene Heilanstalt in Purkersdorf bei Wien, die 1903 an den Industriellen Victor Zuckerkandl verkauft wurde. Dieser beauftragte wiederum Josef Hoffmann mit der Neukonzeption der als Sanatorium Purkersdorf bekannten Erholungsstätte.
Familie Loew und Gustav Klimt
Die Bekanntschaft zwischen Gustav Klimt und Anton Loew ist nicht nur auf die Rolle des Doktors als Stifter der Secession zurückzuführen, sondern wohl auch auf einen Sanatoriumsaufenthalt des Künstlers. Bildnisstudien aus den späten 1890er Jahren – vermutlich Sophie Loew zeigend – verdeutlichen diesen Kontakt. Schließlich erhielt Klimt im Jahr 1902 den Auftrag für das Gemälde Porträt Gertrud Loew (1902, The Lewis Collection, USA). Das Bildnis der damals 19jährigen Tochter, dessen Farbgebung von Ludwig Hevesi als »die duftigste Lyrik, deren die Palette fähig ist« gerühmt wurde, könnte einerseits als Geburtstagspräsent für den Vater, andererseits auch als Geschenk für das zukünftige Ehepaar Gertrud und Johann Arthur Eisler von Terramare gedacht gewesen sein. Einer der ersten, der diese neue Schöpfung im privaten Rahmen betrachten durfte, war Hermann Bahr. 1903 war er bei Familie Loew eingeladen und hielt dazu in seinem Tagebuch fest:
»[…] Klimt hat jetzt seine Tochter gemalt, weiß mit violetten Schimmern, so wunderbar schwebend und zart, daß [!] man weinen könnte.«
Nach der Vollendung wurde das Porträt 1903 in der »XVIII. Ausstellung der Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession Wien. Kollektiv-Ausstellung Gustav Klimt« gemeinsam mit Judith I (1901, Belvedere, Wien), die ebenso integrativer Bestandteil der Loewschen Klimt-Kollektion war, präsentiert. Auch eine Zeichnung gelangte zur Ausstellung. Anton Loew verfasste dazu am 22. Oktober 1903 ein kurzes Übermittlungsschreiben auf einer seiner Visitkarten:
»[Anton Loew] übersendet die gewünschten Werke Klimt’s [!] mit dem höflichen Ersuchen dieselben im Katalog ohne Namen und als ›Privatbesitz‹ und ›Damenporträt‹ zu bezeichnen […].«
1904 wurde das Porträt in der »Großen Kunstausstellung Dresden« gezeigt, im Folgejahr gemeinsam mit Judith I in der »II. Ausstellung des Deutschen Künstlerbundes« in Berlin. Ende 1912 folgte eine weitere Präsentation im Rahmen der »Porträtausstellung« im Volksheim Ottakring. Wenige Monate nach dem Ableben Klimts fanden beide Gemälde außerdem Eingang in die Schau »Ein Jahrhundert Wiener Malerei« im Kunsthaus Zürich.
Unabhängig der Präsentation in Ausstellungen hatte das Porträt seinen permanenten Aufstellungsort in der Eingangshalle der Wohnung in der Pelikangasse.
Familie Loew und Kolo Moser
Im Februar 1903 fand die Eheschließung zwischen Gertrud Loew und dem Konservenunternehmer Dr. Johann Arthur Eisler von Terramare statt. Das Paar residierte ab spätestens 1904 im Haus Ölzelt am Wiener Schottenring (Schottengasse 10, Wien-Innere Stadt). Die exquisiten Möbeldesigns dieser Wohnung stammten von Kolo Mosers Hand. Die Ausführung erledigte die Wiener Werkstätte. Es handelte sich hierbei um den ersten prestigeträchtigen Großauftrag der neu gegründeten Produktionsgemeinschaft.
Neben dem innovativen und auf die Eigentümer symbolisch abgestimmten Design des Mobiliars kam Moser der Idee des Gesamtkunstwerkes auf zusätzliche Weise nach, indem er sechs Zeichnungen von Klimt, die für das Schlafzimmer vorgesehen waren, mit an die Einrichtungsgegenstände angepassten Rahmen versah. Dass das Gesamtkonzept den Eindruck eines Moser-Klimt Konglomerats erweckte, schlussfolgerte schließlich Berta Zuckerkandl in der Zeitschrift Dekorative Kunst:
»Am stärksten tritt die Affinität mit Klimt hervor. Hier herrscht das gleiche Ideal von Typus, von Raum und Linienempfindung, von Farbakkorden, von differenzierten, eigennervigen und eigenrassigen Sensationen, eine Gleichheit der Persönlichkeiten […].«
Die Porträtierte im Fokus. Gertrud Loew – Gertrud Felsövanyi
Bereits um 1906 trennte sich Gertrud von Eisler von Terramare, offiziell geschieden waren sie ab 1910. Die Wohnung in der Schottengasse wurde aufgelöst, einzelne Stücke von Mosers Mobiliar erhielt Dr. Armand Hötzl, ärztlicher Direktor des Sanatorium Loew. Am 14. September 1907 verstarb Dr. Anton Loew, seine Tochter wurde Hauptgesellschafterin des Sanatoriums. Durch testamentarische Veranlassungen war ihr finanzielle Unterstützung gewiss.
Im April 1912 heiratete Gertrud den aus Ungarn stammenden Unternehmer Elemér Baruch Felsövanyi de Felsö-Ványi. Aus dieser Ehe stammten drei Kinder. Die Jahre des Ersten Weltkrieges und der Zwischenkriegszeit verbrachte Familie Loew ohne außergewöhnliche Vorkommnisse, bis schließlich 1923 Gertruds Mann verstarb. Zehn Jahre später, am 24. Dezember 1933, starb ihre Mutter.
Die Zeit des Nationalsozialismus war für Familie Loew mit erheblichen Einbußen verbunden. Das renommierte Privatkrankenhaus musste 1938 schließen und wurde liquidiert. 1939 reiste die trotz ihres römisch-katholischen Religionsbekenntnisses von den Nationalsozialisten als Jüdin verfolgte Felsövanyi über Belgien und die USA zunächst nach Kolumbien. Ihr Hab und Gut, dies betraf auch die Kunstsammlung, musste sie in Österreich zurücklassen. Es kam zur Enteignung, Auflösung und zum Verkauf. Um 1940 folgte die Übersiedlung in die USA, wo sie gemeinsam mit ihrem Sohn Anton bis zu ihrem Lebensende blieb. Am 3. März 1964 verstarb Gertrud Felsövanyi in Kalifornien.
Das Schicksal des Gemäldes Porträt Getrud Loew
2014 wurde von der Klimt-Foundation, in die das Gemälde 2013 eingebracht wurde, ein Provenienzdossier in Auftrag gegeben. Darin wurde erläutert, dass sich die näheren Umstände der Veräußerung des Gemäldes zwar nicht rekonstruieren ließen, es aber anzunehmen sei, dass das Werk noch während der NS-Zeit von Gustav Ucicky, dem ersten unehelichen Sohn Klimts und Filmregisseur, erworben worden war. Ein unabhängiges, juristisches Gremium kam zur Ansicht, dass das Bild zu restituieren wäre, fände das Restitutionsgesetz des Bundes seine Anwendung. Schließlich erzielte die Klimt-Foundation mit Familie Felsövanyi eine Lösung im Sinne der Washington Principles. 2015 gelangte das Gemälde außerhalb Österreichs zur Versteigerung.
Literatur und Quellen
- Ludwig Hevesi: Acht Jahre Sezession (März 1897–Juni 1905). Kritik – Polemik – Chronik, Wien 1906, S. 443.
- Sophie Lillie: Was einmal war. Handbuch der enteigneten Kunstsammlungen Wiens, Wien 2003, S. 357-359.
- Gerd Pichler: Kolo Mosers »Wohnung für ein junges Paar« - Gerta und Dr. Hans Eisler von Terramare, in: Rudolf Leopold, Gerd Pichler (Hg.): Koloman Moser 1868−1918, Ausst.-Kat., Leopold Museum (Museums Quartier, Wien), 25.05.2007–10.09.2007, München 2007, S. 174-201.
- Sandra Tretter: Parallele Welten. Gustav Klimts Korrespondenz an Maria Ucicka im Kontext gelesen, in: Sandra Tretter, Peter Weinhäupl (Hg.): Chiffre: Sehnsucht – 25. Gustav Klimts Korrespondenz an Maria Ucicka 1899–1916, Wien 2014, S. 9-68.
- Ernst Ploil: The Portrait of Gertha Loew, in: Tobias G. Natter (Hg.): Klimt and the Women of Vienna’s Golden Age. 1900–1918, Ausst.-Kat., Neue Galerie New York (New York), 22.09.2016–16.01.2017, London - New York 2016, S. 96-101.
- Ilse Korotin (Hg.): biografiA. Lexikon österreichischer Frauen, Band 1, Wien - München 2016, S. 804-805.
- Berta Zuckerkandl: Koloman Moser, in: Dekorative Kunst, illustrierte Zeitschrift für angewandte Kunst, Band 12, 1903 / 1904, München 1904. daten.digitale-sammlungen.de/0008/bsb00087521/images/index.html (08.05.2020).

Familie Munk

Gustav Klimt: Porträt Ria Munk auf dem Totenbett, 1912, Privatbesitz, The Iribe Family
© Courtesy Richard Nagy Ltd., London
Alexander und Aranka Munk waren ein einflussreiches Industriellenehepaar aus Wien und mit der österreichisch-jüdischen Familie Lederer verwandt, die eine der größten Klimt-Sammlungen besaß. In den 1910er Jahren beauftragte die Familie Munk den Maler Gustav Klimt mit der Erstellung mehrerer Porträts ihrer verstorbenen Tochter Maria.
Aranka Munk wurde 1862 in Ungarn als Tochter des Grundbesitzers Simon Pulitzer und seiner Frau Charlotte geboren. Ihre drei Schwestern, Irma, Eugenie – genannt »Jenny« – und Serena, heirateten in die vermögenden Familien Politzer, Steiner und Lederer ein. Sie selbst vermählte sich 1882 mit dem Industriellen und Kommerzialrat Alexander Munk, der 1852 in Galizien geboren worden war. Gemeinsam hatten sie vier Töchter, wovon nur zwei das Erwachsenenalter erreichten. 1913 ließ sich das Ehepaar Munk scheiden. Alexander Munk verstarb 1924.

Alexander und Aranka Munk, Detail aus Gustav Klimt: Zuschauerraum im alten Burgtheater, 1888, Wien Museum
© Wien Museum

Gustav Klimt: Porträt Ria Munk III, 1917, The Lewis Collection
© 2010 Christie’s Images Limited
Gustav Klimts Porträtvignetten
Ein seltenes gemeinsames Porträt von Alexander und Aranka Munk lässt sich in Gustav Klimts Zuschauerraum im alten Burgtheater (1888/89, Wien Museum, Wien) finden, in dem er – mit Hilfe von fotografischen Vorlagen – zahlreiche bekannte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens abbildete. Laut den überlieferten Aufzeichnungen des Fotografen Josef Löwy, der eine Heliogravüre sowie einen Personenspiegel zu dem Werk anfertigte (um 1889, Wien Museum, Wien), erstellte Klimt für sein Aquarell auch Porträtvignetten der Eheleute Munk und anderen Angehörigen der Familie Pulitzer und platzierte diese in zwei Logen im dritten Rang.
Posthume Porträts der Tochter
1911 beging Maria, genannt »Ria«, die Tochter von Aranka und Alexander Munk, mit nur 24 Jahren Suizid. Ihre Eltern gaben danach bei Gustav Klimt Porträts ihrer verstorbenen Tochter in Auftrag. Vermutlich vermittelten Serena und August Lederer, Förderer Klimts, den Maler an das Ehepaar Munk. Das erste Porträt Ria Munk auf dem Totenbett (Privatbesitz) entstand 1912. Für Gustav Klimt dürfte sich die Arbeit als sehr mühsam und schwierig erwiesen haben. 1912 schrieb er an Emilie Flöge folgende Nachricht:
»Frau M. mit ihrem Tochterporträt bis Herbst abgeschüttelt froh darüber.«
Ein Jahr später erstellte er für das Ehepaar Munk ein weiteres Gemälde – vermutlich Die Tänzerin (Ria Munk) (um 1916/17, Privatbesitz). Klimt berichtete Emilie Flöge, die sich in Paris aufhielt, frustriert:
»Das Munkportrait wird schon ein wunder schmerzhafter Punkt – bring‘s nicht zusammen! wird einfach nicht ähnlich!«
1917 entstand noch ein drittes Bildnis der verstorbenen Tochter. Das Gemälde Damenbildnis (Ria Munk) (1917 (unvollendet), The Lewis Collection) blieb jedoch unvollendet und gelangte nach Gustav Klimts Tod in den Besitz von Aranka Munk.
Deportation und Veräußerung des Besitzes
Aranka Munk und ihre Tochter Lola wurden 1941 nach Polen deportiert, wo Aranka im selben Jahr ums Leben kam. Ein Jahr später wurde der gesamte bewegliche und unbewegliche Besitz der Familie in Wien und Bad Aussee beschlagnahmt. Nach dem Zweiten Weltkrieg galten Mutter und Tochter offiziell als vermisst, woraufhin sie ihre Schwester bzw. Tante, Jenny Steiner, 1949 gerichtlich für tot erklären ließ.
Jüngste Restitution
2009 wurde das Gemälde Damenbildnis (Ria Munk) nach einem städtischen Beschluss vom Kunstmuseum LENTOS in Linz an die rechtmäßigen Erben restituiert. Ein Jahr später erfolgte die Versteigerung im Londoner Auktionshaus Christie’s. Das Gemälde war ursprünglich in den 1950er Jahren durch den Kunsthändler Wolfgang Gurlitt in den Besitz des Museums gelangt.
Literatur und Quellen
- Tobias G. Natter (Hg.): Gustav Klimt. Sämtliche Gemälde, Wien 2012.
- Alfred Weidinger (Hg.): Gustav Klimt, München - Berlin - London - New York 2007.
- Ursula Storch (Hg.): Klimt. Die Sammlung des Wien Museums, Ausst.-Kat., Wien Museum (Wien), 16.05.2012–07.10.2012, Wien 2012.
- Tobias G. Natter, Franz Smola, Peter Weinhäupl (Hg.): Klimt persönlich. Bilder – Briefe – Einblicke, Ausst.-Kat., Leopold Museum (Museums Quartier, Wien), 24.02.2012–27.08.2012, Wien 2012.
- Georg Gaugusch: Wer einmal war. Das jüdische Großbürgertum Wiens 1800–1938, Band 2, Wien 2016.
- Sophie Lillie: Was einmal war. Handbuch der enteigneten Kunstsammlungen Wiens, Wien 2003, S. 6.
- Die Presse. www.diepresse.com/569581/christies-versteigert-restituiertes-klimt-portrat (28.04.2020).
- Ansichtskarte von Gustav Klimt in Wien an Emilie Flöge in Paris, 2. Karte (28.02.1913). RL 2874, Leopold Privatsammlung.
- N. N.: Lebensmüde, in: Neues Wiener Tagblatt, 29.12.1911, S. 8.
- Ansichtskarte von Gustav Klimt in Wien an Emilie Flöge in Bad Gastein, 2. Karte (Morgen) (26.06.1912). RL 2861, Leopold Privatsammlung.

Familie Primavesi

Otto und Eugenia Primavesi
© APA-PictureDesk
In den 1910er Jahren stand Gustav Klimt mit den Kunstmäzenen Otto und Eugenia (Mäda) Primavesi in engem persönlichen Kontakt. Sie waren langjährige Finanziers der Wiener Werkstätte und kauften mehrere Werke Gustav Klimts.
Der Bankier und Großindustrielle Otto Primavesi und die Schauspielerin Eugenia (Mäda) Primavesi heirateten 1894. Sie lebten mit ihren vier Kindern, Leokadie (Lola), Eugenia (Mäda) jun., Melitta (Litta) und Otto jun. bis zum Ende des Ersten Weltkrieges in Ölmütz (heute: Olomouc, Tschechien), wo auch das Familienunternehmen, ein Bankhaus, seinen Sitz hatte.
Die Familie Primavesi und Gustav Klimt
In den 1910er Jahren intensivierte sich der Kontakt zwischen Gustav Klimt und der wohlhabenden Bankiersfamilie. Diese lud den Künstler – während des Ersten Weltkrieges – mehrmals in ihr neues Landhaus in Winkelsdorf ein, das von Josef Hoffmann entworfen worden war. Dort fanden unter anderem legendäre Hausfeste zu Weihnachten und Neujahr statt, die in Anwesenheit von Gustav Klimt auch fotografisch dokumentiert wurden. Neben Klimt waren auch Anton Hanak und der Architekt des Hauses Josef Hoffmann persönlich mit der Familie Primavesi befreundet. Die drei Künstler reisten daher oft gemeinsam zu den Festen.

Gustav Klimt bei einem Kostümfest in der Kellerstube des Landhauses der Familie Primavesi in Winkelsdorf, vermutlich 30.12.1917-03.01.1918, Klimt-Foundation
© Klimt-Foundation, Wien
Im Auftrag der Familie porträtierte Klimt zwischen 1912 und 1914 die Tochter Mäda Primavesi und Eugenia (Mäda) Primavesi. Laut den Erzählungen von Mäda Primavesi reisten die beiden Frauen für die Porträtsitzungen regelmäßig nach Wien. In diesem Zusammenhang schrieb Eugenia Primavesi selbst im Februar 1913 in einem Brief: »Am 18. soll ich wieder sitzen.« Im Sommer 1913 bestätigte Gustav Klimt der Familie schriftlich die erfolgte Anzahlung für die zwei Gemälde in Höhe von 15.000 Kronen (ca. 83.800 Euro). Eines der Gemälde – vermutlich Porträt Eugenia (Mäda) Primavesi (1913/14, Toyota Municipal Museum of Art) – stellte Klimt zu Weihnachten 1913 fertig und sandte es per Eilzug zur Familie nach Olmütz.

Brief von Fritz Waerndorfer in Wien an Hermann Muthesius, 09.04.1906, Werkbundarchiv - Museum der Dinge: Briefkopf der Wiener Werkstätte, Filiale Neustiftgasse 32
© Werkbundarchiv - Museum der Dinge, Berlin
Besichtigung des Palais Stoclet
1914 kam es auch zu einem gemeinsamen Aufenthalt in Brüssel. Otto und Eugenia Primavesi besuchten zusammen mit dem eng befreundeten Bildhauer Anton Hanak und dem Architekten Josef Hoffmann die Familie Stoclet, bei der Gustav Klimt schon einige Tage verweilte. In einem Brief an Emilie Flöge, datiert mit 18. Mai 1914, berichtete der Künstler über die gemeinsame Besichtigung des fertiggestellten Palais Stoclet:
»Gestern waren Hoffmann und Primavesi’s und Hanak hier bei Stoclet. Sie kamen aus Cöln [!] per Auto […]. Frau Primavesi war „sprachlos“ wie sie mir sagte, über die Schönheit des Hauses.«
Förderer der Wiener Werkstätte
Die Eheleute Primavesi traten insbesonders als Förderer und Finanziers der Wiener Werkstätte in Erscheinung. 1914 beteiligten sie sich als Gesellschafter am Unternehmen, das sich in finanziellen Schwierigkeiten befand. Otto Primavesi selbst übernahm im Zuge dessen für mehrere Jahre die Geschäftsleitung der Wiener Werkstätte. 1925 überließ Otto Primavesi jedoch alle seine Firmenanteile seiner Ehefrau und verstarb ein Jahr später. Fünf Jahre später schied auch Eugenia Primavesi aus dem Unternehmen aus.
Verkauf der Sammlung
Vermutlich wegen der unrentablen Geschäfte der Wiener Werkstätte und durch den Konkurs des eigenen Bankhauses war die Familie Primavesi gezwungen mehrere Gemälde aus ihrer Klimt-Sammlung zu verkaufen. Darunter befanden sich Gemälde wie Die Hoffnung II (Vision) (1907/08, überarbeitet: vor 1914, The Museum of Modern Art, New York), Litzlberger Keller am Attersee (1915/16, Privatbesitz) und Baby (1917/18 (unvollendet), National Gallery of Art, Washington D.C.). Dies geht unter anderem aus dem Katalog der »Klimt-Gedächtnis-Ausstellung« von 1928 hervor. Eine Ausnahme bildete das Porträt von Eugenia (Mäda) Primavesi. Das Gemälde vermachte Eugenia 1962 ihrer Tochter, die nach dem Zweiten Weltkrieg nach Kanada ausgewandert war. Diese ließ das Gemälde, das sich heute im Besitz des Municipal Museum of Art in Toyota befindet, 1987 in New York versteigern.
Literatur und Quellen
- Tobias G. Natter, Franz Smola, Peter Weinhäupl (Hg.): Klimt persönlich. Bilder – Briefe – Einblicke, Ausst.-Kat., Leopold Museum (Museums Quartier, Wien), 24.02.2012–27.08.2012, Wien 2012.
- Tobias G. Natter (Hg.): Gustav Klimt. Sämtliche Gemälde, Wien 2012, S. 621-622, S. 624.
- Alfred Weidinger (Hg.): Gustav Klimt, München - Berlin - London - New York 2007, S. 296-297, S. 298.
- Tobias G. Natter (Hg.): Die Welt von Klimt, Schiele und Kokoschka. Sammler und Mäzene, Köln 2003, S. 72-86.
- Felix Czeike (Hg.): Historisches Lexikon Wien, Band 5, Wien 1997, S. 541.
- Carl Kraus: Mäda Primavesi, in: Tobias G. Natter (Hg.): Klimt and the Women of Vienna’s Golden Age. 1900–1918, Ausst.-Kat., Neue Galerie New York (New York), 22.09.2016–16.01.2017, London - New York 2016, S. 102-111.
- Tobias G. Natter, Gerbert Frodl (Hg.): Klimt und die Frauen, Ausst.-Kat., Oberes Belvedere (Wien), 20.09.2000–07.01.2001, Köln 2000, S. 126-129.
- Hedwig Steiner: Gustav Klimts Bindung an Familie Primavesi in Olmütz, in: Mährisch-Schlesische Heimat. Vierteljahresschrift für Kultur und Wirtschaft, Heft 4 (1968), S. 242-252.
- Claudia Klein-Primavesi: Die Familie Primavesi und die Künstler Hanak, Hoffmann, Klimt. 100 Jahre Wiener Werkstätte, Wien 2004.

Familie Wittgenstein

Karl Wittgenstein fotografiert von Ferdinand Schmutzer, 1908, Österreichische Nationalbibliothek, Wien
© Bildarchiv und Grafiksammlung, Österreichische Nationalbibliothek

Palais Wittgenstein fotografiert von Julius Scherb, 1918, Österreichische Nationalbibliothek, Wien
© Bildarchiv und Grafiksammlung, Österreichische Nationalbibliothek
Die Familie Wittgenstein gehörte um 1900 zu den reichsten Familien der Habsburgermonarchie. Das Familienoberhaupt, Karl Wittgenstein, war einer der wichtigsten Förderer Gustav Klimts und der Wiener Moderne. Er unterstützte die Secession finanziell und versorgte die Wiener Werkstätte durch Großaufträge. Seine Tochter Margarethe Stonborough-Wittgenstein wurde 1905 von Klimt porträtiert.
Das Familienoberhaupt der Wittgensteins, Karl Otto Clemens Wittgenstein, stammte aus einer assimilierten, deutsch-jüdischen Familie, deren Vorfahre Moses Meyer für den Grafen von Sayn Wittgenstein gearbeitet und den Namen Wittgenstein angenommen hatte. Karls Eltern, Hermann Wittgenstein und Franziska, »Fanny«, geb. Figdor, Schwester des berühmten Kunstsammlers Albert Figdor, nahmen vor ihrer Heirat den protestantischen Glauben an und förderten das Kulturleben.
Karl wurde 1847 als Sohn der nunmehr evangelischen Familie in Gohlis (heute: Leipzig) geboren. 1851 übersiedelten die Wittgensteins nach Vösendorf bei Wien. Karl Wittgenstein wanderte mit siebzehn Jahren auf eigene Faust in die USA aus, wo er sich mit Gelegenheitsarbeiten über Wasser hielt. Nach seiner Rückkehr studierte er an der Technischen Hochschule in Wien und baute sich danach ein riesiges Imperium in der Eisen- und Stahlindustrie auf. Von 1875 bis 1899 leitete er erfolgreich die böhmischen Teplitzer Walzwerke und gründete das erste österreichische Eisenkartell.
Neben seiner wirtschaftlichen Tätigkeit interessierte sich Karl Wittgenstein für Musik und Kunst. Durch Musikabende im Kreise seiner Familie lernte er die begabte Pianistin Leopoldine »Poldi« Kalmus kennen, die er 1874 heiratete. Das Paar bekam neun Kinder, von denen jedoch nur acht das Erwachsenenalter erreichten. Auf Wunsch der katholischen Mutter wurden alle Kinder in diesem Glauben erzogen. Hermine, die älteste Tochter war die Vertraute des Vaters und begleitete ihn schon früh auf seinen Geschäftsreisen. Neben ihren zwei Schwestern Helene und Margarethe, gab es noch vier Söhne Paul, Ludwig, Konrad, Hans und Rudolf. Alle Söhne außer Paul und Ludwig nahmen sich in jungen Jahren das Leben. Paul avancierte zu einem bekannten Pianisten, während Ludwig sich zu einem berühmten Philosophen entwickelte.
Karl Wittgenstein sorgte für die fundierte künstlerische Ausbildung seiner Kinder. Im Palais Wittgenstein, Alleegasse 16 (heute: Argentinierstraße), waren regelmäßig herausragende Künstler zu Gast.
Kinder der Familie Wittgenstein

Gustav Klimt: Der goldene Ritter (Das Leben ist ein Kampf), 1903, Aichi Prefectural Museum of Art
© Aichi Prefectural Museum of Art, Nagoya

Gustav Klimt: Porträt Margaret Stonborough-Wittgenstein, 1905, Bayerische Staatsgemäldesammlungen - Neue Pinakothek München
© bpk | Bayerische Staatsgemäldesammlungen

Einblick in das Palais Wittgenstein, vermutlich um 1910, Privatbesitz
© Mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. Thomas Zaunschirm
Karl Wittgenstein und die Wiener Moderne
1898 zog sich Karl Wittgenstein mit nur 51 Jahren als einer der wohlhabendsten Industriellen der Österreichisch-Ungarischen Monarchie aus der Wirtschaft zurück und widmete sich nun vorwiegend der Förderung der Künste. Vorerst lag der Fokus seiner Sammlung vorranging auf Objekten aus dem musikalischen Bereich. Ausschlaggebend für sein Interesse an der modernen Kunst war mit Sicherheit seine älteste Tochter und Vertraute Hermine. Diese nahm Malunterricht bei den Secessionsmitgliedern Rudolf von Alt, Franz Hohenberger und Johann Victor Krämer und war eine begeisterte Anhängerin Klimts. Karl Wittgenstein machte die junge Frau, die Zeit ihres Lebens unverheiratet blieb, zur Verwalterin seiner Kunstsammlung und ließ sich von ihr bei seinen Ankäufen beraten. Karls Mäzenatentum fokussierte sich daher ab der Jahrhundertwende vor allem auf die Wiener Secession und die Wiener Werkstätte. Er finanzierte den Bau des Secessionsgebäudes 1897–1898 mit der beträchtlichen Summe von rund 50.000 Gulden (ca. 748.400 Euro). Auf den Secessionsausstellungen erwarb er vorwiegend Gemälde von Rudolf von Alt, Giovanni Segantini und Gustav Klimt.
Gustav Klimt und die Familie Wittgenstein
1903 erstand Wittgenstein sein erstes Klimt Gemälde: Der goldene Ritter (Das Leben ein Kampf) (1903, Aichi Prefectural Museum of Art, Nagoya). Das Werk fand im Stiegenhaus des Palais in der Alleegasse Platz.
Anlässlich der Verlobung ihrer jüngsten Tochter Margarethe mit dem gut situierten Amerikaner Jerome Stonborough bestellte das Ehepaar Wittgenstein 1903 ein lebensgroßes Porträt von Margarethe bei Klimt. Der Malprozess sollte sich lange hinziehen, immer wieder kam es zu Übermalungen. Klimt zeigte das Porträt Margarethe Stonborough-Wittgenstein (1905, Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Neue Pinakothek, München) erstmals 1905 in Berlin auf der »II. Ausstellung des Deutschen Künstlerbunds«. Klimt selbst bezeichnet es in einer Leihanfrage an Karl Wittgenstein als noch unvollendet:
»[…] darf ich mir das in Ihrem Besitze befindliche Bild: >Goldener Ritter< für die Berliner Kunstausstellung erbitten? Ebenso das Porträt Ihrer Frau Tochter, obwo[h]l das Bild noch unfertig ist?«
Die Neue Freie Presse berichtete im Mai 1905, dass Margarethe Stonborough-Wittgenstein persönlich auf der Berliner Ausstellung anwesend war, um das Debut ihres noch in Arbeit befindlichen Porträts mitzuverfolgen:
»Insbesondere das Bildnis der schlanken jungen Frau wurde bewundert und erregte umso größeres Interesse, als das Original, eine Wienerin, die an einen Engländer [Anm.: ihr Mann war Amerikaner nicht Engländer] verheiratet ist, sich häufig in dem Saale aufhielt.«
1906 dürfte das Gemälde dann endgültig vollendet gewesen sein und wurde im Palais Wittgenstein zunächst im Treppenhaus und später im Salon positioniert. Dass Margarethe das Porträt im Zuge ihres Umzugs nach Berlin in Wien zurückließ, wird in der Literatur oft als eine Ablehnung des Gemäldes ihrerseits gedeutet. Konkrete Quellenbelege für diese Behauptung gibt es jedoch keine.
Außer diesen beiden Gemälden von Klimt besaß Karl Wittgenstein noch Sonnenblume (1907/08, Belvedere, Wien), Wasserschlangen I (Pergament) (1904, überarbeitet: vor 1907, Belvedere, Wien), Bauerngarten mit Sonnenblumen (1906, Belvedere, Wien) und Schloss Kammer am Attersee IV (1910, Privatbesitz).
Auch nach dem Austritt der sogenannten Klimt-Gruppe aus der Secession 1905 blieb die Familie Wittgenstein dem Künstler als Sponsor erhalten. Anlässlich der Organisation der »Internationalen Kunstschau Wien 1909«, deren Präsident Klimt war, schrieb dieser an Emilie Flöge: »Witt. hat ebenfalls 10 gegeben«. Dabei dürfte es sich vermutlich um eine Subventionssumme Karl Wittgensteins für die Ausstellung von 10.000 Kronen (ca. 62.780 Euro) gehandelt haben. Gemeinsam mit dem Arbeitsministerium ermöglichte er damit das Zustandekommen der Kunstschau.
Neben Klimt förderte Karl Wittgenstein auch Max Klinger, Auguste Rodin, Anton Hanak, Johann Victor Krämer, Ferdinand Hodler und Rudolf von Alt. Die Familie Wittgenstein beschäftigte zudem den mit Klimt befreundeten und für die Secession tätigen Fotografen Moriz Nähr als persönlichen Familienfotografen. Zwischen Nähr und Ludwig Wittgenstein entwickelte sich eine enge Freundschaft und dieser zog den Fotografen auch nach dem Tod seines Vaters Karl 1913 für wichtige Aufträge heran.

Stube im Forsthaus von Karl Wittgenstein gestaltet von Josef Hoffmann, um 1901, in: Der Architekt. Wiener Monatshefte für Bau- und Raumkunst, 7. Jg. (1901).
© ANNO | Österreichische Nationalbibliothek
Die Familie Wittgenstein und die Wiener Werkstätte
Für Josef Hoffmann und die Wiener Werkstätte war die Familie Wittgenstein ein bedeutender Auftraggeber. 1905 ließ sich Karl Wittgenstein von Hoffmann ein Jagdhaus auf der Hochreith errichten, das im Sinne eines Gesamtkunstwerkes komplett durch die Wiener Werkstätte ausgestattet wurde. Margarethe Stonborough-Wittgenstein und ihr Mann Jerome beauftragten die Wiener Werkstätte noch im selben Jahr mit der Gestaltung ihrer Berliner Wohnung. Außerdem wurde der Rahmen des Klimt Porträts von Margarethe durch Hoffmann entworfen und von der Wiener Werkstätte ausgeführt. 1912 bestellte Karl Wittgenstein ein Portal und die Innenausstattung seines Bürogebäudes der Poldihütte in der Invalidenstraße. Zwei Jahre später wurde Paul Wittgenstein, der Bruder Karls, sogar Gesellschafter der Wiener Werkstätte. Dieser hatte schon 1899 Josef Hoffmann mit dem Umbau seines Landguts Bergerhöhe beauftragt.
Der Tod Karl Wittgensteins ein Umbruch im Mäzenatentum
Nach dem Tod Karl Wittgensteins am 12. Jänner 1913 führten seine Kinder, die seinen gesamten Besitz geerbt hatten, die Sammlertätigkeit der Familie fort. Sowohl Hermine als auch Margarethe Stonborough-Wittgenstein wurden 1929 anlässlich der Eröffnung der Modernen Galerie in der Orangerie des Belvedere als Spender genannt. Die Secession, die von der Unterstützung Karls jahrelang profitiert hatte, ließ kurz nach seinem Tod eine Gedenktafel für ihren verstorbenen Mäzen am Secessionsgebäude anbringen.
Eine Neuorientierung seiner Kinder, die sich vermehrt den Künstlern der neuen Generation zuwandten, führte dazu, dass diese das Interesse an den Secessionskünstlern und der Wiener Werkstätte allmählich verloren. Margarethe, die in Berlin, Paris und Zürich lebte, sammelte internationale Kunst, insbesondere von ex- und impressionistischen Künstlern. Die 1934 in der »CXXXII. Secessionsausstellung« gezeigte französische Kunstsammlung von Jerome und Margarethe Stonborough, umfasste herausragende Werke von Matisse, Gauguin, Picasso, Modigliani, Utrillo.

Paul Engelmann und Ludwig Wittgenstein: Entwurf für die Villa Wittgenstein in der Kundmanngasse 19, Ansicht von der Ecke Parkgasse/Geusaugasse, 1926
© WStLA
Hermine und ihr Bruder Paul Wittgenstein beauftragten 1917 nicht Josef Hoffmann sondern Paul Engelmann, einen Schüler von Adolf Loos, mit der Neugestaltung der Landsitze Neuwaldegg und Hochreit. Engelmann verwirklichte schließlich nach der Idee von Ludwig Wittgenstein 1926 bis 1929 für Margarethe ein Wohnhaus (Villa Wittgenstein) in der Kundmanngasse 19.
Mit dem Anschluss Österreichs an Nazideutschland 1938 waren die Wittgensteins, aufgrund ihrer jüdischen Herkunft gezwungen in die USA zu fliehen. Die Gedenktafel für Karl Wittgenstein am Gebäude der Secession wurde aus sogenannten »rassischen Gründen« entfernt.
Nach dem Krieg kehrte Margarethe Stonborough-Wittgenstein in ihre Villa in der Kundmanngasse zurück. Einen Großteil der Kunstsammlung ihres Vaters, inklusive ihres Porträts von Gustav Klimt, konnte sie wiedererlangen.
Literatur und Quellen
- Sandra Tretter, Peter Weinhäupl (Hg.): Chiffre: Sehnsucht – 25. Gustav Klimts Korrespondenz an Maria Ucicka 1899–1916, Wien 2014.
- Sandra Tretter, Peter Weinhäupl (Hg.): Gustav Klimt. Florale Welten, Wien 2019.
- Tobias G. Natter (Hg.): Die Welt von Klimt, Schiele und Kokoschka. Sammler und Mäzene, Köln 2003.
- Bernhard Fetz (Hg.): Berg, Wittgenstein, Zuckerkandl. Zentralfiguren der Wiener Moderne, Wien 2018.
- Uwe Schögl, Hans-Peter Wipplinger (Hg.): Moriz Nähr. Fotograf der Wiener Moderne / Photographer of Viennese Modernism, Ausst.-Kat., Leopold Museum (Museums Quartier, Wien), 24.08.2018–29.10.2018, Wien - Köln 2018.
- Wien Geschichte Wiki. Villa Wittgenstein. www.geschichtewiki.wien.gv.at/Villa_Wittgenstein (26.08.2021).
- Ursula Prokop, Margaret Stonborough-Wittgenstein: Bauherrin, Intellektuelle, Mäzenin, Köln 2016.
- Trauungsbuch 1873 (Tomus 91), röm.-kath. Dompfarre St. Stephan, Wien, fol. 64.
- Elana Shapira: Style & Seduction. Jewish Patrons, Architecture and Design in Fin de Siècle Vienna, Waltham 2016.
- Ludwig Hevesi: Max Klinger in Wien, 13. April 1902, in: Acht Jahre Sezession (März 1897–Juni 1905). Kritik – Polemik – Chronik, Wien 1906, S. 383.
- N. N.: [Karl Wittgenstein.], in: Neue Freie Presse, 25.01.1913, S. 9.
- N. N.: Karl Wittgenstein als Kunstfreund, in: Neue Freie Presse, 21.01.1913, S. 10-11.
- N. N.: Eröffnung der Ausstellung des Deutschen Künstlerbundes. Telegramme der "Neuen freien Presse", in: Neue Freie Presse (Morgenausgabe), 20.05.1905, S. 9.
- Neue Freie Presse, 13.04.1902, S. 7.
- N. N.: Handel, Industrie und Verkehr. Karl Wittgenstein †, in: Fremden-Blatt, 21.01.1913, S. 25.
- N. N.: Karl Wittgenstein gestorben, in: Illustrierte Kronen Zeitung, 21.01.1913, S. 5.

Familie Zuckerkandl
Die Familie Zuckerkandl zählte im Wien um 1900 zur Reihe der Sammlerelite des jüdischen Großbürgertums. Neben ostasiatischer Kunst und Altwiener Meistern sammelten die Familienmitglieder auch Werke von Gustav Klimt. Als Mäzene unterstützten sie die Wiener Werkstätte und die Secession.
Das jüdische Ehepaar Leon und Eleonore Zuckerkandl stammte aus Györ, Ungarn, und hatte insgesamt sechs Kinder. Die älteste Tochter Hermina starb bereits 1894 und gehört daher nicht zur Riege der Klimt-Sammler. Auch die zweite Tochter Amalie, verheiratete Redlich respektive Rudinger und ihr Bruder Robert – der später Professor für Nationalökonomie in Prag werden sollte – waren, soweit bekannt ist, keine großen Kunstsammler. Die drei Brüder Emil, Victor und Otto sollten gemeinsam mit ihren Frauen der Familie Zuckerkandl zu ihrem Status als bedeutende Kunstmäzene verhelfen.

Emil Zuckerkandl fotografiert von Madame d'Ora, 1909
© Bildarchiv und Grafiksammlung, Österreichische Nationalbibliothek

Berta Zuckerkandl, fotografiert von Madame d'Ora, 1908
© Klimt-Foundation, Wien
Emil und Berta Zuckerkandl
Emil Zuckerkandl war der älteste Sohn der Familie. Er wurde am 1. September 1849 in Raab geboren. In Wien studierte er Medizin und spezialisierte sich auf das Fachgebiet der Anatomie. 1888 wurde Emil zum Professor an der Universität Wien ernannt, wo er fortan lehrte und Sezierunterricht gab. 1886 heiratete die weltoffene, gebildete Berta Szeps, die Tochter des Schriftstellers Moriz Szeps. 1895 kam ihr einziger Sohn Fritz zur Welt. Gemeinsam unterhielt das Ehepaar in ihren Wohnungen einen Salon, der von Künstlern frequentiert wurde. Beide Eheleute waren überaus kunstinteressiert. Während Emil schon vor seiner Bekanntschaft mit Berta eine ostasiatische Kunstsammlung unterhielt, dürfte ihn seine Ehefrau mit modernen Kunstströmungen bekannt gemacht haben. Beide förderten durch ihren Salon junge aufstrebende Künstler. So auch die Secessionisten, allen voran den befreundeten Maler Gustav Klimt.
Während Berta Gustav Klimt durch ihre unermüdliche journalistische Berichterstattung unterstützte, lud Emil Zuckerkandl den befreundeten Künstler dazu ein, ihm beim Sezieren zuzusehen. Die dabei entstandenen Skizzen bildeten die Grundlage für das Fakultätsbild Die Medizin (1900–1907, 1945 verbrannt auf Schloss Immendorf) und Die Hoffnung I (1903, National Gallery of Canada, Ottawa). Als Universitätsprofessor war Emil Zuckerkandl zudem aktiv am Skandal um die Fakultätsbilder für den großen Festsaal der Universität beteiligt. Während sich eine Gruppe an Professoren gegen die Anbringung der Klimt-Gemälde aussprach, unterstützte Emil die Werke des befreundeten Malers durch die Unterfertigung einer Gegenpetition und schlug sich im Streit um die Fakultätsbilder auf die Seite des Künstlers.
Emil und Berta besaßen zwar kein Ölgemälde von Klimt, dafür aber einige graphische Werke. Darunter befanden sich Die Hetärengespräche des Lukian mit 15 Illustrationen des Künstlers sowie die Zeichnung Stehende im Rüschenkleid (1904, Leopold Museum, Wien), die angeblich Berta Zuckerkandl selbst zeigt. Warum Klimt von seiner engen Freundin und Förderin Berta Zuckerkandl kein Porträt malte, ist nicht bekannt.
Neben Gustav Klimt förderten Emil und Berta auch andere Künstler der Secession. Josef Hoffmann und die Wiener Werkstätte wurden beispielsweise mit der Ausstattung der Villa des Ehepaars in der Nußwaldgasse beauftragt. Carl Moll, der oft im Salon zu Gast war, hielt diese in mehreren Interieurs fest.
Nach dem Tod Emil Zuckerkandls am 18. Mai 1910 führte Berta die Mäzenenrolle alleine fort. Schriftstellerisch hörte sie nie auf die moderne Kunst zu fördern. 1915 bis 1923 schuf der Bildhauer Anton Hanak Emil Zuckerkandls posthumes Denkmal für den Arkadenhof der Universität Wien.
Finanziell war es Berta schon bald nicht mehr möglich große Kunstwerke anzukaufen. 1916 versetzte sie die Asiatika Sammlung ihres Mannes über das Dorotheum. 1938 flüchtete sie gemeinsam mit ihrem Sohn vor den Nazis und starb 1945 im Exil in Paris.

Gustav Klimt: Porträt Paula Zuckerkandl, 1912, Verbleib unbekannt, in: Kunstverlag Hugo Heller (Hg.): Das Werk von Gustav Klimt, Wien - Leipzig 1918.
© Klimt-Foundation, Wien

Versteigerung der Kunstsammlung Victor Zuckerkandl in der Galerie Wawra, 1916, in: Kunsthandlung C. J. Wawra (Hg.): Kunstauktion von C. J. Wawra, Nummer 236, Aukt.-Kat., Wien 1916.
© Universitätsbibliothek Heidelberg
Victor und Paula Zuckerkandl
Als zweitältester Sohn der Zuckerkandls wurde Victor am 11. April 1851 geboren. Er schlug eine Laufbahn in der Industrie ein. Als erfolgreicher Unternehmer, anschließender Direktor der Oberschlesischen Eisenindustrie-Gesellschaft und somit gut verdienender Unternehmer hatte er die finanziellen Mittel sein Erspartes in Kunstwerken anzulegen. Gemeinsam mit seiner Frau Paula, geborene Freund, legte er eine umfassende Sammlung an. Obwohl diese vorwiegend alte Wiener Meister wie Rudolf von Alt und Georg Ferdinand Waldmüller umfasste, befanden sich darunter auch bedeutende Klimt-Werke. Victor war vermutlich über seine Schwägerin Berta mit Gustav Klimt und den Secessionisten in Kontakt gekommen. Mit Porträtaufträgen und dem Ankauf von Gemälden – vorwiegend über die Galerie Miethke – förderte das Ehepaar den modernen Künstler.
Das Ehepaar besaß vor allem Landschaften von Klimt. 1908 kaufte Victor Zuckerkandl das Gemälde Blühender Mohn (1907, Belvedere, Wien). 1911 erstand er Rosen unter Bäumen (um 1904, Privatbesitz) und erwarb außerdem mehrerer Zeichnungen. Noch im selben Jahr gab er außerdem bei Klimt ein Gemälde seiner Frau Porträt Paula Zuckerkandl (1912, Verbleib unbekannt) in Auftrag. In seinem Besitz befand sich von 1914 bis 1916 zudem die Pallas Athene (1898, Wien Museum), die er zuvor dem Klimt-Sammler Fritz Waerndorfer abgekauft hatte. Später kamen noch die Landschaften Allee vor Schloss Kammer am Attersee (1912, Belvedere), Malcesine am Gardasee (1913, Verbleib unbekannt, seit Kriegsende 1945 verschollen), Kirche in Cassone am Gardasee (1913, Privatbesitz) und Litzlberg am Attersee (um 1915, Privatbesitz) hinzu.
Als Victor Zuckerkandl 1903 die Kultur- und Wasserheilanstalt Sanatorium Purkersdorf erwarb, beauftragte er – vermutlich auf Anraten seiner Schwägerin Berta – Josef Hoffmann mit deren Neugestaltung. Dieser gestaltete das Gebäude, gemeinsam mit Koloman Moser zu einem modernen Gesamtkunstwerk um, in dem ein Großteil der Klimt-Sammlung der Familie unterkam. Seine persönliche Purkersdorfer Villa jedoch wurde im Gründerzeitstil erbaut. Ein dort eigens errichteter Pavillon beherbergte seine Asiatika. Victors Neffe Fritz, der Sohn von Berta und Emil, war Miteigentümer des Sanatoriums.
1916 verließ der Stahlmagnat Wien und zog mit seiner Frau nach Berlin. Im Zuge der Übersiedelung trennte sich Victor vom Gros seiner Kunstsammlung. Im Oktober versteigerte er über das Kunsthaus C. J. Wawra mehr als 400 Objekte, darunter mehrere Klimt Zeichnungen sowie die Pallas Athene, die für 3.100 Kronen (ca. 5.600 Euro) einen neuen Besitzer fand. Seine Asiatika-Sammlung widmete er dem Museum in Breslau. Der Rest der Klimt-Gemälde wurde jedoch nach Berlin übersiedelt, wo sie in der neuen Villa Zuckerkandl in Grunewald im Treppenhaus gehängt wurden. Das Porträt Paula Zuckerkandl wurde repräsentativ im Wohnzimmer über einem Kamin in einer eigens dafür getäfelten Wandnische positioniert.
Villa Zuckerkandl in Berlin
Nachdem Victor und seine Frau Paula 1927 knapp nacheinander verstorben waren, wurde der Nachlass unter den Erben aufgeteilt. Da das Paar kinderlos geblieben war, ging ein Großteil des Erbes an die Geschwister, Nichten und Neffen Ottos. Ein Teil der Sammlung wurde so 1928 beim Auktionshaus C. J. Wawra in Wien versteigert, darunter jedoch kein einziger Klimt. Paulas Porträt sollte als Legat an die Österreichische Galerie [heute: Belvedere, Wien] gelangen. Stattdessen ging das Gemälde aufgrund der Kriegswirren in Berlin verloren.

Otto Zuckerkandl fotografiert von Madame d'Ora, 1909
© Bildarchiv und Grafiksammlung, Österreichische Nationalbibliothek

Gustav Klimt: Porträt Amalie Zuckerkandl, 1917/18, Österreichische Galerie Belvedere, 1988 Widmung Vita und Gustav Künstler
© Belvedere, Wien , Foto: Johannes Stoll
Otto und Amalie Zuckerkandl
Der jüngste Zuckerkandl Bruder war Otto. Er wurde am 28. Dezember 1861 in Raab geboren und schlug wie sein ältester Bruder Emil eine Karriere in der Medizin ein. Nach seinem Studium in Wien war er zunächst als Anatom, dann als Chirurg tätig. 1892 kam er als Dozent an die Uni Wien und avancierte schließlich zu einem geschätzten Urologen. Er verfasste zahlreiche Fachbücher sowie wissenschaftliche Publikationen. 1895 heiratete er Amalie Schlesinger und bekam mit ihr einen Sohn, Viktor, und zwei Töchter, Eleonore und Hermine.
Otto und Amalie unterhielten im Gegensatz zu den Geschwistern keine eigene umfangreiche Kunstsammlung. Dennoch war Otto wie seine beiden Geschwister aktiver Förderer der modernen Kunst. Von Josef Hoffmann ließ er 1912 sein Studienzimmer in der Familienwohnung ausstatten und Kolo Moser gestaletet einige Exlibris für ihn. Um 1914 wollte er seine Frau Amalie von Klimt porträtieren lassen. Um diese Zeit entstanden auch erste Entwürfe für das Porträt Amalie Zuckerkandl (1917/18, Belvedere). Während des Krieges arbeitete Amalie jedoch an der Seite ihres Mannes als Krankenschwester in Lemberg und konnte so unmöglich Modell sitzen. Die Arbeiten an dem Auftrag verzögerten sich daher und konnten erst gegen Kriegsende 1917 wieder aufgenommen werden. Klimt erhielt für erste Arbeiten an dem Werk insgesamt 4.000 Kronen (ca. 7.300 Euro). Das Porträt blieb jedoch aufgrund Klimts Tod 1918 unvollendet.
Noch im Jahr darauf ließen sich Amalie und Otto scheiden. Schon ein Monat nach der Trennung heiratete Otto erneut. Seine zweite Ehefrau war die Pianistin Margarete Gelbard. Die Ehe sollte nur zwei Jahre dauern und durch den überraschenden Tod Ottos 1921 ein jähes Ende finden. Vermutlich hatte Amalie ihr Porträt nach der Scheidung oder dem Tod ihres Ex-Mannes an Ferdinand Bloch-Bauer verkauft. Spätestens ab 1928 ist er als Eigentümer nachweisbar. Es gelangte jedoch zurück in den Familienbesitz, wo es von Amalies jüngster Tochter Hermine, verheiratete Müller-Hofmann, während der NS-Zeit an die Neue Galerie verkauft wurde. Durch eine Schenkung kam es schließlich ins Belvedere.
Amalie, die für ihren Gatten 1895 zum Judentum konvertiert war, geriet nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich 1938 ins Visier des NS-Regims. Gemeinsam mit ihrer Tochter Eleonore »Nora«, seit 1921 verheiratete Stiasny, wurde sie 1942 ins Konzentrationslager Belezec verschleppt und dort ermordet.
Eleonore hatte das Gemälde Rosen unter Bäumen aus dem Nachlass Victor und Paula Zuckerkandl vermutlich als Geschenk ihres Bruders Viktor jun. erhalten. Sie verkaufte es 1938, um sich damit ihre Flucht vor dem Regime zu finanzieren. Erst 2021/22 wurde das Gemälde in einem Restitutionsverfahren an die Nachfahren zurückgegeben.
Literatur und Quellen
- Universität Wien. 650 plus- Geschichte der Wiener Universität.. Emil Zuckerkandl. geschichte.univie.ac.at/de/personen/emil-zuckerkandl-prof-dr (07.04.2020).
- Universität Wien. monuments. Emil Zuckerkandl. monuments.univie.ac.at/index.php (07.04.2020).
- Ö1. Das Porträt der Amalie Zuckerkandl. oe1.orf.at/artikel/641943/Das-Portraet-der-Amalie-Zuckerkandl (06.04.2020).
- Der Standard. Ein Abschied für immer (03.06.2011). www.derstandard.at/story/1304553584968/ein-abschied-fuer-immer (06.04.2020).
- Der Standard. Das Porträt einer Ermordeten: Amalie Zuckerkandl (31.03.2008). www.derstandard.at/story/2379120/153-das-portraet-einer-ermordeten-amalie-zuckerkandl (06.05.2020).
- De Gruyter. Bibliothek Forschung und Praxis. Band 42: Heft 1. Berta Zuckerkandl – Netzwerkerin der Wiener Moderne: Über die Sammlungen Emile Zuckerkandl an der Österreichischen Nationalbibliothek. www.degruyter.com/view/journals/bfup/42/1/article-p128.xml (06.04.2020).
- Monika Mayer: Nicht nur Klimt, in: Bernhard Fetz (Hg.): Berg, Wittgenstein, Zuckerkandl. Zentralfiguren der Wiener Moderne, Wien 2018, S. 251-265.
- Reinhard Federmann (Hg.): Berta Zuckerkandl: Österreich intim, Erinnerungen 1892- 1942, Wien 2013.
- Vera Brantl: Die familiären, politischen und kulturellen Netzwerke Berta Zuckerkandls, in: Bernhard Fetz (Hg.): Berg, Wittgenstein, Zuckerkandl. Zentralfiguren der Wiener Moderne, Wien 2018, S. 234-243.
- Gegenpetition der Professoren der k. k. Universität Wien an das k. k. Ministerium für Cultus und Unterricht in Wien (vermutlich Ende März 1900). AT-OeStA/AVA Unterricht Präsidium Akten 266, Zl. 1.126/1900 fol. 15, Österreichisches Staatsarchiv, Allgemeines Verwaltungs-, Finanz- und Hofkammerarchiv (AVA).
- Hermann Muthesius: Landhäuser. ausgeführte Bauten mit Grundrissen, Gartenplänen und Erläuterungen, 2. Auflage, München 1922.
- Versatz-, Verwahrungs- und Versteigerungsamt (Hg.): Nachlass Hofrat Professor Emil Zuckerkandl. Auserlesene Sammlung von Altwiener Porzellan. Hervorragende Alt-China- und Japan-Sammlung, Aukt.-Kat., Wien 1916.
- Kunsthandlung C. J. Wawra (Hg.): Kunstauktion von C. J. Wawra, Nummer 236, Aukt.-Kat., Wien 1916.
- Tobias G. Natter (Hg.): Gustav Klimt. Sämtliche Gemälde, Wien 2017.
- N. N.: Professor Dr. Otto Zuckerkandl gestorben, in: Neues Wiener Tagblatt, 03.07.1921, S. 5.
- Prager Tagblatt, 03.07.1921.
- Karteikarte Nr. 979 der Galerie H. O. Miethke über den Verkauf von »Rosen« (14.03.1911).
- Karteikarte Nr. 683 der Galerie H. O. Miethke über den Verkauf von »Blühender Mohn« (31.08.1908).
- Karteikarte Nr. 472 der Galerie H. O. Miethke über den Verkauf einer Zeichnung (14.03.1911).
- Karteikarte Nr. 484 der Galerie H. O. Miethke über den Verkauf einer Zeichnung (14.03.1911).
- Karteikarte Nr. 488 der Galerie H. O. Miethke über den Verkauf einer Zeichnung (14.03.1911).
- Karteikarte Nr. 490 der Galerie H. O. Miethke über den verkauf einer Zeichnung (14.03.1911).
- Karteikarte Nr. 495 der Galerie H. O. Miethke über den Verkauf einer Zeichnung (14.03.1911).
- Karteikarte Nr. 500 der Galerie H. O. Miethke über den Verkauf einer Zeichnung (14.03.1911).
- Karteikarte Nr. 480 der Galerie H. O. Miethke über den Verkauf einer Zeichnung (19.12.1911).
- Deutsche Kunst und Dekoration, Band 34 (1914), S. 140.
- Franz Eder, Ruth Pleyer: Berta Zuckerkandls Salon – Adressen und Gäste, Versuch einer Verortung, in: Bernhard Fetz (Hg.): Berg, Wittgenstein, Zuckerkandl. Zentralfiguren der Wiener Moderne, Wien 2018, S. 212-233.

Anton Joseph Kerner

Anton Kerner fotografiert von Josef Löwy, 1894, in: Ignaz Dörfler (Hg.): Botaniker-Porträt, Wien 1906.
© Klimt-Foundation, Wien

Gustav Klimt: Porträt Marie Kerner von Marilaun als Braut, 1891/92, Privatbesitz, Leihgabe im Belvedere, Wien
© Belvedere, Wien, 2018 Leihgabe aus Privatbesitz
Anton Kerner war ein österreichischer Botaniker und Universitätsprofessor. Er gilt als einer der Mitbegründer der Pflanzensoziologie und stand in Briefkontakt mit Charles Darwin. Gustav Klimt malte ein Porträt seiner Ehefrau Marie als Braut, das erst 2018 entdeckt wurde.
Geboren am 12. November 1831 in Mautern, Niederösterreich, zeigte Anton Kerner mit seinem Bruder Josef Anton bereits im Gymnasium Interesse an Botanik. Vorerst studierte er jedoch Medizin an der Universität Wien und promovierte 1854. Anschließend war er als Präparand unter Franz Schuh an der II. Chirurgischen Universitätsklinik tätig. 1855 legte er die Lehramtsprüfung für Chemie und Naturgeschichte für Realschulen ab, um sich doch noch der Botanik widmen zu können. Im selben Jahr begann er an der Oberschule in Ofen zu unterrichten. 1858 wurde er Professor am dortigen Josefs-Polytechnikum. Jene Jahre nutzte er um die Flora der ungarischen Tiefebene und des Bihariagebirges zu studieren. Schließlich wurde er von Kaiser Franz Joseph I. zum ordentlichen Professor der Naturgeschichte an die Universität Innsbruck (1860–1878) berufen. Den dortigen botanischen Garten bereicherte er mit Alpenpflanzen, was ihn zu einem Anziehungspunkt machte.
1878 erfolgte die Berufung Kerners an die Universität Wien, wo er 20 Jahre Professor der Botanik und Direktor des botanischen Museums der Universität sowie des botanischen Gartens sein sollte. Seine Gestaltung des Gartens, den er in pflanzengeographische Gruppen einteilte, wurde beispielhaft für viele andere.
Um den Einfluss des alpinen Klimas auf die Morphologie der Pflanzen untersuchen zu können, legte er Versuchsgärten im alpinen Raum an. Er gilt als Begründer der geographisch-morphologischen Methode. Seine Einteilung Österreichs in vier Florengebiete hat zum Großteil heute noch Gültigkeit. Er beschäftigte sich außerdem mit der Blütenbiologie. Sein Werk Pflanzenleben wurde in mehrere Sprachen übersetzt und fand international großen Anklang. Mit ihm kam es auch zu einem Paradigmenwechsel von einer bisherigen deskriptiv-systematischen zu einer biologischen Betrachtungsweise im Botanik-Unterricht.
1862 heiratet er die verwitwete Gräfin von Wolkenstein, Marie Ebner von Rofenstein. Das Paar hatte drei Kinder. Die Tochter Adele nahm später mit einem ihrer Brüder bei Gustav Klimt Malunterricht. Über Adeles Betreiben kam es 1891 dazu, dass ihr Vater bei Klimt ein Brautbild von seiner Ehefrau Marie in Auftrag gab. Als Vorlage sollte sich Gustav Klimt nach einer kolorierten Fotografie richten. Nachdem Klimt letzte Änderungen bezüglich der Farbintensität auf Wunsch Kerners vorgenommen hatte, ging das Porträt Marie Kerner von Marilaun als Braut (1891/92, Privatbesitz) in seinen Besitz über.
Er verstarb am 21. Juni 1898 in Wien und wurde in einem Ehrengrab am Zentralfriedhof beigesetzt.
Anton Kerner von Marilaun war Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Wien und wurde 1876 in den österreichischen Ritterstand erhoben. Zudem ehrte die Universität Wien Anton Kerner von Marilaun mit zwei Denkmälern (1905 und 1908).
Literatur und Quellen
- Deutsche Biographie. Anton Kerner von Marilaun. www.deutsche-biographie.de/sfz40641.html (10.04.2020).
- Universität Wien. Medienportal. medienportal.univie.ac.at/uniview/wissenschaft-gesellschaft/detailansicht/artikel/briefe-im-universitaetsarchiv-fuehren-zu-klimt-gemaelde/ (10.04.2020).
- Universität Wien. Anton Kerner von Marilaun. geschichte.univie.ac.at/de/personen/ehrungen (10.04.2020).
- Universität Innsbruck. www.uibk.ac.at/universitaet/profil/geschichte/auszeichnungen.html (10.04.2020).
- Österreichisches Biographisches Lexikon. Anton Kerner von Marilaun. www.biographien.ac.at/oebl/oebl_K/Kerner-Marilaun_Anton_1831_1898.xml;internal&action=hilite.action&Parameter=Kerner* (10.04.2020).
- Sammlung Belvedere. sammlung.belvedere.at/objects/82092/ (10.04.2020).
- APA. www.ots.at/presseaussendung/OTS_20180223_OTS0061/belvedere-zwei-spektakulaere-neuzugaenge-von-gustav-klimt-im-oberen-belvedere-bild (10.04.2020).
- Wien Geschichte Wiki. Anton Kerner von Marilaun. www.geschichtewiki.wien.gv.at/Anton_Kerner_von_Marilaun (28.04.2020).