Gustav Nebehay

Hotel Bristol nach 1913, die Kunsthandlung Nebehay befand sich im 1. Stock
© Wien Museum

Als Förderer junger österreichischer Künstler und erfolgreicher Kunsthändler war Gustav Nebehay mit Gustav Klimt und Egon Schiele befreundet. Er stellte deren Werke in seinem Kunsthandel im Hotel Bristol aus, auch den Nachlass Klimts.

Gustav Nebehay wurde am 26. Juni 1881 als Sohn eines Gastwirts in Wien geboren. Er war das jüngste von sechzehn Kindern.

Mit vierzehn Jahren begann er eine Lehre in der renommierten Wiener Buchhandlung von Rudolf Heger. 1900 zog Nebehay nach Leipzig, wo er in der Rossberg'schen Buchhandlung tätig wurde. Dort kam er mit dem Buch- und Kunsthändler Hans Boerner in Kontakt, dessen Buchhandlung C. G. Boerner auf alte Grafik spezialisiert war. Gustav Nebehay wechselte bald als Partner in dessen Firma, wo er erste Erfahrungen mit dem Kunsthandel sammelte und zahlreiche bedeutende Auktionen von Grafiken alter Meister organisierte. Die Spezialisierung lag bei C. G. Boerner jedoch stets auf alter Grafik und nie auf Werken zeitgenössischer Künstler. Durch sein Engagement avancierte Nebehay zu einem international bekannten Kunst- und Grafikhändler. 

Am 3. Juni 1908 heiratete er Maria Sonntag, eine Schwester des renommierten Leipziger Kunstbuchbinders Carl Sonntag jun.. Das Ehepaar hatte fünf Kinder. Der älteste Sohn Christian M. Nebehay wurde Autor und verfasste diverse umfangreiche Dokumentationen über Gustav Klimt.

Während des Ersten Weltkriegs wurde Gustav Nebehay in den Kriegsdienst einbezogen und übersiedelte deshalb nach Wien. 1917 holte er, da er an der Trennung von seiner Familie litt, diese nach Wien, wo er sich gegen Kriegsende seine eigene Firma aufbaute. Die Kunsthandlung Gustav Nebehay hatte ihren Sitz in bester Lage, im Hotel Bristol, im Ersten Wiener Gemeindebezirk. Das von der Ringstraße über einen eigenen Eingang zugängliche Lokal umfasste einen über ein Glasdach belichteten Hof, einen zweiten Ausstellungsraum sowie ein Arbeitszimmer. Nebehay erweiterte seinen Fokus von Grafik auf künstlerische Medien aller Art. Den Schwerpunkt bildete dabei vorwiegend Kunst aus der Wiener Schule des 19. und frühen 20. Jahrhunderts.

Gustav Nebehay Kunsthandlung (Hg.): Handzeichnungen von Gustav Klimt, Ausst.-Kat., Gustav Nebehay Kunsthandlung (Hotel Bristol „Altes Haus“ 2. Stock, Wien), 00.09.1918–00.10.1918, Wien 1918.
© Wienbibliothek im Rathaus

Die bildenden Künste. Wiener Monatshefte, 2. Jg. (1919).
© ANNO | Österreichische Nationalbibliothek

Künstlerfreunde und Kegelabende
Bedingt durch seinen Beruf tauchte Nebehay in die Künstlerkreise Wiens ein. Zu einem seiner ersten Kontakte gehörte Josef Hoffmann, der 1916 ein Armband als Geschenk für Nebehays Frau Maria entwarf und 1924/25 mit der Wiener Werkstätte die Geschäftsräume der Kunsthandlung im Hotel Bristol neu gestaltete. Durch diese Freundschaft wurde Nebehay zu regelmäßigen Kegelabenden im Restaurant Hartmann eingeladen, an denen auch zahlreiche Wiener Künstler teilnahmen. Daher gehörten neben Hoffmann auch der Maler und Kunsterzieher Franz Čižek, bei dem sein Sohn Christian Stunden nahm, Egon Schiele, Otto Lendecke sowie Gustav Klimt zu Nebehays Bekannten- und Freundeskreis.

Besonders zu Klimt entwickelte Nebehay ein engeres Verhältnis. Klimt besuchte die Familie Nebehay im Frühjahr 1917 in ihren Wohnräumen in der sogenannten »Pechhütte«, einer Jausenstation in Unter St. Veit. Davon zeugt ein Eintrag in Klimts letztem Notizbuch. Auch mehrere Zeichnungen belegen die Beziehung zwischen der Familie des Kunsthändlers und dem bekannten Maler. Klimt schenkte dem Ehepaar Nebehay im Zuge seines Besuches mehrere Blätter und versah diese auf Bitte des Kunsthändlers mit den Widmungen »Frau Maria Nebehay zugeeignet« und »Herrn Gustav Nebehay freundschaftlichst zugeeignet« sowie mit seiner typischen Ovalsignatur.

Auch bei Klimts Begräbnis, nicht ganz ein Jahr später, war der Kunsthändler anwesend und ist aus diesem Anlass auf einem Foto mit Emilie Flöge, Josef Hoffmann, Berta Zuckerkandl und Julius Tandler dokumentiert. Noch kurz zuvor hatte er mit dem Maler eine größere Ausstellung von Gemälden und Zeichnungen in seinem Kunstsalon im Hotel Bristol geplant, was durch Klimts jähen Tod im Februar 1918 jedoch verhindert wurde. Stattdessen stellte Nebehay in einer Art Gedenkausstellung Zeichnungen aus, die er im Sommer 1917 selbst von Klimt erworben hatte. Im Frühjahr 1918 organisierte er außerdem gemeinsam mit Klimts langjährigem Freund Carl Moll die Schau »Ein Jahrhundert Wiener Malerei in Zürich«, auf der Klimt aus Ehrerbietung ein eigener Saal gewidmet wurde.

Gustav Nebehay als Händler für Klimt
Die Erben entschlossen sich schließlich Klimts künstlerischen Nachlass durch Gustav Nebehay veräußern zu lassen. Zu diesem Zweck veranstaltete die Kunsthandlung Gustav Nebehay 1919 die umfangreiche »Gedächtnis=Ausstellung Gustav Klimt« mit rund 20 Gemälden, etlichen Zeichnungen, sowie einem Großteil der Asiatika Sammlung und der Ateliereinrichtung des Meisters.

Einblick in die Gustav-Klimt-Gedächtnisausstellung, Februar 1919 - März 1919
© Klimt-Foundation, Wien

Gustav Nebehay Kunsthandlung (Hg.): Die Zeichnungen. Heft II Juni 1919. Gustav Klimt, Ausst.-Kat., Gustav Nebehay Kunsthandlung (Hotel Bristol „Altes Haus“ 1. Stock, Wien), 00.06.1919–00.00.1919, Wien 1919.
© Klimt-Foundation, Wien

Dagobert Peche: Plakat für die Gustav Klimt-Stoclet Fries-Ausstellung in der Kunsthandlung Gustav Nebehay, 1920
© Klimt-Foundation, Wien

Himmelhof, Wohnhaus der Familie Nebehay ab den 1920ern
© Wien Museum


© Wienbibliothek im Rathaus

Die Verkäufe aus dieser Schau brachten Summen ein, die für Klimt-Werke zu Lebzeiten nicht erzielt werden konnten. Aus einem Brief von Emilie Flöge an Klimts Bruder Georg geht hervor, dass Nebehay anbot, auch nach Schluss der Ausstellungen weiterhin Zeichnungen für die Erben zu verkaufen:

»Lieber Georg! Herr Nebehay schreibt mir, dass er die Ausstellung geschlossen hat, und er möchte mir, ehe er die nicht verkauften Sachen zurück schickt, folgenden Vorschlag machen. Er würde ca. 300 Stück Zeichnungen aller QUalitäten [!] zurück behalten, und sie weiterhin für die Erben Klimts verkaufen. Seine Bedingungen für diesen Verkauf wären 25% der erlösten Summe bei Zeichnungen.«

Noch im selben Jahr folgte daher eine zweite Ausstellung, die ausschließlich Klimt-Zeichnungen zeigte. Zu den Käufern und somit auch zur Kundschaft der Kunsthandlung zählten bedeutende Klimtsammler:innen wie Sonja Knips, Mäda Primavesi und Serena Lederer, die den Großteil ihrer Klimt-Zeichnungen über die Nachlassschau von Herrn Nebehay erworben hatte. Vermutlich bedingt durch das erhöhte Arbeitspensum stellte Nebehay 1918 für kurze Zeit Friederike Beer-Monti, die 1916 von Klimt porträtiert worden war, als Gehilfin ein. Eine ihrer Aufgaben bestand darin Zeichnungen mit einem Nachlasstempel zu versehen und somit eindeutig identifizierbar zu machen.

Nebehay setzte sich auch nach Klimts Tod dafür ein, dass das Werk des Jahrhundertkünstlers nicht in Vergessenheit geriet. 1920 zeigte er erstmals die Entwurfszeichnungen Klimts für den Stocletfries (1905–1911, Privatbesitz). Ein eigens aus diesem Anlass entworfenes Plakat von Dagobert Peche bewarb die Schau. Die Entwürfe wurden alsdann vom Museum für angewandte Kunst erworben, wo sie sich bis heute befinden.

Gustav Nebehay war offiziell zum Experten für den Verkauf von Klimt-Werken avanciert. So ist es nachvollziehbar, dass sich Joseph Urban 1922 an Nebehay wandte, als er auf der Suche nach Klimt-Gemälden für seine Wiener Werkstaette of America war. Insgesamt drei Werke Klimts erwarb er über die Kunsthandlung Gustav Nebehay. Durch seinen Ruf als erfolgreicher Kunsthändler wurde Nebehay auch mit dem Verkauf der Nachlässe der mit ihm befreundeten Künstler Egon Schiele und Otto Lendecke betraut. Zu den Mitarbeiter:innen der Kunsthandlung gehörten Maria Hauffen, die Sekretärin Nebehays, und Eduard Kosmack, der bis 1914 Verleger und Teil der Kegelgesellschaft rund um Klimt gewesen war und daher bereits in der Vergangenheit eng mit den Künstlern der Wiener Werkstätte zusammen gearbeitet hatte. 

In den 1920ern kaufte Nebehay den sogenannten »Himmelhof« in Unter St. Veit, wo die Familie fortan lebte. Das Haus wurde bald ein Treffpunkt für bekannte Künstler wie Remigius Geyling, Eugen Hamm, Dagobert Peche, Georg Kolbe und Ludwig Heinrich Jungnickel. Oftmals bot Nebehay verarmten Künstlerfreunden und ihren Familien über Wochen Asyl. Auch Leiter wichtiger Museen wie Alfred Stix, Generaldirektor der österreichischen Museen und der Albertina, und Franz Martin Haberditzl, Direktor des Belvedere, gehörten zum Freundeskreis Nebehays und tätigten über dessen Kunsthandlung zahlreiche Ankäufe für ihre Institutionen. Zeitweise schenkte der großzügige Geschäftsmann auch Werke an die Museen, wenn es nicht genug Budget für Ankäufe gab.

Ende der Kunsthandlung und Rückzug aus Wien
Gegen Ende der 20er Jahre verschlechterte sich die wirtschaftliche Lage der Kunsthandlung. Zudem erhielt Nebehay eine Diabetesdiagnose. Aus diesen Gründen dürfte er 1928 übereilt die Kunsthandlung in Wien aufgelöst haben, um ohne seine Familie – seine Frau hatte sich geweigert ihn zu begleiten – nach Berlin zu ziehen. Dort eröffnete er ein neues Geschäft am Schöneberger Ufer 37.

Wenige Monate nach seinem Umzug wurde er beauftragt die weltberühmte Sammlung des verstorbenen Wiener Kunstsammlers Albert Figdor zu veräußern. Ein prestigeträchtiges Unterfangen, das dem Kunsthändler jedoch zum Verhängnis werden sollte. Der Verkauf erregte große mediale Aufmerksamkeit und wurde mehrmals in Zeitungsberichten sowohl in Deutschland als auch Österreich beleuchtet. Als die Sammlung schließlich über zwei Jahre später 1930 aufgeteilt auf Auktionen in Wien und Berlin versteigert wurde, hatte Nebehay zahlreiche mühselige Rechtsstreite und finanzielle Einbußen durch die Vernachlässigung aller anderer seiner Geschäfte hinter sich. Seine Kunsthandlung in Berlin wurde liquidiert und Nebehay konnte sich bis zu seinem Tod in der Branche nicht mehr etablieren.

Nebehay verstarb am 7. September 1935 im Zuge eines Kuraufenthaltes in Marienbad (heute: Mariánské Lázně, Tschechien) im Alter von 54 Jahren an Herzversagen.

Literatur und Quellen

  • Wien Geschichte Wiki. Gustav Nebehay. www.geschichtewiki.wien.gv.at/Gustav_Nebehay (16.04.2020).
  • N. N.: Theater, Kunst und Literatur. Kunst, in: Wiener Allgemeine Zeitung (Morgenausgabe), 17.09.1918, S. 3.
  • Österreichisches Biographisches Lexikon. Gustav Nebehay. www.biographien.ac.at/oebl/oebl_N/Nebehay_Gustav_1881_1935.xml (16.04.2020).
  • ILAB. International LEAGUE of ANTIQUARIAN BOOKSELLERS. ilab.org/articles/50-years-wiener-antiquariat-50-jahre-wiener-antiquariat (16.04.2020).
  • Gustav Nebehay Kunsthandlung (Hg.): Die Zeichnung, Heft 2, Wien 1919.
  • Sandra Tretter, Peter Weinhäupl, Felizitas Schreier, Georg Becker (Hg.): Gustav Klimt. Atelier Feldmühlgasse 1911–1918, Wien 2014.
  • Der Cicerone. Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers, 11. Jg., Heft 7 (1919), S. 202.
  • Christian Nebehay: Die goldenen Sessel meines Vaters, Wien 1983.
  • Alice Strobl (Hg.): Gustav Klimt. Die Zeichnungen, Band III, 1912–1918, Salzburg 1984, S. 30, Nr. 2219.
  • Brief von Emilie Flöge in Wien an Georg Klimt (03/10/1919). S104.
  • Gustav Nebehay Kunsthandlung (Hg.): Handzeichnungen von Gustav Klimt, Ausst.-Kat., Gustav Nebehay Kunsthandlung (Hotel Bristol „Altes Haus“ 2. Stock, Wien), 00.09.1918–00.10.1918, Wien 1918.
  • Brief von Mary Urban in New York an Philipp Häusler in Wien (03/20/1922). HIN 2.1.3.10.5.20, Wienbibliothek im Rathaus, Handschriftensammlung.
  • Allgemeine Sport-Zeitung, 23.06.1923, S. 299.
  • Brief von Anne Moore in New York an Philip Häusler in Wien (undated). HIN 2.1.3.10.5.9, Wienbibliothek im Rathaus, Handschriftensammlung.
  • Berliner Tageblatt und Handels-Zeitung (Morgenausgabe), 28.06.1928, S. 11.
  • Notizbuch von Gustav Klimt (presumably 1917).