Im Fokus von Netzwerk Wien 1900 stehen neben Klimts familiärem Umfeld, die Kolleg:innen des Meisters, seine Auftraggeber:innen sowie die wichtigsten Zeitgenoss:innen. Überdies sind jene Wirkungsstätten dokumentiert, die als Wiege des »Wien 1900« verstanden werden. Auch den für Klimt impulsgebenden Orten im In- und Ausland wird hier Raum geboten.
Kollegenschaft
Gustav Klimt pflegte Zeit seines Lebens regen Kontakt zu zahlreichen Künstler:innen unterschiedlicher Sparten. Dabei verschränkten sich berufliche, private und freundschaftliche Verbindungen. Kontakte knüpfte er bereits während seiner Studienzeit in der k. k. Kunstgewerbeschule; später über Aufträge und durch Mitgliedschaften in Künstler:innenvereinigungen. Dabei spielte v.a. die Gründung der Wiener Secession und die damit verbundene Ausstellungstätigkeit eine wichtige Rolle in Klimts nationaler und internationaler Vernetzung.
74 Personen
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Gustav Klimt mit den beteiligten Künstlern der XIV. Secessionsausstellung, April 1902, Klimt-Foundation
© Klimt-Foundation, Wien


Rudolf Alt

Rudolf Alt fotografiert von Ferdinand Schmutzer, 1899, Österreichische Nationalbibliothek, Wien
© Österreichische Nationalbibliothek, Wien

Rudolf von Alt: Stephansdom, 1832, Wien Museum
© Wien Museum
Der Aquarellist Rudolf von Alt war vorwiegend auf Landschaftsbilder und Interieurs spezialisiert. 1892 wurde der erfolgreiche Künstler für seine Verdienste in den Ritterstand erhoben. 1897 wurde der bereits 85jährige zum Ehrenpräsidenten der neugegründeten Secession ernannt. Zeitlebens blieb er offen für die modernen Bewegungen in der Kunstwelt und entwickelte seinen persönlichen Stil konstant weiter.
Rudolf Alt wurde am 28. August 1812 in Wien geboren. Er war der Sohn des Vedutenmalers Jakob Alt. Von klein auf begleitete er seinen Vater auf diverse Arbeitsreisen und assistierte diesem bei der Herstellung seiner Stadtansichten und Lithografien. 1826 besuchte Alt die Historische Schule der Wiener Akademie, wo der Landschaftsmaler Joseph Mößmer sein Lehrer war. Rudolf Alt war zwei Mal verheiratet. 1841 ging er die Ehe mit Hermine Oswald ein, die zwei Jahre darauf verstarb. 1846 heiratete er Berta Malitschek aus Troppau.
Nach seiner Ausbildung unternahm Rudolf Alt mehrere Reisen. Bei seiner ersten Italienreise 1830 entstanden Blätter, die eine erste Weiterentwicklung in der Malerei Alts zeigen. Er ließ den kleinteiligen Stil, den er von seinem Vater übernommen hatte, hinter sich, blieb jedoch weiterhin dem Naturalismus verpflichtet. Alt spezialisierte sich auf Landschaftsbilder und Interieurs. Im Laufe seines Lebens malte er über 1000 Aquarelle. Zu seinen wichtigsten Werken zählen die Darstellungen des Wiener Stephansdoms, unzählige Guckkastenbilder für Kronprinz Ferdinand und die Interieurdarstellungen von Hans Makarts Atelier.
In den 1840er Jahren wandelte sich Rudolf Alts Stil erneut. Durch eine offenere Strichführung erhielten seine Aquarelle einen beinahe skizzenhaften Charakter. Die Wiedergabe von Licht und Atmosphäre stand dabei im Mittelpunkt. Somit näherte sich seine Malweise zusehends den modernen impressionistischen Gestaltungsprinzipien an. Das Œuvre Alts wurde von seinen Zeitgenossen bewundert und mehrfach geehrt: 1848 lud man ihn ein Mitglied an der Akademie der bildenden Künste zu werden, wo er 1879 zum Professor ernannt wurde. 1892 wurde Rudolf Alt in den Ritterstand erhoben und durfte sich fortan Rudolf von Alt nennen.

Rudolf Bacher: Kaiser Franz Joseph besucht die erste Ausstellung der Wiener Secession in der Gartenbaugesellschaft, 1898, Wien Museum
© Wien Museum

Tina Blau: Rudolf von Alt am Sterbebett, 1905, Wien Museum
© Wien Museum
Rudolf von Alt und die Wiener Secession
Rudolf von Alt war ein Künstler, der niemals stillstand. Stets blieb er an neuen Entwicklungen in der Kunstwelt interessiert und war permanent darauf bedacht, dass seine eigenen Arbeiten zeitgemäß blieben. So kam es dazu, dass Alt 1897 gemeinsam mit Gustav Klimt, Joseph Maria Olbrich, Josef Hoffmann und vielen weiteren Künstlern der jüngeren Generation aus dem Künstlerhaus austrat und die Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession mitbegründete. Klimt wurde zum Präsidenten der neuen Vereinigung, während man den bereits 85jährigen Rudolf von Alt zum Ehrenpräsidenten ernannte. »Es ist wohl eine der wenigen Freuden, die mir das Leben noch bieten kann, von der neuen Künstlergenossenschaft, Vereinigung bildender Künstler Österreichs' mich zum Ehrenpräsident erwählt zu haben.«, schrieb dieser damals an Carl Moll.
Trotz seines fortgeschrittenen Alters verkörperte Alt keineswegs einen klassischen, akademisch ausgebildeten Maler der alten Garde. Am 1. März 1898 empfing Kaiser Franz Joseph I. eine Delegation der Secession, darunter Rudolf von Alt, Gustav Klimt und Carl Moll. Zweck dieser Audienz war die Überreichung der Einladung für die erste Secessionsausstellung. Als der Kaiser die Delegation nach den Gründen für die Schaffung der neuen Künstlervereinigung fragte, soll Rudolf Alt laut Zeitungsberichten Folgendes geantwortet haben: »Wir sind noch jung genug, Majestät, um noch einmal von vorne anfangen zu können.« Die jungen Secessionskünstler schätzten die Aufgeschlossenheit Rudolf von Alts gegenüber der modernen Kunst und verehrten ihn dafür.
Nach Schluss der ersten Ausstellung der Secession 1898 wurde dem Meister Alt im Namen aller Mitglieder der Vereinigung durch Gustav Klimt ein Ehrengeschenk, bestehend aus fünf goldenen Lorbeerblättern, überreicht.
1900 erschien anlässlich Alts 88. Geburtstages ein ihm gewidmetes Heft im Ver Sacrum, für das Klimt ein Widmungsblatt entwarf. Mit dieser Geste zeigten die aufstrebenden Künstler deutlich ihre Ehrerbietung für den bereits betagten Maler, der die Idee des ewigen Fortschritts und der unendlichen künstlerischen Neuerfindung verkörperte. Anlässlich seines 90. Geburtstages 1902 ehrte die Vereinigung den von Ludwig Hevesi liebevoll »Uraltmeister« getauften Künstler ein weiteres Mal, diesmal durch eine Kollektivausstellung seiner Werke.
Rudolf von Alt starb am 12. März 1905. Rudolf Bacher, Präsident der Secession, hielt die Grabrede für den verschiedenen Ehrenpräsidenten. Dem Begräbnis wohnten neben zahlreichen Secessionskollegen wie Gustav Klimt, Carl Moll und Paul Bacher auch reihenweise Maler der alten Riege bei. 1906 fand in der Galerie Miethke die Nachlassauktion Rudolf von Alts mit 432 Positionen statt.
Literatur und Quellen
- Wien Geschichte Wiki. Rudolf von Alt. www.geschichtewiki.wien.gv.at/Rudolf_Alt (07.02.2022).
- Ludwig Hevesi: Acht Jahre Sezession (März 1897–Juni 1905). Kritik – Polemik – Chronik, Wien 1906, S. 4-6, S. 486-489.
- Neue Freie Presse, 21.06.1898, S. 6.
- Die Zeit, 15.03.1905.
- N. N.: Die Secession beim Kaiser, in: Das Vaterland. Zeitung für die österreichische Monarchie, 11.03.1898, S. 5.
- Monika Fritz: Brief Rudolf von Alt an Carl Moll, am 8.4.1897, Privatbesitz, in: Der Wiener Maler Carl Moll. Diss. phil. Universität Innsbruck, Innsbruck 1962, S. 124.
- Walter Koschatzky (Hg.): Rudolf von Alt. 1812-1905, Ausst.-Kat., Albertina (Wien), 29.02.1984–29.04.1984, Wien 1984.

Josef Maria Auchentaller

Hans Watzek (?): Die Medizin, vermutlich Juni 1901 - Oktober 1901, Privatbesitz: Josef Maria Auchentaller vor Gustav Klimts »Medizin« auf der »VIII. Internationalen Kunstausstellung im königlichen Glaspalast zu München«, 1901, Privatbesitz
© Anonym

Titelblatt, in: Vereinigung bildender KünstlerInnen Wiener Secession (Hg.): Ver Sacrum. Mitteilungen der Vereinigung bildender Künstler Österreichs, 4. Jg., Heft 8 (1901).
© Klimt-Foundation, Wien

Musikzimmer im Haus von Georg Adam Scheid, um 1901, in: Vereinigung bildender KünstlerInnen Wiener Secession (Hg.): Ver Sacrum. Mitteilungen der Vereinigung bildender Künstler Österreichs, 4. Jg., Heft 8 (1901).
© ANNO | Österreichische Nationalbibliothek
Der Maler und Grafiker Josef Maria Auchentaller lebte vorwiegend in Wien und ab 1903 auch in der adriatischen Küstenstadt Grado. Er betätigte sich als Porträtist, Landschaftsmaler und Entwerfer für Schmuck und Kunstgewerbe. Seine Beiträge für die Wiener Secession, die Zeitschrift Ver Sacrum und die Plakatkunst des Jugendstils waren jedoch seine bedeutendsten Leistungen.
Josef Maria Auchentaller wurde am 2. August 1865 in Wien geboren und besuchte ab 1882 die Bauschule der Technischen Hochschule bei Karl Lützow und Josef Bayer. Nach Abbruch des Studiums wechselte er 1886 an die Akademie der bildenden Künste in die Malklasse von Franz Rumpler und gewann einige Preise. Er absolvierte 1890 den Militärdienst und trat in die Spezialschule von Leopold Carl Müller ein. Bereits 1885 lernte er Emma Scheid, die Tochter des Silber- und Schmuckfabrikanten Georg Adam Scheid kennen, die er 1891 heiratete.
München, Italien und die Wiener Secession
Auchentaller übersiedelte 1892 nach München, wo er in die von Paul Höcker geleitete Malschule an der Königlich-Bayrischen Akademie eintrat. Hier knüpfte er Kontakte zur Münchner Secession und arbeitete für deren Zeitschrift Jugend. In seiner Münchner Zeit beschäftigte er sich mit Musik und Literatur, aber auch die symbolistische Malerei von Franz Stuck beeinflusste sein späteres Werk.
Gemeinsam mit der Familie reiste Auchentaller 1896 durch Italien, wo sie sich länger in Rom aufhielten. Im Sommer 1897 kehrten sie zurück nach Wien. Er war nun vermehrt für die Firma seines Schwiegervaters tätig, für die er Schmuck und kunstgewerbliche Gegenstände entwarf, betätigte sich als Grafiker und Plakatkünstler und gestaltete ab 1898 auch grafische Beiträge für das Ver Sacrum, der Vereinszeitschrift der Wiener Secession. Ordentliches Mitglied der Vereinigung wurde er erst ab 1899 und stieg rasch in das Redaktionskomitee und in den Arbeitsausschuss auf. Er übernahm die komplette Gestaltung des 8. Ver Sacrum-Heftes des 4. Jahrgangs 1901, das Entwürfe für Stoffe, Schmuckstücke, kunstgewerbliche Arbeiten, Illustrationen und ein Foto des Musikzimmers von Georg Adam Scheid enthielt und seine künstlerische Bandbreite zeigte. Für das Musikzimmer in der Villa seiner Schwiegereltern im vornehmen Wiener Cottageviertel schuf er die Ausstattung und einen Gemäldezyklus, dessen Leitmotiv Beethovens 6. Symphonie Pastorale war.
Daneben beteiligte er sich selbst an zahlreichen Ausstellungen und Innendekorationen und organisierte 1901 die Teilnahme der Secession an der »VIII. Internationalen Kunstausstellung im königlichen Glaspalast zu München«. Dabei übernahm er die Raumgestaltung sowie das Arrangement der Werke, unter denen sich auch Klimts Fakultätsbild Die Medizin (1900–1907, 1945 in Schloss Immendorf verbrannt) befand. 1902 fand die epochale »XIV. Beethovenausstellung« in der Wiener Secession statt, die ein Zeugnis der secessionistischen Programmatik des Gesamtkunstwerks darstellte. Hier war Klimts berühmter Beethovenfries im linken und Auchentallers Fries Freude, schöner Götterfunken an der Längswand des rechten Seitensaals zu sehen.
Auchentaller arbeitete zudem als Entwerfer für die Wiener Werkstätte, die Textilfirma Joh. Backhausen & Söhne, als Werbegrafiker für Styria-Fahrräder oder auch Kathreiners Kneipp-Malz-Kaffee und malte zahlreiche Porträts wie z.B. jenes von Maria Ast, der Frau des Bauunternehmers und Sammlers Eduard Ast.

Josef Maria Auchentaller: Plakat Seebad Grado. Österreichisches Küstenland, 1906, Wien Museum
© Wien Museum

Julius Mayreder: Pension Fortino im Seebad Grado, um 1906, in: Der Architekt. Wiener Monatshefte für Bau- und Raumkunst, 12. Jg. (1906).
© ANNO | Österreichische Nationalbibliothek
Grado. Am Strand Mitteleuropas
Um finanziell beizusteuern, plante Emma Auchentaller mit Unterstützung der Familie Marchesini in Grado die Pension Fortino zu eröffnen, deren Bau 1902 nach den Entwürfen des Architekten Julius Mayreder begann. Die Auchentallers übersiedelten 1903 nach Grado, wo sie entscheidend zur touristischen Entwicklung des Adriaseebads beitrugen: Emma führte die 1904 eröffnete Pension, Josef Maria Auchentaller entwarf das berühmte Plakat Seebad Grado. Österreichisches Küstenland sowie weitere Werbegrafiken. Er verbrachte die Sommer fortan in Grado und lebte im Winter in Wien. Dies führte zur Schwächung seiner Kontakte zur Wiener Kunstszene, obwohl ihn befreundete Künstler wie Carl Moll, Alfred Roller oder Otto Wagner gelegentlich an der Adria besuchten.
1905 folgte der Austritt der Klimt-Gruppe aus der Secession, dem sich auch Auchentaller anschloss. In der Zeit danach mietete er 1908 ein Atelier in Wien, erteilte dort privaten Malunterricht, nahm an einigen Ausstellungen teil – darunter die »Internationale Kunstschau Wien 1909«, die »I. Internationale Jagdausstellung« (1910) und die »Große Kunstausstellung in Dresden« (1912) – und widmete sich vermehrt der Landschafts- und Porträtmalerei. Da ihn eine lebenslange Freundschaft mit seiner Schwägerin Martha (geb. Scheid) und dessen Mann Viktor Thonet, dem Leiter der Möbelfabrik verband, entstanden einige Porträts der Familienmitglieder.
Der Tod der Tochter 1914 und der Ausbruch des Ersten Weltkriegs bedeutete eine schwierige Zeit für die Familie Auchentaller, da sie Grado verlassen und ins friaulische Hinterland flüchten musste. Nach Aufenthalten in Hinterstoder und am Grundlsee wurde er 1916 zum Kriegsdienst einberufen. Er kehrte 1917 an den Grundlsee zurück, wo er sich intensiv mit Landschaftsmalerei befasste. 1919 übersiedelte das Ehepaar wieder nach Grado. Auchentaller zog sich in den 1920er Jahren aus dem Kunstleben zurück und starb am 30. Mai 1949 in Mödling.
Literatur und Quellen
- Wien Geschichte Wiki. Joseph Maria Auchentaller. www.geschichtewiki.wien.gv.at/Joseph_Maria_Auchentaller (19.05.2020).
- Österreichisches Biographisches Lexikon. Joseph Maria Auchentaller. www.biographien.ac.at/oebl/oebl_A/Auchentaller_Josef-Maria_1865_1949.xml (19.05.2020).
- Roberto Festi (Hg.): Wiener Bijoux. Gioielli e design / Schmuck und Design. Josef Maria Auchentaller per / für Georg Adam Scheid, Ausst.-Kat., Casa della Musica (Grado), 21.06.2015–01.11.2015, Grado 2015.
- Roberto Festi (Hg.): Josef Maria Auchentaller. 1865-1949. Ein Künstler der Wiener Secession / Un secessionista ai confini dell'Impero, Ausst.-Kat., Palazzo Attems - Petzenstein (Gorizia), 24.04.2008–30.09.2008; Galleria Civica (Bozen), 25.10.2008–25.01.2009; Leopold Museum (Museums Quartier, Wien), 11.06.2009–21.09.2009, Civezzano 2008.
- Vereinigung bildender KünstlerInnen Wiener Secession (Hg.): Ver Sacrum. Mitteilungen der Vereinigung bildender Künstler Österreichs, 4. Jg., Heft 8 (1901).
- Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession (Hg.): Erster Jahresbericht der Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession, Wien 1899, S. 30.
- Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession (Hg.): Dritter Jahresbericht der Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession, Wien 1901, S. 9.
- Münchener Künstlergenossenschaft (Hg.): VIII. Internationale Kunstausstellung im königlichen Glaspalast zu München 1901. Illustrirter Katalog, Ausst.-Kat., Glaspalast zu München (München), 01.06.1901–31.10.1901, München 1901, S. 11.
- Fritz Novotny, Johannes Dobai (Hg.): Gustav Klimt, Salzburg 1967, S. 389.
- Andreas Maleta: J. M. Auchentallers Beethoven-Musikzimmer.. Die Entdeckung eines Wiener Gesamtkunstwerkes: Vom Musikzimmer zum Beethoven-Fries in der Secession, Wien 2017.

Aubrey Beardsley

Aubrey Beardsley, fotografiert von Frederick Hollyer, um 1890
© Victoria and Albert Museum, London
Der englische Illustrator, Grafiker und Dichter Aubrey Beardsley gestaltete zahlreiche Bücher, Zeitschriften sowie literarische Werke und gab die Magazine The Yellow Book und The Savoy heraus. Er wurde besonders durch seine erotisch-satirischen, in schwarz-weiß gehaltenen Arbeiten bekannt, deren linearer Stil wegbereitend für den europäischen Jugendstil wirkte.
Aubrey Vincent Beardsley wurde am 21. August 1872 in Brighton geboren, erkrankte schon als Kind an Tuberkulose und galt als künstlerisch und musikalisch hochbegabt. Er lebte in Epsom, London und schließlich ab 1884 gemeinsam mit seiner Schwester Mabel bei deren Großtante in Brighton. Beardsley begann bereits mit fünf Jahren zu zeichnen und besuchte für kurze Zeit einen Aktkurs an der Westminster Art School in London, bildete sich jedoch hauptsächlich autodidaktisch. Er beschäftigte sich mit Karikaturen und Skizzen zu literarischen Werken wie Gustave Flauberts Madame Bovary und Richard Wagners Tannhäuser und studierte Alte Meister in Londoner Museen und Sammlungen. Besonders der berühmte »Peacock-Room« in der Londoner Town Hall, den James Abbott MacNeill Whistler ausstattete, die Präraffaeliten, die Arts-and-Crafts-Bewegung, japanische Holzschnitte, griechische Vasenmalerei und französische Literatur des 19. Jahrhunderts inspirierten ihn.
Ab 1888 studierte er kurz Architektur, arbeitete vorübergehend in einem Architekturbüro und ab 1889 bei einer Versicherung. 1892 begann er nebenberuflich u.a. für die Zeitschrift Pall Mall Budget tätig zu sein und wandte sich auf Anraten von Edward Burne-Jones und Pierre Cécile Puvis de Chavannes ganz dem künstlerischen Schaffen zu. Im gleichen Jahr folgte sein erster großer Auftrag des Verlegers Joseph Malaby Dent: Illustrationen und der gesamte Buchschmuck für Thomas Malorys Version der Artussage Morte d'Arthur.
Im ersten Heft von The Studio erschien 1893 ein Artikel über Beardsley, in dem Joseph Pennell die Illustrationen des jungen Künstlers begeistert beschrieb: »[…] an artist, whose work is quite as remarkable in its execution as in its invention: a very rare combination.« Der Beitrag verhalf ihm zum internationalen Durchbruch und weiteren Aufträgen. Er illustrierte Oscar Wildes Tragödie Salomé, Erzählungen von Edgar Allan Poe, Texte des antiken Satirikers Lukian und Märchensammlungen. Dabei wandelte sich sein Stil, der anfangs durch zeitgenössische Charakteristika wie viktorianisch geprägte mittelalterliche Formen, den Japonismus und den frühen Jugendstil beeinflusst war. Beardsleys Illustrationen wurden bewegter: Er gestaltete fließende Übergänge zwischen Figuren und Ornamenten und fand zu seinem kurvig-linearen Ausdruck, der teilweise ins Arabeskenhafte tendierte, jedoch blieb er der Reduzierung auf den Schwarz-Weiß-Kontrast stets treu.
Ab 1894 gab Beardsley gemeinsam mit Henry Harland und John Lane die Zeitschrift The Yellow Book heraus und verkehrte im Künstlerkreis des Café Royal zu dessen Mitgliedern auch Oscar Wilde gehörte. Durch einen Skandal um Wilde verlor Beardsley seine Redaktionsstelle beim Yellow Book, gründete allerdings 1896 The Savoy, wo er neben Illustrationen eigene Texte veröffentlichte. Zudem entwarf er Gebrauchsgrafik, Plakate, Porträts und Karikaturen bekannter Persönlichkeiten sowie Selbstbildnisse. Außerdem schuf er Titelseiten, Illustrationen und Buchschmuck für zahlreiche Zeitschriften. Seine Kombination von Rahmung, Bildfeld und typografischer Gestaltung wirkte dabei wegweisend. Beardsleys Sujets durchzog eine Sexualsymbolik und Mehrdeutigkeit: Die erotische Motivik gepaart mit gesellschaftskritischer Parodie, Persiflage, Karikatur, Satire oder Groteske war im viktorianischen England skandalös. Besonders aufsehenerregend war eine Reihe an Illustrationen für erotische Literatur – darunter Aristophanes Lysistrata und Alexander Popes The Rape of the Lock – mit denen ihn der Verleger Leonard Smithers 1896 beauftragte.
Durch das Fortschreiten seiner Tuberkulose-Erkrankung hielt er sich mehrfach in Südengland, Belgien und Frankreich auf. Er konvertierte 1897 zum Katholizismus, distanzierte sich von seinen »obszönen« erotischen Werken und arbeitete bis kurz vor seinem Tod am 16. März 1898 an Volpone.
Trotz seiner kurzen Schaffensperiode hinterließ Aubrey Beardsley ein umfassendes Œuvre, das durch die aufkommende Reproduktionstechnik weite Verbreitung in Zeitschriften wie The Studio oder Pan fand und somit v.a. Grafiker und Maler der europäischen Moderne, darunter auch die Wiener Jugendstilgrafik der Jahrhundertwende beeinflusste.
In der Secession wurde 1899 in der »V. Ausstellung« seine Zeichnung Isolde (1895) gezeigt und 1903 widmete sich das 6. Heft des Ver Sacrum Aubrey Beardsley. Der biografische Text von Arthur Symons erschien ursprünglich bereits 1898 und wurde für das Ver Sacrum von Anna Muthesius übersetzt. Franz Blei, der Herausgeber von Klimts Hetärengesprächen, beschrieb seine künstlerische Originalität in einem Nachruf im Pan unter anderem mit den Worten »Er ahmt immer nach und ist selber unnachahmlich«.
Fritz Waerndorfer besaß um die Jahrhundertwende eine der bedeutendsten Beardsley-Sammlungen weltweit und seine Affinität zu dem englischen Illustrator ließ auch Kolo Moser 1903 in ein Exlibris für Waerndorfer einfließen.
Die Galerie Miethke veranstaltete im Winter 1904/05 eine von Hugo Haberfeld kuratierte Einzelausstellung, die zum Teil mit Blättern aus Fritz Waerndorfers Sammlung bestückt wurde. In seinem Katalogbeitrag meinte Haberfeld, dass Beardsleys Krankheit seine erotisch-grotesken Phantasien begründete. Die Ausstellung zog auch die Aufmerksamkeit der Presse auf sich und Seligmann berichtete über die Werke mit:
»[…] eigentümlich aufreizende[m] Charakter […], wodurch die einen angezogen, die anderen abgestoßen werden.«
Ob Gustav Klimt mit Waerndorfers Beardsley-Sammlung vertraut war oder sich mit dessen Werk über diverse Zeitschriften auseinandersetzte ist nicht belegt. Besonders Klimts Verkörperung der »Unmäßigkeit« innerhalb der Feindlichen Gewalten in Der Beethovenfries (1901/02) ähnelt Beardsleys Zeichnung Ali Baba (1897). Auch das schlangenartige Wesen im Gemälde Die Hoffnung I (1903/04, National Gallery of Canada, Ottawa) – das Waerndorfer 1905 kaufte – könnte durch Beardsleys Third Tableau aus dem Zyklus Das Rheingold (1896) inspiriert worden sein.
Literatur und Quellen
- ENCYCLOPÆDIA BRITANNICA. Aubrey Beardsley. www.britannica.com/biography/Aubrey-Beardsley (20.05.2020).
- Tobias G. Natter (Hg.): Die Galerie Miethke. Eine Kunsthandlung im Zentrum der Moderne, Ausst.-Kat., Jüdisches Museum Wien (Wien), 19.11.2003–08.02.2004, Wien 2003, S. 16, S. 196.
- Adalbert Franz Seligmann: Aubrey Beardsley. Kunstsalon Miethke, in: Neue Freie Presse, 29.12.1904, S. 10.
- Joseph Pennell: A New Illustrator. Aubrey Beardsley, in: The Studio. An Illustrated Magazine of Fine and Applied Art, Band 1 (1893), S. 14-18.
- Anna Muthesius: Aubrey Beardsley, in: The Unicorn Quartos, 1898, in: Vereinigung bildender KünstlerInnen Wiener Secession (Hg.): Ver Sacrum. Mitteilungen der Vereinigung bildender Künstler Österreichs, 6. Jg., Heft 6 (1903), S. 117-138.
- Franz Blei: Aubrey Beardsley, in: Pan-Genossenschaft (Hg.): Pan, 5. Jg., Nummer 4 (1899/1900), S. 256-260.
- Armin Friedmann: Salon Miethke. Beardsley, in: Wiener Abendpost. Beilage zur Wiener Zeitung, 02.01.1905, S. 1-2.
- Stefan Grossmann: Wiener Kunstbrief, in: Prager Tagblatt, 04.01.1905, S. 1-2.
- Linda Gertner Zatlin: Aubrey Beardsley. A Catalogue Raisonné, New Haven 2016.
- Nathan J. Timpano: »His Wretched Hand«. Aubrey Beardsley, the Grotesque Body, and Viennese Modern Art, in: Association for Art History (Hg.): Art History, Band 40, Oxford 2017, S. 554-581.
- Peter Wiench: Aubrey Vincent Beardsley, in: Allgemeines Künstler-Lexikon. Die bildenden Künstler aller Zeiten und Völker, Band VIII, Berlin - New York 1994, S. 45.
- Hugo Haberfeld (Hg.): Aubrey Beardsley. Ausstellung von Werken alter und moderner Kunst, Ausst.-Kat., Galerie H. O. Miethke (Palais Nákó, Wien), 00.12.1904–00.01.1905, Wien 1904.

Tina Blau

Tina Blau fotografiert von Madame d'Ora, in: Das interessante Blatt, 09.11.1916.
© ANNO | Österreichische Nationalbibliothek

Tina Blau: In der Krieau (Praterpartie im Frühling), um 1882, Wien Museum
© Wien Museum
Tina Blau zählt zu den erfolgreichsten Landschaftsmalerinnen ihrer Zeit. Sie lehrte an der öffentlichen Kunstschule für Frauen und Mädchen in Wien und gilt als Pionierin der österreichischen Pleinairmalerei des Impressionismus und des Realismus.
Tina Blau wurde 1845 in Wien geboren. Bereits in jungen Jahren förderte sie ihr Vater und sie erhielt privaten Malunterricht bei Antal Hanély, August Schaeffer und Josef Aigner. 1867 präsentierte sie erstmals als Künstlerin im Wiener Kunstverein ein Gemälde, das sogleich verkauft wurde. In den folgenden zwei Jahren stellte sie auch erfolgreich in der Eröffnungsausstellung des Wiener Künstlerhauses und in der »ersten internationalen Kunstausstellung« in Wien aus. Zwischen 1869 und 1874 lebte sie in München und nahm Unterricht bei Wilhelm Lindenschmit dem Jüngeren.
Bekanntschaft mit Emil Jakob Schindler
Zu einem wichtigen Wegbegleiter wurde sehr früh der Landschaftsmaler Emil Jakob Schindler. Blau und Schindler hatten sich bereits 1866 flüchtig kennengelernt; ein freundschaftliches Verhältnis entwickelte sich jedoch erst als Blau wieder aus München zurückkehrte. Über ihn lernte sie unter anderem die Künstler Eugen Jettel, Franz Rumpler, Eduard Charlemont und Julius Victor Berger, der später Gustav Klimt auf der Kunstgewerbeschule unterrichten sollte, kennen. Ab 1874 teilten Schindler und Blau sich ein Atelier und unternahmen gemeinsam längere Studienreisen ins In- und Ausland. Wenige Jahre später löste sich allerdings die Ateliergemeinschaft auf; ein weiteres angemietetes Atelier im Wiener Prater überließ Schindler nach dessen Hochzeit mit der Sängerin Anna Bergen – Mutter von Alma Mahler-Werfel – vollständig der Künstlerin.
Weltausstellungen und künstlerischer Durchbruch
Tina Blau war auf zahlreichen nationalen und internationalen Ausstellungen vertreten und nahm insgesamt fünf Mal an Weltausstellungen teil: Sie präsentierte unter anderem 1885 in Antwerpen und 1900 in Paris – zeitgleich mit Gustav Klimt – ihre Werke. Der künstlerische Durchbruch gelang ihr allerdings schon 1881/82: In dieser Zeit entwarf Blau mehrere florale Wand- und Deckengemälde sowie Glasscheiben für das Palais Zierer, an dessen dekorativen Ausschmückung auch die Brüder Klimt und Franz Matsch als Schüler mitwirkten durften. Gleichzeitig stellte sie ihr monumentales Hauptwerk Frühling im Prater (1882, Belvedere Wien) fertig, dessen Präsentation in der »Internationalen Ausstellung im Wiener Künstlerhaus« von der Hängekommission zunächst abgelehnt wurde. Durch die Unterstützung Hans Makarts wurde die Entscheidung schlussendlich revidiert. Auf Einladung des französischen Kulturministers durfte Blau Frühling im Prater ein Jahr später auch im Pariser Salon ausstellen und erhielt dafür eine Auszeichnung.
Förderung von Frauen und Mädchen
1883 heiratete Blau den Maler Heinrich Lang, zog erneut nach München und arbeitete ab 1887 als Lehrerin für Landschaft und Stillleben an der Damenakademie des »Münchner Künstlerinnenvereins«. 1894 kehrte Blau – bereits seit drei Jahren verwitwet –endgültig nach Wien zurück, wo sie sich neben ihren malerischen Tätigkeiten erneut für die Frauenbildung engagierte, indem sie ab 1898 an der Kunstschule für Frauen und Mädchen unterrichtete. Ihre Lehrtätigkeit beendete sie erst 1915 aus gesundheitlichen Gründen und verstarb 1916.
Literatur und Quellen
- Werkverzeichnis Belvedere. www.werkverzeichnisse.belvedere.at/tina-blau (25.03.2020).
- Art in Words. Tina Blau. www.artinwords.de/tina-blau (26.03.2020).
- Zeitschrift für Frauen-Stimmrecht. Organ für die politischen Interessen der Frau, Heft 8 (1916), S. 4.
- N. N.: Tina Blau Ausstellung, in: Österreichische Illustrierte Zeitung, 19.03.1899, S. 9.
- Helga H. Harriman: Olga Wisinger-Florian and Tina Blau: Painters in "Fin de Siècle" Vienna, in: Woman's Art Journal, Band 10 (1898/1900), S. 23-28.
- Deutsche Kunst und Dekoration, Band 3 (1898/99), S. 226-229.
- The Studio. An Illustrated Magazine of Fine and Applied Art, Band 50 (1910), S. 242-244.
- Felix Czeike (Hg.): Historisches Lexikon Wien, Band 1, Wien 1992, S. 398.
- Österreichische Akademie der Wissenschaften (Hg.): Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950, Band 1, Wien 1994, S. 92.
- Ulrich Thieme, Felix Becker (Hg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker, Band IV, Leipzig 1910, S. 106.
- Günther Meißner (Hg.): Allgemeines Künstler-Lexikon. Die bildenden Künstler aller Zeiten und Völker, Band XI, München - Leipzig 1995, S. 457-458.
- Agnes Husslein-Arco, Markus Fellinger (Hg.): Tina Blau, Ausst.-Kat., Oberes Belvedere (Wien), 16.12.2016–09.04.2017, Wien 2016.

Carl Otto Czeschka

Koloman Moser: Carl Otto Czeschka, um 1907, Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck
© Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck
Der Universalkünstler Carl Otto Czeschka war vorwiegend als Grafiker und Kunsthandwerker tätig, arbeitete aber auch als Maler, Kostüm- und Bühnenbildner, Illustrator und Typograf. Im Jahr 1900 trat er der Wiener Secession bei, war ab 1905 einer der wichtigsten Gestalter der Wiener Werkstätte und zog 1909 für seine Lehrtätigkeit an der Kunstgewerbeschule nach Hamburg.
Carl Otto Czeschka wurde am 22. Oktober 1878 in Wien geboren und besuchte zunächst als Stipendiat das Esterhazy-Gymnasium. Danach begann er eine halbjährige Tischlerlehre bei seinem Vater und war an der Staatsoberschule. Ab 1891 belegte er abends Zeichenunterrichtklassen an der k. k. Lehr- und Versuchsanstalt für Photographie und Reproduktionsverfahren (heute: Höhere Graphische Bundes-Lehr- und Versuchsanstalt) und zeichnete schon damals Kostüm- und Ornamentstudien, Waffen sowie höfisches und kirchliches Gerät.
Czeschka studierte von 1894 bis 1897 bei Christian Griepenkerl an der Akademie der bildenden Künste und gehörte neben Gustav Klimt, Koloman Moser und Josef Hoffmann zu der Künstlergruppe Siebener-Club. Er gestaltete ab 1898 Grafiken für die Mappenwerke Allegorien. Neue Folge und Allerlei Gedanken in Vignettenform, die im Verlag von Martin Gerlach erschienen. Obwohl er in Künstleravantgardekreisen verkehrte, gehörte Czeschka nicht zu den Gründungsmitgliedern der Wiener Secession, sondern trat der Vereinigung erst im Jahr 1900 bei. Er wandte sich vom Historismus ab, entwickelte sich innerhalb der Wiener Stilkunst zu einem der führenden Grafiker und Illustratoren und lehrte ab 1902 an der k. k. Kunstgewerbeschule, wobei Rudolf Kalvach, Oskar Kokoschka und Editha Mautner-Markhof zu seinen Schüler:innen zählten.
Carl Otto Czeschka und das Gesamtkunstwerk
Geprägt durch die Idee des Gesamtkunstwerks und beeinflusst vom internationalen Kunstgewerbe, das u.a. auf der »VIII. Ausstellung« der Secession präsentiert wurde, beschränkte sich Czeschka ab 1905 als Mitarbeiter der Wiener Werkstätte nicht nur auf den grafischen Bereich: Er entwarf auch Schmuck, Stoffe, Möbel, Spielzeug und Gebrauchsgegenstände und nahm im gleichen Jahr an der richtungsweisenden Ausstellung der Wiener Werkstätte in der neuen Filiale der Galerie H. O. Miethke am Graben teil. Gemeinsam mit den Gründern der Wiener Werkstätte – Fritz Waerndorfer und Josef Hoffmann – sowie Gustav Klimt reiste er 1906 nach London, um die »Imperial-Royal Austrian Exhibition« in Earls Court zu besuchen und auf der Rückreise die Baustelle des Palais Stoclet in Brüssel zu besichtigen. Das umfassende Projekt und Hauptwerk der Wiener Werkstätte symbolisierte am deutlichsten das Ideal des Gesamtkunstwerks, an dem Klimt mit seinem berühmten Mosaikfries mitwirkte und Carl Otto Czeschka einige Entwürfe für Tapeten, Stoffe, Möbel, Glasfenster und Reliefs gestaltete, die jedoch nur teilweise ausgeführt wurden. Er beteiligte sich 1907 an der Ausstattung des Eröffnungsstückes Masken von Peter Altenberg im Cabaret Fledermaus, betätigte sich an Kostüm- und Bühnenentwürfen für Nibelungen am Raimund-Theater und König Lear für Max Reinhardt am Deutschen Theater in Berlin. Zu einem wichtigen Auftrag Czeschkas zählte zudem die Wiener Werkstätte-Einrichtung des Jagdhauses auf der Hochreith von Karl und Leopoldine Wittgenstein, für das er Möbelbezüge und ein eigenes Signet gestaltete. Weiters stellte er auf der – von der sogenannten Klimt-Gruppe organisierten – »Kunstschau Wien 1908« aus, und war Mitarbeiter der Zeitschriften Erdgeist und Die Kunstwelt.
Berufung nach Hamburg
Im Jahr 1909 folgte er der Berufung als Professor an die Kunstgewerbeschule Hamburg, an der er die Fachklasse für Flächengestaltung und Grafik sowie die Leitung der Buchbinderei übernahm. Im Gegensatz zu seinen frühen naturalistischen Arbeiten wandelte sich sein Stil zu geometrischen Formen, archaisch-symbolischer Motivik und arabeskenhaftem Dekor und er beschäftigte sich mit Typologie. Einige Wiener Kollegen wie Richard Luksch folgten ihm nach Hamburg, wodurch sich der Wiener Einfluss an der Kunstgewerbeschule verstärkte. Czeschka setzte sich für die Reform der akademischen Ausbildung ein. Vor allem die Gleichstellung und Verschränkung von Kunstgewerbe, angewandter und bildender Kunst unter Praxisbezug waren ihm ein Anliegen. Er arbeitete während seiner Hamburger Zeit weiterhin für die Wiener Werkstätte und erhielt Aufträge für Gebrauchsgrafik, Kunsthandwerk, Innenausstattungen, Glasfenster, Kostüm- und Bühnengestaltungen.
1914 wurde er Mitglied im Werkbund und entwarf verschiedene Schrifttypen wie die Czeschka Antiqua bzw. Czeschka Vienna, wobei der von ihm 1946 gestaltete Titel der Wochenzeitung Die Zeit bis heute verwendet wird. Außerdem beauftragte ihn die Keksfabrik Bahlsen mit Keksverzierungen und der Gestaltung von Feldpostkarten. Besonders seine Arbeiten ab 1918 für die Zigarrenfabrik Wolff, die von Ladenausstattungen, über Verpackungen bis hin zu Werbeplakaten reichten, waren über viele Jahre relevant.
Während der NS-Zeit konzentrierte er sich auf die Lehrtätigkeit und trat 1943 in den vorzeitigen Ruhestand. Im Ersten Weltkrieg zerstörten Bombenangriffe Czeschkas Atelier sowie die von ihm entworfenen Glasfenster in der Hamburger Kunstgewerbeschule. Nach dem Tod seiner Frau Martha 1951 lebte Carl Otto Czeschka zurückgezogen und starb am 30. Juli 1960 in Hamburg.
Literatur und Quellen
- Carl Otto Czeschka, Josef Hoffmann, Ausführung Wiener Werkstätte, Paravent für das Palais Karl Wittgenstein. bda.gv.at/de/aktuelles/artikel/2002/09/carl-otto-czeschka-josef-hoffmann-ausfuehrung-wiener-werkstaette-paravent-fuer-das-palais-karl-wittg/ (15.05.2020).
- Bettina Berendes: Carl Otto Czeschka. Die Schönheit als Botschaft. Glasfenster der Hamburger Kunstgewerbeschule, Kiel 2005.
- Markus Kristan: Kunstschau Wien 1908, Wien 2016.
- Christian Witt-Döring: Palais Stoclet, in: Christian Witt-Döring, Janis Staggs (Hg.): Wiener Werkstätte 1903-1932. The Luxury of Beauty, New York 2017, S. 368-409.
- Heinz Spielmann, Hella Häussler, Rüdiger Joppien: Carl Otto Czeschka. Ein Wiener Künstler in Hamburg. Mit unveröffentlichten Briefen, Göttingen 2019.
- Senta Siller: Carl Otto Czeschka 1878–1960. Leben und Werk. Dissertation, Berlin 1993.
- Josef August Lux: Moderne Kunstausstellung, in: Arbeiter-Zeitung, 13.12.1905, S. 1-2.
- Brief von Fritz Waerndorfer in Wien an Hermann Muthesius (09.04.1906). D 102-6648.
- Hans Ankwicz-Kleehoven: Carl Otto Czeschka, in: Alte und moderne Kunst. Österreichische Zeitschrift für Kunst, Kunsthandwerk und Wohnkultur, 6. Jg., Heft 47 (1961), S. 14-17.
- Hans Ries: Carl Otto Czeschka, in: Günter Meissner, Andreas Beyer, Bénedicte Savoy (Hg.): Allgemeines Künstler-Lexikon. Die bildenden Künstler aller Zeiten und Völker, Band XXIII, Berlin - New York 1999, S. 306.

Teresa Feodorowna Ries

Teresa Feodorowna Ries fotografiert von G. Contarini um 1906, in: G. Ricordi & C. (Hg.): Ars et Labro. Musica & Musicisti Rivisita Mensile Illustrata, 62. Jg., Nummer 7 (1906).
© Ricordi & C. S.r.l. Milano
Als Bildhauerin und Malerin konnte sich Ries als Frau in der männlich dominierten Kunstwelt um 1900 einen Namen schaffen. Ihr künstlerisches Werk wurde sowohl in Kollegenkreisen als auch von der Öffentlichkeit hoch geschätzt. Als eine der ersten Bildhauerinnen wurde sie mit einem staatlichen Auftrag betraut.
Teresa Feodorowna Ries wurde am 30. Jänner 1866 in Prag geboren und wuchs als Kind einer wohlhabenden, jüdischen Familie in Moskau auf. Ihr Vater war Gutmann Ries; ihre Mutter Bertha, geb. Stern.
Ausbildung zur Bildhauerin
Schon früh entdeckte Ries ihr Interesse für die bildende Kunst. Nach dem Besuch eines Mädchenpensionats ging sie mit 16 Jahren an die Moskauer Akademie, wo sie Plastik und Malerei studierte. Im Gegensatz zu anderen Akademien in Europa waren Frauen in Moskau zum Kunststudium zugelassen. Schon damals wurden ihre Arbeiten mit Preisen honoriert; sie musste die Akademie jedoch aus disziplinären Gründen verlassen.
1894 emigrierte die Familie Ries nach Wien, wo Teresa ihre Ausbildung zur Bildhauerin weiterverfolgte. Als Frau war ihr der Zugang zur Akademie der bildenden Künste in Wien verwehrt. Besonders die Bildhauerei galt als unschickliche Beschäftigung für Frauen. Mit Hilfe ihrer Statue Somnambule (1894, Wien Museum) konnte Ries den Akademie Professor Edmund Hellmer sowie den Ringstraßenplastiker Rudolf Wey davon überzeugen ihr Privatunterricht zu geben. Diese erkannten das Talent der jungen Frau, förderten und führten sie in die österreichische Kunstszene ein.
Debut im Künstlerhaus
1896 bekam Ries die Möglichkeit erstmals ein Werk im Rahmen einer Ausstellung zu präsentieren. Mit ihrer Skulptur Hexe bei der Toilette für die Walpurgisnacht (Wien Museum, Wien) wurde die junge Künstlerin schlagartig berühmt. Der Kunstkritiker Xaver von Gayrsperg rezensierte:
»[...] so reizt die interessante Russin [...] durch die raffinierte Absonderlichkeit des Vorwurfes. Eine Hexe von verblüffender Toilettlosigkeit und befremdender Häßlichkeit beschneidet die Nägel ihrer Zehen. Das Marmorblid zieht an und stoßt ab; wahrhaftig ein rechtes Kind modernen Wollen [!].«
Auch Kaiser Franz Joseph I. fand gefallen an der Skulptur der jungen Künstlerin. Ries wurde daher dem Kaiser im Zuge der Ausstellungseröffnung persönlich vorgestellt.
1897 erhielt sie auf der »Jahresausstellung des Künstlerhauses« die Karl Ludwig-Medaille für ihre Plastik Luzifer (1897, im Zweiten Weltkrieg zerstört); die einzige Skulptur mit männlichem Sujet, die in diesem Jahr dort zu sehen war.
Erste künstlerische Erfolge

Teresa Feodorowna Ries an der Büste für Mark Twain arbeitend, um 1898 , in: Studio. International art, Nummer 17 (1899).
© Universitätsbibliothek Heidelberg

Teresa Feodorowna Ries: Die Unbesiegbaren, 1900, in: Die Kunst für Alle. Malerei, Plastik, Graphik, Architektur, 19. Jg. (1903/04).
© Universitätsbibliothek Heidelberg

Teresa Feodorowna Ries: Büste Edmund Hellmer, 1899, in: Deutsche Kunst und Dekoration, Band 5 (1899).
© Universitätsbibliothek Heidelberg
Ries und die Secession
Diese ersten Erfolge führten zu einem immer weiter wachsenden Interesse an der Künstlerin in lokalen Kunstkreisen. Auch die Secessionisten rund um Gustav Klimt erkannten das Potential der jungen, modernen Bildhauerin. Daher wurde sie 1899 eingeladen ihre Werke auf der »IV. Secessionsausstellung« zu zeigen. Ihre Plastiken standen dort in direktem Vergleich zu internationalen Bildhauergrößen wie Auguste Rodin, Joseph Maria Olbrich, Otto Wagner und Franz Stuck. Sie präsentierte insgesamt sechs Werke – vorwiegend Porträtbüsten – darunter auch ein Abbild ihres Lehrers und Gründungsmitgliedes der Secession Edmund Hellmer. Die Kritik fand lobende Worte ob der naturalistischen Wiedergabe der Dargestellten:
»[...] die brillant gemachten Porträtbüsten der zu immer größerem Ansehen emporwachsenden Bildhauerin Teresa Feodorowna Ries [welche] durch packende Lebendigkeit die Aufmerksamkeit fesseln.«
Immer mehr bekannte Persönlichkeiten ließen sich von Ries porträtieren. Eine ihrer berühmtesten Büsten ist die des amerikanischen Schriftstellers Mark Twain (1898, Verbleib unbekannt).
An ihren ersten Ausstellungserfolg in der Secession konnte Ries im darauffolgenden Jahr anknüpfen. Auf der »VII. Secessionsausstellung« wurde ihre Monumentalstatue Die Unbesiegbaren (1900, Kongresspark, Wien Ottakring) gezeigt. Da die Skulptur nicht rechtzeitig zu Eröffnungsbeginn fertiggestellt werden konnte, wurde sie später nachgereicht. Die Unbesiegbaren nahm den Platz von Gustav Klimts Fakultätsbild Die Philosophie (1900–1907, 1945 in Schloss Immendorf verbrannt) ein, welches frühzeitig abgenommen werden musste, um die Reise zur Weltausstellung Paris (1900) anzutreten. Klimts Werk hatte einen enormen Skandal ausgelöst und gehörte somit zu den bedeutendsten und meist besprochenen Posten der Ausstellung. Die Tatsache, dass man Ries Plastik als geeignet sah, den Platz dieses zentralen Gemäldes in der Ausstellung einzunehmen, zeigt die enorme Wertschätzung für das Werk der Künstlerin seitens der Secession. Auch das Wiener Publikum begegnete der Skulptur mit Interesse. In den Ausstellungskritiken wurde sie ausführlichst besprochen und ihr wurden sogar eigene Artikel gewidmet.
Nationale und internationale Erfolge
Vermutlich war es diesem Erfolg geschuldet, dass die Skulptur im Juli nach Ende der Ausstellung doch noch auf die Weltausstellung geschickt wurde. Die Französische Zeitung La Fronde berichtet, dass im Grand Palais unerwartet, nicht regelkonform und nicht im Katalog verzeichnet eine neue Gruppe »Les Invincibles« aufgestellt worden war. Außerdem war Ries in der Österreichischen Abteilung mit ihrer Hellmer Porträtbüste zu sehen. Die ungewöhnliche Nachreichung sei jedoch ob der künstlerischen Besonderheit durchaus gerechtfertigt. Ries wurde in Frankreich auf der Weltausstellung mit einer Bronze Medaille und 1902 mit dem Ehrentitel Officier d'académie francais ausgezeichnet.
Durch ihren Erfolg auf internationaler Ebene boten sich für die Künstlerin auch in Wien vermehrt neue Möglichkeiten. Einerseits gründete sie 1901 gemeinsam mit sieben weiteren Künstlerinnen wie Marie Egner und Olga Wisinger-Florian die Vereinigung Acht Künstlerinnen, mit der sie regelmäßig von 1901 bis 1909 im Kunstsalon Pisko Ausstellungen veranstaltete.
Außerdem brachte der Erfolg Ries als einer der ersten Frauen einen Staatsauftrag ein. 1901 beauftragte sie der Unterrichtsminister Wilhelm von Hartel mit der Anfertigung einer Skulptur der Heiligen Barbara an der Marine Kirche in Pula. Zudem erhielt sie den Auftrag für ein Monument, Grabdenkmal für einen Jüngling (1902), das zur Aufstellung am Zentralfriedhof bestimmt war. Dieses wurde nach seiner Vollendung 1903 in der Secession ausgestellt.
Neben klassischen Ausstellungsbeteiligungen in der Secession und im Salon Pisko veranstaltete Ries auch vermehrt Besichtigungen und Feste in ihrem eigenen Atelier. Dieses befand sich zunächst in der Salmgasse 8. 1906 bekam sie von ihrem Mäzen, dem Fürsten von Lichtenstein, ein neues Atelier im Park seines Palais in der Liechtensteinstraße 48 zur Verfügung gestellt. Dort setzte Ries die Tradition der Atelierausstellungen fort und veranstaltete noch im selben Jahr eine Retrospektive ihrer Arbeit anlässlich ihrer zehnjährigen Tätigkeit in Wien.
1911 nahm sie ein zweites Mal sehr erfolgreich an einer Weltausstellung, diesmal in Turin, teil. Es hatten sie sowohl die Delegationen ihrer Heimat Russland als auch ihrer Wahlheimat Österreich-Ungarn eingeladen.
Weltkriege und Exil
Während des ersten Weltkrieges flaute Ries künstlerische Tätigkeit stark ab. Einerseits hatte sie privat mit dem Ende einer kurzen Ehe zu kämpfen, andererseits fehlte es nach Kriegsende an adeligen Auftraggebern. Ries glich dies durch vermehrte Ausstellungen und Feste in ihrem Atelier aus. 1913 veranstaltete sie Beispielsweise eine Kollektivausstellung ihrer Werke. 1921 bemühte sie sich darum alle ihre Werke dem jüdischen Nationalmuseum in Palästina zu schenken, scheiterte jedoch an den Kosten für die Ausfuhr der Arbeiten.
Als 1928 ihre Plastik Die Unbesiegbaren anlässlich ihres 50. Geburtstages vom Staat angekauft und im Wiener Kongresspark aufgestellt wurde, veranstaltete Ries ein eigenes G'schnasfest in ihren Atelierräumlichkeiten. Noch im selben Jahr verfasste Ries außerdem ihre Autobiografie mit dem Titel Die Sprache des Steines.
Nach dem »Anschluss« Österreichs an das Deutsche Reich 1938 wurde das Atelier der jüdischen Theresa Ries, samt aller darin befindlicher Kunstwerke beschlagnahmt. Ein Großteil ihrer Werke wurde als »entartete« Kunst zerstört und Ries das Berufsverbot erteilt. 1941 floh sie in die Schweiz. Dort nahm sie den Namen ihres ersten Ehemanns Loevitowa an. Nach Kriegsende bemühte sich die Künstlerin aktiv um den Rückerhalt ihrer Werke. Die in der Zeit des Austrofaschismus demontierte Skulptur Die Unbesiegbaren wurde nach dem Zweiten Weltkrieg wieder an ihrem Ursprungsort aufgestellt.
Teresa Feodorowna Ries verstarb am 16. Juli 1956 im Exil in Lugano. Obwohl sie um 1900 zu den erfolgreichsten Künstlerinnen in Wien zählte, geriet ihr Werk nach dem Zweiten Weltkrieg beinahe vollkommen in Vergessenheit.
Ries hatte sich als Frau in einer Männer dominierten Berufswelt erfolgreich behauptet. Als eine der wenigen künstlerisch tätigen Frauen konnte sie sich mit ihren Arbeiten ihren Lebensunterhalt, unabhängig von ihrem Ehemann verdienen. In einer Gesellschaft, die der Frau jegliches künstlerische Genie absprach, überzeugte sie durch zahlreiche Auszeichnungen vom Gegenteil. Gerade im Bereich der Bildhauerei, von der man annahm das Frauen ob ihres angeblich fehlenden plastischen Denkens dafür nicht geeignet wären, konnte sich Ries durchsetzen und erlangte internationale Bekanntheit.
Literatur und Quellen
- Artblog. www.theartblog.org/2012/06/the-forgotten-women-artists-of-vienna-1900/ (23.04.2020).
- Artblog. www.theartblog.org/2012/06/the-forgotten-women-artists-of-vienna-1900/ (23.04.2020).
- Art in Words. artinwords.de/kuenstlerinnen-in-wien-von-1900-bis-1938-stadt-der-frauen/ (23.04.2020).
- Jüdisches Museum Wien. www.jmw.at/de/blog/eine-hexe (23.04.2020).
- ÖNB. Frauen in Bewegung. fraueninbewegung.onb.ac.at/node/1085 (23.04.2020).
- Wien Geschichte Wiki. Teresa Feodorowna-Ries. www.geschichtewiki.wien.gv.at/Teresa_Feodorowna_Ries (23.04.2020).
- Stella Rollig, Sabine Fellner (Hg.): Stadt der Frauen / City of Women. Künstlerinnen in Wien 1900–1938 / Female Artists in Vienna 1900–1938, Ausst.-Kat., Unteres Belvedere (Wien), 25.01.2019–19.05.2019, München - New York - Wien 2019.
- Anthony Beaumont (Hg.): Alma Mahler-Werfel. Tagebuch-Suiten. 1898–1902, Frankfurt am Main 1997.
- Anka Leśniak: Teresa Feodorowna Ries and The Witch. journal.doc.art.pl/pdf21/art_and_documentation_21_teresa_ries_studies_lesniak.pdf (14.09.2021).
- Bernhard Münz: Theresa Feodorowna Ries, in: Ost und West. Illustrierte Monatsschrift für das gesamte Judentum, 6. Jg., Heft 3 (1906), S. 183-188.
- Stefan Zweig: Das Geheimnis des künstlerischen Schaffens. Gesammelte Essays, Frankfurt am Main 1984, S. 18.
- Julie M. Johnson: The Memory Factory. The Forgotten Women Artists of Vienna 1900, West Lafayette 2012.
- Neuigkeits-Welt-Blatt, 22.03.1896, S. 13.
- Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession (Hg.): Katalog der IIII. Kunstausstellung der Vereinigung Bildender Künstler Österreichs Secession, Ausst.-Kat., Secession (Wien), 18.03.1899–31.05.1899, Wien 1899, S. 17.
- Arbeiter-Zeitung, 21.03.1899, S. 4.
- Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession (Hg.): Katalog der VII. Ausstellung der Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession, Ausst.-Kat., Secession (Wien), 09.03.1900–06.06.1900, 1. Auflage, Wien 1900.
- Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession (Hg.): Katalog der VII. Ausstellung der Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession, Ausst.-Kat., Secession (Wien), 09.03.1900–06.06.1900, 2. Auflage, Wien 1900.
- Deutsches Volksblatt, 04.04.1900, S. 8.
- N. N.: Das neueste Werk der russischen Bildhauerin Theresa Feodorowna Ries in der Wiener Secession. Die Gruppe „Die Unbesiegbaren“, in: Das interessante Blatt, 12.04.1900, S. 8-10.
- La Fronde, 02.07.1900, S. 2.
- Journal des artistes, 23.08.1900, S. 3226.
- Neue Freie Presse, 31.01.1902, S. 7.
- N. N.: Bei Theresa Feodorowna Ries, in: Neue Freie Presse, 03.03.1902, S. 5.
- Wiener Allgemeine Zeitung, 08.04.1913, S. 4.
- N. N.: Zusammenfassende Darstellung betreffend die Widmung von Kunstobjekten aus dem Atelier der Bildhauerin Teresa Feodorowna Ries an die Städtischen Sammlungen, in: Restitutionsbericht 2019. 20. Bericht der Amtsführenden Stadträtin für Kultur und Wissenschaft von Wien über die gemäß dem Gemeinderatsbeschluss vom 29. April 1999 in der Fassung vom 29. April 2011 erfolgte Übereignung von Kunst- und Kulturgegenständen aus den Sammlungen der Museen der Stadt Wien, der Wienbibliothek im Rathaus sowie dem Jüdischen Museum der Stadt Wien, Wien 2019, S. 111-142.
- Neues Wiener Tagblatt (Tagesausgabe), 22.03.1896, S. 5.

Heinrich Ferstel

Heinrich Ferstel fotografiert von Josef Löwy, um 1880
© Wien Museum

Heinrich Ferstel: Architekturzeichnung für die Votivkirche, 1859, Wien Museum
© Wien Museum
Heinrich Ferstel war einer der bedeutendsten Architekten der Ringstraßenära. Er plante und errichtete unter anderem die Votivkirche, das neue Universitätsgebäude, die Kunstgewerbeschule und das österreichische Museum für Kunst und Industrie.
Heinrich Ferstel, geboren 1828 in Wien, besuchte für einige Jahre gleichzeitig das Polytechnische Institut und die Akademie der bildenden Künste in Wien. Sein Architekturstudium, das er unter anderem bei Eduard van der Nüll und August Sicardsburg absolvierte, beendete er erst 1850, nachdem er dieses wegen der Revolution unterbrechen musste. Er unternahm Studienreisen und sammelte für einige Jahre praktische Erfahrungen im Atelier seines Onkels. 1853 machte sich Ferstel schließlich als Baumeister selbstständig.
Ein Baumeister und Architekt der Ringstraße
Ferstel nahm an zahlreichen Wettbewerben im In- und Ausland teil. Bereits 1854 gewann er mit nur 26 Jahren die Ausschreibung für den Bau der Votivkirche, die anlässlich des verhinderten Attentats auf Kaiser Franz Joseph I. gestiftet wurde. Danach folgten weitere monumentale Aufträge für öffentliche Gebäude, die in der Wiener Innenstadt oder an der Ringstraße errichtet wurden – darunter das Bank- und Börsengebäude (heute: Palais Ferstel), das österreichische Museum für Kunst und Industrie, die Wiener Kunstgewerbeschule und das neue Universitätsgebäude; für dessen Deckengestaltung des Festsaals wurden später Gustav Klimt und Franz Matsch beauftragt.
Professor, Autor und Juror
Der Architekt unterrichtete ab 1866 an der Bauschule des Polytechnischen Instituts in Wien und übernahm 1880 dessen Leitung. Daneben war Ferstel auch als Autor tätig und verfasste unter anderem zusammen mit Rudolf Eitelberger – späterer Direktor des Museums für Kunst und Industrie – die Schrift Das bürgerliche Wohnhaus und das Wiener Zinshaus und plädierte für eine Reform des Wohnungswesens. In den 1870er Jahren übernahm Ferstel zusammen mit Theophil Hansen und Friedrich Schmidt auch redaktionelle Tätigkeiten bei der Allgemeinen Bauzeitung. Darüber hinaus fungierte Ferstel bei Architekturwettbewerben als Jurymitglied und bewertete unter anderem die Entwürfe und das Bauvorhaben für die Oper, das Rathaus und den Zentralfriedhof in Wien.
Internationale Anerkennungen und früher Tod
Ferstel erhielt als Architekt viele Auszeichnungen aus dem In- und Ausland und war Mitglied zahlreicher Vereine und Vereinigungen, wie der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens. 1879 ernannte ihn die Stadt Wien aufgrund seiner Verdienste zum Ehrenbürger. 1883 verstarb Ferstel mit nur 55 Jahren in Wien; die Fertigstellung der Wiener Universität erlebte der Architekt nicht mehr.
Literatur und Quellen
- Architektenlexikon. Wien 1770–1945. Heinrich Ferstel. www.architektenlexikon.at/de/1051.htm (20.04.2020).
- Allgemeine Bauzeitung, 1883, S. 81-87.
- Felix Czeike (Hg.): Historisches Lexikon Wien, Band 2, Wien 1993, S. 284-285.
- Österreichische Akademie der Wissenschaften (Hg.): Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950, Band 1, Wien 1994.
- Österreichische Kunst-Chronik, Nummer 23 (1884), S. 461-465.
- Andreas Beyer, Bénédicte Savoy, Wolf Tegethoff (Hg.): Allgemeines Künstler-Lexikon. Die bildenden Künstler aller Zeiten und Völker, Band XXXIX, Berlin - New York 2003, S. 174.

Leopold Forstner

Leopold Forstner im Malerkittel, um 1910
© Künstlernachlass Leopold Forstner

Inserat der Wiener Mosaikwerkstätte von Leopold Forstner, 1908
© Klimt-Foundation, Wien

Leopold Forstner: Mosaik Der Frühling im Speisesaal des Grand Hotel Wiesler in Graz, 1909
© Klimt-Foundation, Wien

Leopold Forstner: Plakat für die Ausstellung Das moderne Bureau, Wien, 1909
© Staatliche Museen zu Berlin, Kunstbibliothek

Moriz Nähr (?): Der Stocletfries (Rosenstrauch), Oktober 1911, Klimt-Foundation
© Klimt-Foundation, Wien

Einblick ins Palais Stoclet, um 1914
© Klimt-Foundation, Wien
Der Universalkünstler Leopold Forstner reüssierte vor allem mit seiner Materialkunst. Stets unabhängig, aber doch in enger Zusammenarbeit mit den Produktionsgemeinschaften seiner Zeit, schuf er formvollendete Werke. Seine Wiener Mosaikwerkstätte zeichnete für die Umsetzung von Klimts Stocletfries verantwortlich.
»Spröde Erfindung gepaart mit künstlerischem Ernst«. Forstners Lehrjahre
Leopold Forstner wurde am 2. November 1878 in Bad Leonfelden, Oberösterreich geboren. Nach seiner Ausbildung an der Staatshandwerkschule in Linz und der Tiroler Glasmalereischule in Innsbruck studierte er ab dem Wintersemester 1898/99 an der k. k. Kunstgewerbeschule. Forstner lernte zuerst bei Karl Karger, wechselte jedoch nach einem Jahr in die Fachklasse von Kolo Moser. Im November des Jahres 1902 setzte er seine Ausbildung an der Akademie der bildenden Künste München fort. 1903 folgten Aufenthalte in Venedig, Ravenna und Rom, die grundlegend für seine Hinwendung zur Materialkunst waren. Auch Gustav Klimt besuchte in diesem Jahr Venedig und Ravenna und war von den dort besichtigten Mosaiken beeindruckt.
Forstners Ausstellungsdebüt
Vor allem seine Verbindung zu Moser brachte Forstner mit wichtigen Persönlichkeiten in Kontakt. 1902 stellte er auf der »XV. Ausstellung der Vereinigung Bildender Künstler Österreichs Secession« aus. Im Folgejahr steuerte er Holzschnitte für Ver Sacrum bei. 1904 folgte einer von Forstners ersten Aufträgen noch vor der offiziellen Gründung seiner eigenen Produktionsstätte: die Ausführung des von der Wiener Werkstätte entworfenen Geschäftslokalschildes für den Modesalon »Schwestern Flöge«. 1908 zeigte er auf der »Kunstschau Wien« neben Plakatentwürfen und einem Gemälde, eine große Auswahl an Mosaikarbeiten. Raum 25 war ihm und seiner in diesem Jahr offiziell gegründeten Mosaikwerkstätte vorbehalten. Die Kritik beurteilte Forstners Können durchwegs positiv, so postulierte Joseph August Lux:
»Manchmal nimmt sie [die Jugend] sogar die Kraft zusammen, über die bloße Improvisation hinauszugehen und ein ernstes Lebensprogramm durchzuführen. So sehe ich den jungen Leopold Forstner, der als Maler und Illustrator bereits gut angesehen, sich ganz der Materialkunst zugewendet, und eine eigene Mosaikwerkstätte eröffnet hat.«
1909 wurde Forstner abermals zur Teilnahme an der »Internationalen Kunstschau« eingeladen, wo er mit mehreren Arbeiten vertreten war. Er präsentierte etwa auch ein Fragment aus dem Mosaik Der Frühling, das er im gleichen Jahr im Speisesaal des Grazer Grand Hotel Wiesler umsetzte. Zwei Jahre später, 1911, folgte sein Ausstellungsdebüt im Ausland im Rahmen der »Internationalen Kunstausstellung« in Rom. Klimt präsentierte auf dieser Schau acht Gemälde und wurde mit einem Geldpreis ausgezeichnet.
»Nicht dem Fresko […], sondern dem Mosaik gehört die Zukunft«. Die Wiener Mosaikwerkstätte
Die offizielle Gründung der Wiener Mosaikwerkstätte erfolgte laut Gewerbeschein am 25. Februar 1908. Forstner vereinte in diesem Betrieb in Personalunion Künstler und Handwerker. Das erste Studio befand sich am Althanplatz 6 (Wien-Alsergrund). Er festigte damit seine Stellung als Materialkünstler, der nach Entwürfen aus fremder und eigener Hand arbeitete. Stetig nach Erneuerung der Mosaikkunst strebend, spezialisierte sich Forstner auf kombinatorische Ausformulierungen, in denen unterschiedliche Materialien – von Glaselementen, über Keramik bis hin zu Schmucksteinen und Edelmetallen – zum Einsatz kamen. Darüber hinaus etablierte er – von Otto Wagner angeregt – das Plattenmosaik, eine Technik, die auch bei Klimts Stocletfries (1905–1911, Privatbesitz) zum Einsatz kommen sollte.
Zu einem seiner ersten Großaufträge zählte die Ausführung der Bleiglasfenster nach Entwürfen von Moser für die von Wagner geplante Kirche am Steinhof (1904–1907). Auch das Hochaltarmosaik Die Verheißung des Himmels (1912) wurde schließlich von Forstner entworfen und ausgeführt. Ursprünglich war Moser damit beauftragt worden.
1910 bezog Forstner – wohl auch in Hinblick auf die noch im August desselben Jahres beginnende Umsetzung des Brüsseler Mosaikfrieses – ein größeres Werkstattareal in der Pappenheimgasse 41 (Wien-Brigittenau).
»Wer gibt dem Künstler einen ähnlichen Auftrag für Wien?« Klimt, Forstner und das Palais Stoclet in Brüssel
Jene unikale Meisterleistung, die Klimt »unter dem Dibl beim Gnack« herauswuchs, wurde unter Mitwirkung folgender Firmen in Material umgesetzt: Die häufig mit der Wiener Werkstätte kooperierende Marmorfirma Oreste A. Bastreri besorgte die Marmorplatten. Die Wiener Keramik zeichnete für die keramischen Details verantwortlich. Die Wiener Werkstätte fertigte die Teilstücke aus Metall und die Emailklasse der Kunstgewerbeschule stellte die benötigten Emails zur Verfügung. Für die Zusammen- und Umsetzung all dieser Einzelteile war wiederum Forstners Mosaikwerkstätte verantwortlich. Es handelt sich dabei um ein sogenanntes Plattenmosaik, »eine Arbeit, die größte Präzision erfordert und mit nicht geringen Schwierigkeiten verbunden ist«, wie Josef Folnesics, Vizedirektor des Österreichischen Museums für Kunst und Industrie (heute: MAK – Museum für angewandte Kunst, Wien) ausführte.
Klimt versah die Entwurfszeichnungen mit zahlreichen Notizen und Hinweisen für die ausführenden Kräfte und war auch in die Umsetzung selbst eingebunden. Erste Probestücke, die er zu Begutachtung erhielt, waren wenig überzeugend, sodass er Änderungen verlangte. So mussten etwa mehrere Gold-Proben hergestellt werden, um den richtigen Goldton für das Mosaik zu finden, wie Berta Zuckerkandl berichtete. Vollends überzeugt sollte Klimt auch nach Fertigstellung nie sein.
Präsentation in Wien
Wohingegen Berta Zuckerkandl in der Allgemeinen Wiener Zeitung von 23. Oktober 1911 von einem erlauchten Kreis sprach, der den Fries vor seiner Überstellung nach Brüssel in Forstners Mosaikwerkstätte besichtigen durfte, berichtete Roessler in der Arbeiter-Zeitung wenige Tage später: »Ein neues Werk von Gustav Klimt ist gegenwärtig in L. Forstners Mosaikwerkstätte, XX. Pappenheimgasse Nr. 41, zu sehen: ein Teil der Wandverkleidung eines Raumes in der von Professor Hoffmann in Brüssel erbauten Stoclet-Villa«. Es kam wohl nicht zu einer breitenwirksamen Präsentation im Rahmen einer offiziellen Ausstellung, dennoch wurde der Wiener Gesellschaft die Möglichkeit geboten, Teile des Frieses zu besichtigen. Waerndorfer holte zuvor das Einverständnis von Adolphe Stoclet ein. Moriz Nähr fertigte vermutlich in diesem Zusammenhang Fotografien der Platten an.
Schließlich begann im November der langwierige Transport nach Brüssel. Anfang Dezember kam Klimts Der Stocletfries an. Zu Jahresbeginn 1912 begab sich auch Forstner nach Belgien, um die finalen Arbeiten vor Ort abschließen zu können. Abgesehen vom Mosaik für den Speisesaal schuf er auch im Vestibül dieses Prachtbaues ein Mosaik aus Glas und Keramik und führte Fische im Mosaikverfahren, die für das Badezimmer vorgesehen waren, aus.
1912 war Forstner mit Arbeiten auf der »Frühjahrsausstellung« des k. k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie vertreten. Auch dem Palais Stoclet und den an diesem Gesamtkunstwerk arbeitenden Kunstschaffenden wurde Raum geboten. Zur Präsentation gelangten etwa Klimts Entwurfszeichnungen für Der Stocletfries. Ein Vermerk auf Forstners Umsetzung war nicht ausgewiesen, ebenso wenig im Ausstellungskatalog. Die Wiener Reichspost merkte an:
»Der Kreis der Mitarbeiter wäre nicht geschlossen, ohne Leopold Forstner zu nennen, welcher im Katalog wohl nicht als Mitarbeiter genannt wird, der jedoch den Klimtschen Marmorfriesentwurf durch die geniale Übersetzung in das Material des Mosaiks, der Majolika, des Metallemails erst die faszinierende Belebtheit gab.«
»Prozess um ein Mosaikbild nach Klimt«. Forstners Forderung nach künstlerischer Anerkennung
Forstner erhielt für seine Arbeit am Fries von der Wiener Werkstätte ein Honorar von 14.000 Kronen (ca. 87.000 Euro). Er forderte jedoch ein weiteres Honorar ein, das anteilsmäßig seine künstlerische Einbringung in diese Ausführung abgelten sollte. Die Wiener Werkstätte verweigerte diese Zahlung, weswegen Forstner Klage einbrachte. Die Verhandlung fand am 30. August 1912 statt, führte jedoch zu keiner Lösung. Der Senat des Zivillandesgerichtes beschloss eine Vertagung und berief als Sachverständigen Moser ein, der zum »künstlerischen Wert des Klägers Stellung nehmen sollte«. Wenige Wochen später zog Forstner die Klage ohne weitere Anspruchsstellungen zurück.
Forstners Leben nach Der Stocletfries
Im Jahr 1915 übersiedelte Forstner nach Stockerau, die Geburtsstadt seiner Frau, Stefanie Stöger. Kurz darauf bereiste er als Sammeloffizier des k. k. Heeresmuseums die besetzten Balkangebiete. Einige Zeichnungen zeugen von diesen Aufenthalten. Nach Kriegsende gab er seine Mosaikwerkstätte endgültig auf und widmete sich fortan der Erzeugung und Dekoration von Edelglas. Ab 1929 und bis zu seinem Tode war er Lehrer am Bundesrealgymnasium Hollabrunn und betätigte sich nebenbei in unterschiedlichen Bereichen des Kunsthandwerks. Forstner starb am 05. November 1936 und fand seine letzte Ruhestätte in einem von ihm entworfenen Familiengrab am Stockerauer Friedhof.
Literatur und Quellen
- Josef August Lux: Kunstschau Wien 1908, in: Deutsche Kunst und Dekoration, Band 23 (1908/09), S. 33-61, S. 51.
- Berta Zuckerkandl: Eine Wiener Mosaik-Werkstätte, in: Deutsche Kunst und Dekoration, Band 24 (1909), S. 85-90, S. 85, S. 87.
- Ansichtskarte von Gustav Klimt in Wien an Emilie Flöge in Kammer am Attersee, 2. Karte (Morgen) (21.07.1910). RL 2822, Leopold Privatsammlung.
- Franz Servaes: Ein Streifzug durch die Wiener Malerei, in: Kunst und Künstler. Illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe, Jg. VIII, Heft XII (1910), S. 587-598, S. 593.
- Leopold Forstner: Mosaik, Glasmalerei und Mosaikverglasung. Gedanken eines Praktikers, in: Deutsche Kunst und Dekoration, Band 27 (1910/11), S. 383-286.
- Berta Zuckerkandl: Der Klimt-Fries, in: Wiener Allgemeine Zeitung, 23.10.1911, S. 2.
- Arthur Roessler: Theater und Kunst. Wiener Mosaikwerkstätte, in: Arbeiter-Zeitung (Morgenausgabe), 29.10.1911, S. 11.
- N. N.: Prozess um ein Mosaikfries nach Klimt, in: Neues Wiener Tagblatt, 01.09.1912, S. 17.
- N. N.: Eine Klage gegen die Wiener Werkstätte, in: Neues Wiener Journal, 01.09.1912, S. 15f..
- N. N.: Der Mosaikfries Gustav Klimts, in: Die Zeit, 02.10.1912, S. 6.
- Amalie Sara Levetus: Das Stoclethaus zu Brüssel von Architekt Josef Hoffmann, in: Moderne Bauformen. Monatshefte für Architektur und Raumkunst, 13. Jg. (1914), S. 1-34.
- N. N.: Stockerau. Ein neuer Mitbürger, in: Österreichische Land-Zeitung, 12.06.1915, S. 17.
- Wilhelm Mrazek: Die Mosaikwerkstätte Leopold Forstner-Wien, in: Leopold Forstner. Ein Maler und Materialkünstler des Wiener Jugendstils, Wien 1981.
- Josef Folnesics: Die Mosaikwerkstätte L. Forstner, in: Zeitschrift für alte und neue Glasmalerei und verwandte Gebiete, Heft 4 (1912), S. 38.
- Ludwig Hevesi: Aus dem Wiener Kunstleben. Kunstschau, in: Kunst und Kunsthandwerk. Monatsschrift des k. k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie, 12. Jg., Heft 5 (1909), S. 295.
- Arthur Roessler: Leopold Forstners Hochaltarmosaik in der Kirche Am Steinhof in Wien, in: Moderne Bauformen. Monatshefte für Architektur und Raumkunst, 13. Jg. (1914), S. 381-383.

Richard Gerstl

Richard Gerstl: Selbstbildnis, 1907
© Wien Museum
Der frühzeitig aus dem Leben geschiedene Maler Richard Gerstl zählte zu den Pionieren des Expressionismus. Neben Vincent van Gogh und Edvard Munch war vor allem der musikalische Kreis um Arnold Schönberg prägend für seine Entwicklung, wohingegen er sich von der Kunst und Ästhetik Klimts bewusst distanzierte.
Gerstls künstlerische Entfaltung
Richard Gerstl, der am 14. September 1883 geboren worden war, entstammte einer vermögenden, jüdischen Wiener Familie, die später zum Christentum konvertierte. Zeitlebens war ihm finanzielle Unterstützung gewiss.
Nach dem Besuch von privaten Malschulen, begann Gerstl im Jahr 1898 ein Studium an der Akademie der bildenden Künste Wien bei Christian Griepenkerl, einem der führenden Maler der Ringstraßenzeit. Der Konservatismus der Wiener Akademie widersagte ihm bald. Auf der Suche nach neuen künstlerischen Ausdrucksformen nahm Gerstl in den Sommermonaten 1900 und 1901 schließlich in der Malschule von Simon Hollósy in Siebenbürgen Unterricht und legte seine Ausbildung an der Wiener Akademie ruhend. Zwischen 1902 und 1904 setzte sich Gerstl intensiv mit zeitgenössischer Literatur, Philosophie, Psychologie und Musik auseinander. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse beeinflussten maßgeblich sein Werk. 1906 nahm er sein Studium in einer Spezialklasse von Heinrich Lefler, einem Gründungsmitglied des Hagenbundes, wieder auf.
Die Verweigerung des Jugendstils
Gerstl fand vor allem im Œuvre von Vincent van Gogh und Edvard Munch, die er in Ausstellungen der Wiener Secession sah, Vorbilder. Darüber hinaus veranstaltete die Galerie Miethke 1906 eine umfangreiche van Gogh Personale mit 45 Werken, die, neben Gerstl, auch für Klimt impulsgebend war. Von den Errungenschaften und Ausdrucksformen seiner österreichischen Künstlerkollegen versuchte Gerstl sich zu distanzieren. Dies führte so weit, dass Gerstl 1907 eine Einladung der Galerie Miethke zu einer Schau ablehnte, in der Klimt ebenfalls vertreten war. Der junge Maler nahm damit im Vergleich zu den der Expression zugewandten Künstlern Schiele und Kokoschka, die sich mit Klimt und den Kunstformen der Wiener Moderne bewusst auseinandersetzten, von Anbeginn eine diametrale, ablehnende Haltung ein.
Im selben Jahr beteiligte sich Gerstl an der Ausstellung von Schülerarbeiten der Akademie. Die Wiener Zeitung lobte ihn in ihrer Rezension als »ein vielversprechendes Talent«. Es sollte bei dieser einmaligen, öffentlichen Anerkennung zu seinen Lebzeiten bleiben. Im Folgejahr war er zudem nicht mehr an der Schau der Akademie vertreten. Unüberwindbare Diskrepanzen und ein Beschwerdebrief Gerstls an das Ministerium für Cultus und Unterricht gipfelten im endgültigen Ausschluss.
Richard Gerstl und der Schönberg Kreis
Bereits 1906 schloss sich Gerstl dem Kreis um Arnold Schönberg mit u.a. Alexander Zemlinsky, David Josef Bach und Alban Berg an. Er unterrichtete Schönberg als Maler, während er dessen Weg als Musiker an der Schwelle zur Atonalität bewunderte. Beide waren in ihren Positionen als Erneuerer in Wien vergleichsweise isoliert. Gerstl porträtierte die befreundeten Künstler und verbrachte die Sommermonate 1907/08 mit Familie Schönberg in Gmunden am Traunsee. Dort begann er eine Affäre mit Schönbergs Gattin, Mathilde, die der Komponist aufdeckte. Der daraus resultierende Bruch mit Schönberg verstärkte Gerstls Isolation und begründete die Identitätskrise, wobei aus dieser Zeit eindringliche expressionistische Selbstporträts, wie Selbstbildnis, lachend (1908, Belvedere, Wien) stammen. Im November des gleichen Jahres als die Kunst der Wiener Moderne um Klimt in der »Kunstschau Wien« einen Höhepunkt erreichte, schied Gerstl auf tragische Weise aus dem Leben. Zuvor vernichtete er etliche seiner Werke und Schriftstücke. Gerstl fand seine letzte Ruhe in einem Ehrengrab am Sieveringer Friedhof.
Gerstl etablierte sich, durch die bewusste Verweigerung und Negierung der gängigen künstlerischen Ausformulierungen seiner Zeit, die Bevorzugung eines gestischen, wilden Pinselstriches und den Mut zur Verzerrung, vor allem in seinen Porträts, zu einem der ersten Expressionisten Österreichs, noch vor Schiele und Kokoschka. Dies brachte ihm posthum den direkten Vergleich mit Vincent van Gogh ein. Wertschätzung und Anerkennung für sein Werk sollten Gerstl erst Jahrzehnte nach seinem Ableben zuteilwerden, vor allem durch die Aufarbeitungen von Otto Kallir-Nirenstein und Rudolf Leopold.
Literatur und Quellen
- Alexandra Matzner: Richard Gerstl, in: Meisterwerke Leopold Museum, Wien 2018, S. 170-183.
- Klaus Albrecht Schröder: Richard Gerstl. 1883 – 1908. Dissertation, Wien 1993.
- Raymond Coffer, Jill Lloyd, Ingrid Pfeiffer (Hg.): Richard Gerstl. Retrospektive, München 2017.
- Ekkehard Tanner: Schirn Magazin. Richard Gerstl gegen die Akademie. www.schirn.de/magazin/kontext/richard_gerstl/richard_gerstl_akademie_bildende_kuenste_wien/ (19.07.2022).
- Wiener Abendpost. Beilage zur Wiener Zeitung, 09.07.1907, S. 5.
- Werner Hofmann (Hg.): Experiment Weltuntergang – Wien um 1900, Ausst.-Kat., Hamburger Kunsthalle (Hamburg), 10.04.1981–31.05.1981, München 1981, S. 211-213.
- Matthias Haldemann, Hans-Peter Wipplinger (Hg.): Richard Gerstl. Inspiration – Vermächtnis, Ausst.-Kat., Leopold Museum (Museums Quartier, Wien), 27.09.2019–20.01.2020, Köln 2019.

Pauline Hamilton

Pauline Hamilton, vor 1912, in: Sport und Salon. Illustrirte Zeitschrift für die vornehme Welt, 22.11.1912.
© ANNO | Österreichische Nationalbibliothek

Inserat, in: Neue Freie Presse, 04.10.1908.
© ANNO | Österreichische Nationalbibliothek

Erzherzogin Isabella von Österreich fotografiert von Pauline Hamilton, in: Sport und Salon. Illustrirte Zeitschrift für die vornehme Welt, 30.11.1912.
© ANNO | Österreichische Nationalbibliothek

Eugen d'Albert fotografiert von Pauline Hamilton, in: Sport und Salon. Illustrirte Zeitschrift für die vornehme Welt, 22.11.1912.
© ANNO | Österreichische Nationalbibliothek
Die amerikanische Malerin und Fotografin übersiedelte um 1908 nach Wien und arbeitete anfangs im Atelier d‘Ora. Bekannt wurde sie als Porträtfotografin des österreichischen Adels, der Wiener Gesellschaft und einiger berühmter Künstler wie Gustav Klimt, bevor sie um 1915 in ihre Heimat zurückkehrte.
Die deutschstämmige Pauline Kruger wurde am 5. November 1866 in Middleton, Wisconsin geboren. Die Familie übersiedelte 1880 nach Minneapolis, Minnesota, wo Pauline die Schule besuchte und später Klavier und Malerei unterrichtete. Ab 1890 war sie im Design Studio Smith’s Art Parlors beschäftigt und etablierte sich bald als Designerin und Künstlerin. Sie nutzte die aufblühende Kunst- und Kulturszene der Stadt und eröffnete 1896 ihr eigenes Atelier im prestigeträchtigen Syndicate Block Building. Hier stellte sie ihre Porträtgemälde und Buchmalereien aus und war Gastgeberin zahlreicher Veranstaltungen und Ausstellungen. Sie verkehrte in der kunstaffinen Elite, engagierte sich im Business Women’s Club und begann die Kamera als Hilfsmittel für ihr künstlerisches Schaffen zu nutzen.
Um 1900 lernte Pauline Kruger ihren späteren Mann, den Journalisten Frank Hamilton kennen, der jedoch 1901 wegen Todschlags verurteilt und inhaftiert wurde. Nach seiner Entlassung 1904 folgte ihm Pauline nach San Francisco. Das Paar heiratete 1905 und sie war weiterhin künstlerisch tätig. Frank Hamilton litt bereits seit Jahren unter einer Tuberkuloseerkrankung und starb 1906 an einer Lungenentzündung.
Nach diesem Schicksalsschlag kehrte Pauline Hamilton zurück nach Minnesota und widmete sich vermehrt der Fotografie, die zu ihrem Hauptmedium werden sollte. Sie verkehrte auch mit dem Landschaftsfotografen Louis Sweet, der seine renommierten Sweet Studios ebenfalls im Syndicate Block Building betrieb. Als Mitglied der losen Vereinigung Art League of Minneapolis – zu den Gründern zählte auch der aus Deutschland stammende Maler und Direktor der Minneapolis School of Fine Arts, Robert Köhler – veranstaltete Sweet zahlreiche Treffen und Diskussionsrunden in seinem Studio. Vermutlich ermutigten sie Kontakte wie Sweet und Köhler auszuwandern; durch die Erbschaft ihres verstorbenen Mannes verfügte Pauline Hamilton jedenfalls über die finanziellen Mittel.
Eine »vornehme Amerikanerin« in Wien
Pauline Hamilton zog 1908 nach Wien in eine Stadt, die durch die aufstrebende Kunstszene der Moderne mit Ausstellungen wie der »Kunstschau Wien 1908« geprägt war. Im Oktober des Jahres inserierte sie in der Neuen Freien Presse »Vornehme Amerikanerin, Künstlerin, übernimmt Aufträge auf künstlerische Photographien, aufgenommen im eigenen Heim der Besteller. Mrs. Hamilton, 9. B., Spitalgasse 27, 2. Stock, Tür 8.«, ihre Gewerbeanmeldung wurde in der Österreichischen Photographen-Zeitung bekannt gegeben.
In den ersten zwei Jahren arbeitete sie wohl auch als Assistentin im renommierten Fotoatelier von Madame d‘Ora (eigentlich Dora Kallmus). Briefe in die Heimat belegen, dass sie anfangs die zu meisternden technischen Fertigkeiten und Kallmus‘ »scharfsichtiges Auge« überwältigten. Bereits im Februar 1909 präsentierte sie im Kunstsalon Pisko einige Porträtfotografien in der Ausstellung »Kollektion moderner Englischer Maler«. Friedrich Stern berichtete im Neuen Wiener Tagblatt:
»Mrs. Hamilton hat sich eine Spezialität erwählt, die bisher das nahezu ausschließliche Vorrecht von Amateurphotographen war: sie macht ihre Aufnahmen nicht in einem Atelier, sondern in dem Interieur des zu Porträtierenden, also bei diesem zu Hause.«
Ende 1910 bzw. spätestens Anfang 1911 verlegte sie ihre Adresse von der Spitalgasse 27 in die Wiesingerstraße 3 am Stubenring im ersten Wiener Gemeindebezirk. Ihr Können und ihr Umgang mit der adeligen Kundschaft verschafften ihr zur gleichen Zeit einen Auftrag bei Erzherzogin Isabella – der Ehefrau von Erzherzog Friedrich von Österreich – die selbst gerne fotografierte. Hamilton sicherte Kallmus vertraglich zu, für fünf Jahre nachdem sie bei ihr arbeitete kein eigenes Atelier zu eröffnen. Da sie den Auftrag aus dem Hause Habsburg jedoch nicht ablehnen konnte, zog Kallmus den Vertrag zurück und Hamilton verbrachte 1911 sogar drei Wochen mit dem erzherzoglichen Paar auf deren Pressburger Schloss (heute Bratislava, Slowakei). Dort nahm sie laut Neuem Wiener Tagblatt rund 200 Porträts von der Familie und von Gästen des Hauses auf.
Meistens signierte sie ihre Werke mit »Pauline Hamilton Vienna« und fotografierte viele Persönlichkeiten aus Adels-, Gesellschafts- und Künstlerkreisen wie Erzherzogin Marie Therese, Erzherzog Albrecht, den Maler Robert Doblhoff-Dier und seine Frau Hertha (geb. Schrack) oder auch den Pianisten Eugen d’Albert. Dabei veröffentlichte die Zeitschrift Sport & Salon zahlreiche Aufnahmen und in der Presse wurden ihre Porträtfotografien vielfach gelobt, da sie »[…] den besonderen Menschen, den jeweils Einzigen[,] das Individuum, die Persönlichkeit.« zeigten. Im Februar 1912 stellte sie erneut im Kunstsalon Pisko aus, diesmal mit rund »200 Bildern«, darunter auch Porträtfotografien aus der Familie des Erzherzogs Friedrich, des Herzogs von Parma, der Braganzas, der Fürstin Metternich, des Erzherzogs Albrecht sowie Gustav Klimt »in orientalischem Kleide, einmal mit energisch gewendetem Kopf, einmal feierlich daherschreitend«. Die Entstehung der vier bisher bekannten Aufnahmen dieser Serie von Klimt im Malerkittel um 1911 im Garten und in der Umgebung seines Ateliers in der Feldmühlgasse ist naheliegend, da auf der Rückseite teilweise Hamiltons Adresse in der Wiesingerstraße angeführt ist. Dabei fotografierte sie Klimt in verschiedenen lockeren Posen: Sitzend im Profil, mit verschränkten Armen vor einer bepflanzten Mauer und im Freien zwischen Bäumen stehend.
Weiters lichtete sie vermutlich um 1913/14 den Kunstkritiker und Galeristen Arthur und seine Frau Ida Roessler ab. In einem Brief riet Roessler 1914 auch Egon Schiele, sich zwecks Reproduktionsfotografien an Hamilton zu wenden.
Zurück in der Heimat
Mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs versorgte Pauline Hamilton als freiwillige Krankenschwester verletzte österreichische Soldaten und Kriegsopfer und war weiterhin fotografisch tätig. Obwohl sie in Adolph Lehmann’s allgemeinem Wohnungs-Anzeiger bis 1917 mit der Berufsangabe Malerin unter der Atelieradresse Wiesingerstraße 3 aufschien, kehrte sie Zeitungsberichten zufolge im Mai 1915 zurück in die USA. Dort engagierte sie sich weiter für Kriegswaisen und bezeichnete sich selbst als »Botschafterin der österreichisch-ungarischen Kriegskinder«.
In ihren letzten Lebensjahren betrieb sie ein Studio in New York und fotografierte vor allem zahlreiche Persönlichkeiten aus der Musikwelt wie zum Beispiel den Dirigenten Leopold Stokowski sowie die Pianistinnen Olga Samaroff und Clara Gabrilowitsch.
Pauline Kruger Hamilton starb am 8. Juli 1918 an den Folgen einer Schilddrüsenüberfunktion und wurde in New York begraben.
Literatur und Quellen
- Agnes Husslein-Arco, Alfred Weidinger (Hg.): Klimt & Emilie Flöge. Fotografien, Wien 2012, S. 140-143, S. 232.
- N. N.: Die schönsten Frauen der Welt, in: Neues Wiener Tagblatt, 09.11.1915, S. 15.
- Marguerite Mooers Marshall: The Romantic Life History of Pauline Kruger Hamilton, in: The Evening World Daily Magazine (1918), S. 11.
- oe: Mrs. Pauline Hamilton, in: Sport und Salon. Illustrirte Zeitschrift für die vornehme Welt, 22.11.1912, S. 9.
- Friedrich Stern: Englische Maler. Bei Pisko, in: Neues Wiener Tagblatt, 25.02.1909, S. 12.
- Friedrich Stern: Zwei hervorragende Vertreterinnen künstlerischer Bildnisphotographie, in: Neues Wiener Tagblatt, 04.02.1912, S. 18.
- Franz Eder: Gustav Klimt und die Fotografie, in: Tobias G. Natter, Gerbert Frodl (Hg.): Klimt und die Frauen, Ausst.-Kat., Oberes Belvedere (Wien), 20.09.2000–07.01.2001, Köln 2000, S. 50-56.
- N. N.: Tea in a Studio. A Private View oft he Work of Miss Pauline Kruger in Miniatures. Portraits of Many Well Known Residents of Minneapolis Shown by the Artist, in: The Minneapolis Journal, 29.05.1903, S. 12.
- N. N.: Frank Hamilton weds Miss Pauline Kruger, in: The Minneapolis Journal, 14.11.1905, S. 6.
- N. N.: Frank H. Hamilton. Former Minneapolis Newspaper Man Who Died Saturday, in: The Minneapolis Journal, 31.12.1906, S. 6.
- N. N.: Kleine Anzeigen. Vornehme Amerikanerin, in: Neue Freie Presse, 04.10.1908, S. 79.
- N. N.: Verbands- und Genossenschaftsnachrichten. Genossenschaft der Photographen in Wien, in: Österreichische Photographen-Zeitung, Jg. 8, Heft 11 (1908), S. 173.
- N. N.: Mitteilungen der Genossenschaft der Photographen in Wien. Gewerbliche Veränderungen, in: Österreichische Photographen-Zeitung, Jg. 8, Heft 1 (1911), S. 11.
- N. N.: Personalnachrichten, in: Neues Wiener Tagblatt, 25.06.1911, S. 172.
- Neues Wiener Tagblatt, 03.12.1911, S. 20.
- N. N.: Large Royal Families Making An American Girl Rich, in: Atlanta Georgian, 05.10.1913, S. 71.
- N. N.: Childrens Destitute, in: The Topeka Daily State Journal, 14.02.1916, S. 10.
- N. N.: Vienna Night at Waldorf for the War Orphans of Austria-Hungary, in: New York Tribune, 05.03.1916, S. 4.
- N. N.: Pauline Hamilton Dead in New York. Minneapolis Women, Former Court Photographer in Vienna, Succumbs, in: The Minneapolis Morning Tribune, 09.07.1918, S. 8.
- Jane Libbey Jackson: A journey Shared. Pauline Kruger Hamilton at the Habsburg Court, in: Hennepin History, Band 60 (2001), S. 18-34.
- Jane Libbey Jackson: In Pursuit of Pauline. Out of Darkness, into Light, in: Hennepin History, Band 56 (1997), S. 4-21.

Sigmund Walter Hampel

Sigmund Walter Hampel: Selbstporträt, Hampel zeichnend, Albertina, Wien
© ALBERTINA, Wien

Sigmund Walter Hampel: Spanische Tänzerin (Porträt der Mlle E.), 1904, Wien Museum
© Wien Museum

Sigmund Walter Hampel: Frauenkopf von der Stirnseite, Albertina, Wien
© ALBERTINA, Wien
Sigmund Walter Hampel war ein österreichischer Genre- und Porträtmaler sowie Mitglied des Hagenbundes. Zu seinen engen Freunden zählte Gustav Klimt, dem er angeblich zu seinem Gartenatelier in Hietzing verhalf. Wie auch Klimt verbrachte Hampel die Sommerfrische regelmäßig im Salzkammergut.
Sigmund Walter Hampel wurde 1867 in Wien als Sohn eines Malers geboren. Er studierte zunächst für ein Jahr »Zeichnen und Modellieren« an der Staatsgewerbeschule im 4. Wiener Gemeindebezirk und wechselte 1885 an die Akademie der bildenden Künste in Wien, wo er die Fachklassen der Maler Heinrich von Angeli, August Eisenmenger und Siegmund L‘Allemand besuchte. 1888 wurde der junge Künstler jedoch von der Akademie verwiesen, da er gegen die vorherrschenden Lehrmethoden opponierte. Hampel entschied sich infolgedessen für ein Selbststudium. Bis auf die Teilnahme an einigen Wiener Ausstellungen – unter anderem nahm er 1898 an der »Jubiläums-Kunstausstellung im Künstlerhaus« teil – lässt sich Hampels weiterer künstlerischer Werdegang bis zur Jahrhundertwende im Detail kaum eruieren.
Hagenbund, Künstlerhaus und späte Erfolge
1900 wurde Hampel Mitglied des Künstlerbundes Hagen (später: Hagenbund) und präsentierte in den nächsten 11 Jahren vor allem Temperabilder und Aquarelle, aber auch vereinzelt kunstgewerbliche Gegenstände in den Ausstellungen des Künstlerbundes. Drei Jahre später nahm Hampel an der »Louisiana Purchase Exposition« im amerikanischen St. Louis teil und erhielt den Großen Preis für das Gemälde Vergänglichkeit. Er erzielte daraufhin mit seinen Werken in Nord- und Südamerika sowie in Deutschland und Italien Erfolge und Anerkennung. In den 1910er Jahren schloss Hampel sich schließlich auch der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens an; er verließ aber indes 1911 die Künstlervereinigung Hagenbund.
1919 wurde Hampel – vor allem in Österreich als Künstler noch immer kaum wahrgenommen – erstmals eine Sonderausstellung gewidmet. Im Rahmen der »XXXIII. Ausstellung des Aquarellistenklubs« präsentierte er insgesamt 53 Werke im Wiener Künstlerhaus, die sein vielseitiges, künstlerisches Œuvre zeigten. Die Österreichische Illustrierte Zeitung konstatierte am 9. Februar
1919 anlässlich der Sonderausstellung:
»Ein Künstlerschicksal von echt-österreichischem Zuschnitt ist dem Maler Walter Hampel beschieden. […] Hampel ist wohl der einzige Wiener Maler von überragender Bedeutung, der in dem abgestorbenen, legendären Oesterreich [!] bisher noch keine Auszeichnungen erhalten hat.«
Bis Ende der 1920er Jahre nahm Hampel noch nachweislich an Ausstellungen teil. Danach dürfte er sich schrittweise aus der Öffentlichkeit zurückgezogen haben. Er zog dauerhaft nach Nußdorf am Attersee, wo er bereits 1903 geheiratet und wiederholt die Sommermonate verbracht hatte. Hampel starb dort 1949.
Freundschaft zu Gustav Klimt
Zu Hampels Freunden zählte auch der Maler Gustav Klimt. Aufschluss über die Beziehung gibt ein Zeitungsartikel vom 7. April 1928 aus dem Neuen Wiener Journal. Der Inhalt des Beitrags Der intime Klimt basiert angeblich auf den Erzählungen von Sigmund Walter Hampel. Dieser berichtete unter anderem über das Atelier in Hietzing oder die Anfänge des sogenannten Siebener Clubs:
»Sieben junge Leute schlossen sich damals mit Klimt zu einer Art Verein ohne Satzungen und Statuten zusammen. Ein Künstlerkrätzel, Klimt nannte es seinen Siebenerklub. Es war übrigens bald nur mehr ein Fünferklub […]. Die fünf, die wohl als die ersten mit Klimt durch dick und dünn gingen, waren Kolo Moser, Olbrich, Urban, Orth und Hampel.«
Ebenso werden die gemeinsamen Besuche im Tivoli, Klimts Arbeits- und Essgewohnheiten, die sommerlichen Aufenthalte am Attersee oder auch die Empathie und Antipathie des Künstlers gegenüber seinen Mitmenschen thematisiert.
Literatur und Quellen
- Neues Wiener Journal, 07.04.1928, S. 8.
- Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens (Hg.): Jubiläums-Kunstausstellung. II. Theil Fünfzig Jahre Oesterreichischer Malerei, Ausst.-Kat., Künstlerhaus (Wien), 20.10.1898–26.12.1898, Wien 1898, S. 77.
- Österreichische Akademie der Wissenschaften (Hg.): Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950, Band 2, Wien 1994.
- Felix Czeike (Hg.): Historisches Lexikon Wien, Band 3, Wien 1994, S. 40.
- Neues Wiener Journal, 15.07.1927, S. 9.
- Wiener Illustrierte Zeitung. Modernes Familieblatt, 09.02.1919, S. 344-345.
- Das kleine Blatt, 07.07.1942, S. 3.
- Die Zeit, 11.03.1907, S. 2.
- Der Tag, 04.02.1926, S. 7.
- Wiener Zeitung, 13.05.1906, S. 7.
- Andreas Beyer, Bénédicte Savoy, Wolf Tegethoff (Hg.): Allgemeines Künstler-Lexikon. Die bildenden Künstler aller Zeiten und Völker, Band LXIX, Berlin - New York 2010, S. 21.
- Ulrich Thieme, Fred C. Willis (Hg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker, Band XV, Leipzig 1922, S. 572.

Anton Hanak

Anton Hanak, Klimt-Foundation, Wien
© Klimt-Foundation, Wien
Anton Hanak war Mitglied der Wiener Secession, der Wiener Werkstätte sowie Gründungsmitglied des Österreichischen Werkbundes. Beruflich als auch privat pflegte Hanak sehr enge Beziehungen zu Gustav Klimt, Josef Hoffmann und zur Familie Primavesi. Er zählt heute zu den bedeutendsten österreichischen Bildhauern des 20. Jahrhunderts.
Anton Hanak wurde 1875 in Brünn (heute: Brno, Tschechien) geboren, wo er seine gesamte Kindheit verbrachte. 1889 ging er nach Wien, um eine Holzbildhauerlehre zu absolvieren; anschließend ging er mehrere Jahre auf Wanderschaft. 1890 kehrte er nach Wien zurück und studierte bis 1904 an der Akademie der bildenden Künste, wo er unter anderem von Edmund von Hellmer und Hans Bitterlich unterrichtet wurde.
Primavesi als Förderer
Unmittelbar nach seinem Studienabschluss erhielt Hanak – nun als selbstständiger Bildhauer tätig – bereits seinen ersten Auftrag von der aus Ölmütz (heute: Olomouc, Tschechien) stammenden Industriellenfamilie Primavesi, die in den folgenden Jahrzehnten nicht nur ihn sondern auch Gustav Klimt und Josef Hoffmann fördern sollte. Anton Hanak und Josef Hoffmann wurden gemeinsam von der Familie Primavesi mit der Ausgestaltung eines Landhauses in Winkelsdorf (heute: Kouty nad Desnou, Tschechien) und der Villa von Robert Primavesi in Wien beauftragt. Der enge Kontakt zwischen Hanak und der Familie ist fotografisch dokumentiert. Fotografien, die 1916 während eines Kostümfestes im Landhaus Primavesi entstanden sind, zeigen Mitglieder der Industriellenfamilie und die befreundeten Künstler Anton Hanak, Josef Hoffmann und Gustav Klimt gemeinsam feiernd.

Gustav Klimt bei einem Kostümfest in der Kellerstube des Landhauses der Familie Primavesi in Winkelsdorf, vermutlich 30.12.1917-03.01.1918, Klimt-Foundation
© Klimt-Foundation, Wien

Anton Hanak: Ofen für das Landhaus Otto Primavesi in Winkelsdorf, Klimt-Foundation, Wien
© Klimt-Foundation, Wien
Secession, Ausstellungen und das »Rote Wien«
1905 präsentierte Hanak, der erstmals 1902 im Hagenbund ausgestellt hatte, seine Skulpturen auch in der Wiener Secession. Ein Jahr später – als Klimt bereits ausgetreten war – wurde er Mitglied der Vereinigung, verließ diese jedoch vier Jahre später wieder. In den 1910er Jahren folgten weitere gemeinsame Arbeiten mit Josef Hoffmann und Gustav Klimt für die internationale Kunstausstellung in Rom (1911) und die große Kunstausstellung in Dresden (1912).
Seine größten beruflichen Erfolge feierte Hanak, der 1913 seine Lehrtätigkeit an der Wiener Kunstgewerbeschule aufgenommen hatte, in der Zwischenkriegszeit – das »Rote Wien« fungierte dabei als wichtiger Auftraggeber. In jener Zeit schuf er zahlreiche Skulpturen, Plastiken und Denkmäler von symbolhaftem Charakter wie das Kriegerdenkmal am Wiener Zentralfriedhof und den Magna-Mater-Brunnen für die Kinderübernahmestelle, die vom Politiker Julius Tandler initiiert wurde.
Nachleben
1934 verstarb der Bildhauer in Wien. Sein Grab befindet sich auf dem Hietzinger Friedhof und ist nicht unweit von Gustav Klimts letzter Ruhestätte entfernt.
Hanaks künstlerischen Nachlass verwahrt heute das Museum im niederösterreichischen Langenzersdorf, wo er selbst mehrere Jahre lebte.
Literatur und Quellen
- Felix Czeike (Hg.): Historisches Lexikon Wien, Band 3, Wien 1994, S. 40-41.
- Österreichische Akademie der Wissenschaften (Hg.): Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950, Band 2, Wien 1994.
- Claudia Klein-Primavesi: Die Familie Primavesi und die Künstler Hanak, Hoffmann, Klimt. 100 Jahre Wiener Werkstätte, Wien 2004.
- Neues Wiener Journal, 26.09.1921, S. 3.
- Neues Wiener Journal, 11.01.1934, S. 8.
- Max Eisler: Anton Hanak, Wien 1921.
- Wiener Kurier, 08.03.1949, S. 4.
- Wiener Zeitung, 01.07.1949, S. 4.
- Das interessante Blatt, 05.11.1925, S. 4.
- N. N.: Der große Plastiker Österreichs. Zum Tode Anton Hanaks, in: Österreichische Kunst, 5. Jg., Heft 1 (1934), S. 3-7.

Theophil Hansen

Theophil Hansen
© Klimt-Foundation, Wien
Theophil Hansen war ein dänisch-österreichischer Architekt und zählt heute zu den wichtigsten Baumeistern der Ringstraßenära. Er gestaltete in Wien unter anderem die Akademie der bildenden Künste, den Musikverein, die Börse und das Parlament.
Theophil Hansen, geboren 1813 in Dänemark, absolvierte eine Architekturausbildung an der Kunstakademie in Kopenhagen. Nach seinem Studium reiste er durch Europa und ging anschließend nach Athen, wo bereits sein Bruder als Architekt tätig war. Er blieb in Griechenland, wo er für mehrere Jahre erfolgreich als Zeichenlehrer und Architekt arbeitete.
Eine Wiener Architektenkarriere
1846 kam Hansen nach Wien, um mit dem Architekten Ludwig Förster, seinem späteren Schwiegervater, zusammenzuarbeiten. Eines seiner ersten Wiener Großprojekte war der Bau des Waffenmuseums (heute: Heeresgeschichtliches Museum, Wien) im Arsenal – ein Militärkomplex im 3. Wiener Gemeindebezirk. Ab 1852 arbeitete Hansen als selbstständiger Architekt und erhielt zahlreiche Aufträge für öffentliche und private Gebäude aus dem In- und Ausland.
Im Bereich der Ringstraße plante und erbaute Hansen in den 1860er und 1870er Jahren mehrere Palais und Wohnbauten, wie das Palais Epstein oder den heute nicht mehr existenten Heinrichhof gegenüber der Oper. Darüber hinaus verwirklichte der Architekt öffentliche Monumentalbauten wie den Musikverein, der mit der finanziellen Unterstützung von Nicolaus Dumba errichte wurde. Weiters erbaute Hansen die Akademie der bildenden Künste, die Börse und sein Hauptwerk, das Parlament im griechisch-klassischen Stil. Seine Entwürfe für die Hofmuseen, die er ihm Rahmen einer sehr umstrittenen Konkurrenz präsentierte, wurden hingegen abgelehnt.

Parlament entworfen von Theophil Hansen, Aquarell von 1887, Wien Museum
© Wien Museum

Theophil Hansen: Wettbewerbsentwurf für den Neubau des Stubentors, Albertina Wien
© ALBERTINA, Wien
Professur und Ruhestand
Hansen erhielt 1866 die Staatsbürgerschaft mit Heimatrecht in Wien und wurde zwei Jahre später zum Akademieprofessor ernannt. An der Akademie der bildenden Künste leitete er zunächst die Spezialschule für Architektur; später unterrichtete er Perspektive für Maler. Zu seinem 70. Geburtstag beendete er seine Lehrtätigkeit. Aus diesem Anlass gründeten laut einem Bericht der Zeitung Die Presse seine Schüler »zum Andenken an die Thätigkeit ihres Meisters« den Hansen-Verein (später: Hansen-Club). Obwohl er auch sein Architektenbüro auflöste, nahm er weiterhin vereinzelt an Wettbewerben teil. 1891 verstarb der vielgeschätzte und einflussreiche Architekt schließlich in Wien.
Literatur und Quellen
- Architektenlexikon. Wien 1770–1945. Theophil Hansen. www.architektenlexikon.at/de/1093.htm (07.03.2022).
- Die Presse, 19.02.1891, S. 1-2.
- Die Presse, 08.06.1884, S. 15.
- Das interessante Blatt, 26.02.1891, S. 4-5.
- Beatrix Bastl, Ulrike Hirhager, Eva Schober (Hg.): Theophil Hansen - ein Resümee. Symposionsband anlässlich des 200. Geburtstages, Weitra 2014.
- Andreas Beyer, Bénédicte Savoy, Wolf Tegethoff (Hg.): Allgemeines Künstler-Lexikon. Die bildenden Künstler aller Zeiten und Völker, Band LXIX, Berlin - New York 2010, S. 204.
- Felix Czeike (Hg.): Historisches Lexikon Wien, Band 3, Wien 1994, S. 51-52.
- Österreichische Akademie der Wissenschaften (Hg.): Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950, Band 2, Wien 1994.

Carl Hasenauer

Carl Hasenauer fotografiert von Ludwig Angerer, um 1868, Wien Museum
© Wien Museum

Kunsthistorisches Hofmuseum, um 1900
© Wien Museum
Carl Hasenauer arbeitete in Wien als selbstständiger Architekt. Zu seinen bedeutendsten architektonischen Arbeiten zählen heute unter anderem das Wiener Burgtheater und die Hermesvilla im Lainzer Tiergarten, an deren dekorativer Ausstattung auch die »Künstler-Compagnie« mitwirkte.
Carl Freiherr von Hasenauer, geboren 1833 in Wien, studierte nach seiner Schul- und Ausbildungszeit in Wien, Dresden und Braunschweig an der Akademie der bildenden Künste in Wien, wo er die Architekturklasse von Eduard van der Nüll und August Sicard von Sicardsburg besuchte. Gleichzeitig absolvierte Hasenauer auch eine Ausbildung zum Bau- und Zimmermannsmeister und unternahm längere Studienreisen nach Frankreich, Italien und Deutschland. 1854 beendete er erfolgreich sein Studium und machte sich bereits kurze Zeit darauf als Architekt selbstständig. Ab 1861 war er Mitglied der neu gegründeten Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens.
Prestigeaufträge
Erste große Erfolge erzielte der junge Architekt 1860/61 mit der Teilnahme an den internationalen Wettbewerben für die Florentiner Domfassade und die Wiener Hofoper. 1867 wurde Hasenauer auch nachträglich die Teilnahme am Architekturwettbewerb für die k. k. Hofmuseen (heute: Kunsthistorisches und Naturhistorisches Museum) ermöglicht, zu dem ursprünglich nur Theophil Hansen, Heinrich Ferstel und Moritz Löhr eingeladen wurden. Da vor allem Hasenauers Baukonzept favorisiert wurde, kam es in Folge zu heftigen Streitigkeiten und Hasenauer trat aufgrund dessen kurzzeitig aus der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens aus. Mit Hilfe von Gottfried Semper, der dem Projekt mit seiner Idee eines »Kaiserforums« neue Impulse gab, wurde schließlich ein gemeinsamer Entwurf von Semper und Hasenauer für die Hofmuseen ausgeführt.
1871 wurde Hasenauer auch als leitender Architekt für die in zwei Jahren stattfindende Wiener Weltausstellung engagiert und war dabei in erster Linie für den Bau des zentralen Ausstellungsgebäudes – der Rotunde – verantwortlich. Für diese organisatorische Leistung wurde er später in den Freiherrenstand erhoben.

Carl Hasenauer: Entwurfsskizzen für das Schlafzimmer der Hermesvilla, Albertina, Wien
© ALBERTINA, Wien
Zwischen 1882 und 1886 realisierte Hasenauer den Bau der Hermesvilla im Lainzer Tiergarten. Den Auftrag dazu erhielt er von Kaiser Franz Joseph I. persönlich, der das Landhaus seiner Frau, Kaiserin Elisabeth, zum Geschenk machen wollte. Für die dekorative Innenausstattung des Schlafzimmers und des Salons wurde 1884/85 unter anderem die »Künstler-Compagnie« herangezogen, da der hierfür ursprünglich beauftragte Maler, Hans Makart, überraschend verstarb.
Hasenauer war zwischen 1874 und 1888 auch für die Errichtung des Burgtheaters (ehemals: k. k. Hofburgtheater) an der Wiener Ringstraße verantwortlich. Die Pläne für den Prestigebau erstellte er noch in Zusammenarbeit mit Gottfried Semper; den Bau vollendete Hasenauer jedoch aufgrund von Meinungsverschiedenheiten alleine. Im Rahmen dieses Projektes kam es erneut zu einer Zusammenarbeit mit der »Künstler-Compagnie«: Gustav Klimt, Ernst Klimt und Franz Matsch wurden 1886 – vermutlich auf Empfehlung von Rudolf von Eitelberger – für die künstlerische Innenausstattung der Treppenhäuser des Theaters von Hasenauer verpflichtet.

Huldigungadresse für Carl von Hasenauer, 1888/89, Österreichisches Theatermuseum
© KHM-Museumsverband
Auch wenn es später zu keiner weiteren Zusammenarbeit mehr kam, sind zwischen Gustav Klimt und dem Architekten noch zwei weitere Berührungspunkte feststellbar: In Klimts Aquarell Zuschauerraum im alten Burgtheater (1888/89, Wien Museum, Wien) lassen sich zwischen den bekannten Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens auch Carl Hasenauer und seine Familie finden. Außerdem war Gustav Klimt an der Gestaltung der Huldigungsadresse an Carl von Hasenauer (1888/89, Theatermuseum, Wien) beteiligt, die dem Baumeister anlässlich der Fertigstellung und der Eröffnung des Burgtheaters als Dank überreicht wurde.
Späterer beruflicher Werdegang
Zwei Jahre vor seinem Tod wurde Hasenauer noch zum Rektor der Akademie der bildenden Künste ernannt, wo er bereits seit 1884 die Spezialschule für Architektur leitete. Er starb im Jänner 1894. Sein Grab befindet sich am Wiener Zentralfriedhof.
Literatur und Quellen
- Österreichische Akademie der Wissenschaften (Hg.): Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950, Band 2, Wien 1994.
- Felix Czeike (Hg.): Historisches Lexikon Wien, Band 3, Wien 1994, S. 69-70.
- Tobias G. Natter (Hg.): Gustav Klimt. Sämtliche Gemälde, Wien 2012, S. 536-537.
- Ursula Storch (Hg.): Klimt. Die Sammlung des Wien Museums, Ausst.-Kat., Wien Museum (Wien), 16.05.2012–07.10.2012, Wien 2012.
- Architektenlexikon. Wien 1770–1945. Carl Hasenauer. www.architektenlexikon.at/de/1096.htm (07.04.2020).
- Andreas Nierhaus (Hg.): Der Ring. Pionierjahre einer Prachtstraße, Ausst.-Kat., Wien Museum (Wien), 11.06.2015–04.10.2015, Wien 2015.

Hugo Henneberg

Hugo Henneberg fotografiert von Ludwig David, 1901, in: Österreichische Illustrierte Zeitung, 31.03.1912.
© ANNO | Österreichische Nationalbibliothek

Atelier in der Villa Henneberg, um 1903, in: Das Interieur. Wiener Monatshefte für angewandte Kunst, 4. Jg. (1903).
© Klimt-Foundation, Wien

Einblick in die Villa Henneberg, um 1903
© Klimt-Foundation, Wien

Farbholzschnitt von Hugo Hennberg, in: Vereinigung bildender KünstlerInnen Wiener Secession (Hg.): Ver Sacrum. Mitteilungen der Vereinigung bildender Künstler Österreichs, 6. Jg., Heft 21 (1903).
© Universitätsbibliothek Heidelberg

Sterbeanzeige von Hugo Henneberg, in: Neue Freie Presse, 13.07.1918.
© Klimt-Foundation, Wien
Hugo Henneberg war um die Jahrhundertwende einer der führenden Wiener Kunst- und Landschaftsfotografen und ein Vertreter des Piktorialismus. Gemeinsam mit Heinrich Kühn und Hans Watzek bildete er die Künstlervereinigung Trifolium, die auch in der Wiener Secession ausstellte. 1901/1902 porträtierte Gustav Klimt seine Ehefrau, Marie Henneberg.
Hugo Henneberg, geboren 1863, studierte Physik, Chemie, Astronomie und Mathematik an den Universitäten in Wien und Jena. 1888 erfolgte seine Dissertation in Physik. Anschließend unternahm er Reisen, die ihn in die USA, nach Griechenland und Ägypten führten.
Werdegang eines Amateurfotografen
Bereits während seiner Studienzeit beschäftigte sich Henneberg intensiv mit der Fotografie. Als Amateurfotograf nahm er ab den 1890er Jahren an Ausstellungen teil. Der Privatier wurde unter anderem Mitglied im Club der Wiener Amateur-Photographen (1891), im The Linked Ring (1894) und später auch im Wiener Photo-Club (1903).
Im Club der Wiener Amateur-Photographen – später auch als Wiener Camera-Club bekannt – lernte Henneberg den Mediziner Heinrich Kühn und den Maler Hans Watzek kennen. 1897 gründeten sie gemeinsam die fotografisch-künstlerische Vereinigung Trifolium und entwickelten ein neuartiges Gummidruckverfahren. Die Künstlerzeitschrift Camera Work honorierte die Leistung der drei Amateurfotografen 1906 wie folgt:
»They mastered this process in every sense, and developed it by endless experiments, the value of which, at that time, they themselves hardly realized; but these led to the invention of the multiple gum-print employed by the Austro-German photographers, which is […] the most important printing process at present at the disposal of the artist amongst the photographers.«
Die ersten Arbeiten, die mit dieser neuartigen Druckmethode hergestellt wurden, präsentierte Henneberg zum ersten Mal 1902 in der Wiener Secession; später unter anderem auch – mit Hilfe des Fotografen Alfred Stieglitz, mit dem er über mehrere Jahre hinweg regelmäßig korrespondierte – in New York.
Über eine Reise und ein Klimt-Gemälde
Zwischen Gustav Klimt und Hugo Henneberg sind nicht nur berufliche, sondern auch zahlreiche private Berührungspunkte festzustellen: So schloss sich das Ehepaar Henneberg als auch Klimt im Frühjahr 1899 einer Reisegesellschaft um Familie Moll nach Italien an. Alma Mahler-Werfel, Stieftochter von Carl Moll, berichtete in ihren Tagebuch-Suiten unter anderem von einer gemeinsamen Jause in Venedig. Am gleichen Ort entstand eine mit 2. Mai 1899 datierte Fotografie, die Alma Mahler-Werfel und ihre Schwester Grete Schindler sowie die Künstlerkollegen Carl Moll, Josef Engelhart, Hugo Henneberg und Gustav Klimt zusammen zeigt.
Einige Jahre später malte Klimt das Porträt Marie Henneberg (1901/02, Staatliche Galerie Moritzburg, Halle an der Saale). Dieses wurde erstmals 1902 – noch im unvollendeten Zustand – in der Wiener Secession präsentiert. 1903 publizierte die Zeitschrift Das Interieur einige interessante Aufnahmen, die Klimts Gemälde und die Innendekoration der großen Halle der neu errichteten Villa Henneberg zeigen. Diesen mehrstöckigen Wohnsitz samt eigenem Fotoatelier im Dachgeschoss ließ sich das Ehepaar Henneberg vom Architekten Josef Hoffmann im 19. Wiener Gemeindebezirk – in der sogenannten Künstlerkolonie auf der Hohen Warte, wo ebenso seine Kollegen und Freunde Carl Moll, Kolo Moser und Friedrich Viktor Spitzer wohnten – gestalten.
Grafische Arbeiten
Nach 1900 betätigte sich Henneberg überwiegend als Grafiker und veröffentlichte unter anderem eine Wachau-Mappe und eine Dürnstein-Mappe mit Kunstdrucken. Etliche seiner Farbholzschnitte, die überwiegend Stadt- und Naturlandschaften wiedergeben, wurden auch in der Zeitschrift Ver Sacrum publiziert. 1919 kommentierte ein Journalist der Wiener Abendpost Hennebergs grafisches Œuvre, das zu diesem Zeitpunkt in der Frühjahrsausstellung der Secession zur Präsentation kam, wie folgt:
»[…] Dr. Hugo Henneberg, als künstlerischer Photograph hochgeschätzt, hinterließ zu allgemeiner Überraschung von ihm gefertigte, niemals gezeigte landschaftliche farbige Holzschnitte, die zu dem Allerfeinsten gehören, zu dem künstlerisch Wertvollsten, das in dem letzten Jahrzehnt bei uns auf diesem Gebiet hervorgetreten ist.«
Henneberg selbst verstarb krankheitsbedingt bereits 1918 und nur wenige Monate nach Gustav Klimt. Der als bescheiden geltende Künstler und Fotograf, der sich gemäß einer kurzen Würdigung in der Photographischen Correspondenz »in verdienstvollster Weise sich an der Entwicklung der künstlerischen Photographie […] betätigt und mustergültige Photographien geschaffen« hatte, wurde laut seiner Sterbeanzeige in der Neuen Freien Presse am Penzinger Friedhof begraben.
Literatur und Quellen
- Wien Geschichte Wiki. Hugo Henneberg. www.geschichtewiki.wien.gv.at/Hugo_Henneberg (20.04.2020).
- Österreichisches Biographisches Lexikon. Hugo Henneberg. www.biographien.ac.at/oebl/Henneberg_Hugo (20.04.2020).
- Fritz Matthies-Masuren (Hg.): Gummidrucke von Hugo Henneberg, Heinrich Kühn und Hans Watzek, Halle (Saale) 1902.
- Wien Geschichte Wiki. Hoffmann Häuser. www.geschichtewiki.wien.gv.at/Hoffmann-Häuser (20.04.2020).
- Alfred Buschbeck: Das Trifolium des Wiener Camera-Clubs: Hans Watzek. Hugo Henneberg. Heinrich Kühn, in: Die Kunst in der Photographie, 2. Jg. (1898), S. 17-24.
- Tobias G. Natter (Hg.): Gustav Klimt. Sämtliche Gemälde, Wien 2012, S. 581-582.
- Alfred Weidinger (Hg.): Gustav Klimt, München - Berlin - London - New York 2007, S. 273.
- Camera Work. A Photographic Quarterly, Heft 13 (1906), S. 21-28.
- Joseph August Lux: Villenkolonie Hohe Warte. Erbaut von Prof. Joseph Hoffmann, in: Das Interieur. Wiener Monatshefte für angewandte Kunst, 4. Jg. (1903), S. 121-183.
- Astrid Mahler: Liebhaberei der Millionäre. Der Wiener Camera-Club um 1900. Beiträge zur Geschichte der Fotografie in Österreich. Band 18, Wien 2019.
- Felix Czeike (Hg.): Historisches Lexikon Wien, Band 3, Wien 1994, S. 142.
- Österreichische Akademie der Wissenschaften (Hg.): Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950, Band 2, Wien 1994.
- Walter de Gruyter (Hg.): Allgemeines Künstler-Lexikon. Die bildenden Künstler aller Zeiten und Völker, Band LXXI, Berlin 2011, S. 509.
- Hans Vollmer (Hg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker, Band XVI, Leipzig 1923, S. 391.
- Christian Philipsen, Thomas Bauer-Friedrich, Wolfgang Büche (Hg.): Gustav Klimt und Hugo Henneberg. Zwei Künstler der Wiener Secession, Ausst.-Kat., Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) (Halle (Saale)), 14.10.2018–06.01.2019, Köln 2019.
- Anthony Beaumont, Susanne Rode-Breymann (Hg.): Alma Mahler-Werfel. Tagebuch-Suiten. 1898–1902, 2. Auflage, Frankfurt am Main 2011, S. 249-250.
- Photographische Correspondenz, 60. Jg., Nummer 694 (1918), S. 250.
- Neue Freie Presse, 13.07.1918, S. 13.
- Tobias G. Natter, Gerbert Frodl (Hg.): Klimt und die Frauen, Ausst.-Kat., Oberes Belvedere (Wien), 20.09.2000–07.01.2001, Köln 2000, S. 94-97.
- Die Zeit, 13.07.1918, S. 4.
- Wiener Abendpost. Beilage zur Wiener Zeitung, 17.06.1919, S. 2.

Ferdinand Hodler

Photographische Rundschau und photographisches Centralblatt. Zeitschrift für Freunde der Photographie, 20. Jg., Heft 23 (1906).
© Klimt-Foundation, Wien
Der Schweizer Maler Ferdinand Hodler schuf Porträts, Landschaften und monumentale Figurenbildnisse, die durch klare Formen, Farben und sein Kompositionsprinzip des »Parallelismus« charakterisiert wurden. Er war ein Vertreter des Symbolismus und stellte mehrfach in der Wiener Secession und in zahlreichen internationalen Ausstellungen aus.
Ferdinand Hodler wurde am 14. März 1853 in ärmlichen Verhältnissen in Bern als ältester Sohn von Margareta und Johann Hodler geboren. Nach dem frühen Tod seines Vaters heiratete seine Mutter 1861 den Dekorations- und Flachmaler Gottlieb Schüpbach, bei dem Hodler während seiner Volksschulzeit lernte. Hodler verlor mit 14 Jahren auch seine Mutter an Tuberkulose. Um 1868 begann er eine Lehre beim Vedutenmaler Ferdinand Sommer in Thun, in dessen Atelier er nach Werken von François Diday und Alexandre Calame Landschaftsbilder für Touristen malte. Hodler brach seine Lehre ab und zog nach Langenthal, wo er seinen Lebensunterhalt mit dem Verkauf von Landschaftsansichten verdiente, die er ab 1871 signierte.
Im Jahr 1872 ging Hodler nach Genf, um sich weiterzubilden: Im Musée Rath kopierte er Gemälde von Diday und Calame und bekam ab 1873 einen fünfjährigen Freiplatz in der Malereiklasse von Barthélemy Menn, dem Direktor der École des Beaux-Arts. In den folgenden Jahren nahm Hodler regelmäßig an Ausschreibungen, Wettbewerben und Ausstellungen im In- und Ausland teil, reiste nach Paris und Madrid und besuchte in Genf Vorträge und Kurse über Anatomie, Philosophie, Literatur, Englisch, Physik und Mechanik. Er begann sich vermehrt der Freilichtmalerei zu widmen und bezog 1881 ein Atelier in der Grand-Rue 35.
Ab 1885 tauschte er sich mit befreundeten Künstlern und Literaten regelmäßig über idealistische und symbolistische Inhalte aus und wurde künstlerisch erfolgreicher. Zwar wurde Hodler 1890 die Ausstellung seines ersten monumentalen Hauptwerks Die Nacht (1889/90, Kunstmuseum Bern) im Musée Rath aus sittlichen Gründen verwehrt, jedoch konnte er das Gemälde auf eigene Initiative im Genfer Wahlgebäude öffentlich präsentieren. Im Frühjahr 1891 nahm die Jury des »Salon du Champ-de-Mars« – darunter auch Pierre Puvis de Chavannes und Auguste Rodin – Die Nacht einstimmig zur Ausstellung in Paris an. Es folgten diverse Ausstellungsbeteiligungen wie zum Beispiel im »Salon Rose + Croix« in der renommierten Pariser Galerie Durand-Ruel.
Hodler beschäftigte sich in seinem Werk zunehmend mit der pantheistischen Einheit von Mensch und Natur. Sein moderner Freskenentwurf zum Thema Rückzug von Marignano für den Waffensaal des Züricher Landesmuseums sorgte 1897 für heftige Diskussionen. Der aufwendige Auftrag war so umfangreich, dass er sogar die Einladung von Gustav Klimt zur »I. Ausstellung« der Wiener Secession ausschlug.
Internationaler Durchbruch und Wiener Netzwerk
Sein internationaler Durchbruch kam 1899 mit seiner Teilnahme an der Biennale in Venedig, 1900 mit der »Weltausstellung Paris«, auf der er das Gemälde Der Tag ausstellte und eine Goldmedaille erhielt sowie mit seiner Mitgliedschaft der Berliner Secession. Im gleichen Jahr präsentierte er die Marignano-Seitenfelder auf der wegweisenden »VIII. Ausstellung« der Secession in Wien, die sich dem Kunstgewerbe widmete und die Wendung zur Stilkunst bewirkte. Die Secession ernannte ihn zum korrespondierenden Mitglied und zeigte 1901 auf der »XII. Ausstellung« Hodlers Gemälde Der Auserwählte (1893/94, Kunstmuseum Bern) und Der Frühling (1900/01, Museum Folkwang Essen) gemeinsam mit Werken von Jan Toorop und Fernand Khnopff.
Weiters verweilte Hodler im Winter 1903 auf Einladung Dr. Anton Loews – dem Begründer des berühmten Sanatorium Loew – für sieben Wochen in Wien, um eine Replik der von ihm angekauften Erstfassung von Der Auserwählte zu malen. Auf der Rückreise hielt er sich in München auf und wurde auf Empfehlung Max Klingers als korrespondierendes Mitglied der Münchener Sezession aufgenommen. Im Juni reisten Carl Moll und Koloman Moser zu Hodler in die Schweiz, um Gemälde für die »XIX. Ausstellung« der Wiener Secession auszusuchen. Hier war er 1904 als Ehrengast mit 31 Werken vertreten und entwarf das Ausstellungsplakat. Journalisten wie Franz Servaes, Ludwig Hevesi und Berta Zuckerkandl berichteten enthusiastisch über sein Œuvre, das die Wiener Kunstszene nachhaltig beeinflussen sollte. Während seines Aufenthaltes logierte er gemeinsam mit seiner Frau Berthe Hodler im von Josef Hoffman gestalteten Haus des Industriellen und Fotografen Friedrich Viktor Spitzer auf der Hohen Warte und verkehrte mit den über die Secession bekannten Künstlern und Nachbarn der »Künstlerkolonie« Carl Moll, Kolo Moser, Hugo Henneberg und dem Sammler Carl Reininghaus.
Dem Austritt der sogenannten Klimt-Gruppe aus der Secession folgten im April 1906 auch einige korrespondierende Mitglieder, wie u.a. Ferdinand Hodler. Ein weiterer Berührungspunkt mit Gustav Klimt war die »II. Ausstellung des Deutschen Künstlerbundes« 1905. Hier erhielten beide Maler einen eigenen Saal, Hodler war mit 12 Werken vertreten und fungierte zudem als Jurymitglied.
Er verfasste ab 1907 ästhetische Notizen zum »Parallelismus«, seinem Kompositionsprinzip, das er nach eigener Aussage 1909 im Thunersee mit symmetrischer Spiegelung (1909, Musée d’art et d’histoire, Genf) am besten angewendet hatte. Im Winter 1909/10 organisierte Moll als Leiter der Galerie Miethke eine Einzelausstellung, wobei Hodler bereits 1905 die Reproduktionsrechte an seinen Werken an die Galerie, die zudem als Verlag agierte, abtrat.
Hodler pflegte Freundschaften zu Künstlern wie Emil Orlik, Auguste Rodin und Hoffmann, wobei Letzterer 1913 die Einrichtung seiner luxuriösen Wohnung am Quai du Mont-Blanc 29 in Genf gestaltete, die die Wiener Werkstätte ausführte. Nach Ausbruch des ersten Weltkrieges unterzeichnete Hodler 1914 ein Manifest gegen die Bombardierung der Kathedrale Notre Dame in Reims durch deutsche Truppen, was zu seinem Ausschluss aus allen deutschen Künstlerverbänden führte. Von 1916 bis 1917 gab er Zeichenunterricht an der Genfer École des Beaux-Arts, malte vermehrt Gebirgslandschaften und sein Umgang mit Formen, Farben und Linien wurde freier.
Ferdinand Hodler erhielt zahlreiche Preise und Ehrentitel, war Mitglied in Künstlerverbänden im In- und Ausland und das Kunsthaus Zürich zeigte 1917 seine umfassendste Retrospektive mit rund 600 Werken. Im Kunsthaus Zürich eröffnete 1918 auch die von Moll kuratierte Ausstellung »Ein Jahrhundert Wiener Malerei«, in der 15 Klimt-Werke in einem eigenen Saal gezeigt wurden. Laut Berta Zuckerkandl beschwor Hodler sie bereits 1917, »[…] eine Klimtausstellung in der Schweiz in die Wege zu leiten.«.
Nicht nur seine Eltern und Geschwister schieden früh aus seinem Leben, er verlor auch zwei Geliebte und Modelle – Augustine Dupin, die Mutter des Sohnes Hector und Valentine Godé-Darel, die Mutter der Tochter Pauline Valentine (genannt Paulette) – die er beide am Sterbebett malte. Nach einer kurzen Ehe mit Bertha Stucki (zwischen 1889‒1891), heiratete er 1898 Berthe Jacques, mit der er bis zu seinem Tod am 19. Mai 1918 zusammenlebte.
Literatur und Quellen
- Franz Servaes: Sezession. Der Monumentalmaler Hodler, in: Neue Freie Presse, 19.01.1904, S. 1-4.
- Beatrice Meier: Ferdinand Hodler, in: Historisches Lexikon der Schweiz. hls-dhs-dss.ch/de/articles/019084/2006-11-06/ (08.05.2020).
- Hans-Peter Wipplinger (Hg.): Ferdinand Hodler. Wahlverwandtschaften von Klimt bis Schiele, Ausst.-Kat., Leopold Museum (Museums Quartier, Wien), 13.10.2017–22.01.2018, Wien 2017.
- Brief mit Kuvert von der Vereinigung bildender Künstler Österreichs in Wien an Ferdinand Hodler in Bern, unterschrieben von Gustav Klimt (20.12.1897). FH-1020-0167.
- Berta Zuckerkandl: Wien, in: Die Kunst für Alle. Malerei, Plastik, Graphik, Architektur, 19. Jg. (1903/04), S. 286.
- N. N.: Austritt aus der Wiener Secession, in: Deutsches Volksblatt, 22.04.1906, S. 10.
- Berta Zuckerkandl: Ein Jahrhunder Wiener Malerei, in: Fremden-Blatt, 01.06.1918, S. 1-2.
- Ferdinand Hodler. Catalogue raisonné der Gemälde. www.ferdinand-hodler.ch/hodler.aspx (25.04.2022).
- Tobias G. Natter, Niklaus Manuel Güdel, Monika Mayer, Elisabeth Schmuttermeier, Rainald Franz (Hg.): Hodler, Klimt und die Wiener Werkstätte, Ausst.-Kat., Kunsthaus Zürich (Zürich), 21.05.2021–29.08.2021, Zürich 2021.
- Monika Meyer: Der »unbekannte« Anton Loew. Anmerkungen zur Provenienz von Gustav Klimts Judith I, in: Tobias G. Natter, Niklaus Manuel Güdel, Monika Mayer, Elisabeth Schmuttermeier, Rainald Franz (Hg.): Hodler, Klimt und die Wiener Werkstätte, Ausst.-Kat., Kunsthaus Zürich (Zürich), 21.05.2021–29.08.2021, Zürich 2021, S. 80-95.
- Regula Bolleter: Wien 1904, in: Oskar Bätschmann, Paul Müller (Hg.): Ferdinand Hodler. Catalogue raisonné der Gemälde., Band 4, Zürich 2018, S. 121-131.
- Andreas Beyer, Bénédicte Savoy, Wolf Tegethoff (Hg.): Allgemeines Künstler-Lexikon. Die bildenden Künstler aller Zeiten und Völker, Band LXXXIII, Berlin - New York 2014, S. 480.

Josef Hoffmann

Josef Hoffmann, in: Deutsche Kunst und Dekoration, Band 62 (1928/29).
© Universitätsbibliothek Heidelberg

Begräbnis von Gustav Klimt auf dem Hietzinger Friedhof, 09.02.1918, Verbleib unbekannt
© APA-PictureDesk

Josef Hoffmann: Grabentwurf für Gustav Klimt
© Kupferstichkabinett der Akademie der bildenden Künste Wien

Gustav Klimt in Gesellschaft im Garten der Villa Moll auf der Hohen Warte, Mai 1905, Österreichische Nationalbibliothek, Bildarchiv und Graphiksammlung
© Österreichische Nationalbibliothek, Wien

Josef Hoffmann: Siegelstempel von Gustav Klimt, ausgeführt von der Wiener Werkstätte, vermutlich um 1911, Klimt-Foundation
© Klimt-Foundation, Wien

Gustav Klimt bei einem Kostümfest in der Kellerstube des Landhauses der Familie Primavesi in Winkelsdorf, vermutlich 30.12.1917-03.01.1918, MAK - Museum für angewandte Kunst, Archiv der Wiener Werkstätte
© MAK
Josef Hoffmann, innovativer Designer und Architekt, zählte zu den wichtigsten Persönlichkeiten der Wiener Moderne. Mit Gustav Klimt, der Wiener Secession und der Wiener Werkstätte schuf er bis ins kleinste Detail konzipierte Gesamtkunstwerke.
Josef Hoffmanns Lehrjahre und seine Berufung
Josef Hoffmann wurde am 15. Dezember 1870 in Pirnitz (heute: Brtnice) geboren. Wie Gustav Mahler und Adolf Loos ging er in Iglau (heute: Jihlava) zur Schule. Nach dem Besuch der Höheren Staatsgewerbeschule in Brünn (heute: Brno) – wiederum gemeinsam mit Loos – und einem Baupraktikum in Würzburg studierte er von 1892 bis 1895 an der Akademie der bildenden Künste Wien. Er lernte bei Carl Freiherr von Hasenauer und nach dessen Tod bei Otto Wagner. Für seine Leistungen erhielt er den prestigeträchtigen »Rompreis«, der ihm 1895/96 einen Italien-Aufenthalt ermöglichte. Neben Venedig, Rom und Neapel verweilte Hoffmann auch auf Capri. Die dort vorgefundene simple, ländliche Architektur prägte seinen Stil wesentlich. Nach seiner Rückkehr war er in Wagners Atelier tätig. Ab 1899 leitete Hoffmann auf Wagners Empfehlung die Fachklasse für Architektur an der k. k. Kunstgewerbeschule. Kolo Moser trat zeitgleich seine vorerst provisorische Stelle an dieser Universität an.
Josef Hoffmann und Gustav Klimt
Die erste Begegnung mit Klimt fand vermutlich in den frühen 1890er-Jahren statt. Hoffmann war maßgeblich an den Gründungen des Siebener Club und der Wiener Secession beteiligt. Diese Zeit der künstlerischen Neuorientierung beschrieb er folgendermaßen:
»Die Zusammenkünfte mit den befreundeten Malern, Architekten und Bildhauern begannen immer mehr neue Wege zu weisen […]. Klimt, Moll […] Wagner, Olbrich wollten von dem gewohnten Ausstellungswesen im Künstlerhaus nichts mehr wissen, es kam zum gemeinsamen Austritt und zur Gründung der Wiener Secession«.
Hoffmann avancierte, neben Moser, zu einem der bedeutendsten Ausstellungsgestalter dieser avantgardistischen Vereinigung und war für die Konzeption der Zeitschrift Ver Sacrum mitverantwortlich. 1905, nach einigen erfolgreichen Jahren, trat er schließlich gemeinsam mit der Klimt-Gruppe aus.
Bis zum Tod des Malergenies waren die beiden Kreativen durch ein inniges künstlerisches und amikales Verhältnis verbunden. Hoffmann nahm, wie viele Wegbegleiter:innen Klimts an seinem Begräbnis am 9. Februar 1918 teil. Noch um 1935 entwarf er eine Grabstele für Klimt, die jedoch nie zur Ausführung kam.
Innenarchitektonische Klimt-Hoffmann Konglomerate
Ab 1900 konzipierte »Quadratl-Hoffmann« die Künstlerkolonie Hohe Warte. Er entwarf das Doppelhaus Moser-Moll (1900/01) und die Häuser Henneberg und Spitzer (1901–1903). Im Haus Henneberg zeigte sich das an Finesse nicht zu übertreffende Zusammenspiel von Hoffmanns Innenraum-Design und Klimts Kunst am Beispiel der Inszenierung des Werkes Porträt Marie Henneberg (1901/02, Kulturstiftung Sachsen-Anhalt – Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale)). Wenige Jahre später folgten weitere Wohnbauten in dieser Siedlung, wie etwa die Villa Eduard Ast (1909–1911). Das Damenzimmer dieses Hauses war die ideale Bühne für Klimts Danae (1907/08, Privatbesitz).
Ab spätestens 1905 widmete sich Hoffmann gemeinsam mit u.a. Klimt der Umsetzung der Inkunabel des Gesamtkunstwerkes: dem Palais Stoclet in Brüssel. 1906 besuchten sie nach einem Aufenthalt in London zusammen die Baustelle dieses Tempels der Wiener Werkstätte. Hoffmann stand mit Klimt in besonders engem Austausch, als dieser mit der Konzeption für den Stocletfries (1905–1911, Privatbesitz), dem Herzstück des Palais, beschäftigt war.
Ein weiteres gelungenes Klimt-Hoffmann Konglomerat war das von dem kongenialen Allgestalter geschaffene Speisezimmer der Familie Knips in ihrer Döblinger Villa (1924–26), in welchem Klimts Porträt Sonja Knips (1897/98, Belvedere, Wien) eine vollendete Präsentation erfuhr.
Hoffmann als Ausstellungsdesigner
Dieses erste Porträt in quadratischem Format von Klimt wurde auch 1900 in den von Hoffmann gestalteten Räumlichkeiten des Grand Palais im Zuge der »Weltausstellung« in Paris präsentiert. Darüber hinaus stellte der Maler Pallas Athene (1898, Wien Museum, Wien) sowie sein Fakultätsbild Die Philosophie (1900–1907, 1945 in Schloss Immendorf verbrannt) aus. In Wien verachtet, erhielt Klimt in Paris dafür die Goldmedaille.
Für die berühmte »XIV. Ausstellung der Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession«, der sogenannten »Beethoven-Ausstellung«, im Jahr 1902 hatte Hoffmann die künstlerische Gesamtleitung und Raumgestaltung über.
Zwei Jahre später erstellte er Entwürfe für die Räumlichkeiten der Secession auf der als Weltausstellung konzipierten »Louisiana Purchase Exposition« in San Louis. Aufgrund der geringen Größe des zur Verfügung gestellten Raumes lag der Fokus bei diesen Konzepten auf der monumentalen Präsentation von Klimts Fakultätsbildern. Der Entwurf wurde vom k. k. Ministerium für Kultur und Unterricht abgelehnt. Weitere Unstimmigkeiten folgten, weswegen die Secession ihre Teilnahme schließlich zurückzog.
1907 zeichnete Hoffmann für die Gestaltung der Räume für die »Jubiläums-Ausstellung« in Mannheim verantwortlich, wo Klimt seine Werke Die drei Lebensalter (1905, Galleria Nazionale d’Arte Moderna e Contemporanea, Rom), Porträt Adele Bloch-Bauer I (1907, Neue Galerie New York, New York) und Porträt Fritza Riedler (1906, Belvedere, Wien) präsentierte. Ab Ende desselben Jahres hatte er die architektonische Gesamtkonzeption der epochalen »Kunstschau Wien« inne. In dem zur Etablierung dieser Formation gegründeten Bund österreichischer Künstler, dem Klimt als Präsident vorstand, fungierte Hoffmann als Vizepräsident.
1911 entwarf Hoffmann den nicht mehr erhaltenen, durch klassische Architekturzitate definierten Österreich-Pavillon für die »Internationale Kunstausstellung« in Rom. Er erinnerte sich:
»1912 [!] durfte ich in Rom das österreichische Ausstellungsgebäude erbauen. […] Von den Malern wurde vor allem Gustav Klimt das erste Mal vor einem internationalen Publikum gezeigt.«
Klimt, der zuvor bereits auf anderen internationalen Schauen präsent war, war mit acht Gemälden vertreten und wurde mit einem Geldpreis ausgezeichnet.
Hoffmann und die Wiener Werkstätte
Zu den wichtigsten Aufträgen der 1903 von Hoffmann, Moser und Fritz Waerndorfer gegründeten Wiener Werkstätte zählten u.a. die Gesamtausstattung des Modesalons »Schwestern Flöge« (1904), das Sanatorium Purkersdorf (1904–1906), das Kabarett Fledermaus (1907) und das bereits erwähnte Brüsseler Palais Stoclet.
Klimts Beteiligung an und Nähe zu diesen Projekten steht außer Frage, darüber hinaus war er selbst Kunde dieser innovativen Produktionsgemeinschaft. Er erwarb mehrere Schmuckstücke für sich und Emilie Flöge. Einige Entwürfe dieser Kleinodien stammten von Hoffmann selbst wie etwa für Klimts Siegelstempel oder auch seine Krawattennadel. Hoffmann respektive die Wiener Werkstätte stellte zudem für das Atelier des Meisters in der Josefstädter Straße 21 um 1904 Mobiliar zur Verfügung, das 1911 in das letzte Studio Klimts in die Feldmühlgasse 11 (ehemals 9) übersiedelt wurde.
Hoffmann, Klimt und die Familie Primavesi
Kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges, als die Wiener Werkstätte an Rentabilität einbüßte, trat Hoffmann mit Familie Primavesi in Kontakt. Folglich errichtete er die Villa Skywa-Primavesi (1913–1915) in Wien-Hietzing und das nicht mehr erhaltene Landhaus Primavesi (1913/14) in Winkelsdorf (heute: Koutny nad Desnou). In erwähntem Landsitz fanden regelmäßig gesellige Zusammenkünfte statt. Auch Klimt, der in dieser Familie ebenfalls wichtige, amikal verbundene Mäzene fand, war dort gern gesehener Gast. So verbrachte er etwa auch seinen letzten Jahreswechsel 1917/18 gemeinsam mit Hoffmann, Anton Hanak und weiteren Wegbegleiter:innen auf diesem Landsitz. Hoffmann erinnerte sich an die legendären Feste in Winkelsdorf:
»Es mußte offiziell bald schlafen gegangen werden. Trotzdem versammelte sich die Gesellschaft heimlich mit dem Hausherrn in den unteren Räumlichkeiten, wo es bei guten Weinen hoch herging […]. Auch Klimt genoß unverdrossen diese freundliche Runde […]«.
Hoffmanns letzte Jahrzehnte
Nach Ende des Ersten Weltkrieges erhielt Hoffmann kaum Aufträge. In den 1920er-Jahren führte er einige Villen-Aufträge aus und betätigte sich im Bereich des Ausstellungsdesigns. Dazu zählte etwa der mit Peter Behrens, Oskar Strnad und Josef Frank konzipierte österreichische Pavillon für die »Exposition Internationale des Arts Décoratifs et Industriels Moderns« 1925 in Paris. 1934 wurde Hoffmanns Entwurf des Österreich Pavillons für die »Biennale Venedig« umgesetzt. Dem sozialen Wohnbau wandte er sich ebenfalls zu.
Im Jahr 1937 musste Hoffmann emeritieren. Den »Anschluss« Österreichs betrachtete der Designer als Möglichkeit, das Wiener Kunstgewerbe neu zu positionieren. Er erhielt einige Aufträge und versuchte aus der vorhandenen Anerkennung ihm gegenüber zu profitieren. Nach Kriegsende war Hoffmann hauptsächlich mit der Kommissionsleitung der Biennale in Venedig und einer erneuten Lehrtätigkeit betraut.
1955, zum 50jährigen Bestehen des Palais Stoclet betrat Hoffmann ein letztes Mal sein Hauptwerk. Ein Jahr später, am 7. Mai 1956 verstarb er. Josef Hoffmann fand seine letzte Ruhestätte am Wiener Zentralfriedhof in einem von Fritz Wotruba gestalteten Ehrengrab.
Literatur und Quellen
- Maria Hussl-Hörmann: Gustav Klimt und Josef Hoffmann Wegkreuzungen, in: Agnes Husslein-Arco, Alfred Weidinger (Hg.): Gustav Klimt – Josef Hoffmann. Pioniere der Moderne, Ausst.-Kat., Oberes Belvedere (Wien) - Unteres Belvedere (Wien), 25.10.2011–04.03.2012, München 2011, S. 16-35.
- Ernst Ploil: Die Ateliereinrichtung des Gustav Klimt, in: Agnes Husslein-Arco, Alfred Weidinger (Hg.): Gustav Klimt – Josef Hoffmann. Pioniere der Moderne, Ausst.-Kat., Oberes Belvedere (Wien) - Unteres Belvedere (Wien), 25.10.2011–04.03.2012, München 2011, S. 300-309.
- Agnes Husslein-Arco, Alfred Weidinger (Hg.): Gustav Klimt – Josef Hoffmann. Pioniere der Moderne, Ausst.-Kat., Oberes Belvedere (Wien) - Unteres Belvedere (Wien), 25.10.2011–04.03.2012, München 2011.
- Christoph Thun-Hohenstein, Matthias Boeckl, Christina Witt-Dörring (Hg.): Wege der Moderne / Ways to Modernism. Josef Hoffmann, Adolf Loos und die Folgen / and Their Impact, Ausst.-Kat., MAK – Museum für angewandte Kunst (Wien), 17.12.2014–19.04.2015, Wien 2015.
- Eva B. Ottillinger (Hg.): Wagner, Hoffmann, Loos und das Möbeldesign der Wiener Moderne. Künstler, Auftraggeber, Produzenten, Ausst.-Kat., Hofmobiliendepot - Möbel Museum Wien (Wien), 21.03.2018–07.10.2018, Wien - Köln - Weimar 2018.
- Peter Noever, Marek Pokorný (Hg.): Josef Hoffmann. Selbstbiographie, Ostfildern 2009, S. S. 21f, S. S. 33.
- Marianne Hussl-Hörmann: Gustav Klimt und Josef Hoffmann, in: Agnes Husslein-Arco, Alfred Weidinger (Hg.): Gustav Klimt – Josef Hoffmann. Pioniere der Moderne, Ausst.-Kat., Oberes Belvedere (Wien) - Unteres Belvedere (Wien), 25.10.2011–04.03.2012, München 2011, S. 18-34.
- Rainald Franz: Gustav Klimt und Josef Hoffmann als Reformer der grafischen Künste in der Gründungsphase der Secession und Wiener Werkstätte, in: Agnes Husslein-Arco, Alfred Weidinger (Hg.): Gustav Klimt – Josef Hoffmann. Pioniere der Moderne, Ausst.-Kat., Oberes Belvedere (Wien) - Unteres Belvedere (Wien), 25.10.2011–04.03.2012, München 2011, S. 38-49.
- Christoph Thun-Hohenstein, Matthias Boeckl, Rainald Franz, Christian Witt-Dörring (Hg.): Josef Hoffmann. 1870–1956. Fortschritt durch Schönheit, Ausst.-Kat., MAK – Museum für angewandte Kunst (Wien), 15.12.2021–19.06.2022, Basel 2021, S. 109-117.
- Vereinigung bildender KünstlerInnen Wiener Secession (Hg.): Ver Sacrum. Mitteilungen der Vereinigung bildender Künstler Österreichs, 6. Jg., Sonderband 3 (1903).

Franz Hohenberger

Franz Hohenberger
© Österreichische Nationalbibliothek, Wien
Als österreichischer Maler bereiste Franz Hohenberger neben Europa auch Indien, China und Japan. Mehrere Jahre bekleidete er das Amt des Präsidenten der Wiener Secession und war während des Ersten Weltkriegs als Kriegsmaler tätig.
Franz Hohenberger wurde am 14. August 1867 in Wien geboren. Seine Ausbildung begann er an der Zeichenschule des Malers Joseph Eugen Hörwarter. Von 1883 bis 1886 besuchte er die k. k. Akademie der bildenden Künste in Wien, wo er von August Eisenmenger, Christian Griepenkerl und Siegmund L’Allemand unterrichtet wurde. Anschließend widmete er sich unter der Anleitung von Leopold Carl Müller bis 1891 der Historienmalerei.
Hohenberger und die Wiener Secession
Bereits während seiner Studienzeit zählte er zum Kern der losen Künstlergruppe Hagengesellschaft, zu deren Mitgliedern auch Rudolf Bacher, Josef Engelhart, Maximilian Lenz und Moriz Nähr gehörten. Für zwei Jahre lebte Hohenberger in Paris, wo er sich intensiv mit der Kunst des Impressionismus beschäftigte. 1895 bereiste er Indien, China und Japan als Begleitung des Autors und Kunstsammlers Adolf Fischer aus Berlin. In Folge sollte er den Großteil der Illustrationen für dessen Publikation Bilder aus Japan anfertigen.
1897 kehrte er nach Europa zurück und ließ sich nach einem kurzen Zwischenaufenthalt in Dresden schließlich wieder in Wien nieder. Bereits 1898 trat er der Wiener Secession als ordentliches Mitglied bei. Nach dem Austritt der Klimt-Gruppe 1905, fungierte er von 1906 bis 1908 sogar als deren Präsident.

Briefe aus Japan von Franz Hohenberger, in: Vereinigung bildender KünstlerInnen Wiener Secession (Hg.): Ver Sacrum. Mitteilungen der Vereinigung bildender Künstler Österreichs, 3. Jg., Heft 3 (1900).
© Universitätsbibliothek Heidelberg
Besonders das Fachwissen des Künstlers um ostasiatische Kunst, das er auf seinen Studienreisen erworben hatte, wurde von seinen Kollegen geschätzt. Daher ist es wenig verwunderlich, dass er 1900 als Teil der Hängekomission für die »VI. Secessionsausstellung« – die der Japanischen Kunst gewidmet war – fungierte. Sein Anteil an den Ausstellungsvorbereitungen dürfte erheblich gewesen sein. Nicht nur wurden Hohenbergers eigene Reiseskizzen gezeigt, alle übrigen Exponate stammten aus der Sammlung seines Bekannten und ehemaligen Reisepartners Adolf Fischer. Zudem wurden Briefe des Künstlers aus Japan gemeinsam mit Ansichten der Ausstellung in der Vereinszeitschrift Ver Sacrum publiziert. Die gesamte Schau hatte den Charakter einer Rekapitulation von Hohenbergers Japanreise.
Das Asiatische beeinflusste darüber hinaus nachhaltig die Wahl seiner Bildthemen. So reihte sich der Maler in die damals moderne Strömung des Japonismus. 1903 gestaltete er beispielsweise einen Temperafries für einen Empfangsraum mit dem Titel Miakadori, Kirschblütentanz im Theater von Kyoto.
VI. Secessionsausstellung - Japanische Kunst
Mit seinen Secessionskollegen Josef Engelhart und Maximilian Lenz arbeitete er außerdem an diversen gemeinsamen Projekten zusammen. Zu den wichtigsten Aufträgen gehören die Gestaltung der vom Architekturbüro Fellner & Helmer entworfenen Fassade des Annahofes in Wien 1894, 1897 Arbeiten für die Wiener Urania und 1913 die Mitarbeit am Raimund-Zyklus in Schloss Kogl im Attergau.

Franz Hohenberger: Plakat für die Zeichen- und Malschule am Kohlmarkt I, 1902
© ALBERTINA, Wien
Lehrer und Kriegsmaler
Zeitgleich zu seinem Engagement in der Secession gründete Hohenberger 1902 gemeinsam mit Ferdinand Kruis die »Zeichen- und Malschule Kruis-Hohenberger« am Kohlmarkt 1. Das Unterfangen war sehr erfolgreich, schon nach einem Jahr konnte die Schule neunzig Schüler und Schülerinnen verzeichnen. Hohenberger war außerdem als Zeichenlehrer für die Familie von Karl Wittgenstein, einem berühmten Kunstsammler und Mäzen der Secession sowie Gustav Klimts, tätig. 1908 kam es jedoch zu einem Zerwürfnis des Malers mit den Wittgensteins aufgrund eines Rechtsstreits um die Urheberrechte eines Auftragswerkes für das Schloss Hochreith.
Die Zeichen- und Malschule löste sich bedingt durch Hohenbergers Einberufung als Kriegsmaler in Lublin auf. Dort hatte man ihm ein großes Atelier eingeräumt. In dieser Zeit entstanden kriegsbezogene Werke wie das Monumentalbild Befreiung Polens durch die Proklamation von Warschau. Dieses zeigte er gemeinsam mit 140 seiner Arbeiten in einer Ausstellung im November 1917, die er zugunsten des Lublianer Kinderheims organisiert hatte.
Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wurde er zum Professor ernannt und engagierte sich für das Kunstleben in Wien. So sprach er sich beispielsweise 1919 öffentlich gegen die von Italien erhobenen Ansprüche auf österreichischen Kunstbesitz aus. Auf den Ausstellungen der Secession war er ebenfalls weiterhin mit seinen Werken vertreten. 1938 wurde er zudem Mitglied des Künstlerhauses.
Franz Hohenberger verstarb am 17. Dezember 1942 in Wien. Seine letzte Ruhestätte fand er am Friedhof in Kagran.
Literatur und Quellen
- Österreichisches Biographisches Lexikon. Franz Hohenberger. www.biographien.ac.at/oebl/oebl_H/Hohenberger_Franz_1867_1941.xml (14.05.2020).
- N. N.: Theater und Kunst. (Von der Secession), in: Das Vaterland. Zeitung für die österreichische Monarchie, 07.05.1898, S. 4.
- Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession (Hg.): Katalog der VI. Ausstellung Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession, Ausst.-Kat., Secession (Wien), 20.01.1900–05.02.1900, Wien 1900.
- Vereinigung bildender KünstlerInnen Wiener Secession (Hg.): Ver Sacrum. Mitteilungen der Vereinigung bildender Künstler Österreichs, 3. Jg., Heft 3 (1900).
- Die Zeit, 12.05.1908, S. 3.
- Reichspost, 05.09.1915, S. 15.
- Neue Freie Presse, 23.09.1905, S. 10.
- Neue Freie Presse, 30.05.1903, S. 11.
- Freie Stimmen. Deutsche Kärntner Landes-Zeitung, 09.02.1917, S. 4.
- Fremden-Blatt, 10.11.1917, S. 16.
- Wiener Zeitung, 28.04.1919, S. 3.

Ludwig Heinrich Jungnickel

Ludwig Heinrich Jungnickel, in: Radio-Wien, 14. Jg., Heft 6 (1937).
© Klimt-Foundation, Wien
Ludwig Heinrich Jungnickel war ein Tier- und Landschaftsmaler sowie Grafiker. Für die räumliche Ausschmückung des Palais Stoclet in Brüssel arbeitete er mit der Wiener Werkstätte und Gustav Klimt zusammen. Zu seinem engeren Bekanntenkreis gehörten der Schriftsteller Arthur Roessler und der Maler Egon Schiele.
Der Grafiker und Maler wurde 1881 im deutschen Oberfranken geboren. Ludwig Heinrich Jungnickel besuchte die Kunstgewerbeschule in München und zog nach einem kurzen Studienaufenthalt in Italien nach Wien. Es folgte ein Studium an der Akademie der bildenden Künste in Wien, das er jedoch wieder abbrach. Stattdessen besuchte er später die Wiener Kunstgewerbeschule des k. k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie (heute: MAK – Museum für angewandte Kunst, Wien), wo er ein Semester lang von Alfred Roller unterrichtet wurde und für die überaus vielseitige Anwendung verschiedener Drucktechniken in seinem späteren Werk vorbereitet wurde. Jungnickel studierte danach für kurze Zeit in München, bevor er nach Wien zurückkehrte, um sein Studium an der Akademie der bildenden Künste wieder aufzunehmen.
Wiener Werkstätte und das Palais Stoclet
Nach der Jahrhundertwende begann Ludwig Heinrich Jungnickel, der bereits während seiner Studienzeit als freischaffender Künstler tätig war, für die Wiener Werkstätte zu arbeiten. In diesem Zeitraum erstellte Jungnickel unter anderem – im Auftrag von Josef Hoffmann – ein dekoratives und über ein Meter hohes Tier- und Blumenfries für ein Kinderzimmer im Palais Stoclet in Brüssel und seine prämierte Farbholzschnittserie Schönbrunner Tiertypen. Zudem beteiligte er sich 1908 an der von Gustav Klimt mit initiierten »Kunstschau Wien« sowie 1911 an der Internationalen Kunstausstellung in Rom, wo er einen Künstlerpreis erhielt.
Tier-Fries im Kinderzimmer des Palais Stoclet

Ludwig Heinrich Jungnickel: Pantherkopf, in: Die Graphischen Künste, 39. Jg., Heft 1 (1916).
© Universitätsbibliothek Heidelberg
Roessler, Schiele und Klimt
1911 verließ Jungnickel seine Wahlheimat für eine Lehrstelle an der Frankfurter Kunstgewerbeschule. Seine Lehrtätigkeiten beendete er jedoch im darauffolgenden Jahr und ging zurück nach Wien, wo er sich dauerhaft niederließ. In Wien hatte Jungnickel unter anderem engen Kontakt mit dem Schriftsteller Arthur Roessler und dem Maler Egon Schiele, dessen Atelier in der Grünbergstraße 31 im 12. Wiener Gemeindebezirk er später bewohnte. Von einem gemeinsamen Ausflug ins niederösterreichische Thallern im Mai 1914 sandte die Reisegesellschaft rund um Roessler und Jungnickel eine Ansichtskarte an ihren Künstlerkollegen Gustav Klimt.
Künstlerexil und Rückkehr in seine Wahlheimat
Jungnickel, der in der Zwischenkriegszeit noch viele Studienreisen unternahm und weiterhin große Erfolge als Grafiker feierte, emigrierte nach dem »Anschluss« Österreichs nach Istrien. Noch bis 1952 lebte er im Exil an der Adriaküste und kehrte danach wieder nach Österreich zurück. Er verstarb schließlich 1965 in Wien.
Literatur und Quellen
- Berta Zuckerkandl: Ludwig Heinrich Jungnickel – Frankfurt, in: Deutsche Kunst und Dekoration, Band 32 (1913), S. 351-361.
- Felix Czeike (Hg.): Historisches Lexikon Wien, Band 3, Wien 1994, S. 401.
- Hans Volllmer (Hg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker, Band XIX, Leipzig 1926, S. 330.
- Walter de Gruyter (Hg.): Allgemeines Künstler-Lexikon. Die bildenden Künstler aller Zeiten und Völker, Band LXXVIII, Berlin 2013, S. 516.
- Deutsches Volksblatt, 03.12.1911, S. 10.
- Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (Hg.): Neue Deutsche Biografie, Band 10, Berlin 1974, S. 689-690.
- Peter Baum: Ludwig Heinrich Jungnickel. Zum Gedenken – Rückblick auf Leben und Schaffen des im Vorjahr verstorbenen Künstlers, in: Alte und moderne Kunst. Österreichische Zeitschrift für Kunst, Kunsthandwerk und Wohnkultur, 11. Jg., Heft 84 (1966), S. 44-45.
- Neues Wiener Journal, 21.10.1918, S. 4.
- Max Eisler: Ludwig Heinrich Jungnickel, in: Dekorative Kunst. Illustrierte Zeitschrift für angewandte Kunst, Band 24 (1916), S. 331-335.
- Amelia Sarah Levetus: The lithographs of Ludwig Jungnickel, in: Studio. International art, Band 90 (1925), S. 228-232.

Fernand Khnopff

Fernand Khnopff, in: Die Graphischen Künste, 23. Jg. (1900).
© Universitätsbibliothek Heidelberg
Der belgische Maler, Grafiker und Fotograf Fernand Khnopff ist einer der wichtigsten Vertreter des Symbolismus. Während seiner Aufenthalte und Ausstellungen in Wien beeindruckte er Gustav Klimt und die anderen Künstler der Wiener Secession so sehr, dass ihm eine eigene Ausgabe der Zeitschrift Ver Sacrum gewidmet wurde.
Fernand Khnopff wurde am 12. September 1858 in eine Familie des gehobenen belgischen Bürgertums hineingeboren. 1866 übersiedelte die gesamte Familie nach Brüssel, wo Khnopff ab 1876 an der Academie Royal des Beaux-Arts bei Jan Portaels und Xavier Mellery lernte. Zunächst schuf er nach dem Vorbild seiner Lehrer vor allem naturalistische Landschaften und Porträts. Gemeinsam mit seinem Bruder, dem Dichter Georges Khnopff, bewegte er sich häufig in literarischen Kreisen.
Im Zuge mehrerer Reisen nach Paris in den späten 1870er Jahren setzte er sich intensiv mit Gemälden alter Meister auseinander, während er auf der Weltausstellung Paris (1889) mit den englischen Präraffaeliten in Kontakt kam. Dieser Stil prägte sein Schaffen von da an maßgeblich. Durch sein reges Interesse an zeitgenössischer Literatur, entwickelte er die Formensprache der Präraffaeliten jedoch weiter zu einer Bildsprache, die psychologische und mystische Inhalte transportierten sollte. Er zählt damit in Belgien zu einem der ersten Künstler des Symbolismus.
Das Werk Khnopffs, der sich bereits in Brüssel als erfolgreicher Porträtmaler etabliert hatte, wurde fortan von zwei Frauentypen dominiert: Die Femme Sphinx als mystisches und gefährliches Halbwesen und deren Konterpart die Femme Ange als himmlische, verträumte Erscheinung.

Fernand Khnopff: I lock my door upon myself, 1891, Neue Pinakothek München
© Bayerische Staatsgemäldesammlungen - Neue Pinakothek München
1883 wurde er zum Mitbegründer der symbolistischen Künstlergruppe Société des Vingt, deren Ziel es war die moderne Kunst zu fördern und der Öffentlichkeit näher zu bringen. Schon 1893 löste sich die Vereinigung allerdings wieder auf.
Zeit seines Lebens nahm Khnopff an diversen internationalen Ausstellungen teil, was ihm zu europaweitem Erfolg verhalf. Außerdem fertigte er Illustrationsgrafiken für mehrere internationale Magazine wie The Studio sowie für die Werke bekannter symbolistischer Literaten wie Stéphane Mallarmé.

Fernand Khnopff auf der I. Secessionsausstellung, in: Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession (Hg.): Katalog der I. Kunstausstellung der Vereinigung bildender Künstler Österreichs, Ausst.-Kat., Blumensäle der k. k. Gartenbaugesellschaft (Wien), 26.03.1898–20.06.1898, Wien 1898.
© Bibliothek des Belvedere, Wien
Fernand Khnopff in Wien
Khnopff stellte 1895 das erste Mal in Wien im Rahmen der »XXIII. Jahresausstellung der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens« aus, auf der sein Werk Memories [Erinnerungen] (1889, Musees Royaux des Beaux-Arts, Brüssel) mit der Goldmedaille ausgezeichnet worden war. Schon davor waren seine Werke durch Publikation in diversen Zeitschriften in Österreich bekannt geworden.
Kurz nach Gründung der Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession 1898 wurde der moderne belgische Künstler zu einem korrespondierenden Mitglied der jungen Künstlerbewegung ernannt. Noch im Frühjahr desselben Jahres reiste er nach Wien um an der ersten Ausstellung der Vereinigung teilzunehmen, wo er mit 20 Werken (16 Gemälden und 4 Skulpturen) vertreten war. Laut eines Berichtes des Kunstkritikers Ludwig Hevesi war der Künstler - den er bezeichnender Weise den »Ober-Mystiker« nannte - sowohl beim Wiener Publikum als auch bei den Künstlern der Wiener Secession sehr wohlwollend aufgenommen worden: »Nun Fernand Khnopff war kürzlich in Wien. Die Jungen haben ihn auf Händen getragen und bei herzlichem Gelage gefeiert.«
Die Verehrung Khnopffs sowohl seitens der jungen Secessionisten als auch der Wiener Gesellschaft führte dazu, dass diesem eine ganze Ausgabe der Zeitschrift Ver Sacrum gewidmet wurde. Fernand Khnopff selbst gestaltete die Grafiken für die 12. Ausgabe des 1. Jahrgangs 1898. Nach der erfolgreichen Teilnahme an der ersten Secessionsausstellung nahm Khnopff auch an der zweiten Ausstellung der Vereinigung mit sieben Werken teil, darunter eines seiner Hauptwerke: L’encens [Weihrauch] (um 1898, Musée d‘Orsay). Bis 1911 beteiligte sich der Belgier noch an zahlreichen weiteren Ausstellungen der Wiener Secession.
Gustav Klimt und Fernand Khnopff
Für das Schaffen der jungen Secessionisten war Khnopff mit Sicherheit ein wichtiges Vorbild. Vor allem in jenen Werken Gustav Klimts, die um 1900 entstanden, ist der Einfluss des belgischen Malers deutlich spürbar. Vergleicht man Khnopffs 1898 in der Secession ausgestellten Werke mit dem Œuvre Klimts, so wird deutlich wie sehr die Gemälde des Symbolisten Klimt als Inspirationsquelle dienten.
Khnopffs Acrasia (The Faerie queene) (1892, Musée royeaux des Beaux Arts, Brüssel), zeigt eine rothaarige, stehende, nackte Frau, die von einem fließenden, blauen Tuch umspielt wird. Die ganze Darstellung scheint zu flimmern, was dem Gemälde eine mystische Qualität verleiht. Im Jahr drauf präsentierte Klimt seine Nuda Veritas (1899, Theatermuseum, Wien), ebenfalls eine rothaarige, stehende, nackte Frauengestalt. Das blaue Tuch aus Khnopffs Acrasia findet seine Entsprechung in einer bewegten Wassersphäre im Hintergrund. Generell bedient sich Klimt in seinen frühen, allegorischen Gemälden desselben Frauentypus wie Khnopff (rothaarige, blauäugige Frauen mit blasser Haut, die dem englischen Idealtypus entsprechen) und übernimmt auch dessen flimmernde, fast schon körnige Malweise. Das Versetzen des Betrachters in eine Art mystische Trance ist hierbei das Ziel.
Ein derartiger Vergleich lässt sich auch in den Landschaftsbildern fortsetzen. Beide Künstler schufen diese vorwiegend in ihren Sommerfrischedomizilen, wobei sich der Belgier von der Umgebung in Fosset und Klimt von der Atterseeregion inspirieren ließ. Khnopff präsentierte 1898 Eau calme [Stilles Wasser] (um 1894, Privatbesitz) in Wien, worauf Klimt mit ein Morgen am Teiche (1899, Leopold Museum, Wien) reagierte. Khnopffs A Fosset. Sous les sapins [Tannen (in Fosset)] (1894, Musée royeaux des Beaux Arts, Brüssel), diente vermutlich als Inspiration für Klimts Tannenwald I (1901, Kunsthaus Zug, Stiftung Sammlung Kamm) und Tannenwald II (1901, Privatbesitz).
Klimt und Khnopff
1904 erhielt Khnopff den Auftrag zur Gestaltung von Paneelen für das Musikzimmer des Palais Stoclet in seiner Heimatstadt Brüssel. Hier trafen die beiden Künstler erneut aufeinander, da Gustav Klimt im selben Haus an der Ausstattung des Speisezimmers arbeitete, für welches er 1909 bis 1911 Der Stocletfries (1905–1911, Privatbesitz) schuf.
1913 wurde er zum Mitglied der Academie Royal de Belgique ernannt. Für das Théâtre royal de la Monnaie in Brüssel entwarf Khnopff über einen Zeitraum von fast zehn Jahren Kostüme und Requisiten. Fernand Khnopff starb am 2. November 1921 mit 63 Jahren in Brüssel.
Literatur und Quellen
- Ludwig Hevesi: Acht Jahre Sezession (März 1897–Juni 1905). Kritik – Polemik – Chronik, Wien 1906, S. 15, S. 30-35.
- Agnes Husslein-Arco, Alfred Weidinger (Hg.): Dekadenz. Position des österreichischen Symbolismus, Ausst.-Kat., Unteres Belvedere (Wien), 20.06.2013–13.10.2013, Wien 2013, S. 68-76.
- Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens (Hg.): Katalog der XXIII. Jahresausstellung der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens, Ausst.-Kat., Künstlerhaus (Wien), 30.03.1895–09.06.1895, Wien 1895.
- Vereinigung bildender KünstlerInnen Wiener Secession (Hg.): Ver Sacrum. Organ der Vereinigung bildender Künstler Österreichs, 1. Jg., Heft 12 (1898).
- Vereinigung bildender KünstlerInnen Wiener Secession (Hg.): Ver Sacrum. Organ der Vereinigung bildender Künstler Österreichs, 1. Jg., Heft 2 (1898), S. 28.
- Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession (Hg.): Katalog der I. Kunstausstellung der Vereinigung bildender Künstler Österreichs, Ausst.-Kat., Blumensäle der k. k. Gartenbaugesellschaft (Wien), 26.03.1898–20.06.1898, Wien 1898.
- Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession (Hg.): Katalog der II. Kunst-Ausstellung der Vereinigung bildender Künstler Österreichs, Ausst.-Kat., Secession (Wien), 12.11.1898–28.12.1898, Wien 1898.
- Günter Meissner, Andreas Beyer, Bénédicte Savoy, Wolf Tegethoff: Allgemeines Künstler-Lexikon. Die bildenden Künstler aller Zeiten und Völker, Band LXXX, New York - Berlin 2014, S. 185.
- Hans Vollmer (Hg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker, Band XX, Leipzig 1927, S. 246.

Emma Bacher-Teschner

Emma Teschner mit dem Hausgott der Villa Paulick, um 1911, Sammlung Villa Paulick, courtesy Klimt-Foundation, Wien
© Klimt-Foundation, Wien
Literatur und Quellen
- Tobias G. Natter (Hg.): Die Galerie Miethke. Eine Kunsthandlung im Zentrum der Moderne, Ausst.-Kat., Jüdisches Museum Wien (Wien), 19.11.2003–08.02.2004, Wien 2003.
- Agnes Husslein-Arco, Alfred Weidinger (Hg.): Klimt & Emilie Flöge. Fotografien, Wien 2012, S. 231.
- Markus Kristan: Kunstschau Wien 1908, Wien 2016, S. 22-23.
- Meldezettel, Wiener Stadt- und Landesarchiv, Akt 2.5.1.4.K11.Teschner Richard. 22.3.1879. www.wien.gv.at/actaproweb2/benutzung/archive.xhtml (28.04.2020).
- Wien Geschichte Wiki. Friedrich Georg Paulick. www.geschichtewiki.wien.gv.at/Friedrich_Georg_Paulick (28.04.2020).
- Heinrich R. Scheffler: Richard Teschner. Die Wiener Werkstätte und ihre Exlibris Künstler. www.exlibris-austria.at/03_artikel/03_01_wrwerk.html (07.04.2020).

Ernst Klimt

Ernst Klimt fotografiert von Carl Schuster (Detail), vermutlich 1892
© Klimt-Foundation, Wien
Ernst Klimt zählt, gemeinsam mit seinem Bruder Gustav Klimt und seinem Malerkollegen Franz Matsch, zu den wichtigsten Dekorationsmalern in Wien um 1900. Die bedeutendsten Gemeinschaftsaufträge der sogenannten »Künstler-Compagnie« waren die Deckengemälde für das Wiener Burgtheater sowie die Zwickelbilder im Treppenhaus des Kunsthistorischen Museums.
Ernst Klimt kam am 3. Jänner 1864 in Penzing bei Wien als drittes von insgesamt sieben Kindern des böhmischen Goldgraveurs Ernest Klimt sen. und der Wienerin Anna Klimt (geb. Finster) auf die Welt.
Wie sein zwei Jahre älterer Bruder Gustav war auch Ernst künstlerisch begabt. Ab 1875 nahmen die beiden gemeinsam Unterricht an der k. k. Kunstgewerbeschule (heute: Universität für angewandte Kunst Wien) des Österreichischen Museums für Kunst und Industrie (heute: MAK). Ihre Lehrer waren unter anderem Michael Rieser, Ferdinand Julius Laufberger und Julius Victor Berger. Während ihres Studiums lernten die Brüder Franz Matsch kennen. Die drei talentierten jungen Künstler, gefördert durch ihre Professoren, beschlossen fortan gemeinschaftlich an Aufträgen zu arbeiten. Dies war der Beginn jener Arbeitsgemeinschaft, die in der Forschung allgemein als »Künstler-Compagnie« bezeichnet wird.

Ernst Klimt: Putti mit Rosengirlanden, nicht ausgeführter Entwurf für ein Deckengemälde, vermutlich für einen Dekorationsauftrag der Künstler-Compagnie für das Stadttheater in Karlsbad, 1885, Klimt-Foundation, Wien
© Klimt-Foundation, Wien
Ernst Klimt und die »Künstler-Compagnie«
Ferdinand Laufberger erkannte schnell die Begabung der Brüder Klimt, die sich ursprünglich zu Zeichenlehrern ausbilden lassen wollten. Mit Hilfe eines Stipendiums wurde den jungen Künstlern ab 1878 ein Wechsel an die Fachschule für Zeichnen und Malen ermöglicht. Zusätzlich erhielten sie Gelegenheit an Auftragsarbeiten ihrer Lehrer mitzuwirken. Für ihre Professoren Rieser, Laufberger und Berger fertigten sie Fensterentwürfe für die Votivkirche, Kartons für Sgraffiti im Innenhof des Kunsthistorischen Museums sowie Deckengemälde für das Schlafzimmer der Kaiserin Elisabeth in der Hermesvilla bei Lainz. Aufgrund der engen Zusammenarbeit der beiden Brüder Klimts und Franz Matsch ist eine Händescheidung in dieser Frühphase kaum möglich. In den 1880er Jahren beteiligten sich die aufstrebenden Künstler an dem umfassenden Vorlagenwerk Allegorien und Embleme aus dem Verlag Gerlach und Schenk.
Unter dem Patrozinium des Architektenduos Ferdinand Fellner und Hermann Helmer führte das Malertrio erste eigenständige Aufträge aus. 1882 bis 1892 entstanden zahlreiche Plafondbilder in Wiener Privatpalais sowie Ausstattungsbilder und Vorhänge für Konzert- und Theaterbauten in der Provinz, wie das Stadttheater in Karlsbad (heute: Karlovy Vary).
Die Arbeitsaufteilung innerhalb dieser Projekte zeigt, dass Ernst gegenüber seinem Bruder und Franz Matsch oft nicht gleichberechtigt war. Während Gustav und Matsch die Gesamtkonzepte der Decken- und Vorhangbilder entwarfen, beschränkte sich die Beteiligung Ernsts meist auf kleinere Einzel- und Randfiguren, wie die Proszeniumsbilder der Theaterbauten. Die Korrespondenz mit den Auftraggebern schien ebenfalls überwiegend über die beiden älteren Künstler zu erfolgen. Die Unterschrift Ernst Klimts findet sich nur selten auf Briefen.
1883 bezogen die Maler ihr erstes eigenständiges Atelier in der Sandwirtgasse 8. Zur selben Zeit übernahm Ernst seinen ersten großen, eigenständigen Auftrag. Im Alleingang gestaltete er fünf Deckengemälde für das sogenannte Fürstenzimmer im Schloss Mondsee in Oberösterreich.
Fürstenzimmer im Schloss Mondsee

Ernst Klimt: Hanswurst auf der Jahrmarktsbühne, 1886–1888, Burgtheater Wien
© Georg Soulek

Helene und Ernst Klimt, um 1891
© Klimt-Foundation, Wien
Ernst Klimt und Gustav Klimt auf dem stilistischen Scheideweg
Zu den wohl prestigeträchtigsten Aufträgen an denen Ernst Klimt im Rahmen der »Künstler-Compagnie« mitarbeitete, zählen die künstlerische Ausstattung des Burgtheaters 1886–1888 (wofür er 1888 mit dem goldenen Verdienstkreuz mit der Krone ausgezeichnet wurde) sowie die Gestaltung der Zwickelbilder im Kunsthistorischen Museum 1890/1891. Von den insgesamt zehn Deckenbildern des Burgtheaters malte Ernst die beiden Darstellungen Hanswurst auf der Jahrmarktsbühne (1886–1888, Burgtheater, Wien) und die Szene Molieres (1886–1888, Burgtheater, Wien). Vor allem an den Gemälden für das Stiegenhaus des k. k. Kunsthistorischen Museums kann man beobachten, dass sich die Brüder stilistisch auseinanderentwickelten. Während Ernst sich in seinen drei Zwickelbildern weiterhin am historistischen Stil orientierte, zeigen die Gemälde Gustavs zunehmend symbolistische und antikisierende Züge. Gleichzeitig kann man in Werken wie Francesca da Rimini und Paolo (um 1890, Österreichische Galerie Belvedere, Wien) beobachten, dass Ernst fernab der Dekorationsaufträge zunehmend den Stil der Präraffaeliten für seine Malerei heranzog.
Am 7. September 1891 heiratete Ernst Klimt Helene Flöge, die Tochter eines angesehenen Fabrikanten. Diese Hochzeit stellte nicht nur ein einschneidendes Ereignis im Leben Ernst Klimts da, sondern sollte auch das Leben seines Bruders Gustav nachhaltig verändern. Denn Gustav Klimt lernte Emilie Flöge (Helenes drei Jahre ältere Schwester) kennen, die für ihn fortan eine wichtige Bezugsperson werden sollte.
Am 28. Juli 1892 wurde Ernsts Tochter Helene Klimt jun. (verh. Donner), liebevoll auch »Lentschi« genannt, geboren. Noch im Dezember desselben Jahres verstarb Ernst überraschend an Herzlähmung. Der damals erst 29 jährige Maler hinterließ eine junge Witwe und die knapp fünf Monate alte Tochter, für die Gustav die Vormundschaft übernahm.
Kurz vor seinem Tod hatte Ernst an dem Gemälde Hanswurst auf der Stegreifbühne zu Rothenburg (um 1892–94, Privatbesitz) basierend auf der Szene im Stiegenhaus des Burgtheaters gearbeitet. Vermutlich handelte es sich dabei um ein privates Auftragswerk. Da Ernst das Gemälde nach seinem Tod unvollendet zurückließ, stellte Gustav das Werk seines Bruders fertig. Für die Komposition zog er diverse Mitglieder der Familie als Modelle heran, darunter auch Ernsts Witwe Helene Klimt. Das Gemälde wurde 1895 in der »23. Jahresausstellung« des Künstlerhauses posthum unter dem Namen Ernst Klimt ausgestellt.
Stammbaum
Literatur und Quellen
- Sandra Tretter, Hans-Peter Wipplinger (Hg.): Gustav Klimt. Jahrhundertkünstler, Ausst.-Kat., Leopold Museum (Museums Quartier, Wien), 22.06.2018–04.11.2018, Wien 2018.
- Herbert Giese: Franz von Matsch – Leben und Werk. 1861–1942. Dissertation, Wien 1976.
- Mona Horncastle, Alfred Weidinger: Gustav Klimt. Die Biografie, Wien 2018.
- Agnes Husslein-Arco, Alfred Weidinger (Hg.): Gustav Klimt und die Künstler-Compagnie, Ausst.-Kat., Oberes Belvedere (Wien), 20.06.2007–02.10.2007, Weitra 2007.
- Otmar Rychlik: Gustav Klimt Franz Matsch und Ernst Klimt im Kunsthistorischen Museum, Wien 2012.
- Brief von Franz Matsch in Wien an den Magistrat der Stadt Reichenberg, mitunterschrieben von Gustav Klimt (vor dem 11.10.1883). VI. – Gd, 202, Signatur 709/4, Karton 188_13, SOkA Liberec, Archiv města Liberec (AML).
- Christian M. Nebehay (Hg.): Gustav Klimt. Dokumentation, Wien 1969, S. 18-25.
- Sterbebuch 1892/93 (Tomus 56), röm.-kath. Pfarre St. Ulrich, Wien, fol. 42.
- Sammlung Belvedere. Ernst Klimt. sammlung.belvedere.at/people/1063/ernst-klimt (24.02.2022).
- Klassenkataloge 1876–1881, Universität für angewandte Kunst Wien, Kunstsammlung und Archiv.

Georg Klimt

Georg Klimt
© Klimt-Foundation, Wien
Georg Klimt, jüngerer Bruder von Ernst und Gustav Klimt, arbeitete als selbstständiger Metallbildhauer und Kunsthandwerker sowie als Lehrer an der Kunstschule für Frauen und Mädchen in Wien. Für die Familie Klimt erstellte er eine umfangreiche Chronik, die sich heute im Besitz der Klimt-Foundation befindet.
Georg, der jüngere Bruder von Gustav und Ernst Klimt wurde 1867 in Wien geboren. Wie seine Brüder besuchte er – nach einer Lehre – die Kunstgewerbeschule des k. k. österreichischen Museums für Kunst und Industrie in Wien (heute: Universität für angewandte Kunst Wien). Aus der hausinternen Monatszeitschrift Kunst und Kunsthandwerk geht hervor, dass mehrere seiner schulischen Metall- und Goldschmiedearbeiten bereits ausgestellt wurden. Er heiratete 1901 und machte sich nach Abschluss seines Studiums als Kunsthandwerker selbstständig. Kurze Zeit darauf begann er an der Kunstschule für Frauen und Mädchen »kunstgewerbliche Metallarbeiten« zu unterrichten.
Zusammenarbeit mit Gustav Klimt
Georg Klimt arbeitete wiederholt mit und für seinen Bruder Gustav: Er stand für ihn mehrmals Modell, unter anderem für die Deckengemälde im Burgtheater. Dies ist durch Fotografien dokumentiert. Später arbeitete Georg Klimt an der dekorativen Ausstattung im Palais Dumba mit und fertigte nach den Entwürfen seines Bruders die Metallrahmen für die Gemälde Pallas Athene (1898, Wien Museum, Wien) und Judith I (1901, Belvedere, Wien) an. Darüber hinaus empfahl Gustav Klimt ihn an Künstler der Wiener Secession. So findet beispielsweise Georg Klimts Zusammenarbeit mit Joseph Engelhart im Ausstellungkatalog der »IV. Kunstausstellung der Vereinigung bildender Künstler Österreich« Erwähnung.
Werke von Georg Klimt

Georg Klimt: Chronik über das Leben der Familie Klimt, 1924, Klimt-Foundation
© Klimt-Foundation, Wien
»Das Leben des Gustav Klimt und seiner Familie«
Für die Erforschung von Gustav Klimts Leben und Werk ist Georg Klimts Chronik Das Leben des Gustav Klimt und seiner Familie (1919–1924, Klimt-Foundation, Wien) von großer Bedeutung. Diese wird bereits am 13. Jänner 1929 in einem Bericht der Zeitung Neues Wiener Journal erwähnt, der von dem Journalisten Leopold Wolfgang Rochowanski anlässlich eines Besuches in Georg Klimts Künstleratelier im 3. Wiener Gemeindebezirk verfasst wurde:
»Georg Klimt ist vor allem bestrebt, alle falschen Angaben, alle Verdrehungen, die sich verbreitet haben, die vielen kleinen und größeren Irrtümer in Büchern und Aufsätzen über seinen Bruder richtzustellen, die Wahrheit festzuhalten. […] Er ist seit langem damit beschäftigt, über alle seine Erinnerungen Aufzeichnungen zu machen. Er hat sich dazu ein festliches Buch angelegt, die Einbanddeckel sind mit Ornamenten aus Eisen und Silber geschmückt, die er selbst gestanzt hat.«
Außerdem geht aus dem Artikel hervor, dass die in Schönschrift verfassten Aufzeichnungen über die Familiengeschichte mit zahlreichen privaten Fotografien versehen wurden. Darüber hinaus heißt es, dass die Chronik (noch) nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werde und vorerst im Familienbesitz bleibe.

Georg Klimt: Firmenschild aus Messing
© Klimt-Foundation, Wien

Georg Klimt vor seinem Atelier in der Neulinggasse
© Klimt-Foundation, Wien
Der »vergessene« Klimt?
Zu Georg Klimts Leben und seiner Karriere geben grundsätzlich nur sehr wenige Quellen Aufschluss: Er unterrichtete bis in die 1920er Jahre an der Wiener Frauenakademie und Schule für freie und angewandte Kunst (ehemals: Kunstschule für Frauen und Mädchen). Seine Arbeiten, wie beispielsweise ein gemeinsam mit Karl Holey erstellter, messinggetriebener Altar für eine Klosterkirche, werden nur selten in Zeitungen und Zeitschriften erwähnt.
Laut dem Zeitungsbericht Intimes von Gustav Klimt von 1929 besaß Georg Klimt Reproduktionen von Gustav Klimts Werken sowie Möbel aus dem Atelier seines verstorbenen Bruders. Zudem verwahrte er zahlreiche Ansichtskarten und Dokumente von Gustav Klimt, wie zum Beispiel das Schreiben anlässlich der Verleihung des Kaiserpreises (Klimt-Archiv, Albertina, Wien) für das Aquarell Zuschauerraum im alten Burgtheater (1888/89, Wien Museum, Wien).
Georg Klimt, der 1930 wegen eines Schlaganfalls erblindete, dürfte in den letzten Jahren seines Lebens zusammen mit seiner Ehefrau in sehr schlechten Verhältnissen gelebt haben. Ein Beleg hierfür ist ein unadressiertes Schreiben, das heute im Archiv der Österreichischen Galerie Belvedere verwahrt wird. In dem Brief bat der Direktor der Wiener Frauen-Akademie und Schule für freie und angewandte Kunst um eine Geldspende, die dem ehemaligen Kunstlehrer zukommen sollte. Das Ergebnis dieser Sammelaktion ist unbekannt.
Georg Klimt verstarb schließlich im September 1931. In seinem Nachlass befand sich eine bedeutende Anzahl an Zeichnungen seines Bruders Gustav. Diese vermachte schlussendlich Georg Klimts Ehefrau Franziska, geborene Prachersdorfer, nach ihrem Tod im Jahr 1943 testamentarisch der Gemeinde Wien, da keine direkten Nachkommen vorhanden waren. Die über 270 Zeichnungen befinden sich heute im Bestand des Wien Museums und bilden bislang die größte Sammlung an Klimt-Zeichnungen weltweit.
Literatur und Quellen
- Neues Wiener Journal, 13.01.1929, S. 18-19.
- Die Zeit, 01.09.1903, S. 7.
- Emil Pirchan: Gustav Klimt. Ein Künstler aus Wien, Wien - Leipzig 1942, S. 14, S. 19, S. 30.
- Tobias G. Natter (Hg.): Gustav Klimt. Sämtliche Gemälde, Wien 2012, S. 563, S. 576.
- Alfred Weidinger (Hg.): Gustav Klimt, München - Berlin - London - New York 2007, S. 204, S. 212, S. 245.
- Wolfgang Born: Der Metallbildhauer Georg Klimt. Ein Bruder Gustav Klimts, in: Die Bühne. Wochenschrift für Theater, Film, Mode, Kunst, Gesellschaft, Sport, 6. Jg., Heft 243 (1929), S. 16.
- Felix Czeike (Hg.): Historisches Lexikon Wien, Band 3, Wien 1994, S. 533-534.
- Österreichische Akademie der Wissenschaften (Hg.): Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950, Band 3, Wien 1994.
- Hans Vollmer (Hg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker, Band XX, Leipzig 1927, S. 503-504.
- Marian Bisanz-Prakken: Zum Gemälde »Pallas Athene« von Gustav Klimt, in: Alte und moderne Kunst. Österreichische Zeitschrift für Kunst, Kunsthandwerk und Wohnkultur, 21. Jg., Heft 147 (1976), S. 8-11.
- Brief von der Wiener Frauen-Akademie an Unbekannt, Jänner 1930, Österreichische Galerie Belvedere, Archiv.
- Ursula Storch (Hg.): Klimt. Die Sammlung des Wien Museums, Ausst.-Kat., Wien Museum (Wien), 16.05.2012–07.10.2012, Wien 2012, S. 13.
- Chronik über das Leben der Familie Klimt, "DAS LEBEN DES GUSTAV KLIMT UND SEINER FAMILIE" (1924). S16/1.
- Sterbebuch 1928/36 (Tomus 41), röm.-kath. Pfarre Landstrasse - St. Rochus, Wien, S. 95, Nr. 107.
- Vereinigung bildender KünstlerInnen Wiener Secession (Hg.): Ver Sacrum. Organ der Vereinigung bildender Künstler Österreichs, 1. Jg., Heft 8 (1898), S. 24.
- Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession (Hg.): Katalog der IIII. Kunstausstellung der Vereinigung Bildender Künstler Österreichs Secession, Ausst.-Kat., Secession (Wien), 18.03.1899–31.05.1899, Wien 1899, S. 26.
- Trauungsbuch 1901 (Tomus XXIII), röm.-kath. Pfarre Rennweg - Maria Geburt, Wien, fol. 130.

Max Klinger

Max Klinger fotografiert von Nicola Perscheid, 1899, Österreichische Nationalbibliothek, Wien
© Österreichische Nationalbibliothek, Wien

Max Klinger: Verführung, Blatt 4 aus dem Zyklus »Ein Leben«, 1882, Albertina, Wien
© ALBERTINA, Wien

Max Klinger in seinem Atelier an der Beethoven Statue arbeitend, 1988, Leipzig-Institut für Länderkunde
© Leipzig-Institut für Länderkunde
Max Klinger war ein deutscher Maler, Grafiker, Medailleur und Bildhauer. Er war korrespondierendes Mitglied der Wiener Secession und Vizepräsident des Deutschen Künstlerbundes.
Max Klinger wurde am 18. Februar 1857 in Plagwitz bei Leipzig als zweites von fünf Kindern des Seifensiedermeisters Heinrich Louis Klinger geboren. Bereits im jugendlichen Alter betätigte sich Klinger künstlerisch und ging nach Karlsruhe, um dort ab 1874 an der Großherzoglichen Badischen Kunstschule in Karlsruhe zu studieren. Seine Lehrer waren Ludwig Des Coudres und der Maler Karl Gussow. Danach folgte er Gussow an die Akademie der Bildenden Künste in Berlin, die er mit Auszeichnung abschloss.
Seine erste Ausstellungsbeteiligung erfolgte in der »52. Ausstellung der Königlichen Akademie« 1878 mit dem Gemälde Spaziergänger (Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin, Berlin). 1879 entstand der grafische Zyklus Opus I, der bereits die Hauptthemen Klingers gesamten künstlerischen Schaffens vorwegnahm: Tod, Liebe und Kunst.
Ab 1879 lebte Klinger mehrere Jahre im Ausland. In dieser Zeit entstanden eine Reihe von Radierungszyklen, die stilistisch auf Werke Arnold Böcklins zurückgreifen und mehrheitlich surrealistische, symbolistische Züge tragen. Diese brachten ihm internationale Anerkennung und Auszeichnungen.
1882/83 schuf Klinger seine erste Plastik, eine Porträtbüste von Friedrich Schiller. Im Sommer 1883 übersiedelte der Künstler nach Paris. Hier begann er sich erstmals vermehrt auf das Medium der Plastik zu konzentrieren und fertigte auch das Gipsmodell für sein berühmtes Beethoven Denkmal, das er jedoch erst später in Stein umsetzen sollte. Nach seiner Schaffens- und Studienzeit in Paris verlegte er sein Atelier 1888 nach Rom. Von dort aus unternahm er mehrere Italienreisen; sein Interesse galt dabei vor allem der antiken Skulptur.
Erfolg und Wirken in Deutschland
Nachdem 1893 Klingers Kreuzigung aufgrund der Nacktheit Christi einen Skandal ausgelöst hatte, wurde der Künstler im Folgejahr Mitglied an der Akademie der Künste und ihm wurde eine Kollektivausstellung ausgerichtet. Beides verhalf Klinger zu großem Ansehen. 1895 entwarf sich Klinger ein Atelierhaus in Leipzig, in dem er Werke seiner Freunde Böcklin, Rodin und Menzel sammelte. Neben Künstlerkollegen waren im Atelier des musikbegeisterten Klingers bedeutende Komponisten und Musiker geladen. Im Jahr darauf folgte der große staatliche Auftrag zur Ausmalung der Aula der Universität Leipzig.
1897 beteiligte er sich mit dem Monumentalgemälde Christus im Olymp (1897, Belvedere) an der »Großen Kunstausstellung« in Leipzig sowie ein Jahr später an der »Münchener Jahres-Ausstellung« 1898 im Königlichen Glaspalast. Klimt der die Münchener-Ausstellung besuchte, zeigte sich von der Schau enttäuscht, nicht jedoch von seinem deutschen Kollegen:
»sie [Anm.: Die Ausstellung] ist mit wenig Ausnahmen – darunter Klinger's ›Christus im Olymp‹ miserabel«
Die Wertschätzung dürfte auf Gegenseitigkeit beruht haben. Klinger sammelte nämlich Klimts Zeichnungen. In einem Brief an Carl Moll bedauerte er außerdem ausdrücklich, dass Klimt nicht als Professor an die Akademie berufen worden war.
In den folgenden Jahren konzentrierte sich Klinger vermehrt auf seine plastischen Arbeiten. Neben Büsten und Skulpturen von großen Musikern wie Johannes Brahms, Franz Liszt, Richard Strauss und Richard Wagner stellte er auch die von ihm verehrten Philosophen Friedrich Nietzsche und Arthur Schopenhauer dar.
Er versuchte die verschiedenen Sparten der Künste zu vereinen und arbeitete mit verschiedenfarbigen Materialien. Außerdem machte er sich archäologische Erkenntnisse über die polychrome Fassung antiker Skulpturen zunutze, die er während seiner Zeit in Rom erforscht hatte. Er erzielte polychrome Effekte durch weißen, schwarzen und violetten Marmor, Alabaster, Bronze und Elfenbein.
Klinger und die Wiener Secession
1897 wurde Klinger korrespondierendes Mitglied der soeben gegründeten Wiener Secession, an deren Ausstellungen er sich in den nächsten Jahren immer wieder beteiligen sollte. In Wien waren seine Werke bereits 1895 zum ersten Mal im Künstlerhaus ausgestellt gewesen.

Moriz Nähr (?): Einblick in die XIV. Secessionsausstellung, April 1902 - Juni 1902, Albertina, Gustav Klimt Archiv
© ALBERTINA, Wien

Max Klinger: Beethoven Statue, um 1920, Leipzig-Institut für Länderkunde
© Leipzig-Institut für Länderkunde
1898 beteiligte er sich an der »I. Secessionsausstellung« mit Zeichnungen zum Märchen Amor und Psyche. In der »III. Secessionsausstellung« wurde sein Christus im Olymp gezeigt. Die »IX. Secessionsausstellung« legte den Fokus auf die drei ausländischen Künstler Giovanni Segantini, Auguste Rodin und Max Klinger.
1902 organisierte die Secession eine Ausstellung deren Hauptthema »Klinger und Beethoven« darstellen sollte. Ziel war es um Klingers noch nie zuvor präsentierte Monumentalstatue das Beethoven Monument ein Gesamtkunstwerk zum Thema Beethoven zu schaffen. Gustav Klimt fertigte für die »XIV. Secessionsausstellung« Der Beethovenfries (1901/02, Belvedere, Wien). Am 12. April wurde die Statue zum ersten Mal feierlich enthüllt und der zweite Satz der 9. Symphonie Beethovens unter der Leitung von Gustav Mahler aufgeführt. Klinger kam für dieses Großereignis persönlich nach Wien. Anlässlich der Präsentation richtete Karl Wittgenstein am Abend des 12. April ein Bankett zu Ehren Klingers im Grand Hotel in Wien aus. Anwesend waren neben den Künstlern der Secession auch deren Förderer wie Moriz Gallia, Anton Loew und der Unterrichtsminister Hartel.
Trotz mehreren Bemühungen kaufte die Stadt Wien weder Klingers Statue noch Der Beethovenfries von Klimt an. Klinger verkaufte die Skulptur daher an seine Heimatstadt Leipzig. Er ließ dafür auf eigene Kosten die Südfassade des Museums der bildenden Künste in Leipzig umbauen.

Max Klinger: Büste Elsa Asenijeff, um 1900
© Bayerische Staatsgemäldesammlungen - Neue Pinakothek München
1903 wurde Klinger unter Max Liebermann Vizepräsident des Deutschen Künstlerbundes, dem auch Gustav Klimt angehörte. Er korrespondierte mit Moll über die Möglichkeit, dass Klimt ein Atelier in einem Haus des Künstlerbunds in Florenz übernehmen könnte. Klimt lehnte jedoch ab und schlug Max Kurzweil dafür vor.
Tod, Liebe und Kunst
Mit der österreichischen Schriftstellerin und Dichterin Elsa Asenijeff (eigentl. Elsa Maria Packeny), die an der Universität Leipzig Philosophie und Psychologie studierte, verband Klinger lange Zeit eine uneheliche Beziehung. 1900 kam die gemeinsame Tochter Desirée auf die Welt, noch im selben Jahr gestaltete er Elsas Porträtbüste. Darüber hinaus entstanden zahlreiche Gemälde seiner langjährigen Lebensgefährtin sowie zueinander passende ExLibris für den Künstler und seine Muse, bis die Beziehung 1916 schließlich endete.
Anfang November 1919 erlitt Max Klinger einen Schlaganfall mit anschließender Lungenentzündung. Vor seinem Tod am 4. Juli 1920 heiratete er seine damalige Lebensgefährtin Gertrud Bock und vererbte ihr sein gesamtes Vermögen. Max Klinger starb mit 63 Jahren auf seinem Sommersitz in Großjena, wo er auch seine letzte Ruhestätte fand.
Als seinen Nachlassverwalter setzte er seinen Freund, den deutschen Bildhauer Johannes Hartmann ein, der ihm die Totenmaske abnahm. 2018 wurden kolorierte Zeichnungen Klimts aus dem Nachlass Klingers wiederentdeckt.
Literatur und Quellen
- belvedere. digital.belvedere.at/people/1068/max-klinger (20.04.2020).
- Deutsche Biographie. Max Klinger. www.deutsche-biographie.de/sfz42897.html (20.04.2020).
- Janca Imwolde: LeMO. Max Klinger. www.dhm.de/lemo/biografie/max-klinger (20.04.2020).
- Secession. www.secession.at/die-beethoven-ausstellung-1902/ (20.04.2020).
- Christian M. Nebehay (Hg.): Gustav Klimt. Dokumentation, Wien 1969, S. 515.
- Mdr. Max Klinger. www.mdr.de/zeitreise/weitere-epochen/neuzeit/max-klinger-leben-100.html (25.11.2021).
- Sächsische Staatszeitung. Staatsanzeiger für den Freistaat Sachsen, 17.02.1917, S. 10.
- Neue Freie Presse, 13.04.1902, S. 7.
- Prager Tagblatt, 13.04.1902, S. 10.
- Brief von Max Klinger an Carl Moll (vor Januar 1905).
- Brief von Max Klinger in Florenz an Carl Moll (01.11.1905).
- Ludwig Hevesi: Max Klinger in Wien, 13. April 1902, in: Acht Jahre Sezession (März 1897–Juni 1905). Kritik – Polemik – Chronik, Wien 1906, S. 383.
- Berliner Tageblatt und Handels-Zeitung, 21.11.1919, S. 2.
- Dresdner neueste Nachrichten, 12.11.1919, S. 3.
- Berliner Tageblatt und Handels-Zeitung, 06.07.1920, S. 2.
- Leipziger Tageblatt und Handelszeitung. Amtsblatt des Rates und des Polizeiamtes der Stadt Leipzig, 05.07.1920, S. 2.
- Deutsche allgemeine Zeitung (Abendausgabe), 05.07.1920, S. 3.
- Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession (Hg.): XIV. Ausstellung der Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession. Klinger Beethoven, Ausst.-Kat., Secession (Wien), 15.04.1902–15.06.1902, Wien 1902.

Oskar Kokoschka

Oskar Kokoschka, fotografiert von Wenzel Weis, 1909
© Österreichische Nationalbibliothek, Wien

Oskar Kokoschka: Postkarte "Flötenspieler und Fledermäuse" der Wiener Werkstätte, 1907
© Klimt-Foundation, Wien

Oskar Kokoschka: Widmungsblatt für Gustav Klimt in Die träumenden Knaben, 1908/1968
© Klimt-Foundation, Wien

Oskar Kokoschka: Das Segelschiff aus Die träumenden Knaben, 1908
© Klimt-Foundation, Wien

Theo Zasche: Detailkarikatur des Gobelinentwurfs Die Traumtragenden von Oskar Kokoschka, in: Illustriertes Wiener Extrablatt, Wien, 28. Juni 1908, S.5
© Klimt-Foundation, Wien

Oskar Kokoschka: Plakat für den Vortrag von Oskar Kokoschka im Akademischen Verband für Literatur und Musik, 1912
© Klimt-Foundation, Wien

Oskar Kokoschka: Der Maler Carl Moll, 1913
© Bibliothek des Belvedere, Wien
Der »Sturm- und Drangjüngling« Oskar Kokoschka gilt als einer der führendsten österreichischen Expressionisten. Seine Wurzeln fußten im Wiener Jugendstil, genährt durch die Verbindung zur Wiener Werkstätte und Gustav Klimt.
Oskar Kokoschka kam am 1. März 1886 im niederösterreichischen Pöchlarn als Sohn von Gustav und Maria Romana Kokoschka (geb. Loidl) zur Welt. Die ursprünglich aus Prag stammende Familie zog im Jahr darauf nach Wien. Nach dem Abschluss der k. k. Staatsrealschule (Wien-Währing) studierte er ab 1904 an der k. k. Kunstgewerbeschule, ermöglicht durch ein Staatsstipendium.
Kokoschka und die Wiener Werkstätte
Carl Otto Czeschka und Bertold Löffler zählten zu seinen Lehrern. Dies bot eine direkte Anbahnung an die Wiener Werkstätte und auch an Gustav Klimt. Schließlich durfte sich Kokoschka im Auftrag dieser innovativen Produktionsgemeinschaft in unterschiedlichen Gestaltungsmedien erproben. Er entwarf vor allem Postkarten, aber auch Bilderbögen und Fächer. Sein mit beweglichen Figuren und transparenten Farbzeichnungen visualisiertes Märchen Das getupfte Ei wurde 1907 im neu eröffneten Kabarett Fledermaus uraufgeführt, obgleich diese Premiere nicht von Erfolg gekrönt sein sollte.
»Gustav Klimt in Verehrung zugeneigt«
Spätestens ab 1907 begann Kokoschka die Arbeiten für Die träumenden Knaben, ein ursprünglich als Kinderbuch konzipiertes Druckwerk. Dieser Auftrag von Fritz Waerndorfer respektive der Wiener Werkstätte förderte seine künstlerische Entwicklung. Erste expressionistische Tendenzen begannen sich zu manifestieren. Es erschien im Frühjahr 1908 in kleiner Auflage. O. K., wie er signierte, widmete dieses Kunstbuch Klimt:
»Gustav Klimt in Verehrung zugeneigt«.
Diese Verehrung dem Malergenie gegenüber offenbart sich möglicherweise auch in der Darstellung zweier Männer im darin enthaltenen Blatt Das Segelschiff. Der Verkauf des Buches verlief schleppend, sodass Waerndorfer Czeschka gegenüber zynisch anmerkte:
»[…] Blöd sein die Leut, um 2000 Kronen kannst in einer Nacht Champagner verkaufen, den die Leut in der früh ausprunzen [!], aber um 2000 Kronen Bücher vom Kokoschka, das bringst in 10 Jahren nicht zusammen.«
»Ansunsten ist Kokoschka der krach [!] der Kunstschau«
Schließlich steuerte Kokoschka auf Einladung der Klimt-Gruppe für die »Kunstschau Wien« im Jahr 1908 einen Plakatentwurf bei und durfte einige Arbeiten ausstellen. Unter den vorrangig in Raum 14 gezeigten Werken befanden sich Zeichnungen, Die träumenden Knaben und das skandalträchtige, großformatige Triptychon Die Traumtragenden (Datierung und Verbleib unbekannt). Dieser für einen Gobelin angedachte Entwurf gilt heute als verschollen, ist allerdings durch eine Detailkarikatur von Theo Zasche und durch wenige, zeitgenössische Beschreibungen in den Grundzügen zu erahnen. Die verzerrte Darstellung der Figuren gebar einen Skandal, auch innerhalb der Klimt-Gruppe mehrte sich Kritik. Der Erinnerung Berta Zuckerkandls nach hielt Klimt diesen Stimmen jedoch entschieden entgegen:
»Wir sind dazu verpflichtet einem großen Talent die Möglichkeit der Aussprache zu geben. Kokoschka ist das größte Talent der jungen Generation. Und selbst wenn wir Gefahr liefen, dass unsere Kunstschau demoliert würde, nun, geht man eben zugrunde. Aber man hat seine Pflicht getan.«
Die »Kunstschau Wien« sollte Kokoschka zu seinem Durchbruch verhelfen, trotz Kritik. Seine Zeichnungen kauften Emil Orlik, Kolo Moser und Franz Metzner und der Effekt war groß, »als am Eröffnungstag unter allen seinen Werken die Zettel ›Verkauft‹ prangten«. O.K. begegnete zudem Adolf Loos, ein verkannter und stiller Wertschätzer Klimts, zugleich Antipode zum vorherrschenden Kunstbegriff der Wiener Werkstätte und Wiener Secession.
Die Loslösung des »Oberwildlings« Kokoschka
Auch 1909 präsentierte Kokoschka einige Werke auf der »Internationalen Kunstschau«. Außerdem wurde sein Stück Mörder, Hoffnung der Frauen, für welches er auch ein Plakat gestaltete, trotz Widerstandes uraufgeführt. Abermals provozierte er mit seiner Kunst. Loos avancierte in diesem Jahr zu seinem Mentor. Er half O. K., sich »von der Kunstgewerbeschule zu befreien« und »die Wiener Werkstätte loszuwerden.«. In der Folgezeit begegnete Kokoschka Karl Kraus sowie dessen Kreis und lernte die Galeristen und zukünftigen Unterstützer Herwarth Walden und Paul Cassirer kennen. Auch Franz Hauer, Förderer von Egon Schiele, und Dr. Oskar Reichel, der ebenfalls als Mäzen von Schiele und Max Oppenheimer auftrat, zählten zu seinen Befürwortern. Darüber hinaus war der Akademische Verband für Literatur und Musik in Wien für ihn ein wichtiges Netzwerk. Er hielt dort u.a. den Vortrag Von der Natur der Geschichte, für den er ein Plakat mit Selbstporträt beisteuerte.
Die weiteren Jahre
Nach längeren Aufenthalten in der Schweiz und Berlin, beteiligte sich O. K. 1911 relativ erfolglos an der »Sonderausstellung Malerei und Plastik« des Hagenbundes. Kokoschkas expressive Gemälde polarisierten abermals. Finanziell war er nicht gut aufgestellt, auch eine von 1912 bis 1913 andauernde Lehrtätigkeit als Assistent an der Kunstgewerbeschule verschaffte nur minimale Abhilfe. Etwa zeitgleich verspann er sich in eine exzessive Liaison mit Alma Mahler. Diese Verbindung bedeutete für ihn eine äußerst produktive künstlerische Phase, in der etwa Die Windsbraut (1913, Kunstmuseum Basel) entstand. 1914 hätte er das Wiener Werkstätte-Testimonial Friederike Maria Beer porträtieren sollen. Schiele erhielt einen Porträtauftrag kurz zuvor, Klimt folgte wenig später. Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges vereitelte das Vorhaben jedoch. 1915 trennten sich Alma und O. K.
Zu Beginn des Jahres 1916 beteiligte sich Kokoschka an der legendären »Wiener Kunstschau in der Berliner Sezession«. Er war dort mit sieben Werken vertreten, darunter das Porträt Der Maler Carl Moll (1913, Österreichische Galerie Belvedere, Wien). Franz Servaes äußerte sich in einer Rezension zur Ausstellung richtungsweisend:
»Doch scheint, daß seine starke Kraft jetzt auf dem Gebiete des Porträts, sowohl in der Kunst der Charakterisierung wie in einem fulminanten malerischen Vortrag, klarer zum Durchbruch kommt.«
Schiele, als weiterer Repräsentant der jungen Generation, war dort ebenso vertreten wie der Grandseigneur der österreichischen Kunst: Gustav Klimt. Schieles Entschwebung (Die Blinden II) (1915, Leopold Museum Privatstiftung, Wien) wurde auf dieser Schau gegenüber Klimts eindringlicher, allegorischen Darstellung Tod und Leben (Tod und Liebe) (1910/11, überarbeitet: 1912/13 und 1916/17, Leopold Museum, Wien) präsentiert.
Auch wenn Kokoschka im Sinne der Kunst der wilden Form des Expressionismus verpflichtet war, so blieb seine Anerkennung Klimt gegenüber bis zu dessen Tode erhalten. Als er vom Ableben des Malerfürsten erfuhr, schrieb er seiner Mutter:
»[…] ich habe über den armen Klimt, den einzigen von den österreichischen Künstlern, der Talent und Charakter hatte, geheult.«
Das Leben im Exil und die Annäherung an Österreich
Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde er Professor an der Dresdner Akademie und unterhielt eine intensive Reisetätigkeit. In Prag lernte er seine Frau Oldriska-Aloise Palkovská (kurz: Olda) kennen. Nach der Beschlagnahmung seiner Werke durch die Nationalsozialisten und der Präsentation einiger Gemälde in der Ausstellung »Entartete Kunst« 1937 in München wurde eine Flucht unausweichlich. 1938 setzte er gemeinsam mit Olda nach Großbritannien über. Zwei Jahre nach Kriegsende reiste er erstmals wieder nach Wien. Seinen Wohnsitz fand er hingegen in Villeneuve am Genfer See. Im Sommer 1953 gründete Kokoschka in Salzburg die Schule des Sehens. 1973 folgte die Gründung des Vereins zur Erforschung und Dokumentation des Werkes Oskar Kokoschkas in Pöchlarn. Im Jahr darauf erhielt er die Ehrenstaatsbürgerschaft Österreichs. Kokoschka verstarb am 22. Februar 1980 in der Schweiz.
Literatur und Quellen
- Tobias G. Natter (Hg.): Die Welt von Klimt, Schiele und Kokoschka. Sammler und Mäzene, Köln 2003, S. 234-293.
- Patrick Werkner: Wien um 1909 – Kokoschka im Biotop der Avantgarde, in: Leopold Museum Privatstiftung, Kunsthaus Zürich (Hg.): Oskar Kokoschka. Expressionist Migrant Europäer. Eine Retrospektive, Ausst.-Kat., Kunsthaus Zürich (Zürich), 14.12.2018–10.03.2019; Leopold Museum (Museums Quartier, Wien), 06.04.2019–08.07.2019, Berlin 2018, S. 34-39.
- Heike Eipeldauer: »Ich ringe um die Frau« – Figurationen des Weiblichen im Frühwerk von Oskar Kokoschka, in: Leopold Museum Privatstiftung, Kunsthaus Zürich (Hg.): Oskar Kokoschka. Expressionist Migrant Europäer. Eine Retrospektive, Ausst.-Kat., Kunsthaus Zürich (Zürich), 14.12.2018–10.03.2019; Leopold Museum (Museums Quartier, Wien), 06.04.2019–08.07.2019, Berlin 2018, S. 22-33.
- Brief von Fritz Waerndorfer in Wien an Carl Otto Czeschka, 06.06.1908, Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg.
- Markus Kristan: Kunstschau Wien 1908, Wien 2016.
- Agnes Husslein-Arco, Alfred Weidinger (Hg.): Gustav Klimt und die Kunstschau 1908, Ausst.-Kat., Unteres Belvedere (Wien), 01.10.2008–18.01.2009, München 2008.
- Agnes Husslein-Arco, Alfred Weidinger (Hg.): KOKOSCHKA. Träumender Knabe – Enfant Terrible, Ausst.-Kat., , 24.01.2008–12.05.2008, München - Berlin - London - New York 2008.
- Ludwig Goldscheider (Hg.): Kokoschka, Köln 1963.
- Werner J. Schweiger (Hg.): Der junge Kokoschka. Leben und Werk 1904–1914, Wien 1983.
- N.N.: Brief von Oskar Kokoschka an seine Mutter, in: Oskar Kokoschka (Hg.): Briefedition, Düsseldorf 1986, S. 284.
- Berta Zuckerkandl: Als die Klimt-Gruppe sich selbstständig machte. Erinnerungen anlässlich der Kunstschau, in: Neues Wiener Journal, 10.04.1927, S. 8.
- Richard Muther: Die Kunstschau, in: Die Zeit, 06.06.1908, S. 1-2.
- Franz Servaes: Wiener Kunstschau in Berlin, in: Deutsche Kunst und Dekoration, Band 38 (1916), S. 41-54.

Friedrich König

Friedrich König fotografiert von Moriz Nähr, Klimt-Foundation, Wien
© Klimt-Foundation, Wien

Friedrich König, Secessionsvogerl, 1902, Kupferstichkabinett der Akademie der bildenden Künste Wien
© Kupferstichkabinett der Akademie der bildenden Künste Wien

Gustav Klimt: Rohrpost-Kartenbrief von Gustav Klimt in Wien an Emilie Flöge in Wien, 18.01.1901, Leopold Privatsammlung
© Leopold Museum, Wien
Der Wiener Maler und Grafiker Friedrich König war Mitglied der Hagengesellschaft und Mitbegründer der Wiener Secession. 1902 erstellte er die bekannten »Secessionsvogerl« – eine Karikaturensammlung, in der 20 Wiener Secessionisten – darunter auch Gustav Klimt – in skurriler Vogelgestalt dargestellt werden.
Friedrich König wurde 1857 in Wien geboren. Er besuchte die Kunstgewerbeschule und die Akademie der bildenden Künste in Wien. Nach seiner Ausbildung ging er zunächst nach München; kehrte aber nach einiger Zeit nach Wien zurück, wo er unter anderem als Buchillustrator für das mehrteilige Werk Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild – das sogenannte »Kronprinzenwerk« –engagiert wurde.
»Ein heimlicher Märchenprinz und Poet«
In den 1890er Jahren wurde Friedrich König ein führendes Mitglied der Vereinigung Hagengesellschaft, die sich unter anderem regelmäßig im Café Sperl traf. Während der dortigen Treffen entstanden mehrere hundert Zeichnungen und Karikaturen, die heute in der Albertina und in der Akademie der bildenden Künste aufbewahrt werden. Die meisten dieser humorvollen Arbeiten stammten von Friedrich König.
1897 beteiligte sich der Künstler an der Gründung der Wiener Secession. Er erstellte vor allem zahlreiche grafische und dekorative Arbeiten für die publizierten Ausstellungskataloge und die hauseigene Zeitschrift Ver Sacrum, bei der König im »Redactions-Comité« vertreten war. In den Ausstellungen selbst präsentierte König oftmals Druckgrafiken und Werke mit mythologischen oder landschaftlichen Motiven. Ein besonderes Lob erhielt der Maler und Grafiker für seine künstlerischen Beiträge, die er in der »VII. Ausstellung der Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession« präsentierte. Die Neue Freie Presse veröffentlichte am 13. März 1900 diesbezüglich folgende Rezension des deutschen Kunstkritikers Franz Serveas:
»Einen neuen Ton bringt Friedrich König. Das ist ein heimlicher Märchenprinz und Poet. […] Unter seinen Händen wird die Landschaft zum Gedicht; köstlich und lieblich spielt die Phantasie mit ihren Gaben hinein. König scheint mir für diesmal neben Klimt die fesselndste Erscheinung unter den Wienern […]«
Heute ist König in erster Linie für seine sogenannten »Secessionsvogerl« bekannt, die im Mai 1902 entstanden. Dabei handelt es sich um eine Sammlung von kleinformatigen Karikaturen, die mehrere Mitglieder der Wiener Secession als Vögel darstellen. Darunter befindet sich unter anderem Carl Moll als »Der moderne Galerievogel«, Josef Hoffmann als »Kroatisch-Quadratvogel« und Gustav Klimt, dessen tierisches Abbild den originellen Namen »Der Popopopo« von König erhielt.
Treffen mit Gustav Klimt
Mehrere Autografen belegen, dass Gustav Klimt und König nicht nur künstlerisch zusammenarbeiteten, sondern auch regelmäßig ihre Freizeit gemeinsam verbrachten – unter anderem auch nachdem Klimt die Wiener Secession verlassen hatte und König dort als Mitglied verblieb. Sie trafen sich in der Meierei Tivoli und gingen – laut einem Rohrpost-Kartenbrief vom 18. Jänner 1901 – gemeinsam ins Burgtheater. Darüber hinaus dürfte König um die Jahrhundertwende auch mehrmals seinem Künstlerkollegen Eintrittskarten für Konzerte und Vorstellungen überlassen haben.
Gedächtnisschau (1943)
1941 verstarb Friedrich König in Wien. Zwei Jahre nach seinem Tod fand für ihn und einen weiteren Künstler zu Ehren eine umfangreiche Gedächtnisschau im Wiener Künstlerhaus statt.
Literatur und Quellen
- Elisabeth Dutz: The Hagengesellschaft: Bohemia in Vienna, in: PhotoResearcher, Nummer 31 (2019), S. 112-133.
- Marian Bisanz-Prakken (Hg.): Heiliger Frühling. Gustav Klimt und die Anfänge der Wiener Secession 1895–1905, Ausst.-Kat., Albertina (Wien), 16.10.1998–10.01.1999, Wien 1999, S. 143.
- Neue Freie Presse (Morgenausgabe), 13.03.1900, S. 4.
- Neues Wiener Journal, 20.06.1929, S. 8.
- Neues Wiener Tagblatt, 08.05.1941, S. 5.
- Volks-Zeitung, 18.07.1943, S. 6.
- Rohrpost-Kartenbrief von Gustav Klimt in Wien an Emilie Flöge in Wien (18.01.1901). RL 2619, Leopold Privatsammlung.
- Ansichtskarte von Gustav Klimt in Wien an Emilie Flöge in Steinakirchen am Forst (11.03.1916). Autogr. 959/52-3, Österreichische Nationalbibliothek, Sammlung von Handschriften und alten Drucken.
- Rohrpost-Kartenbrief von Gustav Klimt in Wien an Emilie Flöge in Wien (18.04.1899). RL 2603, Leopold Privatsammlung.
- Felix Czeike (Hg.): Historisches Lexikon Wien, Band 3, Wien 1994, S. 566.
- Österreichische Akademie der Wissenschaften (Hg.): Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950, Band 4, Wien 1993.
- Hans Vollmer (Hg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker, Band XXI, Leipzig 1927, S. 148.
- Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession (Hg.): Katalog der I. Kunstausstellung der Vereinigung bildender Künstler Österreichs, Ausst.-Kat., Blumensäle der k. k. Gartenbaugesellschaft (Wien), 26.03.1898–20.06.1898, Wien 1898, S. 7.
- Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession (Hg.): Katalog der IIII. Kunstausstellung der Vereinigung Bildender Künstler Österreichs Secession, Ausst.-Kat., Secession (Wien), 18.03.1899–31.05.1899, Wien 1899, S. 4.

Heinrich Kühn

Heinrich Kühn fotografiert von Rudolph Dührkoop, 1903
© Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg
Heinrich Kühn war ein bedeutender deutscher Kunstfotograf und Vertreter des Piktorialismus. Er gründete gemeinsam mit den Amateurfotografen Hugo Henneberg und Hans Watzek die Künstlervereinigung Trifolium. Seine fotografischen Arbeiten präsentierte er in der Wiener Secession und in der Galerie Miethke.
Heinrich Kühn, geboren 1866 in Dresden, studierte in Leipzig, Berlin und Freiburg Medizin und Naturwissenschaften. Schon bald nach seinem Studienabschluss zog er nach Innsbruck und lebte dort als Privatier.
Heinrich Kühn in der österreichischen Kunstszene
In Österreich widmete sich Kühn gänzlich der Fotografie. 1895 war er bereits Mitglied im Club der Wiener Amateur-Photographen – dem späteren Camera-Club – und ein Jahr später in der Vereinigung The Linked Ring. In dieser Zeit lernte er den Physiker Hugo Henneberg und den Maler Hans Watzek kennen, mit denen er in den 1890er Jahren die Vereinigung mit Namen Trifolium gründete. Gemeinsam gingen sie auf Reisen, publizierten fotografische Beiträge und stellten in der Wiener Secession aus. Darüber hinaus entwickelten sie ein innovatives Druck- und Kopierverfahren, das eine neue Farbigkeit in der Fotoreproduktion ermöglichte. Diese Technik nutzte Heinrich Kühn, der zwischen 1906 und 1919 ein Porträtatelier in Innsbruck führte, mehrere Jahre; später experimentierte er auch mit anderen Edeldruckverfahren und erfand selbst neue Reproduktionstechniken, wie die Gummigravüre und die »Syngraphie«.
Nennenswerte Ausstellungsbeteiligungen im In- und Ausland
1907 stellte Heinrich Kühn seine fotografischen Arbeiten in der Galerie Miethke zusammen mit dem Klimt-Fotografen Friedrich Viktor Spitzer und der Bildhauerin Ilse Conrat aus. Die Wiener Zeitung berichtete am 14. Mai 1907:
»Künstlerische Photographien von Heinrich Kühn und Dr. F.V. Spitzer sind jetzt ebenfalls bei Miethke. Zuerst hält man die Arbeiten der beiden Herren für ungefähr gleichwertig, doch sind sie das keineswegs. Die Leistungen Kühns stehen viel höher. Sie offenbaren malerische Feinheiten und technische Vollkommenheiten […]«.
Im gleichen Zeitraum wurden in New York regelmäßig fotografische Arbeiten der Künstlervereinigung Trifolium präsentiert. Dies ermöglichte der amerikanische Fotograf Alfred Stieglitz, mit dem Heinrich Kühn bereits seit den 1890er Jahren korrespondierte und diesen auch 1904 persönlich kennenlernte. 1909 nahm Heinrich Kühn an der »Internationalen photographischen Ausstellung« in Dresden teil.
Schriftstellerische Tätigkeiten und Rückzug
Nach dem Ersten Weltkrieg zog sich Heinrich Kühn zurück. Er dokumentierte seine fototechnische Forschung und arbeitete als Redakteur für Fachzeitschriften wie Das Atelier des Photographen oder Die Photographische Rundschau.
Anlässlich seines 70. Geburtstages verlieh ihm die Innsbrucker Universität für seine Leistungen im Bereich der Fotografie die Ehrendoktorwürde. Der Kunstfotograf verstarb 1944 in Tirol.
Literatur und Quellen
- Alfred Buschbeck: Das Trifolium des Wiener Camera-Clubs: Hans Watzek. Hugo Henneberg. Heinrich Kühn, in: Die Kunst in der Photographie, 2. Jg. (1898), S. 17-24.
- Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (Hg.): Neue Deutsche Biografie, Band 13, Berlin 1982, S. 17-24.
- Camera Work. A Photographic Quarterly, Heft 13 (1906), S. 21-28.
- Camera Work. A Photographic Quarterly, Heft 20 (1907), S. 26.
- Znaimer Tagblatt, 21.09.1944, S. 4.
- Wiener Zeitung, 14.05.1907, S. 18.
- Wiener Zeitung, 06.05.1909, S. 6.
- Walter de Gruyter (Hg.): Allgemeines Künstler-Lexikon. Die bildenden Künstler aller Zeiten und Völker, Band LXXXII, Berlin 2014, S. 187.

Max Kurzweil

Max Kurzweil, in: Der Architekt. Wiener Monatshefte für Bau- und Raumkunst, 21. Jg. (1916/18).
© ANNO | Österreichische Nationalbibliothek
Der Maler und Grafiker Maximilian »Max« Kurzweil war Gründungsmitglied der Wiener Secession und engagierte sich besonders für die hauseigene Zeitschrift Ver Sacrum. 1905 legte er seine Mitgliedschaft nieder. Später übernahm er eine Lehrstelle an der Wiener Kunstschule für Mädchen und Frauen und arbeitete als Kriegsmaler.
Maximilian »Max« Kurzweil wurde 1867 im mährischen Bisenz (heute: Bzenec, Tschechien) geboren. Von 1886 bis 1892 studierte er an der Akademie der bildenden Künste in Wien und anschließend zwei Jahre an der Académie Julian in Paris, wo er im Salon der Société des Artistes Français sein Debüt feierte. In diesem Zeitraum verweilte der Künstler öfters in der Bretagne, wo er seine Frau kennenlernte. 1894 kehrte er nach Wien zurück und schloss sein Studium ab. Bereits ein Jahr später wurde Kurzweil ordentliches Mitglied der Genossenschaft bildender Künstler Wiens.
Kurzweil in der Wiener Secession
1897 trat Kurzweil wieder aus dem Künstlerhaus aus und schloss sich stattdessen der neu gegründeten Künstlervereinigung Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession an. Er arbeitete in den nächsten Jahren vor allem als Redakteur und erstellte Druckgrafiken für die hauseigene Zeitschrift Ver Sacrum. Darüber hinaus gestaltete er das Ausstellungsplakat für die »XVII. Ausstellung der Vereinigung bildender Künstler Österreichs«, die im Frühjahr 1903 stattfand. Aufgrund von internen Differenzen verließ Max Kurzweil zusammen mit der Klimt-Gruppe die Vereinigung im Jahr 1905.

Max Kurzweil: Dame in Gelb, 1899, Wien Museum
© Wien Museum
Eine Reise nach Italien und weitere Ausstellungsbeteiligungen
Bald darauf reiste Kurzweil in die Toskana und bezog dort für ein Jahr ein Atelier des Deutschen Künstlerbundes in der Villa Romana nahe der Stadt Florenz. Dies ermöglichte ihm Gustav Klimt, der 1905 im Rahmen der »2. Deutschen Künstlerbund-Ausstellung« prämiert wurde, aber zugunsten Kurzweils auf seinen Preis – einen einjährigen Studienaufenthalt in Italien – verzichtete.
Nach 1905 nahm Kurzweil nur mehr selten an Ausstellungen teil – unter anderem an der »Kunstschau Wien« und der »Internationale Kunstschau« ebenfalls in Wien. Eine seiner letzten großen, öffentlichen Ausstellungen fand 1911 in der Galerie Miethke statt, wo er zusammen mit seinem Malerfreund Carl Moll zahlreiche Porträt- und Landschaftsbilder präsentierte.
Lehrtätigkeiten und das Ende einer Künstlerkarriere
Max Kurzweil lehrte zwischen 1909 und 1915 an der Wiener Kunstschule für Mädchen und Frauen, wo er den Kurs »Zeichnen und Malen nach dem menschlichen Modell« und »Abendakt« leitete. Während des Ersten Weltkrieges arbeitete er als Kriegsmaler. 1916 beging er Suizid.
Literatur und Quellen
- Brief von Max Klinger in Florenz an Carl Moll (01.11.1905).
- Brief von Gustav Klimt in Wien an Maximilian Kurzweil (1901). Autogr. 494/35-1.
- Felix Czeike (Hg.): Historisches Lexikon Wien, Band 3, Wien 1994, S. 650-651.
- Österreichische Akademie der Wissenschaften (Hg.): Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950, Band 4, Wien 1993.
- Carl Moll: Max Kurzweil. Ein Wort der Erinnerung von Karl Moll, in: Der Architekt. Wiener Monatshefte für Bau- und Raumkunst, 21. Jg. (1916/18), S. 13-16.
- Hans Vollmer (Hg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker, Band XXII, Leipzig 1928, S. 139-140.
- Walter de Gruyter (Hg.): Allgemeines Künstler-Lexikon. Die bildenden Künstler aller Zeiten und Völker, Band LXXXII, Berlin 2014, S. 340.
- Agnes Arco-Husslein, Markus Fellinger (Hg.): Max Kurzweil - Licht und Schatten, Ausst.-Kat., Oberes Belvedere (Wien), 11.05.2016–04.09.2016, Wien 2016.

Maximilian Lenz

Maximilian Lenz gezeichnet von Moriz Nähr
© Österreichische Nationalbibliothek, Wien

Maximilian Lenz: Mosaiktondo mit Stolba, Böhm und Nowak als Faungestalten, um 1895, Albertina, Wien
© ALBERTINA, Wien

Gustav Klimt mit den beteiligten Künstlern der XIV. Secessionsausstellung, April 1902, Klimt-Foundation: Maximilian Lenz liegend mit den beteiligten Künstlern der XIV. Secessionsausstellung fotografiert von Moriz Nähr, April 1902
© Klimt-Foundation, Wien

Maximilian Lenz: Getriebenes Messing-Relief in Marmor und Holz montiert für die XIV. Secessionsausstellung fotografiert von Moriz Nähr, 1902, in: Deutsche Kunst und Dekoration, Band 10 (1902).
© Klimt-Foundation, Wien
Maximilian Lenz war vorwiegend als Maler und Grafiker tätig, bediente sich jedoch unterschiedlichster Techniken und Materialien. 1897 zählte er neben Gustav Klimt zu den Mitbegründern der Wiener Secession. In der Vereinigung beteiligte er sich an zahlreichen Ausstellungen und illustrierte die Zeitschrift Ver Sacrum.
Maximilian Lenz wurde am 4. Oktober 1860 in Wien geboren und studierte zwischen 1874 und 1877 an der k. k. Kunstgewerbeschule bei Michael Rieser und Ferdinand Laufberger. Dort besuchte er 1876/77 die Vorbereitungsklasse für figurales Zeichnen bei Laufberger gemeinsam mit Gustav Klimt und Franz Matsch. Letzteren kannte er bereits aus Kindheitstagen, da sie im gleichen Haus in der Josefstädter Straße 23 im 8. Wiener Gemeindebezirk aufgewachsen waren. An der Kunstgewerbeschule lernte Lenz wahrscheinlich auch Moriz Nähr – der später als Fotograf der Wiener Secession bekannt wurde – kennen, mit dem sich eine enge Freundschaft entwickelte. Im Gegenzug zu Hilfstätigkeiten wie Putzen und Botengänge durften die beiden »Lehrbuben« das Atelier des Malers Stefan (Istvan) Delhaes nutzen, der sie manchmal auch zu Ausflügen mitnahm.
Nach der Kunstgewerbeschule besuchte Lenz die k. k. Akademie der bildenden Künste unter Carl Wurzinger, August Eisenmenger und Christian Griepenkerl und erhielt einige Stipendien. Das »Kenyon-Reisestipendium« führte ihn 1886 für zwei Jahre nach Rom. Anfang der 1890er Jahre reiste er zusammen mit dem Kupferstecher Ferdinand Schirnböck sogar nach Buenos Aires, um dort Banknoten für die Notenbank zu entwerfen.
Wiener Netzwerke
Lenz kehrte wohl 1893 zurück in die Heimat und wurde 1896 Mitglied der Genossenschaft bildender Künstler Wiens (kurz Künstlerhaus). Er war gut vernetzt und zählte bereits seit seiner Studienzeit zum Kern der losen Künstlergruppe Hagengesellschaft, die sich meist im Bierlokal Zum blauen Freihaus oder im Café Sperl traf und gerne witzige Karikaturen voneinander zeichnete.
Gemeinsam mit Gustav Klimt, Kolo Moser, Josef Hoffmann u.a. gründete er 1897 die richtungsweisende Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession. Er lieferte einige Illustrationen für die Vereinszeitschrift Ver Sacrum und beteiligte sich an Ausstellungen der jungen Künstlervereinigung, die sich der Moderne verschrieb. Hierbei war besonders die 1902 eröffnete und raumkünstlerisch innovative »XIV. Ausstellung« bedeutsam. Lenz schuf für die sogenannte »Beethoven-Ausstellung« u.a. getriebene Messingplatten mit mythologisch anmutenden Motiven, die in die Mauerflächen des Mittelsaales eingelassen wurden. Diese ordneten sich dem Gesamtkonzept der Ausstellung unter, in dessen Mittelpunkt Max Klingers Beethoven-Denkmal stand und für die Gustav Klimt den Beethovenfries (1901/02, Belvedere, Wien, Dauerleihgabe in der Secession, Wien) gestaltete.
Inspiration in Italien
Ende November 1903 unternahm Maximilian Lenz gemeinsam mit Klimt eine Italienreise, über die er in seinen Memoiren wie folgt berichtete:
»Klimt war als Mensch sehr lieb, ich habe diesen lieben Freund auf einer Reise durch Oberitalien genossen. […] Ravenna, das eigentliche Reiseziel, ist erreicht; Gustav Klimts Schicksalsstunde ist da. Denn die goldschimmernden Mosaiken der ravennatischen Kirchen machen einen ungeheuren, entscheidenden Eindruck auf ihn. Von da an kommt das Prunkende, das Starr-Prächtige in seine sensible Kunst.«
Die byzantinischen Mosaike in Ravenna und San Vitale beeindruckten und beeinflussten auch Lenz in seinem künstlerischen Schaffen. Er arbeitete in unterschiedlichen Techniken wie Druckgraphik, Mosaik, Mörtelschnitt und Treibarbeit, war jedoch vor allem als Maler tätig. Stilistisch orientierte er sich am Symbolismus und ließ sich häufig von Werken und Bildthemen seiner Kollegen inspirieren. Zu seinen bekanntesten Gemälden zählen Eine Welt (1899, Szépmuveszeti Múzeum, Budapest), Die Sirk-Ecke (1900, Wien Museum), Frühling (1904, National Museum Wales, Cardiff) und Idunasäpfel (1904, verschollen) sowie Justitia, das 1927 verbrannte Deckengemälde des Justizpalastes.
Im Jahr 1904 nahm Lenz bei der österreichischen Industriellenfamilie Kupelwieser eine Stelle als Zeichenlehrer an. Seine Schülerin war Ida Kupelwieser, die Enkelin des Malers Leopold Kupelwieser und eine Nichte des Industriellen und Mäzen Karl Wittgenstein, die ihm vermutlich für das Gemälde Modell stand.

Maximilian Lenz: Frühling, 1904, Amgueddfa Cymru – National Museum Wales, Cardiff
© Amgueddfa Cymru – National Museum Wales

Maximilian Lenz vor seinem Werk »Die Taufe des Äthiopiers« für die XXIV. Secessionsausstellung, mittig Josef Engelhart, rechts Friedrich König fotografiert von Moriz Nähr, 1905
© Österreichische Nationalbibliothek, Wien
Der »naturalistische Flügel«
Als sich die Klimt-Gruppe 1905 aufgrund künstlerischer Differenzen aus der Secession löste, schloss sich Lenz dem »naturalistischen Flügel« – den sogenannten »Impressionisten« – um Josef Engelhart, Rudolf Bacher, Alois Hänisch und Ferdinand König an. Mit Engelhart, Hänisch und König war er zudem befreundet und teilte sich ein Atelier in der Landstraßer Hauptstraße 112, das Engelhart als Mitgift anlässlich seiner Heirat mit Dorothea Mautner-Markhof erhalten hatte. Lenz stellte vor allem seine Gemälde in der Secession aus, arbeitete an dem Wandtafelwerk der k. k. Staatsdruckerei, dessen Farblithographien zwischen 1903 und 1926 verlegt wurden und entwarf während des ersten Weltkrieges Plakate für die Kriegsanleihe.
Obwohl sich die künstlerischen Wege von Lenz und Klimt trennten, waren sie wohl noch viele Jahre freundschaftlich verbunden. So kondolierte er Klimt anlässlich des Todes seiner Mutter, wie dies ein Dankesbrief von 1915 belegt:
»Lieber Lenz! Ich danke Dir Allerherzlichst für Deinen lieben Brief – für Deine Beileidsbezeugung. Verzeihe die etwas – verspätete Danksagung. Mit den besten Grüßen Dein Gustav Klimt«
Maximilian Lenz pflegte eine langjährige Freundschaft zu seiner Schülerin Ida Kupelwieser und sie heirateten schließlich 1926, wobei der Fotograf Moriz Nähr als Trauzeuge fungierte. Nach nur halbjähriger Ehe verstarb Ida leider an einem Schlaganfall. In der Folgezeit fand er zu keinem eigenständigen Werk mehr zurück. Er verfasste zwischen 1933 und 1947 seine Memoiren, die als Kopie und unpublizierte Abschriften erhalten sind und einen interessanten Einblick in sein privates und berufliches Umfeld erlauben. Maximilian Lenz starb am 18. Mai 1948 mit 87 Jahren in Wien, wo er am Grinzinger Friedhof bestattet wurde.
Literatur und Quellen
- Österreichisches Biographisches Lexikon. Maximilian Lenz. www.biographien.ac.at/oebl/oebl_L/Lenz_Maximilian_1860_1948.xml (11.09.2020).
- Elisabeth Dutz: The Hagengesellschaft: Bohemia in Vienna, in: PhotoResearcher, Nummer 31 (2019), S. 112-133.
- Trauungsbuch 1926 (Tomus 41), röm.-kath. Pfarre Landstrasse - St. Rochus, Wien, fol. 124.
- Hella Buchner-Kopper: Maximilian Lenz. Ein Maler im Licht / Schatten Gustav Klimts. Betrachtungen zum Leben und Werk eines Angepaßten. Dissertation, Universität Klagenfurt 2001.
- Elisabeth Dutz: Moriz Nähr. Die Biografie, in: Uwe Schögl, Sandra Tretter und Peter Weinhäupl für die Klimt-Foundation (Hg.): Moriz Nähr (1859–1945). Fotograf für Habsburg, Klimt und Wittgenstein. Catalogue Raisonné, Wien (2021). www.moriz-naehr.com (22.05.2022).
- Georg Gaugusch: Die Familien Wittgenstein und Salzer und ihr genealogisches Umfeld, in: Heraldisch-Genealogische Gesellschaft ADLER (Hg.): Adler. Zeitschrift für Genealogie und Heraldik, 21. Jg., Heft 4 (2001/02), S. 120-145.
- Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession (Hg.): Erster Jahresbericht der Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession, Wien 1899, S. 29.
- Wilhelm Dessauer: Gustav Klimts Winterreise nach Italien. Unveröffentlichte Erinnerungen des Malers Lenz, mitgeteilt von Wilhelm Dessauer, in: Österreichische Kunst, 4. Jg., Heft 3 (1933), S. 11-12.
- Klassenkataloge 1876–1881, Universität für angewandte Kunst Wien, Kunstsammlung und Archiv.
- Ansichtskarte von Gustav Klimt in Ravenna an Emilie Flöge in Wien (02.12.1903).
- Maximilian Lenz: Meine Erinnerungen. Unveröffentlichtes Typoskript aus den Jahren 1933-1947.. Wortgetreue Abschrift des Originals, Graz 1976.
- Zum Kometenstern. Wien Geschichte Wiki. www.geschichtewiki.wien.gv.at/Zum_Kometenstern (16.02.2023).
- Wiener Zeitung (Abendausgabe), 18.07.1886, S. 2.
- Brief von Gustav Klimt an Maximilian Lenz (undatiert).

Bertold Löffler

Bertold Löffler, in: Verlagsbuchhandlung Robert Mohr (Hg.): Jubiläums-Katalog. 25 Jahre Wiener-Humor 1889-1914, Wien 1914.
© Klimt-Foundation, Wien

Bertold Löffler: Plakat für den Kaiser-Jubiläumshuldigungsfestzug, 1908, Klimt-Foundation, Wien
© Klimt-Foundation, Wien
Der Universalkünstler gründete zusammen mit dem Keramiker Michael Powolny die Wiener Keramik und erstellte künstlerische Arbeiten für die Wiener Werkstätte. Seinerzeit stand Bertold Löffler auch mit dem Künstler Gustav Klimt – künstlerisch und beruflich – in enger Verbindung.
Bertold Löffler, geboren 1874, besuchte in Reichenberg (heute: Liberec, Tschechien) die Zeichenschule des nordböhmischen Gewerbemuseums. Er studierte zwischen 1890 und 1900 an der Wiener Kunstgewerbeschule (heute: Universität für angewandte Kunst, Wien) bei Franz Matsch, Carl Otto Czeschka und Kolo Moser.
Wiener Keramik und die Wiener Werkstätte
Nach dem Studienabschluss machte sich der junge Künstler als Grafiker und Illustrator selbstständig, erzielte erste künstlerische Erfolge und unterrichtete wenige Jahre später selbst an der Wiener Kunstgewerbeschule »Aktzeichnen« und »dekorative Malerei und Graphik«. Zusammen mit dem Keramiker Michael Powolny gründete er die Manufaktur Wiener Keramik, die schon bald mit der Wiener Werkstätte kooperierte. In weiterer Folge arbeitete Löffler auch für diese und wirkte maßgeblich bei mehreren Großprojekten mit, wie dem Palais Stoclet in Brüssel oder auch dem Kabarett Fledermaus.
Im Bannkreis von Gustav Klimt
Wann genau sich Gustav Klimt und Bertold Löffler kennenlernten, ist nicht bekannt. Laut einem Bericht der Zeitung Neues Wiener Journal vom 13. März 1927 pflegten die beiden Künstler angeblich ein freundschaftliches Verhältnis:
»Als Jüngling kam er [Bertold Löffler] dann nach Wien, geriet bald in den seltsam zwingenden Bannkreis des großen Gustav Klimt, der sein Freund wurde, und gehörte zu den jungen Künstlern, die in der Wiener Luft vor zwanzig Jahren zerrissen wurden, ohne daß [!] es ihnen geschadet hätte.«
Zwischen dem Maler und dem Universalkünstler lassen sich heute grundsätzlich mehrere künstlerische Berührungspunkte feststellen: So gestaltete Bertold Löffler um 1900 – wie Gustav Klimt – mehrere Kunstblätter für das von Martin Gerlach verlegte Mappenwerk Allegorien. Neue Folge. Ungefähr zur gleichen Zeit erstellte Löffler auch Karikaturen von Klimts Gemälden Pallas Athene (1898, Wien Museum, Wien) und Goldfische (1901/02, Kunstmuseum Solothurn, Dübi-Müller Stiftung) für die satirischen Zeitschriften Quer Sacrum. Organ der Vereinigung bildender Künstler Irrlands und Der liebe Augustin.
Diversen Medienberichten zufolge pflegten die beiden Künstler aber vor allem zwischen 1908 und 1912 – aus beruflichen Gründen – vermehrt einen persönlichen Umgang: Bei der Eröffnung der »Kunstschau Wien« 1908 waren laut der Neuen Freien Presse beide Künstler anwesend. Löffler selbst gestaltete für die Kunstausstellung ein Plakat sowie einen Raum für Plakatkunst. Kurz darauf nahmen Klimt und Löffler zusammen mit anderen österreichischen Vertretern auch am Gründerkongress des Deutschen Werkbundes in München teil; ebenso 1912 an dessen Tagung in Wien. Im Dezember 1911 erfolgte eine gemeinsame Reise nach Ungarn mit Mitgliedern der Gesellschaft österreichischer Architekten und im April 1912 berichtete die Zeitung Neues Wiener Tagblatt, dass der Bund österreichischer Künstler unter anderem von Gustav Klimt und Bertold Löffler initiiert und gegründet worden war.
Weiterer Werdegang
Bertold Löffler unterrichtete noch bis in die 1930er Jahre an der Wiener Kunstgewerbeschule und später zusätzlich an der Wiener Frauen-Akademie. Der außerordentlich vielseitige Künstler verstarb 1960 in Wien.
Literatur und Quellen
- Hans E. Goldschmidt (Hg.): Quer Sacrum. Wiener Parodien und Karikaturen der Jahrhundertwende, Wien - München 1976.
- Wiener Zeitung, 09.12.1911, S. 6.
- Neues Wiener Journal, 13.03.1927, S. 10-11.
- Das Vaterland. Zeitung für die österreichische Monarchie, 18.07.1908, S. 7.
- Neues Wiener Tagblatt, 07.06.1912, S. 8.
- Neue Freie Presse, 22.04.1908, S. 1.
- Felix Czeike (Hg.): Historisches Lexikon Wien, Band 4, Wien 1995, S. 84.
- Hans Vollmer (Hg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker, Band XXIII, Leipzig 1929, S. 317.
- Walter de Gruyter (Hg.): Allgemeines Künstler-Lexikon. Die bildenden Künstler aller Zeiten und Völker, Band LXXXV, Berlin 2015, S. 151.
- Erika Patka (Hg.): Bertold Löffler. Vagant zwischen Secessionismus und Neobiedermeier, Ausst.-Kat., Heiligenkreuzer Hof (Universitätsgalerie der Angewandten, Wien), 26.01.2000–15.03.2000, Wien 2000.
- Gerd Pichler: Berthold Löffler: Zeichnungen, Skizzen, Entwürfe ; kommentiertes Verzeichnis eines Teilnachlasses des Jugendstilkünstlers und Mitglieds der Wiener Werkstätte, Wien 2001.

Adolf Loos

Adolf Loos fotografiert von Otto Mayer, 1904
© Österreichische Nationalbibliothek, Wien

Adolf und Lina Loos in der Kaminnische ihrer Wohnung in der Bösendorferstraße 3, 1903
© ALBERTINA, Wien

Gustav Klimt: Die Jurisprudenz, 1903-1907, 1945 in Schloss Immendorf verbrannt, in: Kunstverlag Hugo Heller (Hg.): Das Werk von Gustav Klimt, Wien - Leipzig 1918.
© Klimt-Foundation, Wien

Das Haus am Michaelerplatz von Adolf Loos, fotografiert von Bruno Reiffenstein, um 1920
© Wien Museum
Der Architekt und Schriftsteller Adolf Loos bezog um die Jahrhundertwende vehement Stellung gegen die vorherrschende Ästhetik der Wiener Secession. Beeinflusst durch die baulichen Tendenzen der USA, die Wohnkultur des Biedermeier und des Chippendale-Stils kreierte er durch Praktikabilität und Materialsichtigkeit geprägte Bauten und Innenausstattungen. Trotz allem war Gustav Klimt für ihn ein Revolutionär.
Adolf Loos – der Globetrotter
Adolf Loos wurde am 10. Dezember 1870 in Brünn (heute: Brno, Tschechien) geboren. Die Profession des Vaters – ein Bildhauer und Steinmetzmeister – war prägend für den Werdegang des Sohnes. Zu seiner Mutter hatte Loos ein angespanntes Verhältnis, vor allem nach dem frühen Tod des Vaters.
Die Schulausbildung absolvierte er in Brünn, Iglau (heute: Jihlava, Tschechien) und Melk. In Iglau lernte er den gleichaltrigen Josef Hoffmann kennen. Nach dem Schulabschluss besuchte Loos die k. k. Staatsgewerbeschule Reichenberg und anschließend war er, wie Hoffmann, Student der k. k. Staatsgewerbeschule Brünn. Ab 1892 studierte er Architektur an der Technischen Hochschule in Dresden. Ohne Abschluss begab er sich 1893 auf eine mehrjährige USA-Reise. Die in Chicago, wo er auch die Weltausstellung besuchte, New York, St. Louis und Philadelphia gesammelten Eindrücke wirkten auf Loos maßgeblich stilbildend. Im Mai 1896 kehrte er nach Europa zurück und ließ sich in Wien nieder. Kurzfristig war er Mitarbeiter im Atelier von Karl Mayreder, schlug jedoch bald eine vorrangig publizistische Laufbahn ein. Peter Altenberg, Karl Kraus und Arnold Schönberg wurden zu wichtigen Wegbegleitern. Er schrieb für die Neue Freie Presse und publizierte in der Fachzeitschrift Der Architekt den für einen Wettbewerb verfassten Aufsatz Die alte und die neue Richtung in der Baukunst als Reaktion auf Otto Wagners Schrift Moderne Architektur. Adolf Loos erhielt dafür den zweiten Preis.
Loos‘ Aufbegehren gegen die Wiener Moderne
Im Juli 1898 fanden die Ansichten von Loos auch in Ver Sacrum Niederschlag. In dem polemisierenden Aufsatz Die Potemkinsche Stadt vertrat er die Meinung, dass ein Architekt umfassende künstlerische Gestaltungsversuche zu unterlassen habe. Dies und Hoffmanns Weigerung von Loos den Ver Sacrum Raum der Secession gestalten zu lassen, führten zum Bruch. Loos versuchte daraufhin als selbstständiger Innenarchitekt Fuß zu fassen und gestaltete zu Beginn vor allem die Einrichtungen unterschiedlicher Wohnungen und öffentlich zugänglicher Lokalitäten. Er entwickelte eine purifizierte Moderne, die sich vehement gegen das von Hoffmann, der Secession und der Wiener Werkstätte propagierte Konzept des Gesamtkunstwerkes richtete. Loos selbst definierte sich als »ein gegner jener richtung, die etwas besonders vorzügliches darin erblickt, daß ein gebäude bis zur kohlenschaufel aus der hand eines architekten hervorgehe [!].« Gleichwohl bezog er auch Position gegen die Stilblüten des Historismus.
Im Frühjahr 1899 erhielt er erstmals umfangreiche Aufmerksamkeit für das puristische und zweckmäßige Design des »Café Museum«, »das erste moderne im sezessionistisch werdenden Wien«, wie Ludwig Hevesi anmerkte. Regelmäßig wurde es von Gustav Klimt und weiteren Secessionisten besucht.
»Und doch glaube ich an den Genius Klimt«
Auch wenn Loos grundsätzlich zur Kunst der Jahrhundertwende diametral Position bezog, zeigte er sich dennoch in dem undatierten und unveröffentlichten Typoskript Ein Kapitel aus der Geschichte der Malerei im XX. Jahrhundert. Klimt dem Ausnahmekünstler gegenüber anerkennend und vor allem solidarisch mit dessen skandalumwitterten Fakultätsbildern: »Alles, was wir Großes in den letzten Jahren geleistet haben, ist diesem Meister zu verdanken: Gustav Klimt.« Darüber hinaus schlussfolgerte er nach seiner analytischen Besprechung der Deckengemälde: »Bisher haben wir nur über das äußerlich Revolutionäre gesprochen. […] Dadurch würde sich die Größe Klimts nicht erklären lassen. Denn es ist der Geist, der sich den Körper baut. Klimt ist auch der größte innere Revolutionär unter den Malern.«
Ob zwischen Klimt und Loos jemals eine direkte Interaktion stattfand, konnte bisher nicht restlos geklärt werden.
»Fundamentales über scheinbar Funktionales«
In den Jahren nach der Jahrhundertwende verstärkte sich Loos‘ architektonische Tätigkeit und er zeichnete für den Bau und die Ausstattung einer Vielzahl von Wiener Geschäftslokalen, Privatvillen, Wohnhausanlagen und Bürohäusern verantwortlich. 1902/03 richtete er in der Bösendorferstraße 3 (Wien, Innere Stadt, ehemals: Giselastraße) seine eigene Wohnung ein und bezog sie mit seiner jungen Ehefrau Lina Loos. Bereits 1905 folgte die Scheidung. Loos betätigte sich in diesem Jahr als Designer für eine nicht mehr erhaltene Wohnung von Carl Reininghaus in Wien-Wieden, der, abgesehen von seiner Rolle als Kunstmäzen, Klimts berühmte Wandausstattung für die Wiener Secession, Der Beethovenfries (1901/02, Belvedere, Wien), durch Ankauf vor der Zerstörung bewahrte.
1908 lernte Loos das Enfant terrible Oskar Kokoschka im Zuge der »Kunstschau Wien« kennen, dessen Mentor er werden sollte. Klimt hatte den jungen Künstler zur Teilnahme aufgefordert. Am 21. Januar 1910 hielt Loos auf Einladung des Akademischen Verbands für Literatur und Musik in Wien erstmals den skandalträchtigen Vortrag »Ornament und Verbrechen« und beeindruckte damit die junge Generation der Expressionisten. Eine frühere Fassung unter einem anderen Titel hatte Loos bereits im November 1909 in Berlin in der Galerie Paul Cassirer, organisiert von Herwarth Walden, vorgetragen. Loos bezog als Verfechter von Materialqualität und Praktikabilität entschieden gegen den dekorativen Jugendstil und die Wiener Werkstätte – von ihm auch »Wiener Weh« genannt – Stellung. Im Zuge dieses Vortrags betonte er, dass die Zweckmäßigkeit eines Baus und seiner Einrichtung, über jedes moderne Ornamentsystem erhaben sei. Durch darauffolgende öffentliche Vorträge befeuerte er diese Ansichten. Sein größtes und zugleich provokativstes innerstädtisches Bauprojekt – das Haus am Michaelerplatz – setzte er nahezu zeitgleich zwischen 1909 und 1911 um. Auftraggeber war der exklusive Herrenausstatter Goldman & Salatsch. Die schmucklose und auf Materialsichtigkeit bedachte Architektur rief einen Skandal hervor, der einen temporären Baustopp bedingte. Zusätzlich war er in diesen Jahren auch mit der Innenraumgestaltung des Wiener Herrenmodegeschäfts Kniže & Comp. beschäftigt.
Im Jahr 1912 wurde Loos gebeten, sich um die Nachfolge Otto Wagners an der Akademie der bildenden Künste Wien zu bewerben, was er jedoch ablehnte. Er gründete stattdessen eine private Bauschule, deren Vortragstätigkeit aber durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges unterbrochen wurde. Ornament und Verbrechen wurde schließlich im Jahr 1913 in französischer Sprache erstmals publiziert.
Nach Kriegsende heiratete Loos die 30 Jahre jüngere Elsie Altmann. Er engagierte sich in den Folgejahren vor allem für den gemeinnützigen Wohnbau und war Leiter des Wiener Siedlungsamtes. Aufgrund von Unstimmigkeiten legte er seine Funktion jedoch zurück und hielt sich ab 1922 vorrangig in Frankreich auf, wo er in Paris die Häuser von Tristan Tzara und Josephine Baker baute. Loos konnte von seinen Aufträgen kaum leben, sodass Altmann für ihn aufkommen musste. 1926 folgte die Scheidung. Nach seiner Rückkehr aus Frankreich im Jahr 1928 war Adolf Loos in Wien mit einer schwerwiegenden Sittlichkeitsklage konfrontiert. Das tatsächliche Ausmaß der vorgefallenen Straftaten wurde erst Jahrzehnte nach seinem Ableben bekannt. In diesem Jahr lernte er auch seine dritte Ehefrau, Claire Beck, kennen.
Am 23. August 1933 verstarb Adolf Loos an den Folgen eines ein Jahr zuvor erlittenen Schlaganfalls als verarmter Architekt in Kalksburg bei Wien. Der Schriftsteller, Wegbegleiter und langjähriger Freund, Karl Kraus, hielt die Grabrede. Ein nach Loos‘ Skizzen angefertigter Grabstein schmückt seine letzte Ruhestätte, ein Ehrengrab am Wiener Zentralfriedhof.
Literatur und Quellen
- Architektenlexikon. Wien 1770–1945. Adolf Loos. www.architektenlexikon.at/de/362.htm (15.04.2020).
- Eva B. Ottillinger: Was sind moderne Möbel? Antworten von Wagner, Hoffmann und Loos, in: Eva B. Ottillinger (Hg.): Wagner, Hoffmann, Loos und das Möbeldesign der Wiener Moderne. Künstler, Auftraggeber, Produzenten, Ausst.-Kat., Hofmobiliendepot - Möbel Museum Wien (Wien), 21.03.2018–07.10.2018, Wien - Köln - Weimar 2018, S. 109-121.
- Christoph Thun-Hohenstein, Matthias Boeckl, Christina Witt-Dörring (Hg.): Wege der Moderne / Ways to Modernism. Josef Hoffmann, Adolf Loos und die Folgen / and Their Impact, Ausst.-Kat., MAK – Museum für angewandte Kunst (Wien), 17.12.2014–19.04.2015, Wien 2015.
- Adolf Loos: Die Interieurs in der Rotunde, in: Adolf Loos (Hg.): Ins Leere gesprochen, Wien 1898, S. 81.
- Christopher Long: Vermächtnis einer Kampfdekade.»Ornament und Verbrechen ab 1909«, in: Christoph Thun-Hohenstein, Matthias Boeckl, Christina Witt-Dörring (Hg.): Wege der Moderne / Ways to Modernism. Josef Hoffmann, Adolf Loos und die Folgen / and Their Impact, Ausst.-Kat., MAK – Museum für angewandte Kunst (Wien), 17.12.2014–19.04.2015, Wien 2015, S. 184-193.
- Ludwig Hevesi: Adolf Loos, in: Altkunst – Neukunst, Wien 1909, S. 284-288.
- Burkhardt Rukschcio, Roland Schachel: Adolf Loos. Leben und Werk, Wien - Salzburg 1982.
- Eva B. Ottillinger: Adolf Loos. Wohnkonzepte und Möbelentwürfe, Salzburg - Wien 1994.
- Eva B. Ottillinger (Hg.): Wagner, Hoffmann, Loos und das Möbeldesign der Wiener Moderne. Künstler, Auftraggeber, Produzenten, Ausst.-Kat., Hofmobiliendepot - Möbel Museum Wien (Wien), 21.03.2018–07.10.2018, Wien - Köln - Weimar 2018.
- Adolf Loos: Ein Kapitel aus der Geschichte der Malerei im XX: Jahrhundert. Klimt, o.D., in: Adolf Loos. Schriften, Briefe, Dokumente aus der Wienbibliothek im Rathaus, Wien 2018, S. 34-36.
- Tobias G. Natter: »Klimt hat uns den Himmel genommen, Klimt hat uns den Himmel gegeben.«, in: Adolf Loos. Schriften, Briefe, Dokumente aus der Wienbibliothek im Rathaus, Wien 2018, S. 37-41.
- Beatriz Colomina: Sex, Lies and Decoration: Adolf Loos and Gustav Klimt, in: Jehuda E. Safran (Hg.): Adolf Loos Our Contemporary, New York 2012.
- Ein Kapitel aus der Geschichte der Malerei im XX. Jahrhundert. Klimt, Wien, o.D.. Unveröffentlichtes Typoskript.

Josef Löwy

Josef Löwy, vor 1902
© Albertina, Wien

Gebäude der Kunstanstalt Löwy in Wien III, Parkgasse, um 1897
© ALBERTINA, Wien

Werbung für die Photographische Kunstanstalt J. Löwy, in: Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession (Hg.): Katalog der X. Kunstausstellung der Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession, Ausst.-Kat., Secession (Wien), 15.03.1901–12.05.1901, Wien 1901.
© Bibliothek des Belvedere, Wien
Der k. k. Hof-Photograph Josef Löwy besaß eines der ersten Porträtateliers in Wien und gründete später eine der größten Reproduktionsanstalten in der Donaumonarchie. Für Publikationen und Druckwerke dokumentierte Löwy auch Arbeiten Klimts.
Josef Löwy wurde 1834 in Pressburg (heute: Bratislava, Slowakei) geboren. Er absolvierte in Wien eine Lehre in der lithografischen Anstalt des Verlegers Eduard Sieger und besuchte für einige Zeit die Akademie der bildenden Künste. In den 1850er Jahren wandte sich Löwy der Fotografie zu. Er eröffnete im 2. Wiener Gemeindebezirk sein erstes Atelier und spezialisierte sich auf Porträt-, Architektur- und Kunstfotografie. 1856 erhielt er seinen ersten Großauftrag und porträtierte die 400 Teilnehmer einer Naturforscherversammlung. Bereits ein Jahr später erstellte der Fotograf ein Album anlässlich der in Wien stattfindenden Jubiläumsfeier des Maria-Theresien-Ordens.
Gründung einer Reproduktionsanstalt
Löwy, der in den 1860er Jahren Mitglied der neugegründeten Photographischen Gesellschaft wurde, übersiedelte in Wien mehrmals mit seinem Fotostudio – unter anderem in das Palais der Gartenbaugesellschaft an der Wiener Ringstraße. Aufgrund des anhaltenden Erfolges seines Unternehmens konnte Löwy in Wien auch eine fotografische Reproduktionsanstalt gründen, die sich auf die Herstellung von Lichtdrucken, Autotypien, Heliogravüren oder auch Farblichtdrucken spezialisierte. Auf Löwys Initiative kamen dort auch erstmals Lichtdruckschnellpressen zum Einsatz. Später wurde dem Betrieb, der um die Jahrhundertwende ungefähr 100 Angestellte umfasste, auch ein Verlag angeschlossen.
Gustav Klimt: Fotografische Dokumentation und Publikation
In Bezug auf das Bekanntwerden Gustav Klimts nimmt Josef Löwy als Fotograf durchaus eine nicht unwesentliche Rolle ein: Er erstellte fotografische Aufnahmen von den dekorativen Ausschmückungen im kunsthistorischen Hofmuseum, im Hofburgtheater und im Palais Dumba, die wiederholt publiziert wurden. Außerdem erstellte Löwy um 1889 jene bekannte Heliogravüre nach Klimts Aquarell Zuschauerraum im Alten Burgtheater (1888/89, Wien Museum), die um eine Beilage ergänzt wurde. Dabei handelt es sich um eine beschriftete Bildlegende samt einer unvollständigen, namentlichen Auflistung der abgebildeten Personen im Publikum.
Anerkennungen eines Pioniers
Der k. k. Hof-Photograph verstarb 1902 in Wien. Die Photographische Gesellschaft veröffentlichte in der Photographischen Correspondenz folgende Würdigung:
»Josef Löwy gehörte zu den Persönlichkeiten, die alle Entwicklungsphasen der Photographie mitmachten, die unermüdlich von kleinen Anfängen sich zu grösster [!] Bedeutung emporgeschwungen haben. Im Gebiete der graphischen Kunst entfaltete er eine Vielseitigkeit, wie sie kein anderer Besitzer einer Privatanstalt aufweisen konnte.«
Seine Ehefrau, Mathilde Löwy, übernahm nach seinem Tod für einige Jahre die Firmenleitung und gründete 1905 in Wien – zu seinem Andenken – eine Stiftung zur Förderung der Fotografie. Diese wurde von der Photographischen Gesellschaft verwaltet und bestand nachweislich bis in die späten 1920er Jahre.
Literatur und Quellen
- Josef Löwy: Die Fortschritte der Photographie, in: Neue Freie Presse, 17.07.1900, S. 15-17.
- Buchdrucker-Zeitung, 27.03.1902, S. 4.
- Photographische Correspondenz, 39. Jg., Nummer 499 (1902), S. 69.
- Österreichische Akademie der Wissenschaften (Hg.): Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950, Band 5, Wien 1993, S. 296-297.
- Verlag Leopold Weiss (Hg.): Die Gross-Industrie Oesterreichs. Festgabe zum glorreichen 50-jähr. Regierungsjubiläum Seiner Majestät des Kaisers Franz Josef I. dargebracht von den Industriellen Oesterreichs, Wien 1898, S. 149-151.
- Josef Löwy: Figurale Compositionen für die malerische Ausschmückung von Decken, Wänden, Zwickeln, Lünetten und kunstgewerblichen Objecten aller Art. Lichtdrucke nach Gemälden und Zeichnungen Wiener Künstler, Band 2, Wien 1898.
- V. A. Heck Verlag (Hg.): Das k. k. Hofburgtheater in Wien. erbaut von Carl Freiherrn von Hasenauer, Wien 1890.
- Wiener Freie Photographen-Zeitung. Zeitschrift für Photographie und verwandte Fächer, 5. Jg., Heft 4 (1902), S. 53.
- Österreichische Photographen-Zeitung, Heft 2 (1905), S. 32.
- Ursula Storch (Hg.): Klimt. Die Sammlung des Wien Museums, Ausst.-Kat., Wien Museum (Wien), 16.05.2012–07.10.2012, Wien 2012, S. 112-123.
- Sabine Pénot, Hanna Schneck (Hg.): Farbe in Schwarz-Weiß. Josef Löwys photographische Drehscheibe 1888–1891, Ausst.-Kat., Kunsthistorisches Museum (Wien), 28.10.2022–01.05.2023, Wien 2022.

Elena Luksch-Makowsky

Elena Luksch Makowsky mit ihren beiden Söhnen Peter und Andreas fotografiert von Peter Dührkoop, 1907, Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg
© Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg
Die aus Russland stammende Malerin, Bildhauerin, Grafikerin und Kunstgewerblerin Elena Luksch-Makowsky war in der Wiener Werkstätte, der Secession sowie auf der Kunstschau 1908 tätig und leistete so einen wichtigen Beitrag zum Wiener Jugendstil.
Elena Makowsky wurde am 13. November 1878 als Tochter einer gut betuchten St. Petersburger Künstlerfamilie geboren. Ihr Vater war der Hofmaler Konstantin Makowsky. Durch ihre Eltern kam sie bereits früh in Kontakt mit verschiedensten Künstler:innen und bereiste ganz Europa.
Makowsky studierte vorerst von 1894 bis 1896 an der Petersburger Akademie unter dem Maler Ilja Repin. Ihr Frühwerk ist daher stark von der Schule der Peredwischniki (Wandermaler) geprägt, der ihr Lehrer angehörte und die einen volksnahen Realismus vertraten. Mit einem Stipendium konnte sie 1898 in München Malunterricht an der Ažbe-Schule, einer Privatschule des Künstlers Anton Ažbe für Figuren und Porträtmalerei, nehmen.
Im Schloss Deutenhof Studio in Dachau kam Makowsky in Kontakt mit den Neu-Dachauer Malern Adolf Hölzel und Ludwig Dill. Während ihrer Zeit in Dachau lernte sie außerdem den Wiener Richard Luksch kennen, mit dem sie sich vor ihrer Rückkehr nach St. Petersburg verlobte. In Deutschland war Elenas Interesse für die Skulptur, sicher nicht zuletzt durch ihren Kontakt zu Richard Luksch, geweckt worden und so nahm sie in ihrer Heimatstadt Unterricht bei dem Bildhauer Wladimir Beklemischow.
Makowskys erstes bezahltes Auftragswerk war eine Installation für ihren Mäzenen Johann von Bloch die auf der Wiener Weltausstellung 1900 gezeigt wurde. Im selben Jahr heiratete sie den Wiener Bildhauer Richard Luksch und zog zurück nach Dachau. Die Künstlerin wurde bereits kurz nach der Eheschließung schwanger.

Elena Luksch-Makowskys Gemälde Adolescentia neben dem Brunnen ihres Mannes Richard Luksch auf der XVII. Secessionsausstellung, 1903, in: Das Interieur. Wiener Monatshefte für angewandte Kunst, 4. Jg. (1903).
© ANNO | Österreichische Nationalbibliothek
Elena Luksch-Makowsky und die Wiener Secession
Im November 1900 nahm Elena Luksch-Makowsky – wie sie sich seit ihrer Hochzeit nannte – an der »VIII Secessionsausstellung« in Wien teil. Während ihr Mann bereits an vorigen Ausstellungen beteiligt gewesen war, etablierte sich Elena nur langsam in der Wiener Kunstszene. Erst im Rahmen der »X. Secessionsausstellung« 1901 fand die Künstlerin auch in den den Kritiken Erwähnung. Ihre drei impressionistischen Genrebilder überzeugten das Publikum, allen voran Katzenfresser von Dachau (1900, Belvedere). Im selben Jahr übersiedelte Luksch-Makowsky mit ihrem Ehemann in dessen Heimatstadt Wien.
Von 1901 bis 1905 beteiligte sich die Künstlerin wiederholt an den Ausstellungen der Secession. 1903 war sie im Zuge dessen gemeinsam mit einem Brunnen ihres Mannes in einem Raum zu sehen und trat so in direkten Vergleich mit diesem. Ihr Gemälde Adolescentia (1903, Belvedere, Wien) fand rege Beachtung und wurde in den Rezensionen ausführlich besprochen. Besonders die exotischen russischen Züge ihrer Kunst, die sich die Künstlerin seit den frühen Tagen ihrer Ausbildung bewahrt hatte, fanden Anklang in den männlich domminierten Kreisen des Wiener Jugendstils. Diese Wertschätzung äußerte sich unter anderem dadurch, dass sie als einzige Frau ein Secessionsmonogramm hatte. Es entstand anlässlich der XIV. Secessionsausstellung. Klinger-Beethoven, an der sie durch dekorative Paneele erheblichen Anteil hatte.
Parallel zu ihrer Ausstellungstätigkeit lieferte Luksch-Makowsky auch zahlreiche grafische Beiträge für die Kunstzeitschrift der Secession Ver Sacrum.
Holzschnitte für Ver Sacrum

Elena Luksch-Makowskys Signet für die Beethovenausstellung der Secession, 1903, in: Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession (Hg.): XIV. Ausstellung der Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession. Klinger Beethoven, Ausst.-Kat., Secession (Wien), 15.04.1902–15.06.1902, Wien 1902.
© Klimt-Foundation, Wien

Elena Luksch-Makowsky: Relief für die Beethovenausstellung der Secession, 1902, in: Deutsche Kunst und Dekoration, Band 10 (1902).
© Universitätsbibliothek Heidelberg
Klimt-Gruppe und Kunstschau
1905 schloss sich das Ehepaar der »Klimt-Gruppe« an und verließ die Secession. Luksch-Makowsky fertigte auch wiederholt Kunsthandwerk für die Wiener Werkstätte. Dabei handelte es sich vorwiegend um Kleinmöbel und Treibarbeiten in Metall.
1906 übernahm Elena den prestigeträchtigen Auftrag zur Anfertigung eines Keramik-Reliefs für das Wiener Bürgertheater von ihrem Mann Richard Luksch. Dieser war mit den Arbeiten für das Sanatorium Purkersdorf ausgelastet und übertrug daher die Ausführung des öffentlichen Auftrages an seine Ehefrau. Eine Tatsache, die die Künstlerin bis zur Besichtigung des Werkes durch die Auftraggeber geheim hielt. Die in nur drei Monaten entstandenen Platten des Werks Melopomene und die tragischen Chöre (1906, Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg) gehören zum Hauptwerke von Luksch-Makowsky.
Da Richard Luksch 1907 eine Professur an der Hamburger Kunstschule antrat, übersiedelte das Paar mit seinen zwei Söhnen nach Deutschland. Das Ehepaar blieb jedoch weiterhin für die Wiener Werkstätte tätig und somit in Wiener Künstlerkreisen verwurzelt. Neben Arbeiten für das Großprojekt des Palais Stoclet – für das Gustav Klimt seinen berühmten Stocletfries (1904–1911, Belvedere) schuf – beteiligte sie sich das Ehepaar Luksch auch an der durch die »Klimt-Gruppe« organisierten »Kunstschau Wien« 1908. Elena war mit einer Keramikfigur, einem Fächer und zahlreichen Illustrationen vertreten, in denen sie die Tradition der russischen lubok (Volksbilderbogen) aufgriff. Ihr gesamtes Schaffen um 1908 ist geprägt von der erneuten Auseinandersetzung mit der Kunst ihrer Heimat und dem Rückgriff auf russische Motive und Themen.
So scheint es wenig verwunderlich dass die Künstlerin 1909 nach St. Petersburg reiste, um dort an der ersten Ausstellung des Salons ihres Bruders Sergej Makowsky teilzunehmen.
Die Hamburger Zeit
1910 schuf Elena Luksch-Makowsky für den Hamburger Stadtpark die Fayenceplastik Ein Frauenschicksal (Kunsthalle Hamburg). Der Auftraggeber Fritz Schumacher, Architekt, Stadtplaner und Hochschullehrer, interpretierte ihr Werk 1928 in seiner Schrift Plastik im Freien – Versuche im Betrachten von Kunstwerken:
»[…] man sieht, dass die Frau durch diese Kinder fest am Boden gebunden ist. Sie kann nicht schreiten, wohin sie will, sie kann sich nicht bewegen, wie sie mag […]. Ihr Haupt aber kann sie frei bewegen. Oben im Geistigen ahnen wir noch eine zweite Welt. […] Wir fühlen den Zwiespalt einer Frau, deren Seele mitfliegen könnte in das Reich der Phantasie und deren wirkliches Sein gebannt ist in die Ansprüche an ihre Mütterlichkeit: Frauenschicksal.«
Als weibliche Künstlerin hatte sich Luksch-Makowsky Zeit ihres Lebens mit Themen auseinandergesetzt, die ihre männlichen Kollegen kaum beschäftigten. Die Frage der Mutterrolle und der dadurch eingeschränkten Entfaltungsmöglichkeiten der Frauen, waren in ihren Werken stets omnipräsent. Neben ihrer Beschäftigung mit ihrer nationalen Identität als Russin, setzte sich Luksch-Makowsky stets mit ihrer gesellschaftlich vorausgesetzten Rolle als Frau und Mutter im Kontrast zu ihrer Karriere in einer Männer domminierten Kunstwelt auseinander. Die Plastik Ein Frauenschicksal bündelte all diese Konflikte in einem monumentalen Werk.
Scheidung und Weltkriege
Als gebürtige Russin traf sie der Ausbruch des ersten Weltkrieges 1914 besonders stark, da ihre Wahlheimat nun im Krieg mit ihrem Geburtsland und somit der Heimat ihrer Familie lag. Der Kontakt zu ihrer Familie war nur noch schwer möglich. Zusätzlich erkrankte Richard Luksch 1915 schwer und musste längere Zeit ins Krankenhaus, was Elena als Alleinversorgerin der Familie zurückließ. In dieser Zeit schuf sie vorwiegend Porträtbüsten von Bekannten und Verwandten.
1921 ging die bereits von Krisen gebeutelte Ehe zwischen Richard Luksch und Elena in die Brüche. Nach einer Affäre ihres Mannes reichte sie die Scheidung ein.
Nach ihrer Scheidung wandte sich Luksch-Makowsky wieder vermehrt ihrer Heimat zu. Beinahe alle ihre Werke hatten Bezug zu Russland. Um 1925 entstand die Gefangenengruppe, die als Modell für ein Denkmal für Russische Kriegsgefangene gedacht war. Ohne den Rückhalt ihres Mannes musste sich Elena umso aktiver um den Erhalt von öffentlichen und privaten Aufträgen bemühen. In diesem Zusammenhang entstand der Entwurf für die Senatsplakette Medaille für treue Arbeit im Dienste des Volkes (1926) und die Gestaltung zweier Brunnen für die Meerweinschule (1930). Außerdem stellte sie vermehrt Gebrauchsgrafiken her um sich und ihre Familie finanziell abzusichern.
Während des zweiten Weltkrieges gab die Künstlerin außerdem privaten Kunstunterricht, übernahm private Porträtaufträge – die oft auch als direktes Zahlungsmittel dienten – und beteiligte sich bis 1965 regelmäßig an verschiedenen Ausstellungen.
Elena Luksch-Makowsky starb am 15. August 1967 in Hamburg. Ihren Grabstein ziert ein Motiv aus ihrer dreiteiligen Lithographie-Serie Der Krieg.
Literatur und Quellen
- Wien Geschichte Wiki. Elena Luksch-Makowsky. www.geschichtewiki.wien.gv.at/Elena_Luksch-Makowsky (22.04.2020).
- Garten der Frauen. Elena Luksch-Makowski. www.garten-der-frauen.de/kunst.html (22.04.2020).
- Sammlung belvedere. sammlung.belvedere.at/people/1315 (22.04.2020).
- Stella Rollig, Sabine Fellner (Hg.): Stadt der Frauen / City of Women. Künstlerinnen in Wien 1900–1938 / Female Artists in Vienna 1900–1938, Ausst.-Kat., Unteres Belvedere (Wien), 25.01.2019–19.05.2019, München - New York - Wien 2019.
- Athina Chadzis: Die Malerin und Bildhauerin Elena Luksch-Makowsky (1878 – 1967). Biografie und Werkbeschreibung. Dissertation, Hamburg 2000.
- Neue Freie Presse, 31.03.1903, S. 1.
- Simone Ewald: The Artist Elena Luksch-Makowsky. Between St. Petersburg, Munich, Vienna and Hamburg, in: Tanja Malycheva, Isabel Wünsche (Hg.): Marianne Werefkin and the Women Artists in Her Circle, Boston 2017, S. 175-189.

Charles Rennie Mackintosh

Charles Rennie Mackintosh fotografiert von James Craig Annan, 1893
© National Portrait Gallery, London
Der schottische Architekt, Designer, Möbelgestalter, Kunsthandwerker, Grafiker und Maler wurde von der englischen Arts and Crafts-Bewegung, dem Symbolismus und wie viele seiner Zeitgenossen vom Japonismus beeinflusst. Mit seinen Gesamtkunstwerken nimmt er eine prominente Position der europäischen Avantgarde der Jahrhundertwende ein.
Charles Rennie Mackintosh (eigentlich MacIntosh) wurde am 7. Juni 1868 in Glasgow geboren. 1884 begann er eine Lehre bei dem Architekten John Hutchison, ab 1888/89 arbeitete er als Entwurfszeichner in dem Architekturbüro Honeyman & Keppie. Bis 1894 besuchte Mackintosh parallel zu seiner Berufstätigkeit Abendklassen an der Glasgow School of Art, wo er auch James Herbert MacNair, Frances MacDonald und ihre Schwester Margaret MacDonald kennenlernte. Zusammen formten sie die Künstlergruppe The Four und gestalteten anfangs vor allem Aquarelle, Plakate und Kunsthandwerk. 1899 heirateten MacNair und Frances MacDonald, 1900 auch Mackintosh und Margaret MacDonald.
Zu Charles Rennie Mackintoshs frühen Arbeiten zählten Aufträge seiner Arbeitgeber John Honeyman und John Keppie, wie die Inneneinrichtungen für den Glasgow Art Club und Craigie Hall (1892/93). Er entwickelte eigenständige, von Funktionalität bestimmte Designs, jedoch waren Einflüsse historischer schottischer Architektur erkennbar. Es folgten größere Projekte, wie das Gebäude der Kunsthochschule Glasgow School of Art, das in zwei Bauphasen (1897–1899 und 1907–1909) entstand, sowie Queen's Cross Church (1896–1899). Zu seinen wichtigsten Leistungen zählte eine Serie von sogenannten Tearooms, die er für die Unternehmerin Catherine Cranston im Zentrum von Glasgow in der Ingram Street (1900–1901) und Sauchiehall Street (1903) gestaltete.
Ähnlich wie seine Zeitgenossen der Jahrhundertwende, betrachtete sich Mackintosh in seiner Künstlerrolle als Architekt und Designer, der für das gesamte Gefüge eines Gebäudes, von der Außenfront, über die Innenräume bis hin zur Ausstattung verantwortlich war. In diesem Sinne des Gesamtkunstwerks entwarf er auch Möbel, Textilien, Ausstattungen, dekorative Elemente und kunstgewerbliche Gegenstände. Vor allem seine geometrisch-schlichten Stuhldesigns mit außergewöhnlich hohen Rückenlehnen sind bis heute bekannt.
Da Mackintosh über diverse Kunstzeitschriften Bekanntheit erlangte, wurde um 1900 auch der amtierende Secessions-Vizepräsident Josef Hoffmann auf ihn aufmerksam. Hoffmann bat seinen kunstaffinen Freund und Auftraggeber Fritz Waerndorfer – der Unternehmer, Mäzen und spätere Mitbegründer der Wiener Werkstätte sprach fließend Englisch und war mit neuesten britischen Designtrends vertraut – nach Glasgow zu reisen, um ihn für die »VIII. Ausstellung« der Wiener Secession einzuladen. Die Ausstellung widmete sich dem Kunstgewerbe und neben international anerkannten Künstlern wie Charles Robert Ashbee und Henry van de Velde beteiligten sich die Mackintoshs und die MacNairs mit einem Interieur in Saal X. Ludwig Hevesi berichtete:
»Wer dieses Zimmer betritt, sagt gewiß [!] zuerst: ›Toorop.‹ Eine gewisse Verwandtschaft ist ja vorhanden. […] Das Zimmer ist weiß, die Möbel sind schwarz, alles Holz ist glatt, dünn, eng, sezessionistisches ›Brettl‹, mit einzelnen plötzlichen Gevierten von bunt losgehendem Ornament.«
Die Ausstellungsbeteiligung steigerte nicht nur den Bekanntheitsgrad des korrespondierenden Secessionsmitglieds Mackintosh, die Arbeiten der schottischen The Four übten aber auch nachhaltigen Einfluss auf das Werk von Joseph Maria Olbrich, Josef Hoffmann, Gustav Klimt, Koloman Moser und Designer der 1903 gegründeten Wiener Werkstätte aus. So wandelte sich der Wiener Jugendstil zum reduzierten, geometrischen und auf Schwarz-Weiß-Kontrasten basierenden Secessionismus.
Die 1901 erschienene Mappe Haus eines Kunst-Freundes umfasste 18 Architekturentwürfe von Charles Rennie Mackintosh und wirkte wegweisend für Europas Architekturentwicklung. Mackintoshs Kunst fand über Kunstzeitschriften und Ausstellungsbeteiligungen weltweite Verbreitung, besonders erwähnenswert war dabei die »I. Internationale Ausstellung für moderne dekorative Kunst in Turin 1902«. In einem seiner Hauptwerke, dem Hill House der Glasgower Peripherie Helensburgh, stellte Mackintosh zwischen 1902 und 1904 die rau verputzte Außenfassade im rustikalen Stil stimmungsvoll gestalteten Innenräumen gegenüber, in denen er Licht, Raum, Form und dekorative Motive raffiniert kombinierte.
Das Ehepaar Mackintosh war bereits 1900 während der Secessionsausstellung zu Gast in Waerndorfers Villa im Cottage-Viertel und laut Hevesi entstand schon damals die Idee zur Gestaltung dessen Musiksalons. Im Zuge der Umgestaltung seines Hauses beauftragte Waerndorfer die Mackintoshs, Kolo Moser und Hoffmann 1902 mit dem Zimmer. Der dreiflügelige Fries von Margaret MacDonald Mackintosh mit dem Motiv Die sieben Prinzessinnen aus dem gleichnamigen Theaterstück von Maurice Maeterlinck wurde allerdings erst 1907 eingebaut.
Waerndorfer reiste 1906 gemeinsam mit Gustav Klimt, Hoffmann und Carl Otto Czeschka nach London, um anlässlich der Präsentation des österreichischen Kunstgewerbes die »Imperial-Royal Austrian Exhibition« in Earls Court zu besuchen. Dabei trafen sie vermutlich am 5. Mai 1906 auch Mackintosh, wie es Klimt in einer Ansichtskarte an Emilie Flöge am Vortag ankündigte.
Bereits 1901 wurde Mackintosh zum Partner von Honeyman und Keppie, er beendete die Zusammenarbeit jedoch 1913 und verließ Glasgow, um mit seiner Frau nach England zu ziehen. Nach dem Ersten Weltkrieg erhielt er nur noch wenige Aufträge, beendete seine Karriere als Architekt und widmete sich der Malerei, dem Zeichnen und der Grafik. 1914–1915 arbeitete er in Suffolk an einer Serie von botanischen Studien; es folgten acht Jahre in London, in denen er Serien von Stillleben und progressive Textil-Designs schuf.
In seinen letzten Lebensjahren wandte er sich ganz der Malerei zu: Zwischen 1923–1927 entstanden einige seiner gelungensten Aquarelle in Südfrankreich, beeinflusst von den Landschaften, Dörfern und Städten entlang der Flusstäler in den Pyrenäen. Charles Rennie Mackintosh erkrankte an Krebs und verstarb am 10. Dezember 1928 in verarmten Verhältnissen in London.
Literatur und Quellen
- Scottish Architects. Mackintosh. www.scottisharchitects.org.uk/architect_full.php (30.03.2020).
- Ludwig Hevesi: Aus der Sezession. Achte Ausstellung der „Vereinigung“, in: Acht Jahre Sezession (März 1897–Juni 1905). Kritik – Polemik – Chronik, Wien 1906, S. 282-288.
- Ludwig Hevesi: Aus der Sezession, in: Acht Jahre Sezession (März 1897–Juni 1905). Kritik – Polemik – Chronik, Wien 1906, S. 288-293.
- Georg Fuchs: Mackintosh und die Schule von Glasgow in Turin, in: Deutsche Kunst und Dekoration, Band 10 (1902), S. 575-598.
- Vereinigung bildender KünstlerInnen Wiener Secession (Hg.): Ver Sacrum. Mitteilungen der Vereinigung bildender Künstler Österreichs, 4. Jg., Heft 23 (1901).
- N. N.: Ein Mackintosh-Teehaus in Glasgow, in: Dekorative Kunst. Illustrierte Zeitschrift für angewandte Kunst, Band 13 (1905), S. 257-273.
- Fernando Agnoletti: The Hill-House Helensburgh. Erbaut von Architekt Charles Rennie Mackintosh, in: Deutsche Kunst und Dekoration, Band 15 (1904/05), S. 337-361.
- Ansichtskarte von Gustav Klimt in London an Emilie Flöge in Wien (04.05.1906).
- Ludwig Hevesi: Haus Wärndorfer, in: Altkunst – Neukunst, Wien 1909, S. 221–227.
- Elana Shapira: Modernism and Jewish Identity in Early Twentieth-Century Vienna: Fritz Waerndorfer and His House for an Art Lover, in: Studies in the Decorative Arts, Band 13 (2006), S. 52-92.

Margaret MacDonald Mackintosh

Margaret MacDonald Mackintosh fotografiert von James Craig Annan, um 1901
© National Portrait Gallery, London
Die Malerin, Illustratorin, Designerin und Kunsthandwerkerin Margaret MacDonald Mackintosh zählte zu den bedeutendsten weiblichen Kunstschaffenden des schottischen Jugendstils, dem Glasgow Style. Sie arbeitete häufig mit ihrem Mann Charles Rennie Mackintosh zusammen und ist besonders für ihre Metallarbeiten, Stickereien sowie Entwürfe für Textilien und Friese bekannt.
Margaret MacDonald wurde am 5. November 1864 in Tipton, Staffordshire geboren und erhielt als Tochter einer wohlhabenden Familie schon früh Kunstunterricht in der Orme Girl‘s School in North Staffordshire. Vermutlich besuchte sie auch eine Kunstschule in Deutschland, bevor die Familie in den späten 1880ern nach Glasgow zog. Dort schrieb sie sich, gemeinsam mit ihrer jüngeren Schwester Frances, in der Glasgow School of Art ein. Beeinflusst durch die Ideen des Arts and Crafts Movement zur Erneuerung des Kunsthandwerks und der Ästhetisierung des Alltags durch Design, entwickelte sie einen dezidiert dekorativen Stil. Neben der klassischen Ausbildung im Aktzeichnen besuchte sie auch Klassen für angewandte Kunst und experimentierte mit einer Vielzahl von Materialien und Techniken, dabei vor allem mit Metall und Textilien.
An der Kunstschule lernte sie James Herbert MacNair und Charles Rennie Mackintosh kennen und formte mit ihnen und ihrer Schwester Frances die Künstlergruppe The Four. Gemeinsam gestalteten sie anfangs vor allem Aquarelle, Plakate und Kunsthandwerk. 1899 heirateten MacNair und Frances, 1900 auch Mackintosh und Margaret. Während sie nach ihrem Studienabschluss ein Studio mit ihrer Schwester betrieb und vornehmlich Plakate und Metalltreibarbeiten gestaltete, kooperierte sie nach 1900 überwiegend mit ihrem Mann, für dessen Möbel und Inneneinrichtungen sie oft Tafeln in Gesso-Technik oder Metallpaneele fertigte. Hervorzuheben sind hier einige Tafeln für die Teesalons der Auftraggeberin Catherine Cranston im Zentrum von Glasgow in der Ingram Street (1900–1901) und die Willow Tearooms in der Sauchiehall Street (1903).
Das Motivrepertoire der Tafeln ist von floraler Ornamentik und stilisierten Frauenfiguren bestimmt, wobei ihre Friese auch Einzug in die Wiener Secession hielten: Im November des Jahres 1900 stellten The Four neben international anerkannten Künstlern auf der bedeutenden »VIII. Ausstellung« aus, die sich dem Kunstgewerbe widmete. Ludwig Hevesi berichtete:
»Daß [!] ausländischen Berühmtheiten ersten Ranges, wie Ashbee und Van de Velde, einer Doppel-Spezialität wie dem Ehepaare Mackintosh und einer Unternehmung wie der Pariser ›Maison moderne‹ ganze Säle zur Verfügung gestellt wurden, zeigt, wie wenig unsere Talente den Wettbewerb scheuen und wie weit sie im Gegenteil ihren Landsleuten die Augen öffnen wollen.«
Zur Einrichtung von Saal X. zählten zwei dekorative, jeweils dreiteilige Gesso-Paneele mit Glasperlen und Zinnauflagen. Margaret MacDonald Mackintosh gestaltete The May Queen und ihr Mann das Pendant The Wassail, (beide 1900, Glasgow Museums), die für die Ingram Street Tearooms angefertigt und nach Ausstellungsende zurück nach Glasgow transportiert wurden.
Das reduzierte Interieur der Schotten übte nachhaltigen Einfluss auf das Werk der Secessionisten und Designer der 1903 gegründeten Wiener Werkstätte aus. Im 4. Jahrgang des Ver Sacrum publizierte die Secession 1901 sogar ein eigenes Heft mit zahlreichen Abbildungen von Werken der Gruppe. Ihre Kunst fand somit nicht nur durch Ausstellungsbeteiligungen, sondern auch über die wichtigsten Kunstzeitschriften der Zeit wie The Studio, Deutsche Kunst und Dekoration und Dekorative Kunst internationale Verbreitung. Besonders die Mappe Haus eines Kunst-Freundes, die 1901 in der von Alexander Koch herausgegebenen Serie Meister der Innen-Kunst in der Zeitschrift Innendekoration erschien, wirkte wegweisend.
Eine weitere wichtige Ausstellung war 1902 die »Prima Esposizione internazionale d‘Arte decorativa moderna« (Erste internationale Ausstellung für moderne dekorative Kunst) in Turin, an der sich die Mackintoshs mit dem Raum The Rose Boudoir beteiligten. Die Schau besuchte auch der Unternehmer, Kunstmäzen und Mitbegründer der Wiener Werkstätte Fritz Waerndorfer, der in einem Telegramm aus Turin Kolo Moser ersuchte, Fotos des »Klimtfries« – Gustav Klimts Der Beethovenfries (1901/02, Belvedere, Wien) – zu schicken, da Olbrich und die Mackintoshs darum baten.
Das Ehepaar gastierte bereits während der Secessionsausstellung für sechs Wochen in Waerndorfers Villa im Wiener Cottageviertel und laut Hevesi dürfte die Idee zur Gestaltung seines Musiksalons schon damals entstanden sein. Im Zuge der Umgestaltung seines Hauses durch Moser und Josef Hoffmann, beauftragte er das Künstlerpaar Mackintosh mit der Gestaltung der Ausstattung. Dabei entwarf Margaret MacDonald Mackintosh einen dreiflügeligen Fries mit dem Motiv Die sieben Prinzessinnen (1906, MAK Wien) aus dem gleichnamigen Theaterstück von Maurice Maeterlinck. Der Entwurf zu dem fast sechs Meter langen Fries ähnelte den Ausstellungsbeiträgen in der Secession und in Turin und lag um 1902 vor. Das 1906 fertiggestellte Werk fand allerdings erst 1907 Einzug in den Musiksalon, den Hevesi als »Ein artistisches Kuriosum ersten Ranges, aber zugleich eine Stätte geistigen Genusses.« beschrieb.
Margaret MacDonald Mackintosh war nach 1914 nur noch sehr eingeschränkt künstlerisch tätig. Wie ihr Mann widmete sie sich vermehrt der Aquarellmalerei und zog mit ihm nach England und Südfrankreich. Sie starb am 7. Jänner 1933 in London. Trotz früher Wertschätzung geriet ihr Werk in der späteren Rezeption oft in den Schatten ihres Mannes. Heute ist ihr Anteil an dem um 1900 europaweit beachteten und impulsgebenden Glasgow Style unbestritten.
Literatur und Quellen
- Ludwig Hevesi: Aus der Sezession. Achte Ausstellung der „Vereinigung“, in: Acht Jahre Sezession (März 1897–Juni 1905). Kritik – Polemik – Chronik, Wien 1906, S. 282-288.
- N. N.: Charles Rennie Mackintosh Glasgow, in: Innendekoration, 13. Jg., Heft 5 (1902), S. 133-136.
- Peter Vergo: Fritz Waerndorfer as Collector, in: Alte und moderne Kunst. Österreichische Zeitschrift für Kunst, Kunsthandwerk und Wohnkultur, 26. Jg., Heft 177 (1981), S. 33-38.
- MAK Blog. blog.mak.at/der-waerndorfer-fries-im-mak/ (31.03.2020).
- Georg Fuchs: Mackintosh und die Schule von Glasgow in Turin, in: Deutsche Kunst und Dekoration, Band 10 (1902), S. 575-598.
- Vereinigung bildender KünstlerInnen Wiener Secession (Hg.): Ver Sacrum. Mitteilungen der Vereinigung bildender Künstler Österreichs, 4. Jg., Heft 23 (1901).
- Telegramm von Fritz Waerndorfer in Turin an Kolo Moser in Wien (08.05.1902). 43.4.7.10797, Secession Wien (Archiv).
- Brief von Fritz Waerndorfer in Wien an Hermann Muthesius (26.05.1903). D 102-6650.
- Ludwig Hevesi: Haus Wärndorfer, in: Altkunst – Neukunst, Wien 1909, S. 221–227.
- N. N.: Ein Mackintosh-Teehaus in Glasgow, in: Dekorative Kunst. Illustrierte Zeitschrift für angewandte Kunst, Band 13 (1905), S. 257-273.
- Peter Vergo: Fritz Waerndorfer and Josef Hoffmann, in: The Burlington Magazine, 125. Jg., Heft 964 (1983), S. 402-410.
- Elana Shapira: Modernism and Jewish Identity in Early Twentieth-Century Vienna: Fritz Waerndorfer and His House for an Art Lover, in: Studies in the Decorative Arts, Band 13 (2006), S. 52-92.
- Peter Noever (Hg.): Ein moderner Nachmittag. Margaret MacDonald Mackintosh und der Salon Waerndorfer in Wien, Wien 2000.

Madame d'Ora

Inserat des Ateliers d'Ora (Detail), in: Wiener Frisierkunst und Mode, 6. Jg., Heft Juni (1921).
© ANNO | Österreichische Nationalbibliothek

Arthur Schnitzler fotografiert von Madame d'Ora, 1915, Theatermuseum, Wien
© KHM-Museumsverband

Gustav Klimt, 1908, Österreichische Nationalbibliothek, Bildarchiv und Graphiksammlung
© Österreichische Nationalbibliothek, Wien
Dora Philippine Kallmus arbeitete ab 1907 unter dem Künstlernamen »Madame d'Ora« und wurde durch die Porträts ihres prominenten Kundenkreises, der Beteiligung an Ausstellungen, ihrer Modefotografie und der Veröffentlichungen ihrer Arbeiten in Zeitschriften und Modemagazinen im In- und Ausland zu einer der erfolgreichsten Fotografinnen ihrer Zeit.
Dora Philippine Kallmus wurde am 20. März 1881 in Wien geboren und stammte aus einer bürgerlichen, jüdischen Familie. Der Vater Philipp Kallmus war Rechtsanwalt und Notar und nach dem frühen Tod der Mutter Malvine (geb. Sonnenberg) wuchs Dora mit ihrer Schwester Anna Malvine bei der Großmutter auf.
Dora Kallmus begann ab 1903 zu fotografieren und war 1904 im Sommeratelier des Fotografen Hans Makart tätig, da ihr als Frau der Lehrberuf und Zugang zu institutioneller Ausbildung verwehrt war. Durch eine Sondererlaubnis erhielt sie jedoch als erste Frau Zutritt zur Wiener Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt, an der sie nur Theorie- und keine Praxiskurse besuchen durfte.
Im Jahr 1905 wurde sie als Mitglied in den Wiener Photo-Club und in die k. k. Photographische Gesellschaft aufgenommen. Am 2. Mai 1906 erhielt sie den Gewerbeschein, der die Wohnadresse in der Schulerstraße 1 angab, und begann mit Porträtaufträgen.
Kallmus übersiedelte 1907 für ein halbes Jahr nach Berlin, um ihre Ausbildung in Fotografie, Kopie und Retusche bei Nicola Perscheid zu vertiefen. Zurück in Wien eröffnete sie unter ihrem Künstlernamen »Madame d'Ora« ihr Atelier im ersten Bezirk in der Wipplingerstraße 24-26. Zum technischen Leiter ihres Studios wurde Arthur Benda, der zuvor Perscheids Assistent in Berlin war.
Obwohl »d'Ora« unterschiedlichste Personen der Wiener Gesellschaft und des Adels fotografierte, wurde sie vor allem durch ihre Porträtaufnahmen der Künstler- und Intellektuellenkreise bekannt. So wurden Carl Moll, Hermann Bahr, Arthur Schnitzler, Alexander Girardi, Emilie Flöge, Berta Zuckerkandl, Max Reinhardt und Karl Kraus von ihr abgelichtet. Im Jahr 1908 nahm sie auch eine für sie typisch ausdrucksstarke Porträtserie von Gustav Klimt auf. Die Serie umfasste rund 10 Aufnahmen, die den Maler im Anzug in verschiedenen stehenden und sitzenden Posen zeigen und wahrscheinlich in ihrem Fotoatelier entstanden. Ein 1908 erschienener Beitrag über Das moderne Photographenatelier beschreibt ihr Atelier und ihre Arbeitsweise, die sich in ihren Porträtfotografien spiegelte:
»Sie muss sich die Personen, die sie photographieren soll, erst ein wenig vertraut machen, um sie in der ihrer Eigentümlichkeit am richtigsten entsprechenden Art aufzunehmen.«
Dies gelang ihr auch, als sie 1916 die Königskrönung von Karl I. und 1917 eine Porträtserie der gesamten kaiserlichen Familie aufnahm.
Ab 1915 setzte sich Dora Kallmus mit dem Thema und der fotografischen Darstellung von Tanz auseinander und fotografierte die Schwestern Else und Bertha Wiesenthal. Sie fand neue Bildlösungen mit szenischen Arrangements und war für die Bildregie zuständig, während Arthur Benda hinter der Kamera stand und sich um die technische Umsetzung kümmerte.
Die geschäftstüchtige Fotografin legte von Beginn an großen Wert auf die Werbung und Präsentation des Fotoateliers. Durch zahlreiche Ausstellungsbeteiligungen im In- und Ausland – darunter im Kunstsalon Heller und im Kunstsalon Keller & Reiner – sowie Veröffentlichungen ihrer Fotos in Zeitschriften wie dem Wiener Salonblatt, Sport und Salon und Die Woche erreichte sie große Bekanntheit für die künstlerische Qualität ihrer Arbeit und konnte ihren Kundenstock weiter ausbauen. Sie stand in engem Kontakt zur Modeabteilung der Wiener Werkstätte und etablierte sich bald auch international erfolgreich als Kunst- und Modefotografin.
Von 1921 bis in die 1930er Jahre betrieb Madame d'Ora in den Sommermonaten ein Atelier in Karlsbad. Nach einigen Aufenthalten und Modefotoaufträgen ab 1923 in Paris zog sie 1925 dauerhaft um und führte ein Pariser Atelier. Das Studio in Wien betreute Benda als Teilhaber, der es 1927 schließlich kaufte und nach einem Zerwürfnis nur noch unter dem Namen »d'Ora-Benda« weiterführen durfte. In Paris baute Kallmus ihren Erfolg als Gesellschafts- und Künstlerfotografin aus und fotografierte namhafte Persönlichkeiten wie Maurice Chevalier, Marc Chagall, Josephine Baker, Pablo Picasso und Coco Chanel. Nebenbei arbeitete sie als Modefotografin für die großen Pariser Modehäuser wie Lanvin und Chanel, erhielt Aufträge renommierter Modemagazine, wie Die Dame, Madame, Officiel de la Couture et de la Mode und Vogue und publizierte kurze Texte. Ihr Fotostil spiegelte gemäß der zeitgenössischen Modetendenzen die Ästhetik der Zwanzigerjahre wider.
Nach dem Einmarsch der deutschen Truppen in Paris verkaufte sie 1940 ihr Atelier, fotografierte aber weiter und schrieb v.a. autobiografische Manuskripte. Sie plante mit ihrer Schwester Anna in die USA zu emigrieren, die jedoch 1941 deportiert und später ermordet wurde. Dora Kallmus flüchtete 1942 vor den Nationalsozialisten nach Südfrankreich und konnte erst Ende 1945 wieder nach Paris zurückkehren.
Geprägt durch die Schrecken der NS-Verbrechen und als Ausdruck ihrer Exilerfahrung erfolgte ein radikaler Wandel in der Ästhetik der Fotografin. Sie fotografierte zwischen 1946-1948 in Wien und Salzburg Kriegszerstörungen, Flüchtlingslager und Überlebende aus Konzentrationslagern. Ab 1949 schuf sie schockierende Serien mit toten Tieren in Pariser Schlachthäusern. Daneben sicherten ihr Porträt- und Modefotos weiterhin den Lebensunterhalt.
Ihre letzten Lebensjahre verbrachte Dora Kallmus im steirischen Frohnleiten, wo sie am 30. Oktober 1963 starb und beigesetzt wurde. Die sterblichen Überreste wurden 2019 exhumiert und vom Friedhof Frohnleiten zum jüdischen Friedhof Graz überführt, wo sie ein Ehrengrab als letzte Ruhestätte erhielt. 2017/18 und 2020 fanden große Retrospektiven im Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg, im Leopold Museum in Wien und in der Neuen Galerie in New York statt.
Literatur und Quellen
- Monika Faber: Madame d'Ora Wien-Paris. Porträts aus Kunst und Gesellschaft 1907-1957, Wien 1983.
- Lisa Silverman: Madame d'Ora, in: Jewish Women. A Comprehensive Historical Encyclopedia, 27, 2009, Jewish Women's Archive. jwa.org/encyclopedia/article/madame-dora (06.05.2020).
- Tamara Loitfellner: Dora Philippine Kallmus (10.07.2018). www.univie.ac.at/biografiA/daten/text/bio/kallmus.htm (10.07.2020).
- Monika Faber, Esther Ruelfs, Magdalena Vuković (Hg.): Machen Sie mich schön Madame d'Ora. Dora Kallmus Fotografin in Wien und Paris 1907-1957, Ausst.-Kat., Leopold Museum (Museums Quartier, Wien), 13.07.2018–29.10.2018, Wien 2018.
- N. N.: Das moderne Photographenatelier, in: Oesterreichische Volks-Zeitung, 22.03.1908, S. 12.
- N. N.: Genossenschaftliches. Mitteilungen der Genossenschaft der Photographen in Wien. Gewerbeanmeldungen (April bis Mai 1906), in: Österreichische Photographen-Zeitung, Heft 5 (1906), S. 78.
- N. N.: Das moderne Photobildnis. Aufnahmen von Mme D’Ora, in: Moderne illustrierte Zeitung für Reise und Sport. Theater und Literatur, Kunst, Mode und Fremdenverkehr, 13. Jg., Heft 4 (1913), S. 6-14.
- Jüdische Gemeinde Graz: Ehrengrab für Dora Kallmus. Fotografin zur ewigen Ruhe auf jüdischen Friedhof Graz überführt (24.10.2019). www.ots.at/presseaussendung/OTS_20191024_OTS0147 (06.05.2020).
- Wien Geschichte Wiki. Dora Kallmus. www.geschichtewiki.wien.gv.at/Dora_Philippine_Kallmus (06.05.2020).
- Friedrich Stern: Zwei hervorragende Vertreterinnen künstlerischer Bildnisphotographie, in: Neues Wiener Tagblatt, 04.02.1912, S. 18.
- Edda Engelke: Stolpersteine Graz. Anna Malvine Kallmus. www.stolpersteine-graz.at/ststeiermark/kallmus-anna/ (23.01.2023).

Hans Makart

Hans Makart fotografiert von Fritz Luckhart, um 1879
© Wien Museum
Der akademische Maler Hans Makart etablierte sich Ende des 19. Jahrhunderts als einer der bedeutendsten Künstler in Wien. Mit der Organisation des Kaiserfestzugs avancierte er zum gefeierten Malerfürst. Nach Makarts Tod 1884 übernahmen Gustav und Ernst Klimt zusammen mit Franz Matsch einen Großteil seiner unvollendeten Aufträge.
Der Maler Hans Makart wurde am 28. Mai 1840 in Salzburg geboren. In der Schule wurde sein künstlerisches Talent schnell erkannt. Der junge Maler wurde durch seinen Zeichenlehrer Josef Mayburger und den Maler und Betreiber der Kleinen Akademie in Salzburg, Johann Fischbach, gefördert. Dort stand vorwiegend seine graphische Ausbildung im Vordergrund. In der außerschulischen Zeit verdiente Makart sich sein Zubrot durch die Retusche von Fotos in einem Salzburger Fotoatelier. 1858 besuchte er die Vorbereitungsklasse der Akademie der Bildenden Künste Wien mit dem Ziel Maler zu werden. Der angehende Maler wurde jedoch als untalentiert eingestuft und bald darauf entlassen. Daher entschloss er sich nach München zu übersiedeln, um dort seine Ausbildung fortzusetzen. Bis 1865 nahm er unter dem Historienmaler Karl Theodor von Piloty Unterricht an der dortigen Akademie der Bildenden Künste.
Der Durchbruch und die Rückkehr nach Wien
Hans Makart, der zu einem klassischen, akademischen Historienmaler ausgebildet worden war, entwickelte nach seinem Studium schrittweise seinen eigenen Stil. Beeinflusst durch die modischen Salonbilder mit erotischen Motiven, die er auf der Weltausstellung London (1862) gesehen hatte, schuf Makart Gemälde mit leuchtendem Kolorit und erotischer Sinnlichkeit. Gerade diese Sinnlichkeit war es die Makart viel Kritik einbrachte, schlussendlich aber zu seinem Durchbruch führen sollte.
Sein monumentales Triptychon Pest in Florenz (1868, Museum Georg Schäfer, Schweinfurt) war den Zeitgenossen in München zu morbide und dekadent. Die nackten Frauendarstellungen provozierten einen Skandal. Seine Aufgabe einer korrekten räumlichen und anatomischen Wiedergabe zu Gunsten der Steigerung der dramatischen Gesamtwirkung des Gemäldes wurde als fehlerhaft bezeichnet. Makart stieß auch hier mit seiner neuen Darstellungsweise auf Ablehnung seitens der konservativen Öffentlichkeit, erhielt aber zugleich auch Anerkennung ob seiner modernen Formen. Ähnlich sollte es sich knapp 40 Jahre später bei dem Skandal um Gustav Klimts Fakultätsbilder verhalten.
Pest in Florenz, 1868

Atelier von Hans Makart in der Gußhausstraße 25 fotografiert von Viktor Angerer, um 1880
© Wien Museum

Hans Makart mit Künstlern bei einem Kostümfest fotografiert von Viktor Angerer, um 1879
© Wien Museum
1869 wurde Kaiser Franz Joseph I. auf den jungen Maler aufmerksam und orderte diesen zurück in seine Heimatstadt an den Wiener Hof. Auf Staatskosten wurde Makart das ehemalige Atelier des Malers Anton Dominik von Fernkorn in der Gußhausstraße sowie ein Wohnhaus zur Verfügung gestellt. Bald schon sollte sein Atelier zu einem opulenten Repräsentationsraum werden, in dem diverseste Künstler-Kostümfeste gefeiert wurden, bei denen auch der Wiener Adel nicht fehlen durfte. Der pompöse, fast schon kulissenhafte Einrichtungsstil des Ateliers sollte als Makart-Stil bekannt werden und in zahlreichen Privathäusern Nachahmung finden.
Trotz der Förderung durch den Kaiser blieb ein offizieller Staatsauftrag zunächst aus. Daher konzentrierte sich Makart vorwiegend auf private Aufträge. Für die Damen der gehobenen, bürgerlichen Gesellschaft fertigte er erotische, theatralisch idealisierte Porträts. 1870 stattete er das Arbeitszimmer im Palais des Großindustriellen Nikolaus Dumba aus, für das Gustav Klimt einige Jahre später das Musikzimmer gestalten sollte.
Drei Jahre später war es der Kunsthändler Hugo Othmar Miethke, der dem aufstrebenden Künstler half seine Werke im Künstlerhaus zu inszenieren. Die Einzelpräsentation von Makarts Gemälde Venedig huldigt Cornaro (1872/73, Belvedere Wien) an der Hauptwand sowie die kulissenartige Gestaltung des gesamten Raumes durch Requisiten war für die Malerei ein vollkommen neuartiges Ausstellungskonzept. Die Inszenierung seiner Werke wie auch seiner eigenen Person als Malerfürst sollte von da an für sein weiteres Schaffen unabdingbar werden.
1879 wurde Makart zum Professor für Historienmalerei an der Akademie der Bildenden Künste Wien ernannt. Im Jahr drauf wurde er zum Vorstand der Genossenschaft der Bildenden Künste Wiens (Künstlerhaus) gemacht. Makart hatte sich somit endgültig als renommierter Maler in Wien etabliert.

Rudolf von Alt: Bibliothek im Palais Dumba ausgestattet von Hans Makart, 1877, Wien Museum
© Wien Museum
Trotz der Förderung durch den Kaiser blieb ein offizieller Staatsauftrag zunächst aus. Daher konzentrierte sich Makart vorwiegend auf private Aufträge. Für die Damen der gehobenen, bürgerlichen Gesellschaft fertigte er erotische, theatralisch idealisierte Porträts. 1870 stattete er das Arbeitszimmer im Palais des Großindustriellen Nikolaus Dumba aus, für das Gustav Klimt einige Jahre später das Musikzimmer gestalten sollte.
Drei Jahre später war es der Kunsthändler Hugo Othmar Miethke, der dem aufstrebenden Künstler half seine Werke im Künstlerhaus zu inszenieren. Die Einzelpräsentation von Makarts Gemälde Venedig huldigt Cornaro (1872/73, Belvedere Wien) an der Hauptwand sowie die kulissenartige Gestaltung des gesamten Raumes durch Requisiten war für die Malerei ein vollkommen neuartiges Ausstellungskonzept. Die Inszenierung seiner Werke wie auch seiner eigenen Person als Malerfürst sollte von da an für sein weiteres Schaffen unabdingbar werden.
1879 wurde Makart zum Professor für Historienmalerei an der Akademie der Bildenden Künste Wien ernannt. Im Jahr drauf wurde er zum Vorstand der Genossenschaft der Bildenden Künste Wiens (Künstlerhaus) gemacht. Makart hatte sich somit endgültig als renommierter Maler in Wien etabliert.

Hans Makart: Dekorationsentwurf für das Schlafzimmer Kaiserin Elisabeths in der Hermesvilla, 1882, Belvedere, Wien
© Belvedere, Wien, Foto: Johannes Stoll
Makart und die »Künstler-Compagnie«
Den Höhepunkt Makarts Schaffen bildete der Auftrag zur Organisation des Festzuges anlässlich der silbernen Hochzeit des Kaiserpaares 1879, für den er die Ehrenbürgerschaft der Stadt Wien erhielt. Immer wieder wird behauptet, dass auch die Brüder Klimt und Franz Matsch am Festzug unter der Anleitung Makarts mitgearbeitet hatten, die Quellen für diese Beteiligung fehlen allerdings. Belegt ist jedoch, dass die sogenannte »Künstler-Compagnie« das Atelier des Meisters »fleißig besuchte«. Franz Matsch erwähnte in seinen autobiografischen Schriften, dass Gustav und Ernst Klimt sowie er selbst den Malerfürsten des Öfteren beim Verlassen seines Ateliers sahen, jedoch nie direkt Kontakt mit ihm hatten.
In den 1880er erhielt Makart gleich zwei prestigeträchtige Aufträge. Einerseits sollte er das Schlafzimmer von Kaiserin Elisabeth in der Hermesvilla mit Deckengemälden ausstatten, andererseits wurde er 1881 mit dem Entwurf und der Ausführung des Bildprogramms für das Treppenhaus im neu erbauten Kunsthistorischen Museum beauftragt. Damit erhielt der Malerfürst endlich den so lange ausgebliebenen staatlichen Auftrag und seine Möglichkeit zur Mitgestaltung der Ringstraßenbauten.
Makarts Tod am 28. Mai 1884 im Alter von nur 45 Jahren verhinderte jedoch die Vollendung dieser beiden Aufgaben. Während die bereits ausgeführten Lünettenbilder für das Kunsthistorische Museum an der Decke angebracht werden konnten, blieb das große Deckenbild Sieg des Lichtes über die Finsternis: Apollo, der die Unwissenheit in den Abgrund stößt (1883/84, Belvedere Wien) als nie umgesetzter Entwurf zurück. Der Freskenmaler Mihály von Munkácsy übernahm die Ausführung des Mittelbildes während die Ausführung der restlichen Zwickel und Interkolumnen Franz Matsch sowie Gustav und Ernst Klimt übertragen wurde. Die drei jungen Künstler vollendeten außerdem das bereits durch Makart begonnene Schlafzimmer der Kaiserin in der Hermesvilla.
Literatur und Quellen
- Wien Geschichte Wiki. Hans Makart. www.geschichtewiki.wien.gv.at/Hans_Makart (27.03.2020).
- Sandra Tretter, Hans-Peter Wipplinger (Hg.): Gustav Klimt. Jahrhundertkünstler, Ausst.-Kat., Leopold Museum (Museums Quartier, Wien), 22.06.2018–04.11.2018, Wien 2018, S. 20, S. 24, S. 196.
- Otmar Rychlik: Gustav Klimt Franz Matsch und Ernst Klimt im Kunsthistorischen Museum, Wien 2012, S. 9-13.
- Herbert Giese: Franz von Matsch – Leben und Werk. 1861–1942. Dissertation, Wien 1976, S. 7.
- Ralph Gleis (Hg.): Makart. Ein Künstler regiert die Stadt, Ausst.-Kat., Wien Museum (Wien), 09.06.2011–16.10.2011, München 2011.
- Max Eisler: Gustav Klimt, Wien 1920, S. 6-7.
- N. N.: Die Bilanz des Festzuges, in: Leitmeritzer Zeitung, 10.05.1879, S. 406.
- N. N.: Hans Makart, in: Prager Tagblatt, 30.04.1879, S. 7.
- N. N.: Salzburger Nachrichten.. Hans Makart vermählt, in: Salzburger Volksblatt: unabh. Tageszeitung f. Stadt u. Land Salzburg, 02.08.1882, S. 2.
- Tobias G. Natter, Franz Smola, Peter Weinhäupl (Hg.): Klimt persönlich. Bilder – Briefe – Einblicke, Ausst.-Kat., Leopold Museum (Museums Quartier, Wien), 24.02.2012–27.08.2012, Wien 2012.
- Günter Meissner, Andreas Beyer, Bénédicte Savoy, Wolf Tegethoff: Allgemeines Künstler-Lexikon. Die bildenden Künstler aller Zeiten und Völker, Band LXXXVI, Berlin - New York 2015, S. 420.
- Hans Vollmer (Hg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker, Band XXIII, Leipzig 1929, S. 583.

Franz Matsch

Franz Matsch fotografiert von Carl Pietzner, um 1895, Österreichische Nationalbibliothek, Wien
© Österreichische Nationalbibliothek, Wien

Franz Matsch sen.: Hermine und Klara Klimt, um 1882
© Belvedere, Wien, Foto: Johannes Stoll
Franz Matsch zählte zu den bedeutendsten Malern der Wiener Ringstraßenzeit. Gemeinsam mit seinen Studienkollegen Ernst und Gustav Klimt gründete er eine Ateliergemeinschaft, die sogenannte »Künstler-Compagnie«. Matsch, der regelmäßig Aufträge für den Kaiser und die gehobene Wiener Gesellschaft ausführte, wurde 1912 in den Ritterstand erhoben und durfte sich fortan Franz von Matsch nennen. Neben seinen Erfolgen als Historienmaler, betätigte er sich auch als Architekt und Bildhauer.
Franz Matsch wurde am 16. September 1861 in Wien VII, Josefstädterstraße 23, als Sohn von Karl und Rosina Matsch (geb. Paweletz) geboren. Durch den frühen Tod des Vaters, Matsch war noch keine drei Jahre alt, waren die finanziellen Mittel der Familie beschränkt.
Matsch, der von klein auf künstlerisch begabt war, bewarb sich 1875 an der Kunstgewerbeschule (heute: Universität für Angewandte Kunst Wien) des k. k. Museums für Kunst und Industrie (heute: MAK) mit der Absicht Zeichenlehrer zu werden.
Während des Studiums lernte er die Brüder Gustav und Ernst Klimt kennen. Die Lehrer erkannten das Talent der drei jungen Männer und setzten sich dafür ein, dass diese 1878 mit Hilfe eines Stipendiums an die Fachschule für Zeichnen und Malen wechseln konnten. Zudem wurde den Brüdern Klimt und Matsch ermöglicht an diversen Aufträgen ihrer Professoren mitzuarbeiten. Für Michael Rieser, Ferdinand Julius Laufberger und später auch Julius Victor Berger arbeitete das Malertrio an Entwürfen für Glasfenster der Votivkirche, den Sgraffiti im Innenhof des Kunsthistorischen Museums und den Deckengemälden des Schlafzimmers der Kaiserin in der Hermesvilla in Lainz. Dafür stellte man ihnen ein eigenes Atelier in der Kunstgewerbeschule zur Verfügung. Diese Ateliergemeinschaft sollte in späterer Folge in der Forschung als »Künstler-Compagnie« bezeichnet werden. In den frühen 1880er Jahren beteiligte sich Matsch außerdem gemeinsam mit seinen zwei Kollegen am Vorlagenwerk Allegorien und Embleme aus dem Verlag Gerlach und Schenk.
Die ersten eigenständigen Aufträge erhielten sie durch das auf Theaterbauten spezialisierte Architekturbüro Fellner & Helmer. Zwischen 1882 und 1892 entstanden zahlreiche Plafondbilder in Wiener Privatpalais sowie Ausstattungsbilder und Vorhänge für Theater- und Konzertbauten in der Provinz, wie das Stadttheater in Karlsbad (heute: Karlovy Vary) oder Reichenberg (heute: Liberec). Im Zusammenhang mit dem letzteren Auftrag malte Matsch um 1882 ein Ölbild der Schwestern Hermine und Klara Klimt. 1883 bezogen die Malerkollegen ihr erstes eigenständiges Atelier in der Sandwirtgasse 8.

Franz Matsch sen.: Das Innere des Alten Burgtheaters, 1888 (Heliogravure)
© Klimt-Foundation, Wien

Franz Matsch sen.: Antiker Improvisator (Entwurf), 1886-1887, Wien Museum
© Wien Museum, Foto: Birgit und Peter Kainz
Burgtheater und Kunsthistorisches Museum
Mitte der 80er Jahre erhielten Franz Matsch, Gustav und Ernst Klimt den Auftrag zur Ausstattung des Stiegenhauses im Burgtheater, wofür sie 1888 mit dem goldenen Verdienstkreuz mit der Krone ausgezeichnet wurden. Zusätzlich sollten Matsch und Gustav Klimt 1887 das Innere des alten Burgtheaters vor seinem Abriss künstlerisch dokumentieren. Matsch malte den Blick auf die Bühne, während Gustav Klimt in einer Gouache den Blick in den Zuschauerraum abbildete. Zu diesem Zweck hatten die beiden Dauerkarten für das Theater erhalten.
1890 folgte der zweite bedeutende Auftrag für das junge Künstlertrio: die malerische Ausstattung der Zwickelbilder im Treppenhaus des Kunsthistorischen Museums. An diesen Gemälden ist bereits zu beobachten, dass die drei Maler, bei deren bisherigen Werken eine Händescheidung kaum möglich war, im Begriff waren, sich stilistisch auseinander zu entwickelten. Während Matsch und Ernst Klimt weiter im historistischen Stil arbeiteten, kann man bei Gustav Klimt bereits erste Ansätze einer symbolistischen Formensprache beobachten.
1892 zog Franz Matsch mit den Brüdern Klimt in ein gemeinsames Atelier in der Josefstädterstraße 21. Vermutlich hatte Matsch, der im Nachbarhaus Nr. 23 wohnte, den Gartenpavillon ausfindig gemacht.

Franz Matsch: Charlotte Wolter als Sappho, um 1891, in: Die Kunst für Alle. Malerei, Plastik, Graphik, Architektur, 23. Jg. (1907/08).
© Universitätsbibliothek Heidelberg

Ateliergebäude von Franz Matsch mit den Kindern des Künstlers, Villa Matsch, Hungerberggasse 16, in: Die Kunst für Alle. Malerei, Plastik, Graphik, Architektur, 23. Jg. (1907/08).
© Universitätsbibliothek Heidelberg
Während ihrer Zusammenarbeit unternahmen die jungen Künstler viele gemeinsame Reisen. Franz Matsch, der sehr bedacht darauf war seine Kontakte in der gehobenen Gesellschaft zu verbessern, setzte sich während dieser Fahrten des Öfteren ab. So schrieb Gustav Klimt 1889 an seinen Vater aus dem Salzkammergut: »Matsch ist nach Weißenbach zur Wolter«. Gemeint war damit die Schauspielerin Charlotte Wolter. Matsch hatte die Witwe des 1888 verstorbenen belgischen Diplomaten Graf Charles O’Sullivan de Grass, seinerzeit eingeladen um ihm für seine Burgtheaterbilder Modell zu stehen, woraus sich eine langjährige Freundschaft entwickelte. Matsch fertigte diverseste künstlerische Arbeiten, wie auch zahlreiche Porträts für die Schauspielerin an und nutzte immer häufiger das Atelier in ihrer Villa in Hietzing Alleegasse 33 (heute: Trauttmansdorffgasse). Wolter ebnete ihm den Weg in die Aristokratie und an den kaiserlichen Hof und diese Kontakte ermöglichten ihm zahlreiche Einzelaufträge Abseits der Compagnie. Kaiser Franz Joseph I wurde zu einem regelmäßigen Auftraggeber. Matsch malte für das Kaiserpaar unter anderem den Triumph des Achilles (1892, Achilleion, Korfu) und die Madonna Stella del Mare (1894–1896, Privatbesitz) für den Palast der Kaiserin Elisabeth auf Korfu.
Durch seine Tätigkeiten als Hofmaler lernt er 1894 die Tochter des Wiener Sekthändlers Therese Kattus, deren Porträt er im Auftrag ihres Vaters malen sollte, kennen und heiratete diese im November 1895. 1897 kam die gemeinsame Tochter Hilde, 1899 der erstgeborene Sohn Franz jun. auf die Welt.
Franz Matsch, der dank seiner zahlreichen Aufträge und seiner Heirat zu einem gutverdienenden Mann avanciert war, ließ sich 1896 auf der Hohen Warte Wien XIX, Hungerberggasse 16 (dann Haubenbiglgasse 3, heute: Haubenbiglstraße 3) eine von ihm selbst entworfene Villa und ein angrenzendes Atelier erbauen. Spätestens ab der Vollendung 1898 dürfte Matsch wohl kaum mehr das Gemeinschaftsatelier in der Josefstädterstraße 21 genutzt haben. Die 1945 bei einem Bombenanschlag zerstörte Villa-Matsch war im Sinne eines Gesamtkunstwerkes vollkommen vom Künstler durchgestaltet worden.
Zudem übernahm Matsch die Ausstattung für die in der Nachbarschaft gelegene Villa (Silbergasse 60) seines Schwiegervaters Josef Kattus. Matsch, der durch seinen Kreis an wohlhabenden Auftraggebern bestens mit Arbeit versorgt war, trat im Juli 1898 aus dem Künstlerhaus aus und gehörte fortan keiner Künstlervereinigung mehr an.

Franz Matsch in seinem Ateliergebäude, Villa Matsch, Hungerberggasse 16, in: Die Kunst für Alle. Malerei, Plastik, Graphik, Architektur, 23. Jg. (1907/08).
© Universitätsbibliothek Heidelberg

Franz Matsch: Die Theologie
© Archiv der Universität Wien, Foto: Franz Pfluegl, 2007
Die Auflösung des Atelier Gebrüder Klimt und Franz Matsch
1893 wurde Franz Matsch zum Professor an seiner Alma Mater, der k. k. Kunstgewerbeschule, ernannt. Im selben Jahr bewarb er sich im Alleingang für den Auftrag zur Gestaltung der Deckengemälde für die Aula der Wiener Universität, bekam den Zuschlag allerdings nur in Zusammenarbeit mit Gustav Klimt zugesprochen. Matsch sollte das große Mittelbild, Triumph des Lichtes über die Finsternis (1905, Universität Wien), sowie eines der vier geplanten Fakultätsbilder, die Theologie (1900–1903, Katholisch-Theologische Fakultät, Universität Wien), übernehmen. Klimt widmete sich den anderen drei Fakultäten: Medizin, Philosophie und Jurisprudenz. Beide Künstler wurden im Zuge dieses Projektes für ihre zu modernen Gestaltungsweisen getadelt. So äußerte die Theologische Fakultät Bedenken »gegen die allzumoderne Richtung« von Matschs Entwürfe für die Zwickelbilder Altes- und Neues Testament. Matsch, der bisher eher als traditioneller, akademischer Maler gegolten hatte, fing an sich mit neuen Kunstrichtungen auseinanderzusetzen.
War Klimt über Fernand Khnopff und Alma Tadema um 1900 schon herausgewachsen, so wurden diese nun zum Vorbild für Franz Matsch. Das als Supraporte im Salon der Villa Matsch dienende Werk Herr Vergib ihnen! (1903, 1945 zerstört) zeigt, dass die Gemälde Matchs ähnlich progressiv und mystisch waren, wie Klimts skandalöse Fakultätsbilder. Der Pulk an Menschenleibern im rechten Bildfeld, erinnert stark an Klimts Die Medizin (1900-1907, verbrannt auf Schloss Immendorf) und Die Philosophie (1900-1907, verbrannt auf Schloss Immendorf).

Franz Matsch: Herr vergib Ihnen, 1903, in: Die Kunst für Alle. Malerei, Plastik, Graphik, Architektur, 23. Jg. (1907/08).
© Universitätsbibliothek Heidelberg
Gerade diese ungeordneten Scharen an nackten Menschen waren an den Klimt-Gemälden besonders kritisiert worden. Ob Franz Matsch diesen Stilwechsel vollzog, um weiterhin mit Klimt an Aufträgen zusammenarbeiten zu können, oder ob dies eine persönliche künstlerische Entwicklung darstellte, kann nicht mit Sicherheit festgestellt werden.
Zugleich arbeiteten sowohl Matsch als auch Klimt an der Ausstattung des Palais Dumba. Matsch gestaltete das Speisezimmer, Gustav Klimt das angrenzende Musikzimmer.
Franz Matsch: Speisesaal im Palais Dumba

Franz Matsch sen.: Sieg des Lichts über die Finsternis (Entwurf), um 1894, Albertina, Wien
© ALBERTINA, Wien
Der Brunnen des Lebens (1899, Villa Kattus), den Matsch für den Wintergarten des Palais Dumba entworfen und ausgeführt hatte, wurde 1900 auf der Weltausstellung Paris prämiert und Matsch erhielt in Folge das Ritterkreuz des Franz Joseph-Ordens.
1901 legte Franz Matsch seine Stelle als Lehrender an der Kunstgewerbeschule nieder. Grund sei laut einem Artikel der Neuen Freien Presse der zunehmende secessionistische Einfluss an der Schule gewesen. Angesichts der bereits besprochenen, modernen Tendenzen in Matchs Werk, scheint dies aber eher unwahrscheinlich. Die in der Forschung so oft betonte stilistische Auseinanderentwicklung der Künstler dürfte daher wohl kaum zu einem Bruch geführt haben. Vielmehr klaffte die Wahl der Auftraggeber und Mäzene der beiden ehemaligen Kollegen zusehends auseinander. Während Matsch vorwiegend in den traditionellen Kreisen des Kaiserhauses und des Adels verkehrte, suchte Klimt seine Förderer meist unter befreundeten Unternehmern und Wissenschaftlern.
1905 zog sich Klimt vom Auftrag der Fakultätsbilder zurück. Nach diesem Skandal war die Zusammenarbeit von Franz Matsch und Gustav Klimt endgültig beendet. Matsch erklärte sich zwar bereit dazu Klimts Anteil zu übernehmen, seine Entwürfe wurden jedoch ebenfalls abgelehnt und die vier Deckenfelder, welche die Fakultäten zeigen sollten, blieben leer. Das Gemälde Die Theologie fand schließlich im Sitzungszimmer der Katholisch-Theologischen Fakultät Platz. Matschs Mittelbild Triumph des Lichtes über die Finsternis sowie die von ihm gemalten Zwickelbilder hingegen befinden sich bis heute im großen Festsaal.

Franz Matsch: Die Anker Uhr, 1812–1814
© SLUB / Deutsche Fotothek
Franz Matsch nach der »Künstler-Compagnie«
Nach Auflösung der Ateliergemeinschaft mit Gustav Klimt arbeitete Matsch erfolgreich alleine weiter. Nach dem Misserfolg im Auftrag um die Fakultätsbilder, kehrte Matsch zu seiner bewährten, historistischen Malweise zurück. Dies war vermutlich auch durch die stilistischen Erwartungshaltungen und Anforderungen seiner adeligen, traditionellen Mäzene bedingt. Im Auftrag der Stadt Wien malte er 1908 bis 1910 das Gemälde Huldigung der deutschen Bundesfürsten vor Kaiser Franz Joseph am 7. Mai 1908 in Schönbrunn (1908–1910, Wien Museum). Damals besuchte ihn Kaiser Franz Joseph I. persönlich in seinem Atelier in Döbling. 1912 wurde er in den Adelsstand erhoben und durfte sich fortan Franz Edler von Matsch nennen. Im selben Jahr erhielt er seinen letzten großen Auftrag. Für die Niederlassung der Ankerversicherung am Hohen Markt entwarf Franz Matsch die Ankeruhr (1911–1927, Hoher Markt, Wien). Nach Ausbruch des ersten Weltkriegs spezialisierte er sich vorwiegend auf Landschaftsmalerei, Stillleben und Porträts.
Im Februar 1942 wurde Matsch erneut als ordentliches Mitglied im Künstlerhaus aufgenommen und im September desselben Jahres wurde ihm durch Adolf Hitler die Goethe-Medaille für Kunst und Wissenschaft verliehen. Kurz darauf starb Franz Matsch am 4. Oktober 1942 in Wien im Alter von 81 Jahren.
Literatur und Quellen
- Wien Geschichte Wiki. Ankeruhr. www.geschichtewiki.wien.gv.at/Ankeruhr (02.02.2022).
- Wien Geschichte Wiki. Trauttmansdorffgasse. www.geschichtewiki.wien.gv.at/Trauttmansdorffgasse (02.02.2022).
- Wien Geschichte Wiki. Franz Matsch. www.geschichtewiki.wien.gv.at/Franz_Matsch (12.12.2022).
- Herbert Giese: Franz von Matsch – Leben und Werk. 1861–1942. Dissertation, Wien 1976, S. 1-18.
- Otmar Rychlik: Gustav Klimt Franz Matsch und Ernst Klimt im Kunsthistorischen Museum, Wien 2012.
- Historisches Museum der Stadt Wien (Hg.): Franz von Matsch. Ein Wiener Maler der Jahrhundertwende, Ausst.-Kat., Museen der Stadt Wien (Wien), 12.11.1981–31.01.1982, Wien 1981.
- Ludwig Hevesi: Das Heim eines Wiener Kunstfreundes (Nikolaus Dumba), in: Kunst und Kunsthandwerk. Monatsschrift des k. k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie, 2. Jg., Heft 10 (1899), S. 341-365.
- Das Vaterland. Zeitung für die österreichische Monarchie, 21.12.1888, S. 2.
- Wiener Montags-Post, 22.04.1912, S. 3.
- Wiener Zeitung, 07.05.1901, S. 18.
- Neues Wiener Tagblatt, 24.02.1901, S. 4.
- Reichspost, 13.09.1904, S. 4.
- Neue Freie Presse, 21.09.1901, S. 6.
- Neue Freie Presse, 28.05.1918, S. 9.
- Neuigkeits-Welt-Blatt, 22.06.1893, S. 3.
- Wiener Zeitung, 09.03.1913, S. 7.
- Neues Wiener Tagblatt, 08.04.1900, S. 5.
- Das Vaterland. Zeitung für die österreichische Monarchie, 19.09.1901, S. 11.
- Das Vaterland. Zeitung für die österreichische Monarchie, 29.05.1901, S. 4.
- Günter Meissner, Andreas Beyer, Bénédicte Savoy, Wolf Tegethoff: Allgemeines Künstler-Lexikon. Die bildenden Künstler aller Zeiten und Völker, Band LXXXVIII, Berlin - New York 2016.
- Adolph Lehmann's allgemeiner Wohnungs-Anzeiger. Nebst Handels- u. Gewerbe-Adressbuch für d. k. k. Reichshaupt- u. Residenzstadt Wien u. Umgebung, 33. Jg. (1891), S. 779.
- Adolph Lehmann's allgemeiner Wohnungs-Anzeiger. Nebst Handels- u. Gewerbe-Adressbuch für d. k. k. Reichshaupt- u. Residenzstadt Wien u. Umgebung, 39. Jg., Band 1 (1897), S. 701.
- Adolph Lehmann's allgemeiner Wohnungs-Anzeiger. Nebst Handels- u. Gewerbe-Adressbuch für d. k. k. Reichshaupt- u. Residenzstadt Wien u. Umgebung, 41. Jg., Band 1 (1899), S. 734.
- Adolph Lehmann's allgemeiner Wohnungs-Anzeiger. Nebst Handels- u. Gewerbe-Adressbuch für d. k. k. Reichshaupt- u. Residenzstadt Wien u. Umgebung, 47. Jg., Band 1 (1905), S. 825.
- Adolph Lehmann's allgemeiner Wohnungs-Anzeiger. Nebst Handels- u. Gewerbe-Adressbuch für d. k. k. Reichshaupt- u. Residenzstadt Wien u. Umgebung, 66. Jg., Band 1 (1925), S. 1109.

George Minne

George Minne
© Collection City of Antwerp, Letternhuis
Der flämische Bildhauer, Grafiker, Zeichner und Illustrator George Minne befasste sich in seinem Hauptwerk vorwiegend mit symbolistisch geprägten Skulpturen. Seine Formensprache beeinflusste ab 1900 die Wiener Secessionisten, aber auch die frühen Expressionisten wie Egon Schiele und Oskar Kokoschka, die seinen Figurenstil in der Malerei übernahmen.
George-Jean-Léonard Minne wurde am 30. August 1866 im flämischen Gent (heute: Belgien) geboren und stammte aus dem gehobenen Bürgertum. Da sein Vater Architekt war, studierte auch Minne zunächst ab 1879 Architektur an der Köninklijke Academie voor Schone Kunsten. 1883 wechselte er zur Malerei bei Théodore Channeel und in seinem letzten Akademiejahr 1887 zur Bildhauerei bei Louis Van Biesbroek.
Minne bewunderte August Rodins Skulpturen und schuf davon beeinflusst 1886 sein erstes Hauptwerk Mutter, ihr totes Kind beweinend. Zur gleichen Zeit lernte er den Schriftsteller Maurice Maeterlinck kennen und illustrierte in den Folgejahren einige seiner Werke in einem mittelalterlich anmutenden grafischen Stil, der sich an den englischen Präraffaeliten orientierte. 1890 stellte Minne erstmals seine Werke mit den Symbolisten der Künstlergruppe Les XX aus, zu deren Mitgliedern auch Theo van Rijsselberghe und Fernand Khnopff zählten und der er 1891 selbst beitrat. 1892 nahm er am bedeutenden »Salon de la Rose + Croix« in Paris teil und heiratete Josephine Destanberg, mit der er insgesamt acht Kinder bekam. Geprägt durch Existenzängste versuchte sich Minne um 1893 als Bauer am Land.
Im Jahr 1895 zog er nach Brüssel und besuchte an der der Académie Saint-Luc de Gand Bildhauerkurse bei Charles van der Stappen. Er lernte Henry van de Velde und Julius Meier-Gräfe kennen, die ihm wichtige Kontakte und Aufträge vermittelten und dadurch wesentlich zu seiner Bekanntheit im Ausland beitrugen. Meier-Gräfe vertrat ihn zudem in seiner Pariser Galerie La Maison Moderne.
Minne fokussierte sein bildhauerisches Werk zunächst auf die nackte menschliche Gestalt und orientierte sich an dem gotischen Formideal überlängter Figuren, die er oft knieend oder sich selbst umarmend umsetzte. Besonders die Figur des Jünglings entwickelte er ab 1889 in verschiedenen Formen, Größen und Ausführungen weiter. In dieser intensiven Brüsseler Schaffensperiode entstand um 1898 auch sein Entwurf Solidarität (z.B. Cleveland Museum of Art) für das nicht ausgeführte Volders-Denkmal und ein Entwurf für den Jünglingsbrunnen, der in mehreren Exemplaren mit verschiedenen Beckenformen ausgeführt wurde (z.B. La fontaine aux agenoullés, 1905-1906, Museum Folkwang, Essen). 1899 gründete er zusammen mit symbolistischen Malern die Künstlerkolonie Latemse School in Sint-Martens-Latem und übersiedelte in den Vorort.
Es folgten Ausstellungsbeteiligungen in Belgien, in der Berliner Secession und in Wien, die Minne zum internationalen Durchbruch verhalfen. Auf der »VIII. Ausstellung« der Wiener Secession war dem korrespondierenden Vereinsmitglied 1900 ein eigener, runder Raum gewidmet, den Koloman Moser gestaltete. Unter den 14 ausgestellten Werken war die neue Version des – erstmals 1899 präsentierten – Jünglingsbrunnens. Dabei wurden die Basis und die Gipsabgüsse der fünf Knaben direkt vor Ort angefertigt und Ludwig Hevesi kommentierte: »Seit dem Mittelalter ist keine solche dürre, grätige, eckige Asketenplastik gemacht worden. Diese Menschen […] bestehen größtenteils aus Röhrenknochen und Muskelschwund.«. Auch Berta Zuckerkandl empfand ein »[…] Gefühl, das aus Befremden und Bewunderung besteht, […] sobald man den Rundsaal betritt, in welchem als einziger Bildhauer MINNE seine Werke ausgestellt hat.«.
Die Vermittlung der Arbeiten erfolgte über Meier-Graefe, der nach Ausstellungsende nur die Gussform zurückforderte. Die fünf Abgüsse verblieben in Wien und Carl Moll, Josef Hoffmann, Fritz Waerndorfer, Alfred Roller und die Sammlung Bloch-Bauer erhielten Einzelfiguren. Waerndorfers Exemplar fand einen Platz in der Kaminecke seiner Villa, zwischen Gustav Klimts Gemälden Obstgarten am Abend (1899, Privatbesitz) und Ein Morgen am Teiche (1899, Leopold Museum, Wien). Neben Minne stellten auch Jan Toorop, die Mackintoshs und Ferdinand Hodler in der »VIII. Ausstellung« aus, deren stilisierte Linienschöpfungen um 1900 richtungsweisend für die neue »Stilkunst« in Wien wurden. Die radikalisierende Menschendarstellung und das androgyne Figurenideal inspirierten nicht nur Gustav Klimt, sondern beeinflussten maßgeblich den frühen österreichischen Expressionismus mit Vertretern wie Egon Schiele und Oskar Kokoschka.
Minne war 1902 erneut in der Secession vertreten: Auf der sogenannten »Beethovenausstellung« mit vier Plastiken im Lesesaal und in der »XV. Ausstellung« mit dem Denkmal für den Dichter Rodenbach (1899, Alter Beginenhof, Gent).
Die Galerie Miethke organisierte im Dezember 1905 eine eigene Präsentation von Minnes Werken und 1906 wurde Molls Jünglings-Abguss in der Ausstellung »Alte und moderne Meister« unter dem Titel Betender Knabe gezeigt. Moll verewigte seine Minne-Figur zudem in dem Selbstbildnis Mein Atelier (1906, Akademie der bildenden Künste Wien). Ferner integrierte die Wiener Werkstätte 1906 in ihren Schauräumen in der Neustiftgasse 32 einen Jüngling in der Ausstellung »Der gedeckte Tisch«. Im Saal der Wiener Werkstätte auf der »Internationalen Kunst-Ausstellung« in Mannheim stellte Gustav Klimt 1907 drei Gemälde aus und zwei knieende Knaben von Minne flankierten dabei das Porträt Adele Bloch-Bauer I (1907, Neue Galerie, New York). Zu seinen prominenten Wiener Sammlern zählten außer Fritz Waerndorfer, dem Mäzen und Mitbegründer der Wiener Werkstätte, auch Ferdinand Bloch-Bauer und Erich Lederer.
Die Akademie in Gent berief Minne 1913 als Zeichenlehrer, jedoch flüchtete er nach Ausbruch des ersten Weltkrieges mit seiner Familie nach Wales, wo er mangels Materials rein zeichnerisch tätig war. Nach Kriegsende kehrte er zurück nach Gent, wo er seinen Lehrauftrag wieder aufnehmen konnte. George Minne wurde 1931 in den Adelsstand erhoben, erhielt einige offizielle Aufträge und starb am 20. Februar 1941 in Sint-Martens-Latem.
Literatur und Quellen
- Ludwig Hevesi: Aus der Sezession, in: Acht Jahre Sezession (März 1897–Juni 1905). Kritik – Polemik – Chronik, Wien 1906, S. 288-293.
- Marian Bisanz-Prakken: George Minne und die Wiener Moderne um 1900, Wien 2011.
- Inga Rossi-Schrimpf: George Minne. Das Frühwerk und seine Rezeption in Deutschland und Österreich bis zum Ersten Weltkrieg, Weimar 2012.
- Georg Minne. georgeminne.vlaamsekunstcollectie.be/en/biography (14.09.2020).
- Julius Meier-Gräfe: Das plastische Ornament, in: Pan-Genossenschaft (Hg.): Pan, Heft 4 (1898/99).
- N. N.: George Minne, in: Vereinigung bildender KünstlerInnen Wiener Secession (Hg.): Ver Sacrum. Mitteilungen der Vereinigung bildender Künstler Österreichs, 4. Jg., Heft 2 (1901), S. 31-38.

Carl Moll

Carl Moll fotografiert von Friedrich Viktor Spitzer, in: Photographische Rundschau und photographisches Centralblatt. Zeitschrift für Freunde der Photographie, 20. Jg., Heft 23 (1906).
© Klimt-Foundation, Wien

Carl Moll: Anna Moll an Schreibsekretär, um 1903, Wien Museum
© Wien Museum

Carl Moll: Salon im Haus von Carl Moll auf der Hohen Warte, 1903, Wien Museum
© Wien Museum

Gesellschaft im Garten der Villa Moll auf der Hohen Warte, Mai 1905, Österreichische Nationalbibliothek, Bildarchiv und Graphiksammlung
© Österreichische Nationalbibliothek, Wien

Carl Moll: Selbstporträt, 1943, Wien Museum
© Wien Museum
Der Maler und Grafiker Carl Moll war ein enger Freund Gustav Klimts. Neben seiner Tätigkeit als Künstler engagierte sich Moll als Kunsthändler und Galerist. Er war Mitbegründer der Wiener Secession, leitete die Galerie Miethke, unterstützte die Gründung der Modernen Galerie und förderte die Moderne in Österreich.
Carl Julius Rudolf Moll wurde am 23. April 1861 in Wien geboren. Sein Vater Julius Franz Moll war Angestellter der Nationalbank, Fabrikant und Gemeinderat in Wien. Er wuchs in gutbürgerlichem Ambiente im dritten Wiener Gemeindebezirk auf. Aufgrund einer schwächlichen Konstitution begann er früh mit dem Zeichnen. Als 17jähriger erhielt er Privatunterricht beim Landschaftsmaler Carl Haunold. 1879 bis 1881 studierte er an der Akademie der bildenden Künste in Wien bei Christian Griepenkerl. Nachdem er die Historienmalerei und das Studium nach Gipsmodellen ablehnte, lag sein Interesse bei der Landschaftsmalerei. Ab 1881 arbeitete Moll als Privatschüler bei Emil Jakob Schindler, der einen poetischen Stimmungsimpressionismus vertrat. Moll schloss sich dem musik-affinen Familien- und Schülerkreis an, der ab 1885 auf Schloss Plankenberg in Niederösterreich lebte und die Pleinair Malerei auf Malfahrten in die Umgebung pflegte. Schindlers Ehefrau, die Opernsängerin Anna von Bergen-Schindler, heiratete 1895 nach dessen Tod 1892 Carl Moll.
Moll schloss sich in den 1880er Jahren dem theosophischen Kreis um den jüdischen Universalgelehrten und Industriellen Friedrich Eckstein an, der sein erster Mäzen wurde. Der Zirkel mit Edmund und Marie Lang, Rosa Mayreder u.a. traf sich in den Sommermonaten auf Schloss Bellevue in Grinzing. Eckstein unterstützte den Komponisten Hugo Wolf und zählte mit Moll zu den Wagnerianern. Auch Gustav Mahler bewegte sich in diesem Kreis und möglicherweise führte Moll Gustav Klimt, der nach dem Tod seines Vaters und Bruders eine existenzielle Krise durchlebte und in seinem Fakultätsbild Die Philosophie (1900–1907, 1945 in Schloss Immendorf verbrannt) später theosophisches Gedankengut verarbeitete, dort ein.
1890 trat Moll ins Künstlerhaus ein und zählte zu den fortschrittlichen Kräften im Arbeitsausschuss, die eine Öffnung für internationale Kunstströmungen forderten. Seine herausragenden malerischen Leistungen wurden von den Mäzenen des Künstlerhauses, Wilhelm Zierer und Hugo Othmar Miethke, geschätzt. Mit dem ein Jahr jüngeren Klimt, der 1891 eintrat, verband ihn eine enge Freundschaft. Bald zählten auch Joseph Maria Olbrich, Josef Hoffmann und Koloman Moser dazu, die sich in Molls Atelierhaus in der Theresianumgasse trafen. Nach Schindlers Tod 1892 organisierte Moll für Othmar Miethke in dessen Galerie die Nachlassauktion. 1894 organisierte Moll eine Ausstellung der Münchner Secession mit Werken von Franz von Stuck im Künstlerhaus.
Seine Werke Die Römische Ruine in Schönbrunn (1892, Belvedere Wien) sowie Der Naschmarkt in Wien (1894, Belvedere, Wien) wurden vom Kaiser angekauft. Durch Auslandsreisen u.a. nach Danzig und Lübeck näherte er sich in seiner Auffassung den französischen Impressionisten.
Die Heirat mit Schindlers Witwe Anna machte ihn zum Stiefvater von Grete (verh. Legler) und Alma Schindler (später Alma Mahler-Werfel).
Die Idee zur Gründung der Wiener Secession wurde nach einem Bericht von Ludwig Hevesi im Salon der Berta Zuckerkandl geboren, wo Klimt, Moll, Moser, Olbrich und Hoffmann verkehrten. Außer auf Emil Zuckerkandl trafen sie dort auf Fritz Waerndorfer, Hermann Bahr, Gustav Mahler und viele andere. Moll der mit Berta Zuckerkandl jahrzehntelang befreundet war, bezeichnete sie, Hevesi und Bahr als die führenden Kräfte der neuen Vereinigung. Berta, deren Schwester Sophie Clemenceau in Paris einen Salon unterhielt, stellte die Verbindung zur französischen Gegenwartskunst, Auguste Rodin und Eugène Carrière her.
Moll initiierte mit Hilfe der befreundeten Mäzene Friedrich Viktor Spitzer und Hugo Henneberg die nach Olbrichs Umzug nach Darmstadt durch Hoffmann errichtete Künstlerkolonie auf der Hohen Warte. 1901 entstand das Doppelhaus Moll/Moser, ein Jahr später die benachbarten Häuser Spitzer und Henneberg.
Moll malte immer wieder Motive der Hohen Warte und ihrer Umgebung. Dort intensivierte sich der freundschaftliche Austausch mit Mäzenen, Künstlern und Literaten. Anfang 1909 übersiedelte die Familie in die ebenfalls von Hoffmann errichtete Villa Moll II in der Wollergasse 10.
Carl Moll und Gustav Klimt, Freunde und Kollegen
»[...] ich fühlte mich zu Dir hingezogen! in [!] aufrichtiger Freundschaft, wie noch selten zu jemanden, ich fühlte mich wo[h]l im Kreise Deiner Familie« beschrieb Klimt 1899 seine Beziehung zu Moll.
Moll war 1897 mit Klimt, Moser, Olbrich u.a. Mitbegründer der Vereinigung bildender Künstler Österreichs, Secession. Er hatte die Position des Vizepräsidenten unter Klimt inne und wurde 1900 selbst für ein Jahr zum Präsidenten gewählt. Moll förderte maßgeblich bahnbrechende Ausstellungen wie die »VIII. Ausstellung« 1900 mit einer Aufwertung des Kunstgewerbes, die Teilnahme der Secession an der Weltausstellung in Paris 1900 sowie die Impressionismusschau 1903 (XVI). Dabei verhalf er der Idee des Gesamtkunstwerks zum Durchbruch indem er bei der »XIV. Ausstellung« um Klingers Beethovenmonument und Klimts Der Beethovenfries (1901/02, Belvedere, Wien)bei einer Vorveranstaltung die musikalische Aufführung von Teilen Beethovens Neunter durch ein Bläserensemble unter dem Dirigat Mahlers veranlasste. Seinem Schwiegersohn Mahler, Direktor der Hofoper, war er in aufrichtiger Verehrung zugetan und unterstützte die Verbreitung dessen Werks über dessen Tod hinaus.
Für die Kunstzeitschrift Ver Sacrum kreierte Moll etliche Holzschnitte mit Motiven der Hohen Warte. Dadurch wurde die Villenkolonie international bekannt und inspirierte das Ehepaar Adolphe und Suzanne Stoclet auf ihrem Besuch im Haus Moll zur Errichtung des Palais Stoclet.
Moll unternahm mehrere Reisen mit Klimt. Ansichtskarten, adressiert an die Stieftöchter, belegen eine gemeinsame Reise nach Salzburg 1898. Im folgenden Frühjahr schloss sich Klimt der Familie Moll auf der Italienreise nach Florenz an mit Aufenthalten in Genua, Verona und Venedig, wo Klimt eine Beziehung mit der damals erst 18jährigen Alma, Molls Stieftochter anbahnte, die von den Eltern unterbunden wurde. Dennoch riss der persönliche Kontakt zwischen den beiden Künstlern nie ab. So verteidigte Moll Klimt vehement im Skandal um die Fakultätsbilder.
Carl Moll als Förderer der Moderne
Als Mitglied des von der Regierung eingesetzten Kunstrats setzte sich Moll für die 1903 gegründete Moderne Galerie (heute: Österreichische Galerie Belvedere) ein. 1905 übernahm er die künstlerische Leitung der Galerie Miethke und machte diese zur Plattform der westlichen Moderne. Nach dem Skandal um die Fakultätsbilder übernahm Moll für die Galerie die Alleinvertretung Klimts und es kam zum Austritt der sog. Klimt Gruppe aus der Secession.
Innerhalb dieser realisierte Klimt 1908 in Zusammenarbeit mit Moll die »Kunstschau Wien« und im Jahr darauf die »Internationale Kunstschau«.
1909 unternahmen sie eine gemeinsame Reise nach Frankreich und Spanien, die durch das Studium El Grecos und der französischen Gegenwartsmalerei jeweils von entscheidender Bedeutung war. Aufgrund von Differenzen mit dem kaufmännischen Leiter, dem Kunsthistoriker Hugo Haberfeld, verließ Moll 1912 die Galerie Miethke, um sich der Malerei zu widmen. In der Folge entstand sein reiches malerisches Spätwerk, in dem er seine impressionistische Sichtweise durch einen expressiven, dynamischen Pinselduktus bereicherte. Am 29. Juni 1912 schrieb Klimt an Emilie Flöge: »Moll ist gekündigt«, wobei damit auch die enge Zusammenarbeit Klimts mit der Kunsthandlung endete. Von 1914 bis 1918 besaß Moll das Klimt-Gemälde Nixen (Silberfische) (1902/03, Albertina, Wien, Dauerleihgabe der Bank Austria).
Tod Klimts und der Zweite Weltkrieg
Nach dem Tod Klimts 1918 organisierte Moll mit Unterstützung von Berta Zuckerkandl und zahlreichen Mäzenen zwei Gedächtnisausstellungen. Auf der Züricher Ausstellung »Ein Jahrhundert Wiener Malerei« 1918 wurde ein eigener Klimt-Saal eingerichtet. 1928 veranstaltete die Secession die »Klimt-Gedächtnis-Ausstellung« (XCIX). Moll war selbst rege an der Organisation beteiligt und stellte dafür auch zwei Werke, die Allegorie Bewegtes Wasser (1898, Privatbesitz) von Alma Mahler-Werfel und ein nicht näher identifizierbares Kinderbildnis (vermutlich Klimts gezeichnetes Porträt von Molls Tochter Maria) zur Verfügung.
1930 trat Moll wieder in die Secession ein, welche ihm 1931 anlässlich seines 70. Geburtstages eine Kollektivausstellung ausrichtete. 1937 organisierte er die erste Oskar Kokoschka Personale in Österreich zu einer Zeit, als das Werk Kokoschkas in Deutschland als »entartet« galt.
Der 77jährige Moll begrüßte dennoch 1938 den Anschluss an das nationalsozialistische Deutschland, nachdem seine leibliche Tochter und ihr Mann bereits vor 1938 illegale Parteimitglieder geworden waren. Am 13. April 1945 beging Moll gemeinsam mit seiner Familie Suizid.
Literatur und Quellen
- Robert Weissenberger: Die Wiener Secession, Wien 1971.
- Wien Geschichte Wiki. Carl Moll. www.geschichtewiki.wien.gv.at/Carl_Moll (03.01.2019).
- Österreichisches Biographisches Lexikon. Carl Moll. www.biographien.ac.at/oebl/Moll_Karl (02.01.2019).
- Sandra Tretter, Hans-Peter Wipplinger (Hg.): Gustav Klimt. Jahrhundertkünstler, Ausst.-Kat., Leopold Museum (Museums Quartier, Wien), 22.06.2018–04.11.2018, Wien 2018, S. 8.
- Ansichtskarte von Gustav Klimt in Wien an Emilie Flöge in Bad Gastein, 1. Karte (Morgen) (29.06.1912). RL 2865, Leopold Privatsammlung.
- Tobias G. Natter (Hg.): Die Galerie Miethke. Eine Kunsthandlung im Zentrum der Moderne, Ausst.-Kat., Jüdisches Museum Wien (Wien), 19.11.2003–08.02.2004, Wien 2003, S. 62-94.
- Cornelia Cabuk: Carl Moll. Monografie und Werkverzeichnis, in: Stella Rollig (Hg.): Belvedere Werkverzeichnisse, Band 11, Wien 2020.
- Kunstvermittlung Gerald Weinpolter GmbH. Carl Moll Biografie. www.carl-moll.info/de/biografie (20.04.2022).
- Kunsthaus Zürich (Hg.): Ein Jahrhundert Wiener Malerei. Kunsthaus Zürich, 12. Mai 1918 bis 16. Juni 1918: Verzeichnis der ausgestellten Werke, Ausst.-Kat., Kunsthaus Zürich (Zürich), 12.05.1918–16.06.1918, Zürich 1918.
- Arbeitsausschuss der Kunstschau (Hg.): Katalog der Internationalen Kunstschau 1909, Ausst.-Kat., Ausstellungsbau Lothringerstraße (Wien), 22.04.1909–01.07.1909, 1. Auflage, Wien 1909.
- Vereinigung bildender KünstlerInnen Wiener Secession (Hg.): XCIX. Ausstellung der Vereinigung bildender Künstler Wiener Secession. Klimt-Gedächtnis-Ausstellung, Ausst.-Kat., Secession (Wien), 27.06.1928–05.08.1928, Wien 1928.
- Prager Tagblatt, 05.10.1912, S. 5.
- Neue Freie Presse, 30.11.1928, S. 1.
- Andreas Beyer, Bénédicte Savoy, Wolf Tegethoff (Hg.): Allgemeines Künstler-Lexikon. Die bildenden Künstler aller Zeiten und Völker, Band XC, New York - Berlin 2016, S. 236.

Kolo Moser

Kolo Moser, in: Deutsche Kunst und Dekoration, Band 62 (1928/29).
© Universitätsbibliothek Heidelberg

Gustav Klimt: Sculptur, Lithografie Nr. 58 aus der Mappe Allegorien. Neue Folge, 1896
© Klimt-Foundation, Wien

Wiener Secession, Rückansicht mit dem Fresko Reigen der Kranzträgerinnen von Kolo Moser, um 1898
© Klimt-Foundation, Wien

Kolo Moser: Illustriertes Cover, in: Vereinigung bildender KünstlerInnen Wiener Secession (Hg.): Ver Sacrum. Organ der Vereinigung bildender Künstler Österreichs, 1. Jg., Heft 2 (1898).
© Klimt-Foundation, Wien

Kolo Moser: Vignette aus dem ersten Ver Sacrum-Heft, 1898
© Klimt-Foundation, Wien

Kolo Moser: Druckwerk Gegen Klimt von Hermann Bahr mit eigenhändigen Notizen von Kolo Moser, um 1903, Verbleib unbekannt, Teilnachlass Kolo Moser
© Dorotheum Wien, Auktionskatalog 30.11.2015
Der »Tausendkünstler« Kolo Moser wirkte auf allen Gebieten der Kunst und personifizierte damit die Idee des Gesamtkunstwerkes. Mit Gustav Klimt war er freundschaftlich und beruflich verbunden.
Kolo Mosers Ausbildung und früher Werdegang
Der am 30. März 1868 geborene Koloman Josef Moser wuchs am Areal des Gymnasiums Theresianum (Wien-Wieden) auf. Sein Vater arbeitete dort als Hausverwalter. Der junge Kolo erhielt dadurch Zutritt zu den schulischen Werkstätten. In seiner 1916 verfassten Autobiografie resümierte er:
»Man hat sich später oft über die Vielseitigkeit gewundert, mit der ich mich in die Technik der verschiedenen Handwerke und Kunstgewerbe hineingefunden habe […]. Ich habe den ihr Handwerk ausübenden Dienern eifrig zugeschaut und ihnen bald jeden Handgriff abgelernt. […] nur dadurch habe ich mich später in die kunstgewerblichen Fragen leicht hineingefunden.«
Im Jahr 1885 absolvierte er die Aufnahmeprüfung an der Akademie der bildenden Künste Wien. Er erhielt Unterricht bei Franz Rumpler sowie dessen Kollegen Christian Griepenkerl und Mathias von Trenkwald. Um 1890, spätestens jedoch 1892, gründete er gemeinsam mit Josef Hoffmann, Josef Maria Olbrich, Joseph Urban, Adolf Karpellus, Leo Kainradl und Ludwig Koch den sogenannten Siebener-Club, eine der Keimzellen der Wiener Secession und des Hagenbundes. 1893 wechselte Moser an die k. k. Kunstgewerbeschule, wo er u.a. Schüler von Franz Matsch wurde.
Mosers erste Begegnung mit Gustav Klimt
Mosers Talent wurde früh erkannt und er erhielt erste Aufträge. So gestaltete er 1895 einige Beiträge für das Mappenwerk Allegorien, Neue Folge. Auch Gustav Klimt war von Martin Gerlach, dem Verleger, mit Arbeiten dafür betraut worden. 1896 traf Moser im Künstlerhaus, wo die Arbeiten ausgestellt wurden, schließlich auf Klimt. Er studierte dessen allegorische Darstellung Sculptur (1896) für erwähntes Mappenwerk, als das Malergenie plötzlich erschien. Moser hielt diesen faszinierenden Moment in seinen Aufzeichnungen fest:
»Hatten mich auch Klimts frühere Arbeiten sehr begeistert […] so war ich durch diese Zeichnung mit einemal vor etwas ganz Neues gestellt […]. Es war eben schon Klimtstil. Als ich noch […] vor dem Blatte stand, hörte ich, daß [!] Klimt käme und drückte mich grüßend in einen Nebenraum. Das war meine erste Begegnung mit Gustav Klimt […].«
In diesem Jahr schloss Moser sein Studium ab und wurde Mitglied der Genossenschaft bildender Künstler Wiens (heute: Künstlerhaus, Gesellschaft bildender Künstlerinnen und Künstler Österreichs).
Moser und die Novitäten Wiener Secession und Wiener Werkstätte
Diese Mitgliedschaft war von kurzer Dauer, denn Moser trat gemeinsam mit Klimt und weiteren Kunstschaffenden 1897 wieder aus. Zeitgleich wurde die Wiener Secession mit Klimt als ersten Präsidenten gegründet. Im Folgejahr bezog die Vereinigung das von Joseph Maria Olbrich entworfene Secessionsgebäude, an dessen dekorativer Ausführung Moser maßgeblich beteiligt war. Von ihm stammten das an der rückseitigen Gebäudewand angebrachte aber bereits 1907 wieder abgeschlagene Fresko Reigen der Kranzträgerinnen, die stilisierten Eulen sowie die 1945 zerstörte polychrome Glasrosette Erzengel der Kunst. Moser brachte sich auch weiter in jegliche Gestaltungen dieser avantgardistischen Gruppierung ein. So zeichnete er gemeinsam mit Hoffmann und Alfred Roller für das grafische Konzept der Zeitschrift Ver Sacrum, dem Sprachrohr der Secession, verantwortlich. Er schuf dafür rund 150 Illustrationen. Auch das Emblem der jungen Vereinigung stammte von ihm. Fortan stellte Moser selbst regelmäßig in der Secession aus.
Seine Karriere schritt stetig voran, 1899 wurde er als provisorischer Lehrer an seine ehemalige Ausbildungsstätte berufen. Ab 1900 war er dort als Professor tätig. Rund zwei Jahre später bezog er gemeinsam mit Carl Moll eine von Hoffmann errichtete Doppelvilla in der Künstlerkolonie auf der Wiener Hohen Warte. 1903 gründete er gemeinsam mit Hoffmann und dem Textilfabrikanten und Mäzen Fritz Waerndorfer die Wiener Werkstätte. In diesem Jahr publizierte Hermann Bahr die Pressezusammenschau Gegen Klimt. Ausgangspunkt dafür waren die skandalumwobenen Fakultätsbilder des Jahrhundertkünstlers. Ein Druckwerk mit eigenhändigen Notizen Mosers weist darauf hin, dass dieser an der Layoutgestaltung beteiligt war. Außerdem zeichnete Moser für das Ausstellungsdesign der gegen Ende dieses Jahres abgehaltenen »XVIII. Ausstellung der Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession Wien«, der sogenannten »Kollektiv-Ausstellung Gustav Klimt«, verantwortlich. Im Jahr darauf gestaltete er in Zusammenarbeit mit Hoffmann den Modesalon »Schwestern Flöge«. 1905 verließ er als Teil der sogenannten Klimt-Gruppe die Secession. Im Juli desselben Jahres ehelichte er Editha Mautner-Markhof, ihres Zeichens Grafikerin.
Der »Tausendkünstler« Kolo Moser
Diese Wortschöpfung Hermann Bahrs verdeutlicht Mosers künstlerische Vielfältigkeit. Auch wenn die Grafik sein bevorzugtes Metier war, etablierte er sich als Designer unzähliger kunstgewerblicher Gegenstände, von Möbel über gesamte Interieur-Gestaltungen bis hin zu Mode- und Schmuckentwürfen sowie Bühnenbildern. Selbst im Bereich der Ausstellungsgestaltung erwies er sich als Koryphäe. Berta Zuckerkandl meinte dazu:
»Niemand versteht es so gut wie er, im Raum das Bild zur höchsten Wirkung zu bringen.«
Darüber hinaus war Moser auch im Bereich der Architektur tätig. So errichtete er u.a. gemeinsam mit Hoffmann zwischen 1904 und 1906 das Sanatorium Purkersdorf, wo elementare Gestaltungselemente der »Kollektiv-Ausstellung Gustav Klimt« wieder zum Einsatz kamen. In den Folgejahren arbeitete er an der Innengestaltung von Otto Wagners Kirche Am Steinhof mit.
Der Malerei widmete sich Kolo vor allem ab 1907, nachdem er sich aus der Wiener Werkstätte aufgrund von Zweifeln an diesem Geschäftsmodell zurückgezogen hatte. Maßgeblich inspirierend war in Folge der Schweizer Künstler Ferdinand Hodler, der bereits 1904 in der Wiener Secession ausgestellt hatte und mit dem Moser in regelmäßigem Austausch stand. Auch aus Klimts Landschaftsbildnissen entnahm Moser Anleihen. 1908 beteiligte sich der »Tausendkünstler« Moser an der »Kunstschau Wien«. Er präsentierte nicht nur eigene Arbeiten, sondern war federführend für die Gestaltung des Klimt-Raums, der »Klimt-Kirche der modernen Kunst«, wie Peter Altenberg dieses Ausstellungssegment bezeichnete. Auch auf der »Internationalen Kunstschau« im Folgejahr stellte er aus. Um 1911 erwarb das Ehepaar Moser Klimts Fakultätsbilder Die Medizin (1900–1907, 1945 in Schloss Immendorf verbrannt) und Die Jurisprudenz (1903–1907, 1945 in Schloss Immendorf verbrannt). Ersteres ging 1919 an die Österreichische Staatsgalerie (heute: Österreichische Galerie Belvedere, Wien) und letzteres wurde in die Sammlung Lederer integriert. Moser beteiligte sich, wie auch Klimt, an der »Internationalen Kunstausstellung« in Rom. 1913 initiierte er gemeinsam mit Hoffmann den Österreichischen Werkbund.
Die letzten Lebensjahre
1916 erkrankte Moser an Krebs. Zwei Jahre später, am 18. Oktober 1918, erlag er seiner schweren Krankheit. Auch Klimt, Otto Wagner und Egon Schiele verstarben in diesem Jahr. Der Universalkünstler Kolo Moser fand, wie Gustav Klimt, auf dem Hietzinger Friedhof seine letzte Ruhestätte.
Literatur und Quellen
- Kolo Moser Werkverzeichnis. werkverzeichnisse.belvedere.at/online/355447/koloman-moser/content (27.03.2020).
- Christoph Thun-Hohenstein, Elisabeth Schmuttermeier, Christian Witt-Dörring (Hg.): Koloman Moser. Universalkünstler zwischen Gustav Klimt und Josef Hoffmann, Ausst.-Kat., MAK – Museum für angewandte Kunst (Wien), 19.12.2018–22.04.2019; Museum Villa Stuck (München), 23.05.2019–15.09.2019, Wien 2018.
- Rudolf Leopold, Gerd Pichler (Hg.): Koloman Moser 1868−1918, Ausst.-Kat., Leopold Museum (Museums Quartier, Wien), 25.05.2007–10.09.2007, München 2007.
- Maria Rennhofer: Koloman Moser: Leben und Werk 1868-1918, Wien 2003.
- Marian Bisanz-Prakken (Hg.): Heiliger Frühling. Gustav Klimt und die Anfänge der Wiener Secession 1895–1905, Ausst.-Kat., Albertina (Wien), 16.10.1998–10.01.1999, Wien 1999.
- Hermann Bahr: Der englische Styl, in: Oesterreichische Volks-Zeitung, 25.11.1899, S. 1-2.
- Berta Zuckerkandl: Koloman Moser, in: Die Kunst. Monatshefte für freie und angewandte Kunst, Band 10 (1903/04), S. 341.
- Koloman Moser: Mein Werdegang, in: Velhagen & Klasings Monatshefte, 31. Jg., Heft 2 (1916), S. 254-262.
- Peter Altenberg: Kunstschau 1908 in Wien, in: Wiener Allgemeine Zeitung, 09.06.1908, S. 2.

Hermann Muthesius

Hermann Muthesius fotografiert von Rudolph Dührkoop, 1908
© Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg
Hermann Muthesius war ein bedeutender deutscher Architekt und Autor. 1907 beteiligte er sich an der Gründung des Deutschen Werkbundes – eine länderübergreifende Vereinigung zur »Veredelung der gewerblichen Arbeit«. Er war mit dem Maler Gustav Klimt bekannt, der ihn 1907 in Deutschland besuchte.
Adam Gottlieb Hermann Muthesius, geboren 1861 in Großneuhausen in Thüringen, absolvierte bei seinem Vater eine Maurerlehre und erhielt eine umfangreiche Allgemeinbildung. Nach seinem Schulabschluss studierte er zunächst Philosophie und Kunstgeschichte; wechselte aber später zum Studienfach Architektur. 1887 beendete er sein Studium und arbeitete in einigen bedeutenden Architektenbüros und für das Preußische Ministerium für öffentliche Arbeiten, wodurch ihm Reisen nach Japan und Großbritannien ermöglicht wurden, die ihn maßgeblich prägten. Während seines Aufenthaltes in London publizierte er zahlreiche Aufsätze über die aktuelle englische Kunst- und Architekturentwicklung. 1904 kehrte er nach Deutschland zurück, wo er fortan für das preußische Handelsministerium arbeitete. Daneben war er als selbstständiger Architekt tätig und wirkte vor allem in und um Berlin, wo er zahlreiche Landhäuser errichtete.
Gründung des Deutschen Werkbundes (1907)
Muthesius war ein entschiedener Kritiker des Stilpluralismus des Historismus und Befürworter eines sachlichen Architekturstils. Dies postulierte er auch 1907 bei seiner Antrittsvorlesung an der Handelshochschule in Berlin, was Proteste und Diskussionen zur Folge hatte. Das gab unter anderem Anstoß für die Etablierung des Deutschen Werkbundes, der 1907 in München von Architekten, Künstlern und Industriellen gegründet wurde. Ein Jahr später fand dort auch der mehrtägige Gründerkongress statt, wo unter anderem Gustav Klimt und Josef Hoffmann als Vertreter der Wiener Künstlerschaft teilnahmen. Muthesius selbst wurde zum zweiten Vorsitzenden der Vereinigung gewählt und avancierte in den nächsten Jahren zu einem der wichtigsten Sprecher des Deutschen Werkbundes.
Rückzug
1916 legte Muthesius sein Amt als zweiter Vorsitzender nieder und zog sich aus der Vereinigung zurück. Grund dafür waren in erster Linie interne Streitigkeiten, die bereits 1914 durch die sogenannte »Typisierungsdebatte« ausgelöst wurden und beinahe zur Spaltung des Deutschen Werkbundes geführt hätten. Nach dem Ersten Weltkrieg beschäftigte sich Hermann Muthesius als Architekt und Schriftsteller vor allem mit dem Siedlungsbau und den gegenwärtigen Bau- und Wohnungsfragen. 1927 verunglückte der Architekt – ein Jahr nach seiner Pensionierung – bei einem Straßenbahnunfall tödlich.
Kontakt mit Gustav Klimt
Gustav Klimt und Hermann Muthesius waren nachweislich Bekannte: So besuchte der Maler dem Neuen Wiener Tagblatt zufolge im März 1906 Muthesius Vortrag über Das englische Haus im Österreichischen Museum für Kunst und Industrie (heute: MAK, Wien). Ein Jahr später, im November 1907, reise Klimt nach Berlin und besuchte – laut seiner Korrespondenz mit Emilie Flöge – im Zuge seines dortigen Aufenthaltes den deutschen Architekten. Der Grund für ihr Treffen ist jedoch unbekannt. Ein weiterer Beleg für deren Bekanntschaft ist ein Telegramm, das sich heute im Werkbundarchiv befindet.

Gustav Klimt: Telegramm von Gustav Klimt in Wien an Hermann Muthesius am Wannsee, 31.05.1908, Werkbundarchiv - Museum der Dinge
© Werkbundarchiv - Museum der Dinge, Berlin
Daraus geht hervor, dass Klimt den Architekten 1908 persönlich zur Eröffnung der Wiener »Kunstschau« einlud. Ob Muthesius an der Eröffnung tatsächlich teilnahm, ist jedoch nicht bekannt. Laut einem Bericht der Zeitung Die Zeit besuchte dieser aber die Ausstellung im Herbst 1908. Vier Jahre später wurde neuerlich von einem Aufeinandertreffen zwischen Klimt und Muthesius medial berichtet. Dieses erfolgte anlässlich der Tagung des deutschen Werkbundes in der österreichischen Hauptstadt, wo beide – mehreren Zeitungsberichten zufolge - einer abendlichen Willkommensveranstaltung im Wiener Kursalon beiwohnten.
Literatur und Quellen
- Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (Hg.): Neue Deutsche Biografie, Band 18, Berlin 1997, S. 651-653.
- Der Architekt. Wiener Monatshefte für Bau- und Raumkunst, 23. Jg. (1920), S. 33-44.
- Neue Freie Presse, 27.10.1927, S. 7.
- Neues Wiener Tagblatt, 06.07.1914, S. 7.
- Die Zeit, 31.10.1908, S. 4.
- Tobias G. Natter, Franz Smola, Peter Weinhäupl (Hg.): Klimt persönlich. Bilder – Briefe – Einblicke, Ausst.-Kat., Leopold Museum (Museums Quartier, Wien), 24.02.2012–27.08.2012, Wien 2012.
- Telegramm von Gustav Klimt in Wien an Hermann Muthesius am Wannsee (31.05.1908). D 102-3383.
- Die Zeit, 13.08.1908, S. 1-2.
- Der Tag, 28.10.1927, S. 5.
- Neues Wiener Tagblatt, 17.07.1908, S. 14.
- Hans Vollmer (Hg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker, Band XXV, Leipzig 1931, S. 296.
- Andreas Beyer, Bénédicte Savoy, Wolf Tegethoff (Hg.): Allgemeines Künstler-Lexikon. Die bildenden Künstler aller Zeiten und Völker, Band XCI, Berlin - New York 2016, S. 362.
- Neue Freie Presse, 07.06.1912, S. 5-6.
- Neues Wiener Tagblatt, 03.03.1906, S. 7.

Moriz Nähr

Selbstporträt Moriz Nähr, um 1890
© Klimt-Foundation, Wien

Moriz Nähr: Waldinneres, um 1890
© Klimt-Foundation, Wien

Moriz Nähr: Gustav Klimt mit Katze vor seinem Atelier in der Josefstädter Straße, Mai 1911, Klimt-Foundation
© Klimt-Foundation, Wien
Das inhaltlich und stilistisch vielfältige Werk des Wiener Fotografen Moriz Nähr umfasst Porträtaufnahmen, Genreszenen, Stadt- und Naturansichten sowie Architektur- und Innenraumaufnahmen. Besonders prägend wirkten dabei seine Verbindungen zu Gustav Klimt, der Wiener Secession, dem Kaiserhaus Habsburg und der Familie Wittgenstein.
Moriz Nähr wurde am 4. August 1859 in Wien geboren und wuchs in armen Verhältnissen auf. Ab 1875 studierte er drei Semester an der k. k. Kunstgewerbeschule Malerei, wo er auch Maximilian Lenz kennenlernte, zu dem er eine enge Freundschaft entwickelte. Ohne Abschluss ging er 1877 in die Fotografenlehre bei seinem älteren Bruder Karl im ungarischen Schemnitz. Nach Karls überraschendem Tod an Tuberkulose kehrte Nähr im Jahr darauf nach Wien zurück. Bei Christian Griepenkerl war er für zwei Semester Gasthörer in der Allgemeinen Malerschule der Akademie der bildenden Künste.
Danach etablierte er sich als Fotograf und begann ab 1890 mit seiner Landschafts- und Stadtfotografie. Auf Stadtwanderungen fertigte er ohne Werkauftrag Architektur- und Genrefotos und dokumentierte Stadtbildveränderungen wie die Wienflussregulierung und damals unkonventionelle Motive wie Naschmarktszenen. Seine Landschafts- und Genrestudien stellte Nähr erstmals 1891 auf der »Internationalen Ausstellung künstlerischer Photographien« aus, die der Club der Amateur-Fotografen (später: Camera-Club) im k. k. Museum für Kunst und Industrie organisierte. Die Organisationsstrukturen von Amateurvereinigungen und Ausstellungsmöglichkeiten für Fotografen waren in Wien gut ausgebaut; Nähr wurde 1893 Mitglied in der Photographischen Gesellschaft und präsentierte seine Werke in Ausstellungen im In- und Ausland.
Als Mitglied der losen Künstlergruppe Hagengesellschaft hielt er deren bohème-artige Selbstinszenierungen, Treffen und Anlässe wie Gschnas- und Künstlerfeste fest und baute sein weit verzweigtes gesellschaftliches Netzwerk auf. Seine Kontakte zur Wiener Hocharistokratie bescherten ihm Aufträge der Familien Wittgenstein und Mautner-Markhof, die nicht nur seinen Lebensunterhalt sicherten, sondern auch den Beginn jahrzehntelanger Freundschaften und Kontakte zu avantgardistischen Künstlerbewegungen mit sich brachten.
Er war der Familienchronist der Wittgensteins, fotografierte ab 1897 die Familienmitglieder des Kaiserhauses Habsburg und dokumentierte Jagdausflüge des Kaisers Franz Joseph I. Der Thronfolger Franz Ferdinand ernannte Moriz Nähr 1908 sogar zum erzherzoglichen Kammerphotographen.
Nähr und Klimt
Im Wien der Jahrhundertwende war Nähr intensiven modernen Kunstströmungen ausgesetzt. Die Wechselwirkungen zwischen Malerei und Fotografie führten dabei speziell in der 1897 gegründeten Wiener Secession zu neuen Bildstrategien. Nähr lernte Gustav Klimt, den ersten Präsidenten der Vereinigung, vermutlich bereits während seiner Studienzeit an der Kunstgewerbeschule kennen, die Klimt ab 1876 besuchte. Ein Studienkollege Klimts war in der Vorbereitungsklasse von Professor Ferdinand Laufberger auch Nährs enger Freund und Secessionsgründungsmitglied Maximilian Lenz, der seit seiner Kindheit mit Franz Matsch bekannt war, da sie im gleichen Haus in der Josefstädter Straße 23 wohnten. Im Nachbarhaus bezogen Matsch und die Gebrüder Klimt 1890 ihr Hinterhofatelier in der Josefstädter Straße 21. Klimts Verbindung und Freundschaft zu Nähr bestand demnach bereits seit vielen Jahren als Nähr zum Reproduktionsfotografen der Secession avancierte und die innovativen Ausstellungsinszenierungen für die Zeitschrift Ver Sacrum fotografierte. Zudem fotografierte er Klimts Ateliers in der Josefstädter Straße (1911) und in der Feldmühlgasse (1917/18) sowie seine Gemälde und einige Porträtserien. Als persönlicher Fotograf hatte er dadurch häufig die Möglichkeit, den Zustand der Gemälde direkt nach deren Fertigstellung festzuhalten. Da Klimt seine Gemälde vor der finalen Fertigstellung oft mehrfach überarbeitete und im Zuge von Ausstellungspräsentationen oder zu Reproduktionszwecken in Einzelaufnahmen fotografieren ließ, liefern Nährs Aufnahmen von Klimt-Werken einen wichtigen Beitrag zur Dokumentation der Werkgenese.