Familie Munk

Gustav Klimt: Porträt Ria Munk auf dem Totenbett, 1912, Privatbesitz, The Iribe Family
© Courtesy Richard Nagy Ltd., London

Alexander und Aranka Munk waren ein einflussreiches Industriellenehepaar aus Wien und mit der österreichisch-jüdischen Familie Lederer verwandt, die eine der größten Klimt-Sammlungen besaß. In den 1910er Jahren beauftragte die Familie Munk den Maler Gustav Klimt mit der Erstellung mehrerer Porträts ihrer verstorbenen Tochter Maria.

Aranka Munk wurde 1862 in Ungarn als Tochter des Grundbesitzers Simon Pulitzer und seiner Frau Charlotte geboren. Ihre drei Schwestern, Irma, Eugenie – genannt »Jenny« – und Serena, heirateten in die vermögenden Familien Politzer, Steiner und Lederer ein. Sie selbst vermählte sich 1882 mit dem Industriellen und Kommerzialrat Alexander Munk, der 1852 in Galizien geboren worden war. Gemeinsam hatten sie vier Töchter, wovon nur zwei das Erwachsenenalter erreichten. 1913 ließ sich das Ehepaar Munk scheiden. Alexander Munk verstarb 1924.

Alexander und Aranka Munk, Detail aus Gustav Klimt: Zuschauerraum im alten Burgtheater, 1888, Wien Museum
© Wien Museum

Gustav Klimt: Porträt Ria Munk III, 1917, The Lewis Collection
© 2010 Christie’s Images Limited

Gustav Klimts Porträtvignetten
Ein seltenes gemeinsames Porträt von Alexander und Aranka Munk lässt sich in Gustav Klimts Zuschauerraum im alten Burgtheater (1888/89, Wien Museum, Wien) finden, in dem er – mit Hilfe von fotografischen Vorlagen – zahlreiche bekannte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens abbildete. Laut den überlieferten Aufzeichnungen des Fotografen Josef Löwy, der eine Heliogravüre sowie einen Personenspiegel zu dem Werk anfertigte (um 1889, Wien Museum, Wien), erstellte Klimt für sein Aquarell auch Porträtvignetten der Eheleute Munk und anderen Angehörigen der Familie Pulitzer und platzierte diese in zwei Logen im dritten Rang.

Posthume Porträts der Tochter
1911 beging Maria, genannt »Ria«, die Tochter von Aranka und Alexander Munk, mit nur 24 Jahren Suizid. Ihre Eltern gaben danach bei Gustav Klimt Porträts ihrer verstorbenen Tochter in Auftrag. Vermutlich vermittelten Serena und August Lederer, Förderer Klimts, den Maler an das Ehepaar Munk. Das erste Porträt Ria Munk auf dem Totenbett (Privatbesitz) entstand 1912. Für Gustav Klimt dürfte sich die Arbeit als sehr mühsam und schwierig erwiesen haben. 1912 schrieb er an Emilie Flöge folgende Nachricht:

»Frau M. mit ihrem Tochterporträt bis Herbst abgeschüttelt froh darüber.«

Ein Jahr später erstellte er für das Ehepaar Munk ein weiteres Gemälde – vermutlich Die Tänzerin (Ria Munk) (um 1916/17, Privatbesitz). Klimt berichtete Emilie Flöge, die sich in Paris aufhielt, frustriert:

»Das Munkportrait wird schon ein wunder schmerzhafter Punkt – bring‘s nicht zusammen! wird einfach nicht ähnlich!«

1917 entstand noch ein drittes Bildnis der verstorbenen Tochter. Das Gemälde Damenbildnis (Ria Munk) (1917 (unvollendet), The Lewis Collection) blieb jedoch unvollendet und gelangte nach Gustav Klimts Tod in den Besitz von Aranka Munk.

Deportation und Veräußerung des Besitzes
Aranka Munk und ihre Tochter Lola wurden 1941 nach Polen deportiert, wo Aranka im selben Jahr ums Leben kam. Ein Jahr später wurde der gesamte bewegliche und unbewegliche Besitz der Familie in Wien und Bad Aussee beschlagnahmt. Nach dem Zweiten Weltkrieg galten Mutter und Tochter offiziell als vermisst, woraufhin sie ihre Schwester bzw. Tante, Jenny Steiner, 1949 gerichtlich für tot erklären ließ.

Jüngste Restitution
2009 wurde das Gemälde Damenbildnis (Ria Munk) nach einem städtischen Beschluss vom Kunstmuseum LENTOS in Linz an die rechtmäßigen Erben restituiert. Ein Jahr später erfolgte die Versteigerung im Londoner Auktionshaus Christie’s. Das Gemälde war ursprünglich in den 1950er Jahren durch den Kunsthändler Wolfgang Gurlitt in den Besitz des Museums gelangt.

Literatur und Quellen

  • Tobias G. Natter (Hg.): Gustav Klimt. Sämtliche Gemälde, Wien 2012.
  • Alfred Weidinger (Hg.): Gustav Klimt, München - Berlin - London - New York 2007.
  • Ursula Storch (Hg.): Klimt. Die Sammlung des Wien Museums, Ausst.-Kat., Wien Museum (Wien), 16.05.2012–07.10.2012, Wien 2012.
  • Tobias G. Natter, Franz Smola, Peter Weinhäupl (Hg.): Klimt persönlich. Bilder – Briefe – Einblicke, Ausst.-Kat., Leopold Museum (Museums Quartier, Wien), 24.02.2012–27.08.2012, Wien 2012.
  • Georg Gaugusch: Wer einmal war. Das jüdische Großbürgertum Wiens 1800–1938, Band 2, Wien 2016.
  • Sophie Lillie: Was einmal war. Handbuch der enteigneten Kunstsammlungen Wiens, Wien 2003, S. 6.
  • Die Presse. www.diepresse.com/569581/christies-versteigert-restituiertes-klimt-portrat (28.04.2020).
  • Ansichtskarte von Gustav Klimt in Wien an Emilie Flöge in Paris, 2. Karte (02/28/1913). RL 2874, Leopold Privatsammlung.
  • N. N.: Lebensmüde, in: Neues Wiener Tagblatt, 29.12.1911, S. 8.
  • Ansichtskarte von Gustav Klimt in Wien an Emilie Flöge in Bad Gastein, 2. Karte (Morgen) (06/26/1912). RL 2861, Leopold Privatsammlung.