Karl Kraus

Karl Kraus fotografiert von Madame d'Ora, 1908, Österreichische Nationalbibliothek, Wien
© Bildarchiv und Grafiksammlung, Österreichische Nationalbibliothek

Karl Kraus und Peter Altenberg am Lido, 1913, Wien Museum
© Wien Museum

Cover, in: Die Fackel, 1. Jg., Heft 1 (1899).
© Universitätsbibliothek Heidelberg

Der Publizist, Dramatiker, Lyriker, Satiriker und Kulturkritiker Karl Kraus war mit seiner sozial- und kulturkritischen Zeitschrift Die Fackel ein bedeutender Charakter seiner Zeit. 1900 sprach er sich gegen die Fakul­täts­bil­der aus und positionierte sich damit klar gegen Gustav Klimts.

Karl Kraus wurde als neuntes Kind eines Papierfabrikanten in Böhmen geboren. 1877 zog die jüdische Familie nach Wien, wo er ab 1892 Rechtswissenschaften studierte. Nach zwei Jahren wechselte er auf Philosophie und Germanistik, schloss jedoch nie seine Studien ab.

Kontakt und Bruch mit dem Wiener Literatenkreis

Schon als junger Student suchte Kraus Kontakt zur Literaturszene. In den 1890er Jahren besuchte er regelmäßig in der Wiener Innenstadt das Café Griensteidl - seinerzeit ein wichtiger Treffpunkt namhafter Schriftsteller und Autoren, wie Hermann Bahr, Hugo von Hofmannsthal, Felix Salten, Arthur Schnitzer und Peter Altenberg. In dieser Zeit schloss Kraus sich dem Literatenkreis Jung-Wien an, distanzierte sich jedoch einige Jahre später demonstrativ von diesem mit seiner ersten umfangreicheren Satire gegen das literarische Cliquenwesen Die demolirte Literatur wieder. 

Streitschrift eines Sprachkünstlers 
Kraus begann schon bald in Wien als Tagesschriftsteller zu arbeiten und verfasste unter anderem als Korrespondent zahlreiche Artikel und Rezensionen für Zeitschriften im deutschsprachigen Raum. Im Alter von 25 Jahren gründete er schließlich seine eigene Zeitschrift: Die Fackel. Sie erschien vom 1. April 1899 bis Juli 1904 regelmäßig und dann bis zu seinem Tod in lockerer Folge in über 900 Nummern. Die Fackel avancierte in der Zeit zu einem wichtigen Medium und Forum der kritischen Wiener Moderne. 

Kritik an Secession und Klimt
In seiner Zeitschrift sollte Kraus auch mehrmals seine Ablehnung der Kunst der Wiener Secession zum Ausdruck bringen. 1900 beschrieb er in einer Ausgabe den »Umschwung im Wiener Kunstgeschmack« wie folgt:

»Hatten früher Leute, die Makart bewunderten, die Werke des Makart-Imitators Klimt gekauft, so mussten sie jetzt, um die Bilder des Khnopff-Imitators Klimt zu kaufen, erst zur Khnopff Bewunderung erzogen werden; und wer würde sich von Herrn Klimt in pointillistischer Technik porträtieren lassen wollen, ehe er nicht wüsste, wie hoch in Westeuropa die Bilder der Pointillistien bezahlt werden […].«

Weiters wetterte er 1900 und 1903 gegen die umstrittenen Fakultätsbilder Klimts.

»Aber wen interessiert’s wie Herr Klimt sich die Philosophie vorstellt? Ein unphilosophischer Künstler mag wohl die Philosophie malen; allegorisieren muss er sie so, wie sie sich in den philosophischen Köpfen seiner Zeit malt.«

Kraus bezeichnete Klimt darüber hinaus als »Stileklektiker« und auch als »Repräsentanten einer Verfallszeit wahrer Kunst, die statt Individualitäten nur mehr interessante Individuen hervorbringt.«

Die letzten Tage der Menschheit
Im Gegensatz zu vielen anderen war Kraus ein entschiedener Gegner des Ersten Weltkriegs. Seinem Pazifismus verlieh er im Antikriegsdrama Die letzten Tage der Menschheit Ausdruck, das als sein bedeutendstes Werk gilt.

Auch in der ersten Republik nutzte Kraus seinen literarischen Einfluss um Bewusstsein für die Bedrohung durch den Nationalsozialismus zu schaffen und dagegen anzukämpfen. Seine 300 Seiten umfassende Analyse der nationalsozialistischen Machtergreifung in Deutschland, Dritte Walpurgisnacht, hielt er jedoch zurück. Diese wurde erst nach seinem Tod veröffentlicht.

Nachruf auf den vielumstrittenen »Fackel=Kraus«
Im Frühsommer 1936 starb der wortgewandte Schriftsteller mit 62 Jahren in Wien. Obwohl er zeitlebens mit der Presse die Konfrontation suchte, würdigte diese durchaus sein Wirken als streitbaren Sozial- und Kulturkritiker, Wortkünstler und Vorleser. So schrieb Der Tag am 13. Juni 1936:

»Karl Kraus hat viel geirrt und manchen erschlagen oder erschlagen wollen, der es nicht verdient hat. […] Immer aber reagierte er mit seinem ganzen Temperament. […] In den Pausen des Hasses und des Kampfes aber war er positiv und fruchtbar.«

Seine Beerdigung fand schon wenige Tage nach seinem Tod am Wiener Zentralfriedhof statt und sollte seinem letzten Willen entsprechend ohne jede Zeremonie stattfinden:

»Nur weil mein leben [!] so wenig eine Familienangelegenheit sein sollte, wie es mein Leben - der Arbeit wegen-sein musste, bitte ich meine Verwandten, meiner Bestattung (Beerdigung) fernzubleiben. Dass es eine Privatangelegenheit sei, die auch andere fernhält, kann ich nur wünschen, nicht sichern. Ich danke allen lieben Freunden, den bekannten und den unbekannten.«

Ein Großteil seines Nachlasses – das Karl Kraus-Archiv – befindet sich heute in der Wienbibliothek im Wiener Rathaus.

Literatur und Quellen

  • Wien Geschichte Wiki. Karl Kraus. www.geschichtewiki.wien.gv.at/Karl_Kraus (04.03.2024).
  • Österreichisches Biographisches Lexikon. Karl Kraus. www.biographien.ac.at/oebl/oebl_K/Kraus_Karl_1874_1936.xml (27.03.2020).
  • Karl Kraus: Klimt, in: Die Fackel, 1. Jg., Heft 36 (1900), S. 16-20.
  • Karl Kraus: Klimt’s »Jurisprudenz«, in: Die Fackel, 5. Jg., Heft 147 (1903), S. 10.
  • Konstanze Fliedl, Marina Rauchenbacher, Joanna Wolf (Hg.): Handbuch der Kunstzitate: Malerei, Skulptur, Fotografie in der deutschsprachigen Literatur der Moderne, Band 1, Boston 2011, S. 465-467.
  • Die Fackel. fackel.oeaw.ac.at/ (26.11.2021).
  • Eigenhändiges Testament von Karl Kraus, verfasst am 27. und 28. August 1935. WStLA, Hauptarchiv-Akten, Persönlichkeiten, A1: K12 Karl Kraus, Fol. 4r.
  • Der Tag, 13.06.1936, S. 5.
  • Katharina Prager, Simon Ganahl (Hg.): Karl Kraus Handbuch. Leben - Werk - Wirkung, Wien 2022.