Im Fokus von Klimt-Werk stehen sämtliche Aspekte des Œuvres des Jugendstilmeisters. Visualisiert durch eine Timeline, werden hier Klimts Schaffensperioden aufgerollt, beginnend von seiner Ausbildung, über seine Zusammenarbeit mit Franz Matsch und seinem Bruder Ernst in der »Künstler-Compagnie«, die Affäre um die Fakultätsbilder bis hin zu seinem Nachruhm und Mythos, der diesen Ausnahmekünstler noch heute umgibt.

1910 – 1913

Ex­pres­si­ve Far­ben­pracht

Die Jahre vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs waren geprägt von der Arbeit an den Werkzeichnungen für den Stocletfries. Neben den allegorischen Bildern Tod und Leben sowie Die Jungfrau beschäftigte sich der Maler hauptsächlich mit Frauenbildnissen. Landschaften vom Gardasee und Bilder von Schloss Kammer zeigen, wie Klimt einen zunehmend malerischen Stil entwickelte.

7 Kapitel


Gustav Klimt: Die Jungfrau, 1913, Národní Galerie
© Národní galerie Praha

Groß­for­ma­ti­ge Al­le­go­ri­en

Mit den beiden großformatigen Allegorien Tod und Leben (Tod und Liebe) und Die Jungfrau schuf Klimt seine ersten Monumentalwerke nach der Goldenen Periode. Die Werke, die von Leben, Liebe und Vergänglichkeit erzählen, entsprechen Klimts Spätstil, der geprägt ist von intensiven, bunten Farben und geometrischen Musterteppichen.

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Gustav Klimt: Tod und Leben (Tod und Liebe), 1910/11 (überarbeitet: 1912/13, 1916/17), Leopold Museum, Patron: Klimt-Foundation, Wien
© Leopold Museum, Wien

Mä­zen­in­nen im Porträt

Die farbenfrohen Porträts von Ria Munk, Adele Bloch-Bauer, Paula Zuckerkandl. Mäda Primavesi und Eugenia Primavesi markieren Klimts Stilwandel, der seine letzten Schaffensjahre vorbereitete. Er verabschiedete sich von der Goldenen Periode durch seine zunehmend offene Malweise, den Einsatz expressiver Farben und indem er in den plakativ gemusterten Hintergründen florale und ostasiatische Motive einführte.

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Gustav Klimt: Porträt Eugenia (Mäda) Primavesi, 1913/14, Toyota Municipal Museum of Art
© Toyota Municipal Museum of Art, Toyota

Schloss Kammer und blühende Gärten als wie­der­keh­ren­des Motiv

Gustav Klimt widmete sich in seinen Landschaftsgemälden ab 1910 abermals Darstellungen von Schloss Kammer und dessen unmittelbarer Umgebung. Darüber hinaus setzte er der kontemplativen Landschaft des Attersees mehrere Denkmäler in Bildern.

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Gustav Klimt: Schloss Kammer am Attersee IV, 1910, Privatbesitz
© Galerie Welz

Denk­mä­ler für den Gardasee

Drei Landschaftsgemälde zeugen von Klimts Aufenthalt am Gardasee im Sommer 1913. Zwei Architekturansichten belegen die Fortführung von Klimts Neigung zur flächenhaften Darstellung, während er in der Gartenlandschaft die in voller Blüte stehende Natur festhielt.

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Gustav Klimt: Kirche in Cassone am Gardasee, 1913, Privatbesitz
© Sotheby's

Der Sto­cletfries. Voll­endung

Der Entwurf des Stocletfrieses beschäftigte Gustav Klimt seit der Auftragserteilung 1905 über viele Jahre. Erst 1910/11 entstanden seine neun großformatigen Werkzeichnungen, in denen er Hinweise zur Materialwahl und Ausführung notierte. Das Werk wurde 1911 von Leopold Forstners Mosaikwerkstätte fertiggestellt und im Palais Stoclet in Brüssel montiert.

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Paula Deetjen: Einblick ins Palais Stoclet, 1917/18, Deutsches Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte
© Bildarchiv Foto Marburg

Aus­stel­lungs­be­tei­li­gun­gen

Von 1910 bis 1913 waren Gustav Klimts Werke vorwiegend auf Ausstellungen im Ausland vertreten. In Venedig, Rom und Budapest wurde dem Œuvre des Künstlers jeweils ein eigener Saal gewidmet. In Klimts Heimatstadt Wien präsentierte die Galerie Miethke seine neuesten Werke. Ende 1910 konnte die Wiener Gesellschaft in Leopold Forstners Wiener Mosaikwerkstätte für kurze Zeit die Tafeln für den Stocletfries bewundern.

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Aleardo Terzi: Plakat der Internationalen Kunstausstellung Rom, 1911, Albertina, Wien
© ALBERTINA, Wien

Zeich­nun­gen

In der Periode 1910 bis 1913 verstärkte sich Klimts Bestreben, im Medium der Zeichnung malerische Details zu erfassen. Während er in seinen Gemälden zunehmend einen offenen, pastosen Duktus einsetzte, entwickelte er auf dem Gebiet der Zeichnung eine beeindruckende Variationsbreite in der Linienführung.

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Gustav Klimt: Auf dem rechten Knie aufgestützt sitzender Halbakt, 1909/10, Leopold Museum
© Leopold Museum, Wien

Expressive Farbenpracht

Großformatige Allegorien

Gustav Klimt: Tod und Leben (Tod und Liebe), 1910/11 (überarbeitet: 1912/13, 1916/17), Leopold Museum, Patron: Klimt-Foundation, Wien, in: Kunstverlag Hugo Heller (Hg.): Das Werk von Gustav Klimt, Wien - Leipzig 1918.
© Klimt-Foundation, Wien

Mit den beiden großformatigen Allegorien Tod und Leben (Tod und Liebe) und Die Jungfrau schuf Klimt seine ersten Monumentalwerke nach der Goldenen Periode. Die Werke, die von Leben, Liebe und Vergänglichkeit erzählen, entsprechen Klimts Spätstil, der geprägt ist von intensiven, bunten Farben und geometrischen Musterteppichen.

»Diese Bilder hatte ich in Rom ... Böhmen... ›Das Leben‹, ›die Jungfrau‹, ... man kann dabei denken was man will«
Mit 180 x 200 cm Größe ist Tod und Leben (Tod und Liebe) (1910/11, überarbeitet: 1912/13 und 1916/17, Leopold Museum, Wien) das zweitgrößte erhaltene Gemälde Gustav Klimts. Einem Bildkonzept folgend, das Klimt schon ab 1903 mit den Gemälden Hoffnung I (1903/04, National Gallery of Canada, Ottawa) und Hoffnung II (Vision) (1907/08, The Museum of Modern Art (MoMA), New York) erkundet hatte, beschäftigt sich die Darstellung mit dem Themenkreis Geburt, Leben und Tod.

Kompositorisch ist die Darstellung in zwei Teile gespalten. Ein Menschenturm, wie Klimt ihn bereits in seinen Fakultätsbildern vermehrt zum Einsatz brachte, repräsentiert rechts durch verschiedene, eng verbundene Altersgruppen die Seite des Lebens. Links tritt dieser die Figur des Todes als mit einer Kutte bekleidetes Skelett entgegen. Auch in den beiden Hoffnungsbildern hatte Klimt bereits diese Ikonografie für die Versinnbildlichung des Todes gewählt, wobei er sie im Falle von Tod und Leben (Tod und Liebe) noch um eine christliche Symbolik von Kreuzen und einem Heiligenschein erweiterte.

Das Kolorit überrascht, arbeitete Klimt doch gleichzeitig noch an den Entwürfen zu Der Stocletfries (MAK – Museum für angewandte Kunst, Wien). Anstelle des vielen Blattgoldes, das seit Jahren Klimts Goldener Periode ihren Namen verliehen hatte, traten 1910 leuchtende Farben. Diese ordnete Klimt in Tod und Leben (Tod und Liebe) nach symbolischer Bedeutung. Die kalten, dunklen Farben Blau, Violett, Grün, ergänzt durch Schwarz und Weiß, nutzte er, um das von vielen Kreuzen durchsetzte Gewand des Schnitters zu gestalten. Die warmen Farben, meist Rot-, Rosa-, Orangetöne, wählte er für die Seite der Liebe und des Lebens. Einzige Ausnahme ist die Kleidung der alten Dame, die Aufgrund ihrer Stellung am Ende des Lebens bereits farblich dem Tod zugeordnet wird.

Spätere Überarbeitungen – Vom Leben zur Liebe
Die Genese des Werkes ist geprägt durch mehrfache, teilweise großflächige Überarbeitungen des Bildes. Das Aussehen der ersten Version der Komposition ist durch eine Schwarz-Weiß-Reproduktion in der vierten Lieferung der Miethke-Mappe sowie eine Fotografie von Moriz Nähr und aus Ausstellungsansichten der »Internationalen Kunstaustellung in Rom« 1911 und der »Großen Kunstaustellung Dresden« 1912 belegt. Eine farbige Version des ersten Zustands wurde außerdem in der Zeitschrift Kunst für alle vom Herbst 1913 publiziert.

Einblick in die Internationale Kunstausstellung in Rom, März 1911 - Dezember 1911
© ANNO | Österreichische Nationalbibliothek

Neueste Ergebnisse der Forschung nehmen an, dass eine erste Überarbeitung des Gemäldes bereits 1912/13 erfolgte. Spätestens nach Ende der »Dresdner Ausstellung« Mitte Oktober 1912 hätte Klimt mit den Arbeiten beginnen können. Am 4. März 1913 scheinen die Überarbeitung bereits in vollem Gange zu sein, als Klimt an Emilie Flöge schreibt:

»Plage mich fruchtlos mit den Todten [!] herum«

Es scheint naheliegend, dass Klimt die zweite Version noch vor der Eröffnung einer geplanten Ausstellung in Budapest am 8. März fertigbringen wollte. Leider ist der Zustand, in dem das Gemälde dort gezeigt wurde, nicht fotografisch belegt. Auch der Titel des Werkes änderte sich mit den vorgenommenen Umstellungen. War es bisher unter dem Titel »Tod und Leben« ausgestellt worden, so wurde es ab 1913 kontinuierlich als »Tod und Liebe« bezeichnet. Die geänderte Bezeichnung deutet darauf hin, dass die Veränderungen nicht nur aus ästhetischen, kompositorischen Gründen vorgenommen worden waren, sondern auch auf eine neue inhaltliche Zielsetzung des Künstlers hinweisen. 

Gustav Klimt: Tod und Leben (Tod und Liebe), 1910/11 (überarbeitet: 1912/13, 1916/17), Leopold Museum, Patron: Klimt-Foundation, Wien, in: Berliner Secession (Hg.): Wiener Kunstschau in der Berliner Secession Kurfürstendamm 232, Ausst.-Kat., Ausstellungshaus am Kurfürstendamm (Berlin), 08.01.1916–20.02.1916, Berlin 1916.
© Klimt-Foundation, Wien

Die nächste visuelle Dokumentation eines Zwischenzustandes findet sich erst 1916 im Katalog der »Wiener Kunstschau in der Berliner Secession«. Schiele schreibt im Zuge der Ausstellung, Klimts Gemälde sei »ganz umgemalt«. Ob es sich hierbei um die Fassung von 1913 oder eine abermalige Überarbeitung handelt, kann nicht festgestellt werden. Die Schwarz-Weiß-Abbildung zeigt jedoch weitreichende Veränderungen am Werk. Vor allem die Figur des Todes wurde vom Maler grundlegend überarbeitet. Senkt er in der ersten Version noch passiv den Kopf mit dem Heiligenschein, so schwingt er 1916 bereits die Keule und hebt seinen zu einer Fratze verzogenen Totenschädel bedrohlich zu der Menschengruppe. Im Bereich der Lebenden ergänzte Klimt rechts und links noch weitere Figuren. Die Gruppe verändert sich so von einer konischen zu einer eher ovalen Form. Außerdem kürzte er die Haare der jungen Frau in den Armen des Mannes. Bei beiden Figurengruppen veränderte er zudem die Musterung der Gewänder.

Gustav Klimt: Tod und Leben (Tod und Liebe), 1910/11 (überarbeitet: 1912/13, 1916/17), Leopold Museum, Patron: Klimt-Foundation, Wien
© Leopold Museum, Wien

Nach der Ausstellung sollte Klimt das Gemälde abermals umgestalten. In der finalen Fassung des Gemäldes kam noch ein Mädchen in der oberen linken Ecke hinzu. Diese stark an die linke Frau aus dem Gemälde Freundinnen II (1916/17, 1945 in Schloss Immendorf verbrannt) erinnernde Figur wird von einem Rosenbusch umfasst, der formal an die Rosen im Stocletfries (1905–1911, Privatbesitz) denken lässt. Durch diese Ergänzung vollendete Klimt die bereits begonnene ovale Form des Menschenpulks. Fotografien von der »Österreichischen Kunstausstellung« in Stockholm belegen, dass das Werk spätestens im September 1917 endgültig vollendet war.

Der Preis des immer wieder zum Verkauf angebotenen Monumentalwerks belief sich auf rund 26.000 Kronen (ca. 160.000 Euro). In Hans Böhler fand es, vermutlich noch vor der Ausstellung in Stockholm, einen Käufer.

Gustav Klimt: Die Jungfrau, 1913, Národní Galerie
© Národní galerie Praha

»Und zwischen phantastischen Märchenblumen die Jungfrau«
Gleichzeitig zum Porträt Mäda Primavesi (1913, The Metropolitan Museum of Art, New York) und der zweiten Fassung von Tod und Leben (Tod und Liebe) arbeitete Gustav Klimt an der mehrfigurigen Allegorie Die Jungfrau (1913, Národní Galerie, Prag). Gemeinsam mit Tod und Leben (Tod und Liebe) und dem unvollendeten Werk Die Braut (1917/18, Klimt-Foundation, Wien) bildet Die Jungfrau ein Dreigespann von figuralen Hauptwerken im Spätwerk Klimts. Thematisch vereinen sie jene Gesichtspunkte, die das Œuvre des Malers schon seit fast zwei Jahrzehnten verfolgten: Tod und Leben sowie das Frauenbild um 1900.

Mit dem Gemälde Die Jungfrau wandte sich Gustav Klimt endgültig der expressiven Farbigkeit der Fauvisten zu, ohne jedoch auf die für ihn charakteristischen Ornamentteppiche zu verzichten. Insgesamt sieben Frauen stellte Gustav Klimt für seine Komposition auf buntgemusterten Decken zusammen, während der Hintergrund kontrastierend in dunklen Farben gehalten ist. Eine solche kontrastreiche Gestaltung von Figurengruppe und Hintergrund ist bereits in den Werken Hoffnung II (Vision) und Tod und Leben (Tod und Liebe) zu finden und sollte sich in Folge in seinem Werk Die Braut fortsetzen.

Mit der titelgebenden Jungfrau ist wohl die zentrale Frauengestalt gemeint. Wie auch schon bei Tod und Leben (Tod und Liebe) werden die Figuren und Stoffe in eine ovale Form eingeschrieben. Die kreisförmig angeordneten Körper sowie die Kringeln auf den Gewändern scheinen die Komposition in eine pulsierende, drehende Bewegung zu versetzen.

Bei näherer Betrachtung fügen sich die Menschenleiber zur Form einer weiblichen Vulva zusammen. Die im oberen Bilddrittel zusammengepressten Köpfe gruppieren sich zu einer klitorisförmigen Knospe, während die Rückenakte als Schamlippen das blaue Gewand der Protagonistin umschließen, welches vermutlich das Innere der Schamlippen symbolisiert. Klimt, der das weibliche Geschlecht bereits in zahlreichen erotischen Zeichnungen festgehalten hatte, umging durch diese subtile Andeutung die Zensur. Während seine Studien für die Komposition alle deutlich die weibliche Scham zeigen, bedeckt er diese im Gemälde durch bunte Tücher. Eine Ausnahme bildet die brünette kauernde Frau rechts über der Jungfrau. Bei genauerer Betrachtung kann man unter dem Ellenbogen der zentralen Figur ein braunes Dreieck erkennen, welches sich bei näherer Beobachtung als Schamhaare der Kauernden entpuppt. Eine solche explizite Zurschaustellung des weiblichen Geschlechts konnte Klimt nur riskieren, indem er es durch die Mannigfaltigkeit seiner Ornamente verschleierte. Ein Münchner Kunstkritiker erkannte treffend, dass Klimt seine Bildinhalte weise zu verstecken wusste:

»Ueber [!] die preziöse Sinnbildlichkeit, die Erotik, die Vorliebe Klimts seine im Grunde mit glänzender Meisterschaft gezeichneten Figuren so zu verstecken, zu verdrehen und überschneiden zu lassen, daß [!] man sie wie Vexierbilder suchen und ausdeuten muß [!], kann man freilich verschiedener Meinung sein.«

Die schlafende Jungfrau wird also umgeben von einem Traumgebilde, das auf ihre schlummernde Sexualität hinzuweisen scheint und gleichzeitig als erotischer Traum verstanden werden kann: ein Sujet, das Klimt bereits in seiner Danaë (1907/08, Privatbesitz) verarbeitet hatte. Das Gemälde wurde von Zeitgenossen als gefälliges »Farbrätsel« abgetan, die Anspielung auf die weibliche Sexualität blieb – trotz des Titels – weitgehend unkommentiert:

»Klimt ist einer jener Meister, die in einem ihrer Bilder Rätsel lösen, bald wieder im anderen Farbenrätsel zu lösen geben. Was uns unendlich kompliziert erscheint, ist bei ihm im Grunde einfach. Und wie umgeht er alle Absonderlichkeit der Farben zu wundersamer Einheit. Die ›Jungfrau‹ ist solch ein Farbenrätsel.«

Das Gemälde war erstmals Anfang März 1913 im Künstlerhaus in Budapest ausgestellt. Der Kaufpreis betrug dieselbe Summe wie jener von Tod und Leben (Tod und Liebe). Mit einem Preis von je 25.000 Gulden (ca. 153.700 Euro) gehörten die beiden zu den teuersten Gemälden der gesamten Ausstellung.

Danach wurde das Gemälde noch in München und 1914 in Prag präsentiert, wo es von der dortigen Modernen Galerie (heute: Národní Galerie, Prag) – die sich zuvor bereits um einen Ankauf des Gemäldes Der Kuss (Liebespaar) (1908/09, Belvedere, Wien) bemüht hatte – angekauft wurde.

Literatur und Quellen

  • Jane Kallir: Akte, in: Agnes Husslein-Arco, Jane Kallir, Alfred Weidinger (Hg.): Klimt, Schiele, Kokoschka und die Frauen, Ausst.-Kat., Unteres Belvedere (Wien), 22.10.2015–28.02.2016, München 2015, S. 172-179.
  • Alice Strobl (Hg.): Gustav Klimt. Die Zeichnungen, Band II, 1904–1912, Salzburg 1982.
  • Tobias G. Natter (Hg.): Gustav Klimt. Sämtliche Gemälde, Wien 2012.
  • Alfred Weidinger, Michaela Seiser, Eva Winkler: Kommentiertes Gesamtverzeichnis des malerischen Werks, in: Alfred Weidinger (Hg.): Gustav Klimt, München - Berlin - London - New York 2007, S. 232-313.
  • Franz Smola: Tod und Leben, 1910/11, umgearbeitet 1915/16, in: Tobias G. Natter, Elisabeth Leopold (Hg.): Gustav Klimt. Die Sammlung im Leopold Museum, Wien 2013, S. 216-217.
  • Ansichtskarte von Gustav Klimt in Wien an Emilie Flöge in Paris, 2. Karte (Morgen) (03/04/1913). Autogr. 959/47-8, Österreichische Nationalbibliothek, Sammlung von Handschriften und alten Drucken.
  • Brief mit Kuvert von Egon Schiele in Wien an Anton Peschka in Wieselburg an der Erlauf (10/03/1916). LM 4503.
  • N. N.: Ein Besuch bei Gustav Klimt, in: Neues Wiener Journal, 11.02.1913, S. 4-5.
  • Akt betreffend den Ankauf von Kunstwerken für die Moderne Galerie durch das k. k. Ministerium für Kultus und Unterricht (07/16/1908). AT-OeStA/AVA Unterricht UM allg. Akten 3446, Zl.32.554/1908 fol. 1+2, Österreichisches Staatsarchiv, Allgemeines Verwaltungs-, Finanz- und Hofkammerarchiv (AVA).
  • F. v. O.: XI. Internationale Kunstausstellung im Glaspalast. Oesterreich-Ungarn, in: Münchner neueste Nachrichten: Wirtschaftsblatt, alpine und Sport-Zeitung, Theater- und Kunst-Chronik (Morgenausgabe), 12.08.1913, S. 1-2.

Mäzeninnen im Porträt

Gustav Klimt: Porträt Ria Munk auf dem Totenbett, 1912, Privatbesitz, The Iribe Family
© Courtesy Richard Nagy Ltd., London

Die farbenfrohen Porträts von Ria Munk, Adele Bloch-Bauer, Paula Zuckerkandl. Mäda Primavesi und Eugenia Primavesi markieren Klimts Stilwandel, der seine letzten Schaffensjahre vorbereitete. Er verabschiedete sich von der Goldenen Periode durch seine zunehmend offene Malweise, den Einsatz expressiver Farben und indem er in den plakativ gemusterten Hintergründen florale und ostasiatische Motive einführte.

Im Oktober 1909 reiste Gustav Klimt gemeinsam mit Carl Moll nach Frankreich und Spanien. Dort begegnete er der Malerei der Impressionisten, Fauvisten und Spaniern wie El Greco, die impulsgebend auf ihn wirkte. Spätestens ab 1910 beschäftigte er sich auch intensiv mit der Frage des »Malerischen« in seinem Farbauftrag und Kolorit. Sein Duktus wirkte befreiter, das Blattgold verschwand zugunsten des nun dominierenden Einsatzes leuchtend bunter, expressiver Farben. Die Kleider und Hintergründe prägten fortan florale und ostasiatische Motive. Klimts Damenporträts von Ria Munk, Adele Bloch-Bauer, Paula Zuckerkandl sowie Mutter und Tochter Primavesi markierten ab 1912 einen Stilwandel in Klimts Werk, der auch die Arbeiten seiner letzten Schaffensphase prägen sollte.

Maria »Ria« Munk
Die aus Ungarn stammende Aranka Munk war die Tochter des Grundbesitzers Simon Pulitzer und heiratete 1882 den Industriellen und Kommerzialrat Alexander Munk. Ihre drei Schwestern Irma, Eugenie – genannt »Jenny« – und Serena, heirateten in die vermögenden Familien Politzer, Steiner und Lederer ein, wobei die Lederers eine der bedeutendsten Klimt-Sammlungen besaßen. Gustav Klimt verewigte das einflussreiche Ehepaar Munk bereits Ende der 1880er Jahre in seinem Zuschauerraum im alten Burgtheater (1888/89, Wien Museum, Wien), in den er Porträts zahlreicher Persönlichkeiten der Wiener Gesellschaft integrierte.

Am 28. Dezember 1911 beging Aranka und Alexander Munks Tochter Maria, genannt »Ria«, mit nur 24 Jahren Suizid. Das Neue Wiener Journal berichtete dazu:

»[…] Marie M., Tochter des Kommerzialrates Alexander M., hat sich gestern mittag in ihrer Wohnung, XVIII., Sternwartestraße 52, aus einem Revolver von 5 Millimeter Kaliber eine Kugel in die linke Brustseite gejagt.«

Auch Arthur Schnitzler notierte in seinem Tagebuch »den Selbstmord des Frl. Munk wegen H. H. Ewers«. Das tragische Ereignis war wohl darin begründet, dass der Schriftsteller Hanns Heinz Ewers die Verlobung mit Ria Munk gelöst hatte. Ihre Eltern gaben danach Porträts ihrer verstorbenen Tochter bei Gustav Klimt in Auftrag, an den sie vermutlich von Serena und August Lederer vermittelt wurden. Das erste posthume Porträt Ria Munk auf dem Totenbett (1912, Privatbesitz) entstand 1912. Für Klimt dürfte sich die Arbeit als mühsam und schwierig erwiesen haben. So schrieb er im Juni 1912 an Emilie Flöge:

»Frau M. mit ihrem Tochterporträt bis Herbst abgeschüttelt froh darüber.«

Klimt malte die Tote mit geschlossenen Augen und leicht geöffnetem Mund und bettete sie auf ein weißes Kissen. Das bleiche Gesicht wird von ihrem fließenden Haar und Rosen umgeben. Das Bildnis erinnert an John Everett Millais’ Gemälde Ophelia (1851/52, Tate Britain, London). Klimt arbeitete mit offenen, pastosen Pinselstrichen. Das Werk ist durch die kontrastierende Wirkung der kräftigen Farbtöne des hellen Kissens und Gesichts, den tiefroten bis zartrosa Blüten sowie dem dunkelblauen Hintergrund charakterisiert.

Ein Jahr später schuf Klimt für das Ehepaar Munk ein weiteres Gemälde – vermutlich das später veränderte Bildnis Die Tänzerin (Ria Munk) (um 1916/17, Privatbesitz). Im Februar 1913 berichtete er Emilie Flöge, die sich gerade in Paris aufhielt, frustriert:

»Das Munkportrait wird schon ein wunder schmerzhafter Punkt – bring‘s nicht zusammen! wird einfach nicht ähnlich! ja und [?] da wirst das lamentieren schon anhören müssen werde möglichst zurück halten«.

1917 entstand noch ein drittes Bildnis der verstorbenen Tochter. Das Damenbildnis (Ria Munk) (1917 (unvollendet), The Lewis Collection) blieb jedoch unvollendet und gelangte nach Gustav Klimts Tod 1918 in den Besitz von Aranka Munk.

Gustav Klimt: Porträt Adele Bloch-Bauer II, 1912, Privatbesitz, courtesy of HomeArt
© APA-PictureDesk

Adele Bloch-Bauer II
Die wohlhabende Familie Bloch-Bauer zählte zu den wichtigsten Förderern Gustav Klimts. Adele Bloch-Bauer stammte aus einer Bankiersfamilie und heiratete den wohlhabenden Zuckerfabrikanten Ferdinand Bloch. Das Ehepaar Bloch-Bauer nutzte ihr gesellschaftliches Ansehen zur Etablierung eines Salons, in dem sich die intellektuelle und künstlerische Elite Wiens traf. Auch Gustav Klimt war Teil ihres Bekanntenkreises und sie beauftragten ihn bereits 1903 mit dem Porträt Adele Bloch-Bauer I (1907, Neue Galerie New York), das Klimt 1907 vollendete. Dieses Gemälde gilt als Ikone seiner Goldenen Periode.

Das Porträt Adele Bloch-Bauer II (1912, Privatbesitz) verdeutlichte den Stilwandel in Klimts Damenporträts. Schon in den Vorzeichnungen verlieh Klimt der Dargestellten immense Präsenz. Bloch-Bauer präsentierte sich im Zuge der Porträtsitzungen in unterschiedlichen Kleidern, die Klimt durch eine klare Linienführung und Andeutung von Ornamentik in seinen Studien visualisierte. Klimt beschäftigte sich in den erhaltenen Skizzen ausschließend mit der stehenden Haltung. Das Standmotiv löste im Porträtschaffen Klimts ab 1912 die sitzende Position nahezu gänzlich ab.

Im ausgeführten Werk steht Adele Bloch-Bauer frontal in der Bildmitte. Das bodenlange Kleid und der über die Schultern hängende Schal verunklären den Kontrast zum Hintergrund. Einzig der schwarze breitkrempige Hut mit Federbesatz hebt die Porträtierte ab, die fast schwerelos vor dem Farbgrund schwebt. Klimt unterteilte den Hintergrund in geometrisch organisierte Zonen, die er in Form von farbintensiven, kräftig gemusterten Flächen ausformulierte. Der Boden ist als Blumenteppich gestaltet und die obere Zone zeigt eine figurative Szene mit asiatischen Kriegern auf Pferden, die eine primitive Exotik in das Werk bringen. Klimt beschäftigte sich jahrelang mit fernöstlicher Ästhetik und besaß eine Asiatika-Sammlung, die er vor allem für sein späteres Werk als Inspirationsquelle nutzte.

Das Porträt Adele Bloch-Bauer II wurde im Juni 1913 auf der »XI. Internationalen Kunstausstellung« im Königlichen Glaspalast zu München gemeinsam mit sechs weiteren Gemälden und 11 Zeichnungen von Gustav Klimt präsentiert.

Gustav Klimt: Porträt Paula Zuckerkandl, 1912, Verbleib unbekannt, in: Kunstverlag Hugo Heller (Hg.): Das Werk von Gustav Klimt, Wien - Leipzig 1918.
© Klimt-Foundation, Wien

Einblick in die Villa Zuckerkandl, Anfang der 1920er
© Klimt-Foundation, Wien

Gustav Klimt: Porträt Mäda Primavesi, 1913, The Metropolitan Museum of Art, Gift of André and Clara Mertens, in memory of her mother, Jenny Pulitzer Steiner, 1964
© The Metropolitan Museum of Art, New York

Gustav Klimt: Porträt Eugenia (Mäda) Primavesi, 1913/14, Toyota Municipal Museum of Art
© Toyota Municipal Museum of Art, Toyota

Paula Zuckerkandl
Die Familie Zuckerkandl zählte im Wien um 1900 zur Sammlerelite des jüdischen Großbürgertums. Der Unternehmer Victor Zuckerkandl war der jüngere Bruder von Emil und somit der Schwager von Berta Zuckerkandl. Er erwarb 1903 die Kultur- und Wasserheilanstalt Sanatorium Purkersdorf, die er durch die Wiener Werkstätte ausstatten und um ein modernes Kurhaus erweitern ließ. Gemeinsam mit seiner Ehefrau Paula Zuckerkandl wohnte er auf dem Gelände des Sanatoriums in der sogenannten Privatvilla. Das Paar zählte zu den bedeutendsten Förderer:innen der Wiener Moderne und sammelte ab 1908 auch einige Werke von Gustav Klimt, darunter vorwiegend Landschaften.

In dem heute lediglich durch eine Schwarz-Weiß-Aufnahme überlieferten Porträt Paula Zuckerkandl (1912, Verbleib unbekannt) fand Klimt 1912 zu einer ähnlichen Bildlösung wie im zeitgleich entstandenen Porträt Adele Bloch-Bauer II. Für das Bildnis sind einige Vorstudien erhalten, in denen Klimt die Darstellung schon klar definierte. Im Arrangement des Hintergrunds bediente er sich wieder kräftig gemusterten Farbfeldern. Paula Zuckerkandl bildet in ihrem kunstvoll verzierten Umhang eine formale Einheit mit dem ornamentalen Grund, wobei die Übergänge vor allem im Bereich des Oberköpers nahezu ineinanderfließen. Mit dem chinesischen Wolkenmotiv des Hintergrunds griff Klimt erneut die in dieser Werkphase bereits eingesetzten asiatischen Elemente auf. Womöglich sollte die expressive Komponente zudem auf die Sammeltätigkeit der Zuckerkandls anspielen, in deren Asiatika-Sammlung sich ein Teller mit ähnlichem Dekor befand.

Das Industriellenpaar übersiedelte 1916 nach Berlin, wo sie in die neue Villa Zuckerkandl in Grunewald zogen. Das Porträt Paula Zuckerkandl positionierten sie repräsentativ im Wohnzimmer über einem Kamin in einer eigens dafür getäfelten Wandnische. Der Einblick in die Villa wurde in einer Reproduktion dokumentiert, die Hermann Muthesius 1922 publizierte. Victor und Paula Zuckerkandl verstarben beide im Jahr 1927 und ihr Nachlass wurde unter den Erben aufgeteilt. Paulas Porträt sollte als Legat an die Österreichische Galerie (heute: Belvedere, Wien) gelangen, das Gemälde ging allerdings aufgrund der Kriegswirren in Berlin verloren; der Verbleib ist bis heute unbekannt.

Familie Primavesi
Im Frühjahr 1912 beauftragten Eugenia und Otto Primavesi den Maler mit einem Bildnis ihrer damals 9jährigen Tochter Eugenia Franziska, genannt Mäda. Das wohlhabende Bankiers- und Industriellen-Ehepaar Primavesi lebte zwar in Ölmütz (heute: Olomouc, Tschechien), war aber den Wiener Künstlern um Gustav Klimt eng verbunden und übernahm 1914 Gesellschaftsanteile der Wiener Werkstätte. Zu Klimt dürfte schon vor 1912 eine Bekanntschaft bestanden haben, die sich im Laufe der folgenden Jahre intensivierte.

Das Porträt Mäda Primavesi (1913, The Metropolitan Museum of Art, New York) gehört zu den seltenen Kinderporträts Klimts. Besonders auffallend ist, dass die 1903 geborene Mäda wenig kindlich wirkt. Breitbeinig stehend, ihre rechte Hand in die Hüfte gestützt und den linken Arm hinter dem Körper haltend, blickt das Mädchen direkt aus dem Bild heraus. Ein Seitenscheitel und eine blaue Masche im Haar bilden das Gegengewicht zur Armhaltung. Mit der Gestaltung des Hintergrunds schloss Klimt an die im Vorjahr gemalten Porträts Adele Bloch-Bauer II (1912, Privatbesitz) sowie Porträt Paula Zuckerkandl (1912, Verbleib unbekannt) an: Gemusterte Flächen gliedern den Raum in Zonen, wobei die dreieckige teppichartige Fläche hinter Mädas Beinen an Klimts Landschaftsbilder erinnert und die Dreieckskomposition des Standmotivs nochmals aufnimmt und steigert. Klimt verband das mit Blumen verzierte Kleid, der in der vordersten Bildebene eingespannten Mäda, mit den floralen Ornamenten im Hintergrund, sowohl farbig als auch motivisch. Die Tiermotive entlehnte er wiederum dem asiatischen Formenschatz. Über den langwierigen Werkprozess berichtete die Dargestellte aus ihrer Erinnerung:

»Wir fuhren alle paar Monate nach Wien und blieben dort ungefähr zehn Tage. Ich war ein kleines Mädchen, und Professor Klimt war unheimlich nett. Wenn ich ungeduldig wurde, sagte er einfach: ›Bleib noch ein paar Minuten sitzen.‹«

Noch während Gustav Klimt am Porträt Mäda Primavesi arbeitete, beauftragte ihn ihre Mutter mit dem eigenen Porträt, wofür sie bei Klimt in Wien Modell saß. Eugenia Primavesi wollte ihr eigenes Bildnis zu Weihnachten 1913 ihrem Ehemann Otto in Olmütz überreichen, wie einigen Korrespondenzen entnommen werden kann. Allerdings konnte Klimt den Wunschtermin nicht einhalten. Obwohl er am 28. Juni 1913 den Erhalt einer Akontozahlung bestätigt hatte, erachtete er das Gemälde auch ein halbes Jahr später noch nicht als »fertig«.

Klimt hatte die Komposition von Porträt Eugenia (Mäda) Primavesi (1913/14, Toyota Municipal Museum of Art) mittels einer großen Serie von gezeichneten Studien minutiös vorbereitet. Im Gemälde rückte er die frontal Dargestellte in den Vordergrund und beschnitt an der unteren Bildkante das bunt gemusterte Reformkleid. Als Anhängerin und zukünftige Besitzerin der Wiener Werkstätte zeigte sich die Mäzenin bereits in einem Kleid, das den modernen Entwürfen der Wiener Werkstätte entsprach. Den Oberkörper hinterfängt eine grüne, oben halbrund geschlossene Fläche, die Eugenia Primavesis Oberkörper besonders hervorhebt. Dieses malerische Element erinnert an das Porträt Fritza Riedler (1906, Belvedere, Wien). In der rechten oberen Ecke positionierte Klimt die Darstellung eines Phönix, ein Zitat nach einem chinesischen oder japanischen Vorbild. Der strahlende, zitronengelbe Hintergrund des Bildnisses ist in zwei Zonen geteilt. Hatte Klimt in den Porträts der Jahre 1912 die Hintergrundflächen noch grafisch gerahmt und farbig differenziert, so unterscheiden sie sich in diesem Bildnis durch den vermehrten Einsatz von Blütenmotiven. Das Streublumenmuster ist in der grünen Fläche hinter Eugenia Primavesis Kopf und Oberkörper am klarsten erkennbar und nimmt im restlichen Hintergrund deutlich ab.

Das Porträt Eugenia (Mäda) Primavesi besticht einmal mehr durch das Wechselspiel zwischen dem naturalistisch gestalteten Bildnis und dem offen gemalten, farbexpressiv gemusterten Hintergrund. Der präzisen Beschreibung von Kopf, Dekolleté, Händen und Schmuck stehen scheinbar spontan gesetzte, fast abstrahierte Formen am Kleid und im Hintergrund gegenüber. An einigen Stellen blieben die Leinwand und die vorbereitende Unterzeichnung sichtbar stehen.

Literatur und Quellen

  • Tobias G. Natter (Hg.): Gustav Klimt. Sämtliche Gemälde, Wien 2012.
  • Alfred Weidinger (Hg.): Gustav Klimt, München - Berlin - London - New York 2007.
  • John Collins: Ria Munk on Her Deathbed, in: Colin B. Bailey (Hg.): Gustav Klimt. Modernism in the Making, Ausst.-Kat., National Gallery of Canada (Ottawa), 15.06.2001–16.09.2001, Ottawa 2001, S. 126-127.
  • Agnes Husslein-Arco, Alfred Weidinger (Hg.): Gustav Klimt 150 Jahre, Ausst.-Kat., Oberes Belvedere (Wien), 13.07.2012–27.01.2013, Wien 2012.
  • N. N.: Lebensmüde, in: Neues Wiener Tagblatt, 29.12.1911, S. 8.
  • Ansichtskarte von Gustav Klimt in Wien an Emilie Flöge in Paris, 2. Karte (02/28/1913). RL 2874, Leopold Privatsammlung.
  • Ansichtskarte von Gustav Klimt in Wien an Emilie Flöge in Bad Gastein, 2. Karte (Morgen) (06/26/1912). RL 2861, Leopold Privatsammlung.
  • Tobias G. Natter, Gerbert Frodl (Hg.): Klimt und die Frauen, Ausst.-Kat., Oberes Belvedere (Wien), 20.09.2000–07.01.2001, Köln 2000.
  • Wolfgang Georg Fischer: Gustav Klimt und Emilie Flöge. Genie und Talent, Freundschaft und Besessenheit, Wien 1987.
  • Claudia Klein-Primavesi: Die Familie Primavesi und die Wiener Werkstätte. Josef Hoffman und Gustav Klimt als Freunde und Künstler, Wien 2006.
  • Hedwig Steiner: Gustav Klimts Bindung an Familie Primavesi in Olmütz, in: Mährisch-Schlesische Heimat. Vierteljahresschrift für Kultur und Wirtschaft, Heft 4 (1968), S. 242-252.
  • Alfred Weidinger: Gustav Klimt- machistisches Selbstverständnis und nervöse Heroinen. Gedanken zum Frauenbild, in: Agnes Husslein-Arco, Jane Kallir, Alfred Weidinger (Hg.): Klimt, Schiele, Kokoschka und die Frauen, Ausst.-Kat., Unteres Belvedere (Wien), 22.10.2015–28.02.2016, München 2015.
  • Brief von Eugenia „Mäda“ Primavesi sen. in Olmütz an Anton Hanak (01/26/1912). Mappe 17.
  • Brief von Eugenia „Mäda“ Primavesi sen. in Olmütz an Anton Hanak (02/15/1912). Mappe 17.
  • Ansichtskarte von Gustav Klimt in Wien an Emilie Flöge am Semmering, 2. Karte (02/28/1912). RL 2855, Leopold Privatsammlung.
  • Brief von Eugenia „Mäda“ Primavesi sen. in Olmütz an Anton Hanak (02/07/1913). Mappe 17.
  • Brief von Adele Bloch-Bauer in Elbekosteletz an Julius Bauer (08/22/1903). Autogr. 577/52-1, Österreichische Nationalbibliothek, Sammlung von Handschriften und alten Drucken.
  • Hermann Muthesius: Landhäuser. ausgeführte Bauten mit Grundrissen, Gartenplänen und Erläuterungen, 2. Auflage, München 1922.
  • Arthur Schnitzler: Tagebuch. Digitale Edition, Montag, 1. Jänner 1912. schnitzler-tagebuch.acdh.oeaw.ac.at/entry__1894-03-18.html (19.09.2022).
  • Johannes Wieninger: „Im Bücherschrank steht eine chinesische Vase“. Ostasiatisches im Spätwerk von Gustav Klimt, in: Sandra Tretter, Peter Weinhäupl, Felizitas Schreier, Georg Becker (Hg.): Gustav Klimt. Atelier Feldmühlgasse 1911–1918, Wien 2014.

Der Stocletfries. Vollendung

Paula Deetjen: Einblick ins Palais Stoclet, 1917/18, Deutsches Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte
© Bildarchiv Foto Marburg

Der Entwurf des Stocletfrieses beschäftigte Gustav Klimt seit der Auftragserteilung 1905 über viele Jahre. Erst 1910/11 entstanden seine neun großformatigen Werkzeichnungen, in denen er Hinweise zur Materialwahl und Ausführung notierte. Das Werk wurde 1911 von Leopold Forstners Mosaikwerkstätte fertiggestellt und im Palais Stoclet in Brüssel montiert.

In den Jahren 1910 und 1911 arbeitete Gustav Klimt intensiv an den Werkzeichnungen (1910/11, MAK, Wien) für den Stocletfries (1905–1911, Privatbesitz), der für das Speisezimmer im Brüsseler Palais der Familie Stoclet konzipiert war. Die neun jeweils 200 x 102 Zentimeter großen Werk- bzw. Entwurfszeichnungen gestaltete Klimt mit Bleistift, Buntstift, Pastellkreide, Gold, Platin, Silber und Bronze auf Transparentpapier im Maßstab 1:1. Darauf notierte er auch Anweisungen für die Umsetzung sowie Materialkommentare. Der von Leopold Forstners Mosaikwerkstätte in Zusammenarbeit mit der Wiener Werkstätte ausgeführte Mosaikfries für das Palais Stoclet zählt zu den berühmtesten Werken Gustav Klimts, dessen Bekanntheit vor allem dem Motiv des Lebensbaums zuzuschreiben ist. Da sich das Palais in Familienbesitz befindet und nicht öffentlich zugänglich ist, wurden bisher nur wenige Farbfotografien vom Stocletfries publiziert.

Gustav Klimt: Stehender Akt eines Liebespaares (Studie für »Erfüllung« im Stocletfries), 1907/08, Albertina
© ALBERTINA, Wien

Spätestens 1905 hatte Gustav Klimt von Adolphe und Suzanne Stoclet den Auftrag für einen Fries für den Speisesaal ihres von Josef Hoffmann geplanten Hauses erhalten. Über Ideen zur Materialität tauschte sich Klimt bereits 1906 mit Fritz Waerndorfer aus, mit dem er damals gemeinsam die Baustelle in Brüssel besuchte. Erste Entwürfe können in die Jahre 1907/08 datiert werden; vor allem im Sommer 1908 beschäftigte sich Klimt am Attersee intensiv mit dem Projekt. Kurz zuvor hatten sich die Beteiligten in der »Kunstschau Wien«, der von der sogenannten Klimt-Gruppe organisierten und kuratierten Leistungsschau des Wiener Kunstschaffens, auf eine Ausführung als »flächenhaftes Farbenmosaik« geeinigt. Wie bereits bei einigen anderen Aufträgen litt der Maler auch in diesem Fall an Versagensängsten, die eine langwierige Entstehungszeit bedingten.

Werkzeichnungen
Nach ersten Figurenstudien und Entwürfen der Jahre, in denen er die emotionale und erotische Verbindung von Liebespaaren auslotete, arbeitete er im Sommer 1910 intensiv an den Werkzeichnungen. Basis für die Darstellung war eine heute verschollene Kompositionsskizze, die als Lichtpause (1907/08, Wien Museum, S 1982: 1693) mit Vergrößerungsnetz überliefert ist. Klimt begann in Wien mit der Arbeit und kündigte Emilie Flöge in einem Brief am 28. Juli 1910 an:

»Ich werde leider am Land für Stoclet sehr fleißig sein müssen, ›was mir‘s sehr stiert‹ Extra noch ›Wienreiseunterbrechungen‹. Aber es wird und muss und wird gehen.«

So setzte er die Arbeit an den Werkzeichnungen während der Sommerfrische in der Villa Oleander am Attersee fort. Die Fertigstellung dürfte zwischen Herbst und Winter 1910/11 anzunehmen sein, als er wieder in Wien war.

Galerie

Werkzeichnungen für den Stocletfries

  • Gustav Klimt: Stocletfries »Lebensbaum« (Werkzeichnung), 1910/11, MAK – Museum für angewandte Kunst
    © MAK / Georg Mayer
  • Gustav Klimt: Stocletfries »Die Erwartung (Tänzerin)« (Werkzeichnung), 1911, MAK – Museum für angewandte Kunst
    © MAK / Georg Mayer
  • Gustav Klimt: Stocletfries »Lebensbaum« (Werkzeichnung), 1910/11, MAK – Museum für angewandte Kunst
    © MAK / Georg Mayer
  • Gustav Klimt: Stocletfries »Lebensbaum« (Werkzeichnung), 1910/11, MAK – Museum für angewandte Kunst
    © MAK / Georg Mayer
  • Gustav Klimt: Stocletfries »Lebensbaum« (Werkzeichnung), 1910/11, MAK – Museum für angewandte Kunst
    © MAK / Georg Mayer
  • Gustav Klimt: Stocletfries »Rosenstrauch« (Werkzeichnung), 1910/11, MAK – Museum für angewandte Kunst
    © MAK / Georg Mayer
  • Gustav Klimt: Stocletfries »Lebensbaum« (Werkzeichnung), 1910/11, MAK – Museum für angewandte Kunst
    © MAK / Georg Mayer
  • Gustav Klimt: Stocletfries »Erfüllung« (Werkzeichnung), 1911, MAK – Museum für angewandte Kunst
    © MAK / Georg Mayer

Gustav Klimt: Entwurf von Blumen für den Stocletfries, MAK - Museum für angewandte Kunst, Archiv der Wiener Werkstätte
© MAK

Blütenmotiv (Auge) aus dem Speisezimmerfries im Palais Stoclet, Museum für angewandte Kunst, 1910: Blütenmotiv (Auge) aus dem Speisezimmerfries im Palais Stoclet, Museum für angewandte Kunst, Wien
© MAK

Gustav Klimt: Entwurfszeichnung für einen Vogel aus dem Stoclet Fries, 1910, MAK - Museum für angewandte Kunst, Archiv der Wiener Werkstätte
© MAK

Da die beiden Längswände im Speisesaal spiegelsymmetrisch konzipiert wurden, widmete Klimt seine ganze Aufmerksamkeit der Wand mit der Tänzerin. Für die gegenüberliegende Fläche schuf ein »Übertrager« aus der Mosaikwerkstätte eine gespiegelte Version mit dem Lebensbaum und seinen Spiralästen sowie dem Rosenbusch. Deshalb musste Klimt für diese Seite nur das Liebespaar der Erfüllung ausführen, das anstelle der Tänzerin einzufügen war.

Klimt nutzte für die Werkzeichnungen eine Rolle Transparentpapier mit einer Breite von zwei Metern, die er in vertikale Bahnen von circa einem Meter schnitt, um die neun Einzelblätter zu erhalten. Die nicht bemalten Flächen der Entwürfe nutzte Klimt, um den Kunsthandwerkern genaue Anweisungen hinsichtlich der Materialien und Farben für die Ausführung mitzuteilen.

Die langwierige Arbeit an den Werkzeichnungen ist im Detail gut erkennbar. Über einer groben Skizze zeichnete Klimt mit weicher, dicker Kreide die genauen Umrisse. Für die präzise Formung der Spiraläste bediente er sich eines Kurvenlineals. Die Ausmalung erfolgte mit Buntstiften, Pastellkreide und Metallpulver, wobei er die Komposition in Schichten weiterentwickelte. Klimts Materialluxus ging beim Stocletfries sogar so weit, dass er für die Werkzeichnungen echtes Blattplatin und Blattgold sowie Gold-, Bronze- und Silberpulver, das er mit Zinkweiß ausmischte, verwendete.

Die Ausführung: »verflucht teuer«
Der dreiteilige Fries zieht sich im Speisesaal des Palais Stoclet über drei Wände. Auf einer Wiese mit Blumen und Wasser steht der berühmte Lebensbaum mit je drei schwarzen Falken und »Augenblumen«, der sich über die gesamte Länge der West- und Ostwand erstreckt. Für die Stirnwand erdachte Klimt eine ornamental gestaltete, äußerst abstrahierte Darstellung eines Ritters. An der Westwand fügte Klimt einen von Schmetterlingen umflatterten Rosenstrauch und eine weibliche Figur ein, die als Tänzerin oder Erwartung bezeichnet wird. An der Ostwand wurde der Entwurf gespiegelt und anstelle der Tänzerin ein Liebespaar, das als Erfüllung oder Umarmung gedeutet wird, eingefügt.

Gustav Klimt entwickelte für den Stocletfries eine flächige, ornamentale Gestaltung, in der er Mensch und Natur in symbolistischer Überhöhung zusammenführte. Dabei fand er Anregungen in japanischer Kunst, frühchristlichen Mosaiken und der altägyptischen Symbolik, aus der er den Horus-Falken entlehnte.

Nachdem Klimt Materialproben an den Attersee zugeschickt bekommen hatte, schrieb er einen langen Brief an Fritz Waerndorfer, in dem er seine Befürchtungen und Sorgen hinsichtlich der Ausführung und Materialwahl zum Ausdruck brachte:

»Einiges von den eingesandten Proben hat mich für den ersten Moment mutlos gemacht – nach reiflicher Überlegung habe ich meine Ruhe wieder gewonnen, aber die Geschichte muss doch anders werden. […] Die Voluten des ›Baumes‹ sollen der Hauptsache nach mit dem ›goldähnlichsten‹ warmen Gold gemacht und ein wenig untermischt werden mit dem andern Gold, dem grünlichen (nicht grünen), dem schwärzlichen und mit dem rauen Gold (welches etwas reichlicher verwendet werden kann). […] Der Vogel wird schwarzes und dunkelgraues Email, ein wenig weiß. Die Stege sollen gleichfalls dunkelgrau (oxydiert) sein. […] Am Baumstamme sollen einige der weißen Scheiben (ich habe sie bezeichnet) mit Perlmutter, andere aus einem Stück weißen Materials in Metall gefasst werden – die Mehrzahl der Flecken sind in Mosaik gedacht. Ich habe im Voraus gewusst, dass die ganze Geschichte verflucht teuer wird […].«

Für die äußert komplexe und kostspielige Ausführung des Werks waren mehrere Firmen verantwortlich: Die Wiener Werkstätte, die Marmorfirma Oreste A. Bastreri, Wiener Keramik sowie die Emailklasse der Wiener Kunstgewerbeschule sorgten für die unterschiedlichen Einzelteile aus Marmor, Keramik, getriebenem Metall, Perlen, Schmucksteinen und Email. Für die Zusammen- und Umsetzung der Einzelteile und Einlegearbeiten war wiederum Leopold Forstners Mosaikwerkstätte zuständig. Das sogenannte Plattenmosaik aus insgesamt 15 Mosaikplatten wurde in Wien angefertigt und 1912 von Forstner persönlich in Brüssel zusammengesetzt.

Einblick ins Palais Stoclet, um 1914
© Klimt-Foundation, Wien

Zeitgenössische Kommentare
Interessanterweise wurde die Arbeit am Stocletfries in den Modellbüchern der Wiener Werkstätte nicht verzeichnet, obwohl darin 214 Ankäufe der Familie Stoclet akribisch notiert wurden. Dies könnte damit zu tun haben, dass das Werk in der Mosaikwerkstätte Leopold Forstners angefertigt wurde, der es Ende Oktober 1911, vor der Lieferung nach Brüssel, dem Wiener Publikum in seiner Werkstätte in der Pappenheimgasse 41 zugänglich machte. Dort sah es Berta Zuckerkandl, die am 23. Oktober 1911 in der Allgemeinen Wiener Zeitung über den »Klimt-Fries« und dessen ausführende Künstler berichtete:

»Das Original Klimts (seine für die Materialübertragung bereits berechnete Farbzeichnung) wurde in Material ausgeführt von der Metall- und Goldschmiede-Werkstätte der ›Wiener Werkstätte‹, von der Emailschule der Kunstgewerbeschule (Fräulein Starck, Fräulein König), der Wiener Keramik (Professor B. Löffler, Professor Powolny), der Mosaikwerkstätte (Leopold Forstner) und den Marmorwerken Oreste A. Bastreri.«

Arthur Roessler lieferte wenige Tage später eine lange Beschreibung des »einzigartigen Kunstgebildes« in der Arbeiter-Zeitung, in der er bedauerte, dass der Fries nicht in Wien bleiben sollte:

»Beschreiben lässt sich das neue Werk von Klimt nicht, es muss gesehen werden in all seinem metallischen Granz [!] und seiner farbigen Glut, um als eine der merkwürdigsten und dekorativ wirkungsvollsten Leistungen moderner Kunst gewürdigt werden zu können. Bedauerlich daran ist nur, dass diese Meisterleistung Klimts für uns verloren ist. Wer gibt dem Künstler einen ähnlichen Auftrag für Wien?«

Literatur und Quellen

  • Beate Murr: I. Die Entwurfszeichnungen zum Stoclet Fries: Ihre Entstehung, Umsetzung und Restaurierung, in: Christoph Thun-Hohenstein, Beate Murr (Hg.): Gustav Klimt. Erwartung und Erfüllung. Entwürfe zum Mosaikfries im Palais Stoclet, Ausst.-Kat., MAK – Museum für angewandte Kunst (Wien), 21.03.2012–15.07.2012, Wien 2012, S. 11-42.
  • Arthur Roessler: Theater und Kunst. Wiener Mosaikwerkstätte, in: Arbeiter-Zeitung (Morgenausgabe), 29.10.1911, S. 11.
  • Elisabeth Schmuttermeier: Adolphe und Suzanne Stoclet als Auftraggeber der Wiener Werkstätte, in: Christoph Thun-Hohenstein, Beate Murr (Hg.): Gustav Klimt. Erwartung und Erfüllung. Entwürfe zum Mosaikfries im Palais Stoclet, Ausst.-Kat., MAK – Museum für angewandte Kunst (Wien), 21.03.2012–15.07.2012, Wien 2012, S. 48-67.
  • Alfred Weidinger: 100 Jahre Palais Stoclet. Neues zur Baugeschichte und künstlerischen Ausstattung, in: Agnes Husslein-Arco, Alfred Weidinger (Hg.): Gustav Klimt – Josef Hoffmann. Pioniere der Moderne, Ausst.-Kat., Oberes Belvedere (Wien) - Unteres Belvedere (Wien), 25.10.2011–04.03.2012, München 2011, S. 202-251.
  • Berta Zuckerkandl: Der Klimt-Fries, in: Wiener Allgemeine Zeitung, 23.10.1911, S. 2.
  • Christian Witt-Döring: Palais Stoclet, in: Christian Witt-Dörring, Janis Staggs (Hg.): Wiener Werkstätte. 1903–1932: The Luxury of Beauty, Ausst.-Kat., Neue Galerie New York (New York), 26.10.2017–29.01.2018, München - London - New York 2017, S. 368-410.
  • Ansichtskarte von Gustav Klimt in Wien an Emilie Flöge in Kammer am Attersee, 2. Karte (Morgen) (07/28/1910). RL 2842, Leopold Privatsammlung.

Schloss Kammer und blühende Gärten als wiederkehrendes Motiv

Gustav Klimt: Schloss Kammer am Attersee III, 1910, Österreichische Galerie Belvedere, 1936 Widmung Adele und Ferdinand Bloch-Bauer, Wien
© Belvedere, Wien , Foto: Johannes Stoll

Gustav Klimt: Schloss Kammer am Attersee IV, 1910, Privatbesitz
© Galerie Welz

Gustav Klimt: Allee vor Schloss Kammer am Attersee, 1912, Österreichische Galerie Belvedere
© Belvedere, Wien , Foto: Johannes Stoll

Gustav Klimt: Oberösterreichisches Bauernhaus, 1911, Österreichische Galerie Belvedere
© Belvedere, Wien , Foto: Johannes Stoll

Gustav Klimt: Obstgarten mit Rosen, 1912, Privatbesitz
© Bridgeman Images

Gustav Klimt widmete sich in seinen Landschaftsgemälden ab 1910 abermals Darstellungen von Schloss Kammer und dessen unmittelbarer Umgebung. Darüber hinaus setzte er der kontemplativen Landschaft des Attersees mehrere Denkmäler in Bildern.

Die inspirative Kraft des Wasserschlosses und seiner Allee
1910 hielt Klimt in betont ausschnitthaften Gemälden abermals das Schloss Kammer fest. So verbindet er in den Kompositionen Schloss Kammer am Attersee III (1910, Belvedere, Wien) und Schloss Kammer am Attersee IV (1910, Privatbesitz) erneut das Architekturmotiv mit den Elementen Wasser und Vegetation. Der Standpunkt, von dem aus Klimt beide Schlossansichten malte oder zumindest skizzierte, liegt wiederum im Bereich des ehemaligen Hotel Seehof. Während die dritte Version noch im selben Jahr in der Galerie Miethke ausgestellt wurde, gelangte die vierte Darstellung des Schlosses 1914 in Dresden bei der »Großen Kunstausstellung« zur Präsentation.

1912 hielt Klimt in Allee vor Schloss Kammer am Attersee (1912, Belvedere, Wien) jene Landzunge fest, welche das ehemalige Wasserschloss mit dem Ufer verband und mit einer Lindenallee bepflanzt wurde. Die ausladenden Linden, deren Kronen sich in der oberen Hälfte des Bildes vereinen, bilden das Hauptmotiv des Werks. Diese Bäume waren durch die von Wind und Wetter teilweise bizarr geformten Stämme und knorrigen Astgabeln ein ergiebiges Motiv. Inspiriert durch Vincent van Gogh, gestaltete Klimt eine machtvolle Einheit aus den Baumkronen der Alleebäume. Sie erscheinen als blaugrün-schattige Formen, die mit dunklen Umrisslinien eingefasst sind. Der gelbgestrichene Barockbau mit den geschweiften Giebeln und dem mit Efeu überwachsenen Portal bildet den markanten Endpunkt der Flucht. Zwischen den Baumstämmen links öffnet sich der Blick auf den Attersee.

Sommerliche Gärten
Während seiner Sommerfrische am Attersee entdeckte Klimt auch das Motiv des von einer blühenden Wiese und Bäumen umgebenen Gebäudes, das ihn zum Gemälde Oberösterreichisches Bauernhaus (1911, Belvedere, Wien) inspirierte. Das Thema eines ausgewogenen Ensembles von Architektur, kultivierter Landschaft und Natur erscheint auf harmonische Weise verwirklicht. Blätterschatten und Lichteinfall bewirken die bemerkenswerte tiefblau bis violette Färbung der Holzplanken des Hauses, dessen Architektur durch die reiche Vegetation nicht weiter sichtbar ist. Klimt gestaltet in dieser Impression das Gesehene in einer besonders reichen und vielfältigen Wiedergabe der Lichtreflexe in pointillistischer Malweise. Diese ausschnitthafte Schilderung des unmittelbaren Eindrucks bereicherte er durch narrative Details wie die mit Blumen geschmückten Fenster, den sorgfältig geschlichteten Holzstoß an der Hauswand sowie durch den Durchblick auf ein Beet von Sonnenblumen am rechten Bildrand. Der Baum rechts steht so nahe am Bildvordergrund, dass er vom unteren und oberen Bildrand überschnitten wird und die Betrachtenden blickleitend an Klimts Eindruck und Wiedergabe teilhaben lässt. Der links im Bild leicht versetzte Baum suggeriert Tiefe, womit dem Künstler eine subtile Balance zwischen Flächigkeit und Tiefenraum gelang. Die Holzbretter führte Klimt mit vertikalen Strichen in dünner, flüssiger Ölfarbe aus; die blühende Wiese vor dem Gebäude setzte er in pointillistischer Manier um. Dadurch erzeugte Klimt Spannung im Farbauftrag und somit auf der gesamten Leinwand. Ausgestellt wurde dieses Gemälde erstmals 1912 im Rahmen der »Großen Kunstausstellung« in Dresden.

Ebenfalls präsentierte Klimt auf dieser Schau das Werk Apfelbaum I (Kleiner Apfelbaum) (um 1912, Privatbesitz) einer breiten Öffentlichkeit. Er intensivierte in diesem Gemälde seine meditative Vertiefung in das Naturerlebnis. Im Zentrum des Werkes steht ein rote und reife Früchte tragender Baum, der zur Ernte bereit ist. Klimts Duktus erscheint pastoser und locker, zugleich lässt er einzelne Details, wie die farbmodellierten Formen der reifen Früchte und die Blumenblüten im Bildvordergrund durch ihre Farbintensität hervortreten.

Im Motiv Bauerngarten mit Kruzifix (1912, 1945 in Schloss Immendorf verbrannt) verband Klimt wiederum das koloristisch verklärte Naturbild auf symbolistische Weise mit dem volkstümlichen Wegkreuz. Naturerlebnis und Spiritualität stehen an diesem Ort der Andacht im Einklang. 1914 gelangte es im Rahmen einer Ausstellung des Deutsch-Böhmischen Künstlerbundes zur Präsentation.

1912 entstand zudem eine Landschaftsdarstellung, deren überwältigende Blütenpracht vermutlich nicht am Attersee, sondern in Klimts Ateliergarten in Wien-Hietzing vorzufinden war. Sein poetischer Bezug zur kultivierten Natur kommt in Obstgarten mit Rosen (1912, Privatbesitz) besonders zum Ausdruck. Die kontrastierenden Farbwerte bewirken den Eindruck einer reichen Textur als autonomer künstlerischer Wert. Egon Schiele beschrieb den Garten als »alljährlich mit Blumenbeeten geziert – es war eine Lust, inmitten von Blüten und alten Bäumen dahin zu kommen.« Auch diese Gartenansicht wurde 1914 in Prag gezeigt.

Fortsetzung fanden die am Attersee und in Wien auf Leinwand festgehaltenen Natur- und Architektureindrücke im Folgejahr auch am Gardasee.

Literatur und Quellen

  • Sandra Tretter, Peter Weinhäupl (Hg.): Gustav Klimt. Florale Welten, Wien 2019.
  • Alfred Weidinger (Hg.): Gustav Klimt, München - Berlin - London - New York 2007.
  • Tobias G. Natter (Hg.): Gustav Klimt. Sämtliche Gemälde, Wien 2012.
  • Toni Stoos, Christoph Doswald (Hg.): Gustav Klimt, Ausst.-Kat., Kunsthaus Zürich (Zürich), 11.09.1992–13.12.1992, Stuttgart 1992.
  • Stephan Koja: Der Sommer in Kammer am Attersee, in: Stephan Koja (Hg.): Gustav Klimt. Landschaften, Ausst.-Kat., Oberes Belvedere (Wien), 23.10.2002–23.02.2003, München 2002.
  • Sandra Tretter, Peter Weinhäupl (Hg.): Gustav Klimt. Sommerfrische am Attersee 1900-1916, Wien 2022, S. 65.
  • Sandra Tretter, Peter Weinhäupl, Felizitas Schreier, Georg Becker (Hg.): Gustav Klimt. Atelier Feldmühlgasse 1911–1918, Wien 2014.
  • Arthur Roessler: Erinnerungen an Egon Schiele, Wien 1948, S. 48-49.

Denkmäler für den Gardasee

Gustav Klimt: Italienische Gartenlandschaft, 1913, Kunsthaus Zug, Stiftung Sammlung Kamm
© Kunsthaus Zug, Stiftung Sammlung Kamm

Drei Landschaftsgemälde zeugen von Klimts Aufenthalt am Gardasee im Sommer 1913. Zwei Architekturansichten belegen die Fortführung von Klimts Neigung zur flächenhaften Darstellung, während er in der Gartenlandschaft die in voller Blüte stehende Natur festhielt.

Sommerfrische am Gardasee
Drei Landschaftsgemälde aus dem Jahr 1913 entstanden als Ergebnis einer Reise des Künstlers an den italienischen Gardasee: Italienische Gartenlandschaft (1913, Kunsthaus Zug, Stiftung Sammlung Kamm, Zug), Malcesine am Gardasee (1913, Verbleib unbekannt, seit Kriegsende 1945 verschollen) und Kirche in Cassone am Gardasee (1913, Privatbesitz). Bereits zehn Jahre zuvor, im Dezember des Jahres 1903, verweilte Klimt schon einmal an diesem norditalienischen See.

Ab Ende Juli bis zum 10. September 1913 verbrachte Klimt eine sommerliche Auszeit am Gardasee. Zeitweise waren Emilie und Pauline Flöge, Helene Klimt (geb. Flöge), seine Nichte, »Lentschi« Klimt, sowie Josef Eibl ebenfalls anwesend. Klimt folgte vermutlich einer Einladung seines Sammlers Emil Zuckerkandl. Die Gesellschaft nächtigte im Albergo Morandi in Tremosine, einer Ortschaft am westlichen Seeufer, die einen Blick auf Malcesine und dessen vier Kilometer entfernten Vorort Cassone ermöglichte, jene Seeuferzüge, die er in seinen Gemälden festhalten sollte. 

Gardasee, um 1910
© Österreichische Nationalbibliothek, Wien

Galerie

Ansichtskarten von Gustav Klimt am Gardasee

  • Gustav Klimt: Ansichtskarte von Gustav Klimt in Malcesine am Gardasee an Anna Klimt in Wien, 10.09.1913, Albertina
    © ALBERTINA, Wien
  • Gustav Klimt: Ansichtskarte von Gustav Klimt in Malcesine am Gardasee an Anna Klimt in Wien, 10.09.1913, Albertina
    © ALBERTINA, Wien
  • Gustav Klimt, Pauline Flöge: Ansichtskarte von Gustav Klimt und Pauline Flöge in Tremosine an Emma Bacher-Teschner in Dänemark, mitunterschrieben von Emilie Flöge, Josef Eibl, Helene Klimt sen. und Helene Klimt jun., 31.07.1913, Sammlung Villa Paulick, courtesy Klimt-Foundation, Wien
    © Klimt-Foundation, Wien
  • Gustav Klimt, Pauline Flöge: Ansichtskarte von Gustav Klimt und Pauline Flöge in Tremosine an Emma Bacher-Teschner in Dänemark, mitunterschrieben von Emilie Flöge, Josef Eibl, Helene Klimt sen. und Helene Klimt jun., 31.07.1913, Sammlung Villa Paulick, courtesy Klimt-Foundation, Wien
    © Klimt-Foundation, Wien
  • Gustav Klimt: Ansichtskarte von Gustav Klimt in Malcesine am Gardasee an Julius Zimpel sen. in Wien, 10.09.1913, Albertina
    © ALBERTINA, Wien
  • Gustav Klimt: Ansichtskarte von Gustav Klimt in Malcesine am Gardasee an Julius Zimpel sen. in Wien, 10.09.1913, Albertina
    © ALBERTINA, Wien

Gustav Klimt: Kirche in Cassone am Gardasee, 1913, Privatbesitz
© Sotheby's

Malcesine am Gardasee
© Österreichische Nationalbibliothek, Wien

Gustav Klimt: Malcesine am Gardasee, 1913, Verbleib unbekannt, seit Kriegsende 1945 verschollen, in: Max Eisler (Hg.): Gustav Klimt. Eine Nachlese, Wien 1931.
© Klimt-Foundation, Wien

Inspiration Gardasee
In seinen durch Ortschaften des Gardasees inspirierten Gemälden führte er die Verflachung der Architektur fort, die er bereits im Zuge seiner Schloss-Kammer-Serie erfolgreich erprobte hatte.

Kirche in Cassone am Gardasee zeigt eine Detailansicht des titelgebenden Vorortes und besticht durch die blaugraue Gebäudearchitektur mit ockerfarbenen Schindeldächern. Im Zentrum der Darstellung steht die aus dem 17. Jahrhundert stammende Kirche. Die gesamte Ansicht wird durch markante Zypressen und frisch-grüne Vegetation belebt. Im offenen, pastosen Pinselstrich setzt Klimt die Farbwerte kontrastierend nebeneinander, was zu einer visuell aktivierenden Oberflächengestaltung führt.

Klimt betrachtete diese Vedute vermutlich vom westlichen Ufer aus. Der Gebrauch eines Fernglases und eines »Motivsuchers« mag u.a. für die entstandene Flächigkeit ausschlaggebend gewesen sein. Die Betonung der Orthogonalen in den Zypressen und der waagrechten Uferlinie, die kubischen Formen der Häuser mit den Rundkörpern der Baumkronen dazwischen verweisen zudem auf eine rigorose Bildordnung anhand geometrischer Grundelemente, die möglicherweise durch den Charakter der südlichen Landschaft motiviert wurde.

In Klimts Darstellung von Malcesine am Gardasee (1913, seit Kriegsende 1945 verschollen) setzte er die kubische, fast treppenhafte Staffelung der Häuser mit roten Schindeldächern am Seeufer in ein Spannungsfeld zur Betonung der Fläche in den architektonischen Details. Dies zeigt sich in den Zinnen der Scaligerburg, des markanten Gebäudes in der Nähe des Seeufers, und den vielen verschieden farbigen Fenstern und Balkonen. Auch die intensiv polychrome Gestaltung der Hausfassaden erzeugt ein lebhaftes Muster im Bild, das Klimt in der Spiegelung der Wasseroberfläche in ein abstraktes, buntfarbiges Flirren verwandelt. Darin wird seine Faszination für die hochsommerliche Atmosphäre und die Verbildlichung seiner persönlichen Impression bemerkbar. Es wird angenommen, dass er sich in der Nähe der Villa Gruber (heute: Hotel Bellevue San Lorenzo) in Dosso Ferri auf der Halbinsel Val di Sogno befand, um die im Werk präsentierte Perspektive darstellen zu können.

In Italienische Gartenlandschaft kommt Klimts Begeisterung für die Intensität und den Farbenreichtum der südlichen Vegetation zum Ausdruck. Die Raumsituation wird durch die diagonal ins Bild führende Bepflanzung im üppig blühenden Garten dargestellt. In variierender Dichte der Pinselzüge leitet Klimt den Blick über Oleander, Rosen und Lavendel zu einem nahezu überwucherten Gebäude. Darüber hinaus lässt er die Betrachtenden in der oberen linken Ecke einen Blick auf den See erhaschen. Im Vergleich zu den etwa sieben Jahre zuvor entstandenen Gartengemälden - wie etwa Bauerngarten mit Sonnenblumen (1906, Belvedere, Wien) - folgt Klimt hier einer kleinteiligeren Darstellung der Elemente. Die beiden 1912 geschaffenen Werke Bauerngarten mit Kruzifix (1912, 1945 in Schloss Immendorf verbrannt) und Obstgarten mit Rosen (1912, Privatbesitz) bilden hingegen stilistische Vorstufen für die Italienische Gartenlandschaft. Klimts Standort für die Umsetzung dieses Gemäldes wird nahe der Albergo Morandi in Tremosine vermutet.

Während dieses Werk bereits 1914 im Prager Rudolfinum im Zuge einer Schau des Deutsch-böhmischen Künstlerbundes ausgestellt wurde, gelangten die zwei der Architektur verpflichteten Gemälde erst 1928 im Rahmen der großen Klimt-Retrospektive zur Präsentation.

Der Bedeutung dieser Bilder schon zu Klimts Lebzeiten verlieh Egon Schiele Nachdruck:

»Ich halte die Gardaseebilder überhaupt für seine bedeutendsten Landschaften«

Literatur und Quellen

  • Max Eisler: Gustav Klimt, Wien 1920.
  • Johannes Dobai: Gustav Klimt. Die Landschaften, Salzburg 1981.
  • Alfred Weidinger (Hg.): Gustav Klimt, München - Berlin - London - New York 2007.
  • Tobias G. Natter (Hg.): Gustav Klimt. Sämtliche Gemälde, Wien 2012, S. 566-567.
  • Stephan Koja: Gardasee, in: Stephan Koja (Hg.): Gustav Klimt. Landschaften, Ausst.-Kat., Oberes Belvedere (Wien), 23.10.2002–23.02.2003, München 2002, S. 116-117.
  • Arthur Roessler: Erinnerungen an Egon Schiele, in: Fritz Karpfen (Hg.): Das Egon-Schiele Buch, Wien 1921.
  • Sandra Tretter, Peter Weinhäupl (Hg.): Gustav Klimt. Florale Welten, Wien 2019.
  • Johannes Dobai: Die Landschaft in der Sicht von Gustav Klimt, in: Mitteilungen der Österreichischen Galerie, 22/23. Jg., Nummer 66/67 (1978/79), S. 241-272.
  • Ansichtskarte von Gustav Klimt in Torbole am Gardasee an Emilie Flöge in Wien (12/10/1903).
  • Paolo Boccafoglio (Hg.): Gustav Klimt e Malcesine. La famiglia Zuckerkandl e il mistero di un quadro scomparso, Arco 2013, S. 38-42.
  • Sandra Tretter, Peter Weinhäupl: I viaggi in Italia di Klimt: una fonte di ispirazione per la sua arte, in: Maria Vittoria Marini Clarelli (Hg.): Klimt. La Secessione e l’Italia, Museo di Roma, Ausst.-Kat., Museo di Roma (Palazzo Braschi, Rom), 27.10.2021–27.03.2022, Rom 2022, S. 17-33.

Ausstellungsbeteiligungen

Città di Venezia (Hg.): IX. Esposizione internazionale d‘arte della città di Venezia. Catalogo Illustrato, Ausst.-Kat., Österreichischer Pavillon (Giardini di Castello, Venedig), 22.04.1910–31.10.1910, 1. Auflage, Venedig 1910.
© Klimt-Foundation, Wien

Einblick in die IX. Biennale in Venedig, April 1910 - Oktober 1910, Fondazione La Biennale di Venezia
© Archivio Storico della Biennale di Venezia, ASAC

Galerie H. O. Miethke (Hg.): Gustav Klimt. November-Dezember 1910. Galerie Miethke Wien, 1. Dorotheerg. 11, Ausst.-Kat., Galerie H. O. Miethke (Palais Nákó, Wien), 23.11.1910–18.12.1910, Wien 1910.
© Klimt-Foundation, Wien

Aleardo Terzi: Plakat der Internationalen Kunstausstellung Rom, 1911, Albertina, Wien
© ALBERTINA, Wien

Von 1910 bis 1913 waren Gustav Klimts Werke vorwiegend auf Ausstellungen im Ausland vertreten. In Venedig, Rom und Budapest wurde dem Œuvre des Künstlers jeweils ein eigener Saal gewidmet. In Klimts Heimatstadt Wien präsentierte die Galerie Miethke seine neuesten Werke. Ende 1910 konnte die Wiener Gesellschaft in Leopold Forstners Wiener Mosaikwerkstätte für kurze Zeit die Tafeln für den Stocletfries bewundern.

Esposizione internazionale d'arte della città di Venezia
Den Auftakt zu den großen Klimt-Ausstellungen machte im April 1910 die »IX. Esposizione internazionale d'arte della città di Venezia« [IX. Internationale Kunstausstellung der Stadt Venedig]. Auf dieser Ausstellung wurde Gustav Klimt ein ganzer Saal gewidmet. Unter dem Namen »Mostra Individuale di Gustav Klimt« [Einzelausstellung von Gustav Klimt] wurden im Saal 10 zweiundzwanzig Gemälde des Künstlers gezeigt. Die Ausstattung des Raumes übernahm laut Katalog der Architekt Eduard Josef Wimmer-Wisgrill.

In Venedig stellte Klimt der Öffentlichkeit drei neue Werke vor: Bildnis einer Frau (Backfisch) (1910, überarbeitet vor 1916/17, Galleria d'Arte Moderna Ricci Oddi, Piacenza) (Kat.-Nr. 21 Giovanetta), Mutter mit zwei Kindern (Familie) (1909/10, Belvedere, Wien) (Kat.-Nr. 22 Famiglia) und Der schwarze Federhut (1910, Privatbesitz) (Kat.-Nr. 19 Il capello dalla piuma nera). Bei dem Gemälde Bildnis einer Frau (Backfisch) handelte es sich damals noch um die erste Version des Bildes: ein junges Mädchen mit Hut und Federstola.

Zwar berichtete Fritz Waerndorfer an Otto Czeschka:

»Klimt ist stier bis auf den Nabel, hat in seiner Kollektiv-Ausstellung in Venedig Null verkauft.«

Dies entsprach jedoch nicht den Tatsachen. Das Gemälde Judith II (Salome) (1909, Ca'Pesaro-Galleria Internazionale d'Arte Moderna, Venedig), das bereits auf der »Internationalen Kunstschau Wien 1909« das erste Mal zu sehen war, wurde von der städtischen Galerie von Venedig für fast 16.000 Kronen (ca. 93.000 Euro) angekauft.

Gustav Klimt in der Galerie Miethke
Die Galerie Miethke zeigte in Wien zum Jahreswechsel 1910/11 eine weitere Kollektiv-Schau mit dem simplen Namen: »Gustav Klimt«. Da die Galerie von 1904 bis 1916 als Haupthändler für die Werke Klimts fungierte, ist anzunehmen, dass es sich hierbei primär um eine Verkaufsausstellung handelte. Tatsächlich war nur eines der ausgestellten Werke, im Katalog als »Schloßpark« (nicht zweifelsfrei identifizierbar) bezeichnet, unverkäuflich, da es sich bereits in Privatbesitz befand. Am 24. November, schon kurz nach Eröffnung der Ausstellung, ging Der schwarze Federhut in den Besitz von Rudolf Kahler über. Unter den acht gezeigten Gemälden befanden sich die neuesten Werke Klimts, beispielsweise auch das bereits in Venedig gezeigte Werk Bildnis einer Frau (Backfisch). Ein Artikel der Wiener Zeitung deutet an, dass es in unvollendetem Zustand ausgestellt worden war:

»Der ›Backfisch‹ wird einmal genauso [Anm.: eine ebensolche Femme fatale wie jene in Damenbildnis in Rot und Schwarz] werden. Er berechtigt zu den häßlichsten [!] Hoffnungen.«

Dies scheint zu implizieren, dass die erste Version des Bildnis einer Frau (Backfisch) noch nicht vollendet war. In diesem Falle wäre das Bild auch in Venedig noch unvollendet gewesen. Denkbar wäre allerdings auch, dass Klimt bereits mit den Übermalungen des Bildes begonnen hatte, die zu dem heute bekannten Zustand führten.

Internationale Kunstausstellung Rom 1911
In Rom wurde im Frühjahr 1911 eine große internationale Kunstausstellung abgehalten. Die Eröffnung fiel mit dem 50. Jubiläum des italienischen Königreichs am 27. März zusammen. Eine Ansichtskarte von Gustav Klimt in Rom an Emma Bacher sowie zwei weitere Karten an Maria Ucicka lassen darauf schließen, dass Klimt persönlich nach Rom gereist war, um die Eröffnung der Ausstellung zu besuchen. Sein dortiger Aufenthalt kann mit Sicherheit vom 26. bis zum 30. März nachgewiesen werden.

Jede der zwölf an der Ausstellung teilnehmenden Nationen bekam auf der Vigna Cartoni Platz für ein eigenes Ausstellungsgebäude zur Verfügung gestellt. Der Österreichische Pavillon wurde nach den Plänen von Josef Hoffmann errichtet. Aus Wien beteiligten sich die Genossenschaft bildender Künstler Wien, die Wiener Secession, der Hagenbund und die Klimt-Gruppe. Gustav Klimt war mit sieben Gemälden in Saal 4 und Saal 5 (welcher dem Künstler alleine gewidmet war) zu sehen. Bis auf Tod und Leben (Tod und Liebe) (1910/11, überarbeitet 1912/13 und 1916/17, Leopold Museum, Wien) befanden sich alle gezeigten Werke zum Zeitpunkt der Ausstellung bereits in öffentlichem oder privatem Besitz.

Zahlreiche Fotografien dokumentieren den Österreichischen Pavillon 1911 von innen und außen. Einige davon geben auch Einblick in den Klimt-Saal mit der an prominenter Stelle (direkt gegenüber des Eingangs) gehängten Jurisprudenz (1903, Endfassung 1907, 1945 in Schloss Immendorf verbrannt). Die Fotoserie wurde noch im selben Jahr in einer eigens herausgegebenen Mappe im Verlag der Brüder Rosenbaum publiziert.

Galerie

Einblicke in die »Internationale Kunstausstellung Rom 1911«

  • Einblick in die Internationale Kunstausstellung in Rom, März 1911 - Dezember 1911
    © ANNO | Österreichische Nationalbibliothek
  • Einblick in die Internationale Kunstausstellung in Rom, März 1911 - Dezember 1911
    © ANNO | Österreichische Nationalbibliothek
  • Einblick in die Internationale Kunstausstellung in Rom, März 1911 - Dezember 1911
    © ANNO | Österreichische Nationalbibliothek
  • Einblick in die Internationale Kunstausstellung in Rom, März 1911 - Dezember 1911, Klimt-Foundation
    © Klimt-Foundation, Wien
  • Einblick in die Internationale Kunstausstellung in Rom, März 1911 - Dezember 1911, Klimt-Foundation
    © Klimt-Foundation, Wien
  • Einblick in die Internationale Kunstausstellung in Rom, März 1911 - Dezember 1911, Österreichische Galerie Belvedere, Archiv
    © Belvedere, Wien
  • Einblick in die Internationale Kunstausstellung in Rom, März 1911 - Dezember 1911, Österreichische Galerie Belvedere, Archiv
    © Belvedere, Wien

Eine Karteikarte aus dem Bestand der Galerie Miethke gibt an, dass das Werk Drei Lebensalter (1905, Galleria Nazionale d'Arte Moderna e Contemporanea, Rom) auf der »Internationalen Kunstausstellung Rom 1911« verkauft werden sollte. Dieser Vermerk wurde jedoch korrigiert und mit dem Verweis »durch den Künstler direct [!] verkauft« versehen. Der Käufer des Gemäldes war die Galleria Nazionale d'Arte Moderna e Contemporanea in Rom. Da das Gemälde nicht im Ausstellungskatalog aufscheint und auch eine Hängung nicht fotografisch dokumentiert wurde, dürfte das Bild bereits vor Beginn der Ausstellung in den Besitz der Galleria Nazionale gekommen sein und wurde somit nicht im Österreichischen Pavillon präsentiert. Aus einer Reihe von Korrespondenzen aus dem Archiv des Belvedere geht außerdem hervor, dass das italienische Unterrichtsministerium Interesse an einem Ankauf des Gemäldes Porträt Margaret Stonborough-Wittgenstein (1905, Bayerische Staatsgemäldesammlungen - Neue Pinakothek München) für die römische Galerie bekundete. Das im Österreichischen Pavillon präsentierte Werk befand sich jedoch im Besitz von Karl Wittgenstein, welcher sich nicht auf den Verkauf des Gemäldes seiner Tochter einließ.

Die Jury der Ausstellung vergab in diesem Jahr nur einen Preis für die Disziplin der Malerei. Die Österreichische Abteilung hegte größte Hoffnung Klimt könne diesen gewinnen. Es ergaben sich jedoch erhebliche Schwierigkeiten. Die Ausstellung war nämlich über die angesetzte Dauer bis zum 20. Dezember verlängert worden, und die Sitzung der Jury fand nicht vor November statt. Karl Wittgenstein hatte jedoch vereinbart, das Porträt seiner Tochter nur bis zum 31. Oktober verleihen zu wollen. Das Gemälde war aber eines der meistbewunderten Stücke der Ausstellung und – wie bereits der Ankaufversuch durch die italienischen Behörden zeigte – beim römischen Publikum extrem beliebt. Friedrich Dörnhöffer, der Leiter der Modernen Galerie in Wien und Generalkommissär der Österreichischen Abteilung, konnte daher Karl Wittgenstein überreden, seine Leihgabe doch bis zum 18. Dezember zu verlängern. Klimt gewann schließlich den stattlichen Preis, der mit einer Summe von 10.000 Lire dotiert war.

Präsentation des Stocletfrieses
Im Oktober 1911 waren in der Wiener Mosaikwerkstätte von Leopold Forstner für kurze Zeit zwei Tafeln des Stocletfrieses (1905–1911, Privatbesitz) ausgestellt. Die beiden Paneele sollten zuerst der Wiener Öffentlichkeit präsentiert werden, bevor sie im November an ihren Bestimmungsort, das Speisezimmer des Palais Stoclet in Brüssel, geliefert wurden. Vermutlich um einen Transport der zwei mal sieben Meter großen Tafeln zu vermeiden, wurden diese direkt in der Werkstätte, in der sie angefertigt wurden, ausgestellt. Der Beschreibung eines Artikels in der Arbeiterzeitung vom 29. Oktober 1911 nach zu urteilen, handelte es sich bei den präsentierten Platten um die Tänzerin und den Rosenstrauch. Zwei Fotografien zeigen eben diese Friesfragmente an einer Türe lehnend. Die Aufnahmen, die vermutlich von Moriz Nähr gemacht wurden, dürften wohl in der Werkstätte Forstners kurz vor dem Abtransport der beiden Paneele nach Brüssel entstanden sein. Die zwei Platten wurden sehr wohlwollend aufgenommen:

»Beschreiben lässt sich das neue Werk von Klimt nicht, es muss gesehen werden [...] Bedauerlich daran ist nur, daß [!] diese Meisterleistung Klimts für uns verloren ist. Wer gibt dem Künstler einen ähnlichen Auftrag für Wien?«

Galerie

Fotografische Aufnahmen

  • Moriz Nähr (?): Der Stocletfries (Rosenstrauch), Oktober 1911, Klimt-Foundation
    © Klimt-Foundation, Wien
  • Moriz Nähr (?): Der Stocletfries (Die Erwartung (Tänzerin)), Oktober 1911, Klimt-Foundation
    © Klimt-Foundation, Wien

Artur Zander: Plakat für die Große Kunstausstellung Dresden, 1912,
© Kupferstich-Kabinett, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Foto: Andreas Diesend

Große Kunstausstellung in Dresden
Von Mai bis Oktober 1912 fand die »Große Kunstausstellung Dresden« im Städtischen Ausstellungspalast der Stadt Dresden statt. Neben deutschen Künstlervereinigungen wie beispielsweise der Münchner und Berliner Secession und der Dresdner Kunstgenossenschaft, erhielt Österreich als einziges ausländisches Land eine eigene Abteilung. Gustav Klimt stellte in drei verschiedenen Sektionen insgesamt neun Gemälde aus. Der Großteil der Bilder, darunter auch zwei nicht identifizierte Porträts, hing im Saal 50 in der Abteilung für monumental-dekorative Malerei. Birkenwald (Buchenwald) (1903, Paul G. Allen Family Collection) ist in der ersten Auflage des Katalogs in diesem Raum mit der Katalognummer 1833 verzeichnet. In der dritten Auflage wurde das Gemälde allerdings unter der Nummer 1524a im Saal 32 der Österreichischen Abteilung, die insgesamt drei Räume umfasste, nach einem Bild von Franz Jäger eingeschoben. Das Werk dürfte also im Laufe der Ausstellung umgehängt worden sein, vermutlich um sicherzustellen, dass mindestens ein Gemälde von Klimt in der Österreichischen Abteilung zu sehen war. Buchenwald I wurde im Zuge der Ausstellung für 8.460 Kronen (ca. 48.600 Euro) von der Staatlichen Kunstsammlung Dresden erworben. Auch das Porträt Emilie Flöge (1902, Wien Museum, Wien) (Kat.-Nr. 1930, Bildnis einer Dame) hing gesondert in einer eigenen Abteilung für Frauenbildnisse (Saal 49).

Ausstellung des Bundes Österreichischer Künstler in Budapest
Im darauffolgenden Jahr wurde in Budapest durch das dortige Künstlerhaus (Művészház) eine Ausstellung der 1912 gegründeten Künstlervereinigung Bund Österreichischer Künstler mit einer Sonderschau Gustav Klimt ausgerichtet: »Bund Österreichischer Künstler és Gustav Klimt. Gyüjteményes, kiállitása« [Bund Österreichischer Künstler und Gustav Klimt. Kollektiv-Ausstellung]. Es war die erste eigenständige Schau von Wiener Künstlern in Ungarn und die dritte Klimt-Kollektive im Ausland innerhalb von drei Jahren.

Im letzten Saal der Ausstellung waren zehn Gemälde und ebenso viele Zeichnungen des Malers zu sehen. Klimt präsentierte hier zum allerersten Mal sein Monumentalwerk Die Jungfrau (1913, Národní Galerie, Prag) (Kat.-Nr.: 23 Panna). Der Preis des Gemäldes belief sich auf stolze 25.000 Kronen (ca. 142.400 Euro). Nur ein weiteres Gemälde namens Halálfélelem (frei übersetzt: Todesangst) wurde um dieselbe Summe angepriesen. Es dürfte sich dabei um Tod und Leben (Tod und Liebe) (1910/11, überarbeitet: 1912/13 und 1916/17, Leopold Museum, Wien) gehandelt haben. Eine Mitteilung an Emilie Flöge vom 4. März, in der Klimt schreibt, er plage sich »fruchtlos mit den Todten [!] herum«, scheint darauf hinzuweisen, dass das Werk vor Ausstellungsbeginn am 8. März bereits zum ersten Mal überarbeitet worden war. Die beiden Bilder waren mit Abstand die teuersten Gemälde der gesamten Ausstellung.

Klimt war, wie er Emilie Flöge informierte, bei der Eröffnung persönlich anwesend. Anscheinend war die Ausstellung nicht sehr erfolgreich, denn am 6. März berichtet er:

»Aus Pest [Budapest] hör’ ich nichts – gar nichts – dürfte also nichts los sein – so wie ich mir dies vorgestellt habe.«

Ob sich dies nun auf Besucher- oder Verkaufszahlen bezieht, ist schwer zu sagen.

Ausstellungsjahr 1913
Im Mai desselben Jahres lud der Deutsche Künstlerbund zu seiner III. Ausstellung in Mannheim. Gustav Klimt, der auch schon an den ersten beiden Schauen der Vereinigung teilgenommen hatte, war mit drei Werken, darunter Tod und Leben (Tod und Liebe), vertreten. Die zeitgleich stattfindende »XI. Internationale Kunstausstellung im Königlichen Glaspalast zu München« 1913 beschickte er dagegen mit sechs Gemälden, darunter auch das neue Werk Die Jungfrau.

Literatur und Quellen

  • Città di Venezia (Hg.): IX. Esposizione internazionale d‘arte della città di Venezia. Catalogo, Ausst.-Kat., Österreichischer Pavillon (Giardini di Castello, Venedig), 22.04.1910–31.10.1910, 3. Auflage, Venedig 1910.
  • Galerie H. O. Miethke (Hg.): Gustav Klimt. November-Dezember 1910. Galerie Miethke Wien, 1. Dorotheerg. 11, Ausst.-Kat., Galerie H. O. Miethke (Palais Nákó, Wien), 23.11.1910–18.12.1910, Wien 1910.
  • Friedrich Dörnhöffer (Hg.): Internationale Kunstausstellung Rom 1911. Österreichischer Pavillon, Ausst.-Kat., Österreichischer Pavillon (Vigna Cartoni - Valle Giulia, Rom), 27.03.1911–20.12.1911, Wien 1911.
  • Ausstellungs-Kommission der Großen Kunstausstellung Dresden (Hg.): Grosse Kunstausstellung Dresden 1912. Offizieller Katalog, Ausst.-Kat., Städtischer Ausstellungspalast (Dresden), 01.05.1912–15.10.1912, 3. Auflage, Dresden 1912.
  • Művészház (Hg.): Kalauz a Művészház Bund Österreichischer Künstler és Gustav Klimt gyüjteményes kiállitására, Ausst.-Kat., Művészház (Budapest), 08.03.1913–06.04.1913, Budapest 1913.
  • Tobias G. Natter (Hg.): Die Galerie Miethke. Eine Kunsthandlung im Zentrum der Moderne, Ausst.-Kat., Jüdisches Museum Wien (Wien), 19.11.2003–08.02.2004, Wien 2003, S. 82-94, S. 249-256.
  • Heinz Spielmann, Hella Häussler, Rüdiger Joppien: Carl Otto Czeschka. Ein Wiener Künstler in Hamburg. Mit unveröffentlichten Briefen, Göttingen 2019.
  • Ansichtskarte von Gustav Klimt in Wien an Emilie Flöge in Paris, 2. Karte (03/06/1913). Autogr. 959/48-3, Österreichische Nationalbibliothek, Sammlung von Handschriften und alten Drucken.
  • Ansichtskarte von Gustav Klimt in Rom an Maria Ucicka in Wien (03/26/1911). S15/44.
  • Ansichtskarte von Gustav Klimt in Rom an Maria Ucicka in Wien (03/30/1911). S15/45.
  • Ansichtskarte von Gustav Klimt in Wien an Emilie Flöge in Paris, 2. Karte (Morgen) (03/04/1913). Autogr. 959/47-8, Österreichische Nationalbibliothek, Sammlung von Handschriften und alten Drucken.
  • Wiener Zeitung, 01.12.1910, S. 25.
  • Wiener Zeitung, 30.05.1911.
  • Neues Wiener Journal, 02.03.1913, S. 14.
  • Grazer Tagblatt, 02.03.1913, S. 2.
  • Arbeiter-Zeitung (Morgenausgabe), 29.10.1911, S. 11.
  • Ansichtskarte von Gustav Klimt in Rom an Emma Bacher in Wien, DLSTPW16 (03/28/1911), Privatbesitz, courtesy Klimt-Foundation, Wien.
  • Ausstellungs-Kommission der Großen Kunstausstellung Dresden (Hg.): Grosse Kunstausstellung Dresden 1912. Offizieller Katalog, Ausst.-Kat., , 1. Auflage, Dresden 1912.
  • Sandra Tretter, Hans-Peter Wipplinger (Hg.): Gustav Klimt. Jahrhundertkünstler, Ausst.-Kat., Leopold Museum (Museums Quartier, Wien), 22.06.2018–04.11.2018, Wien 2018.
  • R. E.: Klimt in Venedig, in: Wiener Allgemeine Zeitung, 30.04.1910, S. 6-7.
  • Briefentwurf von Friedrich Dörnhöffer in Wien an Karl Wittgenstein (07/11/1911). 1911-677/1, Österreichische Galerie Belvedere, Archiv.
  • Brief von Karl Wittgenstein in Wien an Friedrich Dörnhöffer in Wien (07/24/1911). 1911-677/3, Österreichische Galerie Belvedere, Archiv.
  • Brief von Karl Wittgenstein in Wien an Friedrich Dörnhöffer in Wien (10/12/1911). 1911-869/1, Österreichische Galerie Belvedere, Archiv.
  • Briefentwurf von Friedrich Dörnhoffer in Wien an Karl Wittgenstein in Wien (10/13/1911). 1911-869/2, Österreichische Galerie Belvedere, Archiv.
  • Briefentwurf von Friedrich Dörnhöffer in Wien an Karl Wittgenstein in Wien (12/18/1911). 1911-1014, Österreichische Galerie Belvedere, Archiv.

Zeichnungen

Gustav Klimt: Auf dem rechten Knie aufgestützt sitzender Halbakt, 1909/10, Leopold Museum
© Leopold Museum, Wien

In der Periode 1910 bis 1913 verstärkte sich Klimts Bestreben, im Medium der Zeichnung malerische Details zu erfassen. Während er in seinen Gemälden zunehmend einen offenen, pastosen Duktus einsetzte, entwickelte er auf dem Gebiet der Zeichnung eine beeindruckende Variationsbreite in der Linienführung.

Die Erprobung eines neuen Stils
Klimt entwickelte neue Ideen zunächst auf dem Gebiet der experimentellen Skizze. Im Lauf des prozesshaften Vorgangs des Zeichnens erprobte er im freien Fluss der Linien vor dem jeweiligen Modell neue Möglichkeiten des Ausdrucks. Dadurch gewann die Bleistiftzeichnung als eigenständiges Kunstwerk zunehmend an Bedeutung. Überdies erarbeitete er auch seine Bildideen für das Medium der Malerei zeichnend. Nach dem Höhepunkt der Goldenen Periode erschien das Medium der freien Zeichnung geeignet, neue Bildwirkungen im Sinne eines malerischen Gesamtkonzepts zu erproben.

Eine außergewöhnliche Farbskizze
Im Blatt Auf dem rechten Knie aufgestützt sitzender Halbakt (1909/10, Leopold Museum, Wien, S: 1982: 1947) bot die außergewöhnliche Pose der entspannt Sitzenden für ihn die Möglichkeit, die Erotik des Motivs mit einer raumplastischen Körperstellung zu verbinden. Die Betonung der Umrisslinie, die Klimt wie bei einer haptischen Berührung mehrmals nachzog, umfasst das plastische Volumen. Überzeugend erscheint seine zeichnerische Fähigkeit zur Beschreibung der stofflichen Qualität, beispielsweise beim Haarschopf oder bei den Strümpfen. Dabei verweisen die auf diese Weise halb entblößten Beine auf Schieles Aktzeichnungen. Klimts Neigung zur Betonung von Farbwerten äußert sich in der zweifarbigen Kolorierung des Gewands und des roten Haares anhand von Blau- und Rottönen, wobei er subtil den Akzent auf die roten Lippen der Sitzenden legte, während ihr Schoß im Bildzentrum liegt.

In Studienblättern präsente Damen
Auch in den Vorzeichnungen für die Damenporträts dieser Zeit wird sein markanter Spätstil bemerkbar. Das Blatt Stehende von vorne (1911, Albertina, Wien, S: 1982: 2069), eine der vielen Vorstudien für das Werk Porträt Paula Zuckerkandl (1912, Verbleib unbekannt), besticht durch klar definierte Umrisslinien, die dem Modell ebenso Form und Volumen zuteilwerden lassen wie die kleinteiligere Ausführung in der zuvor erwähnten Studie. Die stehende Figur Zuckerkandls erscheint in leichter Untersicht. Klimts Betonung der Umrisslinie und die sich ringelnden Gewandfalten verleihen ihr den Eindruck der Schwerelosigkeit. Durch die klare Definition verlieh Klimt seiner Porträtierten schon in den Vorzeichnungen immense Präsenz.

Galerie

  • Gustav Klimt: Studie für »Porträt Paula Zuckerkandl«, 1911, Albertina
    © ALBERTINA, Wien
  • Gustav Klimt: Studie für »Porträt Adele Bloch-Bauer II«, 1911, Albertina
    © ALBERTINA, Wien
  • Gustav Klimt: Studie für »Porträt Mäda Primavesi«, 1912/13, Albertina
    © ALBERTINA, Wien

Ähnliches ist auch in den Skizzen und Studien für Porträt Adele Bloch-Bauer II (1912, Privatbesitz) oder Porträt Mäda Primavesi (1913, The Metropolitan Museum of Art, New York) zu erkennen. Die schlanke, gelängte Erscheinung schien bei Bloch-Bauer besonders zu interessieren, wie etwa in der Zeichnung Mit herabhängenden Armen von vorne (1911, Albertina, Wien, S 1980: 2102) unschwer zu erkennen ist. Zudem präsentierte sich Bloch-Bauer im Zuge der Porträtsitzungen in unterschiedlichen Kleidern, was Klimt durch eine gekonnte, reduzierte Linienführung und Andeutung von Ornamentik in seinen Studien meisterlich visualisierte.

Neben diesen Porträts wichtiger Mäzeninnen schuf er auch eine Reihe bemerkenswerter Zeichnungen und Vorstudien von Mäda Primavesi in sitzenden und stehenden Posen. In der Studie Etwas nach links stehend, die Hände in die Hüften gestützt (1912/13, Albertina, Wien, S: 1980: 2125) erfasste er präzise in den flüchtig strichlierten Linien die natürliche Körperhaltung als Ergebnis der momentanen Gemütsverfassung des Modells. Im Gegensatz zu den Studien für Paula Zuckerkandl und Adele Bloch-Bauer reduzierte Klimt hier die Stärke des Bleistiftstriches, wodurch das Jugendliche und Filigrane des Mädchens besondere Betonung erfuhr. Dieses und die weiteren Blätter dieser Zeit beeindrucken als Ergebnis eines ephemeren Seherlebnises und als eigenständige Kunstwerke.

Literatur und Quellen

  • Alice Strobl (Hg.): Gustav Klimt. Die Zeichnungen, Band II, 1904–1912, Salzburg 1982.
  • Marian Bisanz-Prakken (Hg.): Gustav Klimt. Die Zeichnungen, Ausst.-Kat., Albertina (Wien), 14.03.2012–10.06.2012; Getty Center (Los Angeles), 03.07.2012–23.09.2012, München 2012.
  • Ursula Storch (Hg.): Klimt. Die Sammlung des Wien Museums, Ausst.-Kat., Wien Museum (Wien), 16.05.2012–07.10.2012, Wien 2012.
  • Marian Bisanz-Prakken: Klimts zeichnerisches Universum: Grundhaltungen – Seelenstimmungen, in: Tobias G. Natter (Hg.): Gustav Klimt. Sämtliche Gemälde, Wien 2012, S. 370-455.