Wiener Secession

Hotel Victoria, Favoritenstraße 11, 1040 Wien
© Wien Museum

Johann Victor Krämer: Präsident Klimt, 01.03.1898, Albertina, Wien
© ALBERTINA, Wien

Alfred Roller: Brief verfasst von Alfred Roller an den Ausschuss der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens, unterzeichnet von Gustav Klimt, Carl Moll, Rudolf Bacher, Ernst Stöhr, Johann Victor Krämer, Joseph Maria Olbrich, u.a., 24.05.1897, Künstlerhaus-Archiv, Wien
© WStLA

Die Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession wurde 1897 von Künstlern um Gustav Klimt gegründet und hatte ihre Blütezeit als Impulsgeber der Wiener Moderne bis zum Austritt der Klimt-Gruppe 1905. Die Zeitschrift Ver Sacrum diente als offizielles Organ, und im eigens errichteten Gebäude fanden ab 1898 Ausstellungen statt.

Die Kunstwelt Europas war seit den frühen 1890er-Jahren geprägt von Reformbestrebungen, die sich besonders in England, Frankreich, Belgien, Holland und Deutschland vollzogen. Der Wunsch nach Erneuerung der Kunst führte zu Secessionsgründungen in Düsseldorf und München, und die aufsprießenden Ideen der Moderne verbreiteten sich über Kunstzeitschriften wie The Studio, Pan und Jugend.

Gründung der Wiener Secession
Innerhalb der traditionsreichen Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens (kurz: Künstlerhaus) gab es bereits Mitte der 1890er-Jahre Spannungen, die spätestens im Herbst 1896 zur Bildung einer Keimzelle von bildenden Künstlern führten. Darunter waren auch Künstler, die den losen, stammtischartigen Verbindungen der sogenannten Hagengesellschaft und des Siebener-Clubs angehörten und sich im Hotel Victoria trafen. Laut Ludwig Hevesis Geleitwort zu Berta Zuckerkandls 1908 publiziertem Band Zeitkunst wurde die Idee der Secessionsgründung im Salon Zuckerkandl geboren, wo Gustav Klimt, Carl Moll, Alfred Roller, Hermann Bahr u.a. häufige Gäste waren. Sie wollten ihre Ziele unabhängig und als eigene Vereinigung verfolgen und setzten nach einigen Besprechungen ein »vorbereitendes Comité« ein, in das Klimt, Rudolf Bacher, Wilhelm Bernatzik, Josef Engelhart, Moll, Kolo Moser, Anton Nowak und Roller entsandt wurden. Das Komitee erhielt den Auftrag, einen Bauplatz für das Ausstellungsgebäude zu suchen, Vereinsstatuten und eine Geschäftsordnung für die Veranstaltung von Ausstellungen zu entwerfen, die Finanzierung zu sichern und generell alle Voraussetzungen für die Gründung zu schaffen.

Die Konstituierung der Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession erfolgte schließlich am 3. April 1897. Zu den bekanntesten Gründungsmitgliedern zählten neben Klimt auch Kolo Moser und Joseph Maria Olbrich. Die Secessionisten wählten Klimt zum ersten Präsidenten, Moll zum Vizepräsidenten und den bereits 85-jährigen Rudolf von Alt zum Ehrenpräsidenten; zudem gab es einen Arbeitsausschuss zur Planung des Ausstellungshauses.

Die Secessionisten setzten die Genossenschaft am 5. April über die Konstitution, Beweggründe und Ziele ihrer Vereinigung in Kenntnis und informierten gleichzeitig die Tageszeitungen über die Gründung. Missverständnisse und Konflikte führten am 22. Mai bei der außerordentlichen Generalversammlung des Künstlerhauses zu einer heftigen Auseinandersetzung. Es folgte der Austritt einiger Mitglieder um Klimt, den diese in ihrem Austrittsschreiben am 24. Mai 1897 bekannt gaben und somit endgültig mit der Genossenschaft brachen.

Dieser Abspaltung waren zahlreiche Konflikte vorausgegangen. Kritisiert wurden dabei vor allem die Ausstellungspolitik, die fehlende Internationalität und zu starke Marktorientierung der teilweise überladenen Künstlerhausausstellungen sowie die aufwendigen Festivitäten. Auch die »Affäre« um Josef Engelharts naturalistischen Frauenakt Die Kirschpflückerin (1893, im Zweiten Weltkrieg zerstört), die zurückgewiesen und erst nach Engelharts Einspruch 1894 im Künstlerhaus ausgestellt wurde, wird öfters als Grund genannt.

Die Secession wendete sich gegen die konservativen historisierenden Strömungen an den Kunstakademien und sah sich als Interessenvertretung moderner Künstler. Bis Juli 1898 gehörten der Vereinigung rund 50 ordentliche Mitglieder an, die sich nun konkurrierend zum Künstlerhaus präsentierten. Sie traten vor allem für die »Neubelebung des Wiener Kunsttreibens«, die Vermittlung internationaler Kunst und die Freiheit des künstlerischen Schaffens ein. Im Fokus stand dabei das Gesamtkunstwerk, bei dem das Kunsthandwerk neben den Kunstgattungen Malerei, Bildhauerei und Architektur eine gleichberechtigte Rolle erhalten sollte.

Die Secession hielt ihre Tätigkeiten, Ausstellungshöhepunkte, Rechnungsberichte, Statuten, Geschäftsordnungen und Mitgliederverzeichnisse in Jahresberichten fest. Die Präsidentenwahl erfolgte jährlich, und die Vereinigung organisierte sich aufgrund der umfangreichen Agenden neben einem Arbeitsausschuss, dem die Ausstellungsorganisation oblag, in einzelnen Komitees: dem »Presscomité«, dem »Redactions-Comité« für die Vereinszeitschrift Ver Sacrum und dem »Decorations-Comité« für die Raumgestaltung der Ausstellungen. Zudem war die Secession bemüht, eine Corporate Identity zu finden, was sich unter anderem in der Durchgestaltung von Briefpapier, Plakaten, Ausstellungskatalogen und der Vereinszeitschrift äußerte.

Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession (Hg.): Ver Sacrum. Organ der Vereinigung bildender Künstler Österreichs, 1. Jg., Heft 5/6 (1898).
© Klimt-Foundation, Wien

Ver Sacrum
Die Interessensvertretung moderner Künstler beschloss in der Generalversammlung am 21. Juli 1897, ihre programmatischen Ideen im Vereinsorgan Ver Sacrum zu veröffentlichen. Dazu wurde im August 1897 ein Vertrag mit dem Verlag Gerlach & Schenk abgeschlossen. Wie die Neue Freie Presse am 19. November 1897 berichtete, war das Ziel der illustrierten Kunstzeitschrift nicht nur,

»den Künstlern Gelegenheit zur Bethätigung [!] außerhalb der Ausstellung [zu] geben, sondern auch dem österreichischen wie dem Publicum des Auslandes intimere Kenntniß [!] von unserem Kunstleben [zu] vermitteln«.

Das erste Heft wurde im Jänner 1898 veröffentlicht, für dessen Redaktion Alfred Roller zuständig war. Im literarischen Beirat waren Hermann Bahr und Max Burckhard. Letzterer verfasste im ersten Heft ein Eröffnungsessay, in dem er die Namenswahl der Vereinigung mit dem römischen Brauch der »secessio plebis« – dem Ausmarsch des einfachen Volkes, einer Machtdemonstration zur Umsetzung politischer Forderungen gegenüber den Patriziern – erklärte. Weiters erläuterte er den Zeitschriftentitel Ver Sacrum: Der »Heilige Frühling« verweist ebenfalls auf eine römische Tradition, bei der die im Frühling Geborenen, sobald sie herangewachsen waren, »in die Fremde ziehen mussten, um ein neues Gemeinwesen zu gründen aus eigener Kraft, mit eigenen Zielen«. Im Einleitungsartikel Weshalb wir eine Zeitschrift herausgeben postulierte die Vereinigung zudem ihren

»[…] Aufruf an den Kunstsinn der Bevölkerung […], zur Anregung, Förderung und Verbreitung künstlerischen Lebens und künstlerischer Selbständigkeit«.

Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession (Hg.): Ver Sacrum. Organ der Vereinigung bildender Künstler Österreichs, 1. Jg., Heft 1 (1898).
© Klimt-Foundation, Wien

Vereinigung bildender KünstlerInnen Wiener Secession (Hg.): Ver Sacrum. Mitteilungen der Vereinigung bildender Künstler Österreichs, 5. Jg., Heft 11 (1902).
© Klimt-Foundation, Wien

Ver Sacrum erschien zwischen 1898 und 1903 in sechs Jahrgängen, wobei die Hefte anfangs monatlich herausgegeben wurden. Der Untertitel Organ der Vereinigung bildender Künstler Österreichs änderte sich ab 1899 mit dem neuen Verlag E. A. Seemann zu Zeitschrift der Vereinigung bildender Künstler Österreichs. Den dritten Jahrgang übernahm die Vereinigung ab 1900 im Selbstverlag. Im Zuge dessen wurde der Untertitel in Mitteilungen der Vereinigung bildender Künstler Österreichs umbenannt, und die Zeitschrift erschien nun zweimal monatlich.

Ver Sacrum avancierte nicht nur aufgrund der programmatischen Inhalte zu einem der bedeutendsten Kunstmagazine der Zeit. Das Konzept des Gesamtkunstwerks setzte sich auch in der neuartigen Verbindung von Literatur, bildender Kunst und Musik fort. Die Hefte umfassten meist Reproduktionen von Kunstwerken, Ausstellungseinblicken, Originalgrafiken und Buchschmuck. Dabei spiegelte das innovative Arrangement von Bild- und Textelementen der kunsttheoretischen Artikel, Gedichte, Beiträge über Künstler, Ausstellungen und Literatur die Formensprache des Jugendstils und der aufblühenden Wiener Flächenkunst. Die grafische Gestaltung wirkte bahnbrechend für die österreichische Buchkunst.

Joseph Maria Olbrich: Erste Skizze zum Haus der Wiener Secession, 1897, Staatliche Museen zu Berlin, Kunstbibliothek
© Staatliche Museen zu Berlin, Kunstbibliothek

Secession mit Naschmarkt und Akademie der bildenden Künste
© Klimt-Foundation, Wien

»Das Haus der Secession«
Die Planung eines eigenen Ausstellungsgebäudes begann bereits vor der offiziellen Secessionsgründung, als der Architekt Joseph Maria Olbrich die Einreichpläne für das Bauvorhaben vorbereitete, die dem Wiener Gemeinderat im März 1897 vorgelegt wurden. Nach längeren Verhandlungen bezüglich des Bauplatzes genehmigte die Gemeinde am 17. November 1897 das Grundstück hinter der Akademie der bildenden Künste an der Linken Wienzeile (heute Friedrichstraße) nahe des Naschmarkts. Am 27. April 1898 erfolgte die Grundsteinlegung, und unter der Leitung von Olbrich beteiligten sich auch Adolf Böhm, Josef Hoffmann, Kolo Moser und Othmar Schimkowitz an der Gestaltung des bis November 1898 fertiggestellten Hauses.

Der Kunsttempel mit der Kuppel aus vergoldeten Lorbeerblättern – auch bekannt als »goldenes Krauthappl« – zählt zu den Schlüsselbauten der Wiener Moderne. Ludwig Hevesi berichtete in Acht Jahre Sezession über den Leitspruch der Secession an der weißen Fassade:

»Auch goldene Schriftzeichen sind da, zum Buchstabieren und Deuten. Die Schrift über der Türe: ›DER ZEIT IHRE KVNST. DER KVNST IHRE FREIHEIT‹ […] Die Künstler wählten diese Überschrift aus einer Anzahl Varianten, die ich auf ihren Wunsch formuliert hatte.«

In der Jänner-Ausgabe 1899 des Ver Sacrum erklärten die Secessionisten den Zweck des Ausstellungspavillons: »[…] mit den einfachsten Mitteln einen brauchbaren Rahmen für die Thätigkeit einer modernen Künstlervereinigung abzugeben.« Die Ausstellungsräume sollten in einer Ebene liegen, geräumig sein, durch Heiz- und Lüftungsanlagen angenehm temperiert und im Hauptsaal über ein Glasdach gleichmäßig ausgeleuchtet werden. Über die ganze Fläche des Hauptsaals verschiebbare Trennwände erlaubten die flexible Raumteilung der Ausstellungssäle, die für die Ausstellungen individuell angepasst werden konnten. Zimmer mit Seitenlicht waren für Raumkunstausstellungen vorgesehen, und das »Kunstheim« beherbergte weiters einen Empfangsraum, ein Sitzungszimmer, Dienerwohnungen, Depots und Räume für den administrativen Betrieb und die Redaktion der Vereinszeitschrift.

Galerie

  • Wiener Secession, um 1898, in: Wiener Bauindustrie-Zeitung und Wiener Bauten-Album, 17. Jg., Band 1 (1899/1900).
    © ANNO | Österreichische Nationalbibliothek
  • Wiener Secession, Seitenansicht, um 1898, in: Wiener Bauindustrie-Zeitung und Wiener Bauten-Album, 17. Jg., Band 1 (1899/1900).
    © ANNO | Österreichische Nationalbibliothek
  • Wiener Secession, Rückansicht, um 1898, in: Wiener Bauindustrie-Zeitung und Wiener Bauten-Album, 17. Jg., Band 1 (1899/1900).
    © ANNO | Österreichische Nationalbibliothek

Empfangsraum der I. Kunst-Ausstellung der Vereinigung bildender Künstler Österreichs in den Blumensälen der k. k. Gartenbaugesellschaft, 1898, in: Der Architekt. Wiener Monatshefte für Bau- und Raumkunst, 4. Jg. (1898).
© Klimt-Foundation, Wien

Gustav Klimt: Plakatentwurf für die I. Secessionsausstellung, unzensierte Version, 1898, Klimt-Foundation, Wien
© Klimt-Foundation, Wien

Ausstellungen
Da die Secession zu Beginn noch kein eigenes Ausstellungsgebäude zur Verfügung hatte, fand die »I. Kunst-Ausstellung der Vereinigung bildender Künstler Österreichs« in den angemieteten und adaptierten Blumensälen der k. k. Gartenbaugesellschaft am Parkring statt. Die Ausstellungsarchitektur gestalteten Hoffmann und Olbrich unter Mithilfe des »Decorations-Comités«. Die erste Ausstellung eröffnete am 25. März 1898. Im selbst verlegten Ausstellungskatalog hieß es im Vorwort, die Secession machte

»zum ersten Male in Wien den Versuch, dem Publicum eine Elite-Ausstellung specifisch moderner Kunstwerke zu bieten. Die Absicht, kleine gewählte Ausstellungen zu veranstalten, war einer der leitenden Gedanken bei Begründung unserer neuen Vereinigung.«

Die Secession wollte »ein Bild der modernen Kunst des Auslandes« bieten, und auch das »künstlerische Arrangement« der Ausstellung sollte »für Wien bahnbrechend wirken«. Zwar sorgte die Zensur des Ausstellungsplakats – in dem der nackte Theseus gegen Minotaurus kämpft – für einen kleinen Skandal, am Vormittag des 5. Aprils 1898 besuchte jedoch sogar Kaiser Franz Joseph I. die Ausstellung. Er sprach seine Anerkennung für die interessante Präsentation aus, in der neben Österreichern auch internationale Künstler wie Auguste Rodin, Fernand Khnopff, Giovanni Segantini und Constantin Meunier vertreten waren. Die Zeitungsberichte über den Kaiserbesuch räumten der Secession ihren wichtigen Stellenwert neben dem Künstlerhaus ein. Die Ausstellung war zudem ein großer finanzieller Erfolg durch die staatlichen Kunstankäufe des k. k. Ministeriums für Cultus und Unterricht und einige Privatankäufe.

Die II. Ausstellung konnte im November 1898 bereits im eigenen Haus eröffnet werden, das ausschließlich der Präsentation von Kunstwerken dienen sollte. Die Secession wollte sich mit ihrem Programm und der reduzierten Ausstellungsarchitektur von der Genossenschaft abheben, die für ihre aufwendigen Feste bekannt war und oft überladene Ausstellungen mit »Schaubudencharakter« ausrichtete. Hermann Bahr kritisierte zudem die Profitorientiertheit des Künstlerhauses und schrieb im Ver Sacrum: »Geschäft oder Kunst […] das ist die Frage unserer Secession« und nutzte die ideologische Opposition zwischen Kunst und Kommerz geschickt zur öffentlichen Positionierung.

Die III. Ausstellung mit Max Klingers Monumentalgemälde Christus im Olymp war 1899 besonders aufsehenerregend, für mehr Skandale sorgten jedoch die in der Secession ausgestellten Fakultätsbilder Gustav Klimts: Philosophie (1900), Medizin (1901) und Jurisprudenz (1903). Zu den wichtigsten Ausstellungen zählten die VI. Ausstellung (1900) mit japanischer Kunst, die VIII. Ausstellung (1900), die europäisches Kunstgewerbe zeigte, eine Gedächtnisausstellung für Giovanni Segantini (1901), die Beteiligung an der Deutschnationalen Kunstausstellung in Düsseldorf (1902) und die XIV. Ausstellung (1902), für die Klimt den Beethovenfries schuf. Besonders erwähnenswert waren auch die »Kollektiv-Ausstellung Gustav Klimt« (1903/1904) und die XIX. Ausstellung (1904) mit den richtungsweisenden Werken Ferdinand Hodlers.

Galerie

  • Einblick in die X. Secessionsausstellung, März 1901 - Mai 1901, in: Die Kunst für Alle. Malerei, Plastik, Graphik, Architektur, 16. Jg. (1900/01).
    © Universitätsbibliothek Heidelberg
  • Moriz Nähr: Gustav Klimt mit den beteiligten Künstlern der XIV. Secessionsausstellung, April 1902, Klimt-Foundation
    © Klimt-Foundation, Wien
  • Moriz Nähr: Einblick in die XIV. Secessionsausstellung, April 1902 - Juni 1902, Österreichische Nationalbibliothek, Bildarchiv und Grafiksammlung, aus dem Nachlass von Moriz Nähr
    © Bildarchiv und Grafiksammlung, Österreichische Nationalbibliothek
  • Moriz Nähr: Einblick in die XVIII. Secessionsausstellung, November 1903 - Januar 1904, Österreichische Nationalbibliothek, Bildarchiv und Grafiksammlung
    © Bildarchiv und Grafiksammlung, Österreichische Nationalbibliothek

Julius Scherb (?): Einblick in die Gedächtnisausstellung 1928, Juni 1928 - August 1928, Österreichische Nationalbibliothek, Bildarchiv und Grafiksammlung
© Bildarchiv und Grafiksammlung, Österreichische Nationalbibliothek

Plakat der Gustav Klimt-Gedächtnisausstellung, 1943, Privatbesitz
© Klimt-Foundation, Wien

Austritt der Klimt-Gruppe
Nach der Gründung der Wiener Werkstätte durch Hoffmann, Moll und den Unternehmer Fritz Waerndorfer im Jahr 1903 führten vor allem die Diskussion über die Teilnahme an der Weltausstellung in St. Louis (1904) zu Differenzen innerhalb der Vereinigung. Auch die Idee, dass Secessionsmitglieder ihre Kunst in der Galerie Miethke präsentieren könnten bzw. Carl Molls Rolle in der Secession und zugleich als »künstlerischer Ratgeber« der von Paul Bacher erworbenen Galerie Miethke führten zu Interessenkonflikten. Zudem bildeten sich zwei künstlerische Lager, die »Stilisten« um Klimt und die auch naturalistischer Flügel genannten »Impressionisten« um Engelhart, Rudolf Bacher und Ferdinand König. Dabei handelte es sich weniger um Anhänger klar abgrenzbarer Kunstrichtungen als um Personengruppen, die sich spalteten.

Nachdem Carl Moll aufgrund seiner Funktion in der Galerie Miethke austrat, löste sich 1905 schließlich auch die sogenannte »Klimt-Gruppe« mit Moser, Hoffmann, Wagner, Roller, Bernatzik und weiteren Künstlern aus der Vereinigung. Zahlreiche Zeitungen und Kunstzeitschriften berichteten von einer Session der Secession, und auch einige ausländische und »correspondierende« Mitglieder wie Ferdinand Hodler folgten dem Austritt. Die Secession verlor ohne die treibende künstlerische Kraft von Klimt rasch an Bedeutung.

Kriegszeit und Wiederaufbau
Mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs wurde das Gebäude der Secession bis 1917 als »Reservespital des Roten Kreuzes Secession« genutzt. Zehn Jahre nach Klimts Tod organisierten u.a. Anton Hanak, Josef Hoffmann, Berta Zuckerkandl und Carl Moll eine Klimt-Gedächtnis-Ausstellung, die im Sommer 1928 mit über 75 Werken in den Räumlichkeiten der Secession stattfand. Im Herbst 1939 wurde die Secession in die nunmehr Gesellschaft bildender Künstler Wiens, Künstlerhaus genannte Vereinigung integriert. Möglicherweise um an erfolgreichere Zeiten anzuknüpfen, vereinnahmte die Institution das Gedächtnis an Klimt, und der Wiener Reichsstatthalter veranstaltete 1943 zu dessen 80. Geburtstagsjubiläum eine große Gedächtnisausstellung im »Ausstellungshaus Friedrichstraße«. Das Gebäude diente während des Krieges zudem als Getreidespeicher und Reifenlager und wurde 1945 durch einen Bombenangriff und Brand bis auf die Grundmauern zerstört. Nach Kriegsende wurde die Vereinigung bildender Künstler Wiener Secession neu gegründet und das Gebäude wiederaufgebaut.

Literatur und Quellen

  • N. N.: Vereinigung bildender Künstler Österreichs, in: Das Vaterland. Zeitung für die österreichische Monarchie, 06.04.1897, S. 6.
  • F.M.M.: Wiener Brief, in: Innsbrucker Nachrichten, 07.04.1897, S. 4-5.
  • Hermann Bahr: Unsere Secession, in: Die Zeit, 29.05.1897, S. 139-140.
  • N. N.: Der Pavillon der Secessionisten, in: Neue Freie Presse, 19.11.1897, S. 5.
  • N. N.: Der Kaiser in der Secessionisten-Ausstellung, in: Das Vaterland. Zeitung für die österreichische Monarchie, 05.04.1898, S. 3.
  • N. N.: Staatliche Kunstankäufe, in: Wiener Zeitung, 04.06.1898, S. 4.
  • N. N.: Staatliche Kunstankäufe, in: Wiener Zeitung, 01.06.1898, S. 7.
  • N. N.: Staatliche Kunstankäufe, in: Wiener Zeitung, 15.06.1898, S. 3.
  • Richard Muther: Wiener Ausstellungen, in: Die Zeit, 24.03.1900, S. 185.
  • Hermann Bahr: Secession, Wien 1900.
  • Ludwig Hevesi: Acht Jahre Sezession (März 1897–Juni 1905). Kritik – Polemik – Chronik, Wien 1906.
  • Robert Weissenberger: Die Wiener Secession, Wien 1971.
  • Oskar Pausch: Gründung und Baugeschichte der Wiener Secession, Wien 2006.
  • Marian Bisanz-Prakken (Hg.): Heiliger Frühling. Gustav Klimt und die Anfänge der Wiener Secession 1895–1905, Ausst.-Kat., Albertina (Wien), 16.10.1998–10.01.1999, Wien 1999.
  • Christian Huemer: Jahrmarktbude oder Musentempel? Das Wiener Künstlerhaus und der Kunsthandel, in: Peter Bogner, Richard Kurdiovsky, Johannes Stoll (Hg.): Das Wiener Künstlerhaus. Kunst und Institution, Wien 2015, S. 267–275.
  • Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession (Hg.): Ver Sacrum. Organ der Vereinigung bildender Künstler Österreichs, 1. Jg., Heft 1 (1898), S. 1-2, S. 10-15.
  • Ludwig Hevesi: Zum Geleit, in: Berta Zuckerkandl (Hg.): Zeitkunst. Wien 1901–1907, Wien 1908.
  • Adolph Lehmann's allgemeiner Wohnungs-Anzeiger. Nebst Handels- u. Gewerbe-Adressbuch für d. k. k. Reichshaupt- u. Residenzstadt Wien u. Umgebung, 40. Jg., Band 1 (1898), S. 260.
  • Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession (Hg.): Erster Jahresbericht der Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession, Wien 1899.
  • Friedrich Achleitner (Hg.): Secession. Die Architektur, Wien 2003.
  • Oskar Pausch: Kolo Moser und die Gründung der Secession, in: Rudolf Leopold, Gerd Pichler (Hg.): Koloman Moser 1868−1918, Ausst.-Kat., Leopold Museum (Museums Quartier, Wien), 25.05.2007–10.09.2007, München 2007, S. 58-61.
  • N. N.: Der Bruch in der Wiener Sezession, in: Kunstchronik. Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe, N.F., 16. Jg., Heft 29 (1904/05), Spalte 454-455.
  • N. N.: Die Spaltung in der Wiener Sezession, in: Die Werkstatt der Kunst. Organ für die Interessen der bildenden Künstler, 4. Jg., Heft 39 (1905), S. 530-531.
  • Ludwig Hevesi: Der Bruch in der Sezession, in: Kunst und Kunsthandwerk. Monatsschrift des k. k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie, 8. Jg., Heft 7-8 (1905), S. 424-429.
  • Gustav Schoenaich: Die Münchener Secession in Wien, in: Die Kunst für Alle. Malerei, Plastik, Graphik, Architektur, 10. Jg., Heft 8 (1894/95), S. 119-120.
  • Brief verfasst von Alfred Roller an den Ausschuss der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens, unterzeichnet von Gustav Klimt, Carl Moll, Rudolf Bacher, Ernst Stöhr, Johann Victor Krämer, Joseph Maria Olbrich, u.a., Austrittsgesuch (05/24/1897). Mappe Gustav Klimt, Künstlerhaus-Archiv, Wien.
  • Brief von Alfred Roller in Wien an Gustav Klimt in Wien (04/19/1898). GKA46.
  • Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession (Hg.): Ver Sacrum. Zeitschrift der Vereinigung bildender Künstler Österreichs, 2. Jg., Heft 1 (1899), S. 6-7.
  • Horst-Herbert Kossatz: Der Austritt der Klimt-Gruppe. Eine Pressenachschau, in: Alte und moderne Kunst. Österreichische Zeitschrift für Kunst, Kunsthandwerk und Wohnkultur, 20. Jg., Heft 141 (1975), S. 23-26.
  • Bernhard Denscher: Zensurfall Klimt. Austrian Posters. Beiträge zur Geschichte der visuellen Kommunikation. www.austrianposters.at/2018/04/14/zensurfall-gustav-klimt/ (01.09.2022).