Hugo Miethke

Hugo Miethke, um 1870, Verlag Miethke & Wawra
© Bildarchiv und Grafiksammlung, Österreichische Nationalbibliothek

Galerie H. O. Miethke am Neuen Markt 13, Ecke Plankengasse 6, vor 1896
© Wien Museum

Inserat der Versteigerung von Makarts Nachlass, in: Neues Wiener Tagblatt, 26.03.1885.
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Hugo Miethke in der Galerie H. O. Miethke, Dorotheergasse 11, um 1900
© Dorotheum Wien, Auktionskatalog 04.11.2019

Sterbeanzeige, in: Neue Freie Presse, 15.01.1918.
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Inserat der Versteigerung von Hugo Othmar Miethkes Nachlass 1918, in: Neues Wiener Journal, 02.05.1918.
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Hugo Othmar Miethke stammte aus dem preußischen Potsdam und gründete 1861 in Wien die Firma Miethke & Wawra, die sich später als Galerie Miethke zur avantgardistischsten und bedeutendsten Kunsthandlung der k. k. Monarchie entwickelte.

Hugo Miethke wurde am 29. Juli 1834 in Potsdam geboren und sein Taufname lautete Hugo Hermann Werner Ottomar. Er wuchs als Sohn von Emilie (geb. Hamel) und Friedrich Miethke, einem Hof-Glasermeister und Potsdamer Stadtverordneten, in einer bürgerlichen Familie auf. Näheres zu seiner Ausbildung oder seinen Beweggründen nach Wien zu kommen ist unbekannt. In die kaiserliche Residenzstadt übersiedelte er spätestens 1861, als er mit 27 Jahren gemeinsam mit Carl Josef Wawra die Firma Miethke & Wawra gründete. Die offene Gesellschaft wurde 1863 im Wiener Handelsregister als Buch- und Antiquariatshandel eingetragen und das erste Geschäftslokal befand sich in der Singerstraße.

Zunächst als Antiquariat und Kunstverlag betrieben, entwickelten sich Miethke und Wawra rasch zu wichtigen Begründern von Kunstauktionen in Wien. Zudem erkannten sie früh die Möglichkeit das neue Medium der Fotografie zu verwerten, etwa für Reproduktionen von Stadtansichten und Wiener Sehenswürdigkeiten, und verlegten druckgrafische Werke wie 1886 Die kaiserlich königliche Gemälde-Gallerie in Wien, einer Vorform des heutigen Museumsführers.

Das Aufblühen des Kunsthandels während der Jahrhundertmitte führte zum kontinuierlichen Aufstieg von Miethke & Wawra vom Auktionshandel zur Galerie. Die Geschäftsmänner etablierten in kurzer Zeit ein internationales Distributionsnetz und pflegten Kontakte zu wichtigen Kunsthändlern wie Van Gogh in Brüssel, Bernheim, Ambroise Vollard, Paul Durand-Ruel und Charles Sedelmayer in Paris sowie zu Paul Cassirer in Berlin.

Gründung der Galerie H. O. Miethke
Um 1874 trennten sich die Wege von Carl Josef Wawra und Hugo Miethke. Letzterer gründete die Galerie H. O. Miethke und fand ein neues Geschäftslokal am Neuen Markt 13, Ecke Plankengasse 6. Hier führte er im ersten Stock mit Blick auf den »Donner-Brunnen« einen »Verlag von und Handel mit Malerei«. Er spezialisierte sich dabei auf die Versteigerung von Ölbildern und Grafiken sowie auf den Ausstellungsbetrieb. Ab 1878 arbeitete er auch wieder mit Wawra zusammen, der sich auf den Grafikbereich spezialisierte. Miethke handelte mit Alten Meistern, versteigerte Künstlerverlassenschaften von Hans Makart, Emil Jakob Schindler, Viktor Tilgner, Rudolf von Alt und förderte moderne Künstler wie Gustav Klimt. Zudem zeigte Miethke in Wien die französischen Landschaftsmaler des »Paysage intime«. Im Altmeisterhandel zählten damals nicht nur öffentliche Sammlungen und Museen zu seinem Kundenkreis, sondern auch bedeutende Sammler wie Gustav Figdor und Graf Johann Pálffy.

Im Jahr 1895 kaufte Miethke das Palais der Adelsfamilie Nákó in der Dorotheergasse 11 (heute: Palais Eskeles) und ließ das klassizistische Wohngebäude umbauen. Im Erdgeschoß fanden der Verlag und ein Ausstellungsraum für zeitgenössische Kunst Platz, im ersten Stock präsentierte er Alte Meister und im zweiten Stockwerk richtete sich der Galerist seine Wohnung ein. Nach der Eröffnung der neuen Räumlichkeiten am 29. Mai 1896 entwickelte sich die Galerie zu einer der bedeutendsten Kunsthandlungen der Monarchie.

Nachdem sich Miethke im Alter aus dem Geschäft zurückzog, verkaufte er seine Galerie am 31. Mai 1904 an Hans Weidenbusch und ein erneuter Besitzerwechsel erfolgte bereits am 24. November 1904. Der Käufer war Paul Bacher, ein Freund Gustav Klimts, der beabsichtigte die Galerie als Verkaufslokal der Wiener Secession zu nutzen. Carl Moll, der bei Miethke bereits 1892 die Nachlassversteigerung Schindlers organisiert hatte, übernahm 1904 die Rolle des »künstlerischen Ratgebers« der Galerie. Dies führte zu Interessenskonflikten innerhalb der Secession, dem Austritt von Moll und kurz darauf auch der sogenannten Klimt-Gruppe. Die Galerie Miethke übernahm fortan Klimts Vertretung.

In einem Interview mit Berta Zuckerkandl, das 1905 in der Wiener Allgemeinen Zeitung erschien, erklärte Hugo Miethke, dass er sein Unternehmen immer unter der Prämisse der künstlerischen Qualität betrieb und oft auf den richtigen Kunden warten musste und meinte:

»Ich habe immer getrachtet, die Minderware, das heißt die reine Marktware auszuschließen. Immer musste bei meinen Erwerbungen ein künstlerisches Moment mitsprechen; immer suchte ich das Echte, das künstlerisch Interessante auf und gab mir die größte Mühe, diese Eigenschaften meinen Kunden herausfühlen zu lassen. […] man darf nicht um des momentanen Gewinnstes [!] halber Preise verderben.«

Weiters erzählte er von den guten Geschäften während der Weltausstellung in Wien, als er sich ein halbes Jahr im Künstlerhaus einmietete und schilderte seine Entdeckungen Alter Meister. So konnte er Werke von Dürer, Rembrandt oder van Dyck weiterverkaufen, deren Echtheit wichtige Museumsdirektoren (u.a. Eduard von Engerth, Albert Ilg, August Schäffer) negierten. Miethke meinte dazu sehr amüsant:

»Natürlich sind die schönsten Abenteuer diejenigen, welche eine Blamage für patentirte Kunstkenner und einen Sieg der eigenen Initiative bedeuten. […] Der Aberglaube, daß ein Amt auch die Gewähr für das Wissen ist, bleibt ja in den Menschen unausrottbar.«

Er beklagte auch die Unterscheidung zwischen »secessionistischer und nichtsecessionistischer Kunst«, da für ihn unabhängig von dieser Einteilung immer die Qualität der Kunst entscheidend war.

Miethkes Ehefrau Anna (geb. von Carpentier) starb 1869 mit nur 32 Jahren. 1881 heiratete er Marie Canzi, die Tochter des Malers August Canzi, in der Lutherischen Stadtkirche, die unweit seiner Galerie in der Wiener Innenstadt lag. Ihr gemeinsamer Sohn Otto Maria Miethke studierte an der Wiener Kunstgewerbeschule bei Kolo Moser und wurde als Maler, Grafiker und Lyriker bekannt. Hugo Othmar Miethke starb am 11. Jänner 1918 auf Gutenegg bei Cilli (heute: Celje, Slowenien).

Literatur und Quellen

  • Wladimir Aichelburg. 150 Jahre Künstlerhaus Wien 1861-2011. www.wladimir-aichelburg.at/kuenstlerhaus/mitglieder/verzeichnisse/freunde-und-mitarbeiter/ (16.04.2020).
  • Österreichisches Biographisches Lexikon. Otto Maria Miethke. www.biographien.ac.at/oebl/oebl_M/Miethke_Otto-Maria_1881_1922.xml (11.09.2020).
  • -n-.: Kunstsalon H. O. Miethke, in: Neue Freie Presse, 30.05.1896, S. 7.
  • Berta Zuckerkandl: Aus dem Leben eines berühmten Kunsthändlers. Interview mit Herrn Miethke, in: Wiener Allgemeine Zeitung, 29.01.1905, S. 3-5.
  • Tobias G. Natter (Hg.): Die Galerie Miethke. Eine Kunsthandlung im Zentrum der Moderne, Ausst.-Kat., Jüdisches Museum Wien (Wien), 19.11.2003–08.02.2004, Wien 2003.
  • Neue Freie Presse, 15.01.1918, S. 9.
  • N. N.: Die Spaltung in der Wiener Sezession, in: Die Werkstatt der Kunst. Organ für die Interessen der bildenden Künstler, 4. Jg., Heft 39 (1905), S. 530-531.
  • Trauungsbuch 1878/81 (Tomus TRB12), Pfarrgemeinde Wien Innere Stadt (Lutherische Stadtkirche), fol. 287.
  • N. N.: Miszellen. Othmar Hugo Miethke, in: Oesterreichisch-ungarische Buchhändler-Correspondenz, 59. Jg., Nummer 4 (1918), S. 34.
  • N. N.: Sterbeanzeige Anna Miethke geb. v. Carpentier, in: Neue Freie Presse, 19.12.1869, S. 32.