Arthur Schnitzler

Arthur Schnitzler fotografiert von Madame d'Ora, 1915, Theatermuseum, Wien
© KHM-Museumsverband

Die Gruppe »Jung-Wien«: stehend Richard Beer-Hofmann und Hermann Bahr, sitzend Hugo von Hoffmannsthal und Arthur Schnitzler fotografiert von Anna Krieger, um 1895, Österreichische Nationalbibliothek, Wien
© Bildarchiv und Grafiksammlung, Österreichische Nationalbibliothek

Premiere-Zettel von Arthur Schnitzlers »Reigen« in den Kammerspielen des Deutschen Volkstheaters, Wien, 01.02.1921, Theatermuseum, Wien
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Arthur Schnitzler zählte zu den wichtigsten österreichischen Schriftstellern um die Jahrhundertwende. In seinem literarischen Werk behandelte er soziale sowie politische Missstände seiner Zeit, wie das Aufkommen des Antisemitismus und den gesellschaftlichen Umbruch in Folge des Zusammenbruchs des Habsburgerreichs. Mit dem von ihm bewunderten Gustav Klimt verband ihn ein freundschaftliches Verhältnis.

Am 15. Mai 1862 wurde Arthur Schnitzler in eine assimilierte jüdische Familie als Sohn des Kehlkopfspezialisten Johann Schnitzler und der Arzttochter Luise, geb. Markbreiter, in Wien geboren. Wie schon sein Vater und Großvater studierte er Medizin in Wien und arbeitete anschließend als Arzt im Wiener Allgemeinen Krankenhaus. Bereits in jungen Jahren hatte Schnitzler auch Interesse an Kunst und Literatur bekundet, es wurde ihm jedoch nie ermöglicht dieses aktiv zu verfolgen.

Ein Mediziner als Schriftsteller
Um 1890 begegnete er im Café Griensteidl dem Literatenkreis Jung-Wien, der von Hermann Bahr gefördert wurde. Richard Beer-Hofmann zählte ebenso zu seinen Freunden wie Hugo von Hofmannsthal und Felix Salten. Diese Kontakte führten dazu, dass Schnitzler vermehrt seiner Tätigkeit als Autor nachging. Nachdem er bereits als Redakteur für die von seinem Vater gegründete Internationale Klinische Rundschau tätig gewesen war, publizierte er 1892 den Einakter-Zyklus Anatol sowie diverse Gedichte und Prosa. Bedingt durch seine Tätigkeit als Arzt war die Psychoanalytik wichtiger Bestandteil seiner literarischen Schöpfungen. Vor allem Sigmund Freuds Traumdeutung (1900) – den Schnitzler bereits seit 1885 persönlich kannte – stellte für den Autor eine wichtige Inspirationsquelle dar.

Nach dem Tod des Vaters 1893 und der Eröffnung einer privaten Praxis löste sich der jahrelange Konflikt zwischen medizinischer und literarischer Tätigkeit.

Der Durchbruch gelang Schnitzler 1895 als der Verlag S. Fischer seine Agenden übernahm und das Schauspiel Liebelei am Wiener Burgtheater uraufgeführt wurde. Schnitzlers Werke, die der Wiener Gesellschaft einen brutal ehrlichen Spiegel vorhielten, erregten jedoch auch viel Unmut. In der Weihnachtsbeilage der Neuen Freien Presse 1900 publizierte Schnitzler seine Monolognovelle Leutnant Gustl, in der er das k. k. Militär offen kritisierte, woraufhin ihm der Offiziersrang aberkannt wurde. Der 1897 publizierte Zyklus Reigen fiel der Zensur zum Opfer. Als das Stück Jahre später 1920 in Berlin und 1921 Wien aufgeführt wurde, kam es zu diversen antisemitischen Störaktionen. In Berlin wurde Schnitzler sogar der Prozess wegen Verletzung des Sittenrechts gemacht. Der Autor selbst veranlasste daraufhin ein Aufführungsverbot, das bis 1982 aufrecht bleiben sollte. Trotz der herben Kritiken und Anfeindungen erhielt Schnitzler 1899 den Bauernfeldpreis und avancierte zum berühmtesten Dramatiker Österreichs. Mit Aufkommen des politischen Antisemitismus hatte Schnitzler jedoch zunehmend mit Anfeindungen zu kämpfen. In seinem Roman Der Weg ins Freie (1907) thematisierte er die prekäre Situation des assimilierten Wiener Judentums. Auch in seinem Drama Professor Bernhardi (1912) schilderte er intrigantes Verhalten gegen einen jüdischen Spitalsdirektor. Das Stück erhielt in Österreich Aufführungsverbot.

Mit der Scheidung von der Schauspielerin Olga Gussmann nach 18 Ehejahren 1921, dem Selbstmord seiner 18jährigen Tochter Lilli, dem Reigen-Skandal und einsetzender Schwerhörigkeit vereinsamte Schnitzler zunehmend, während sein Ruf als Schriftsteller sich durch Übersetzungen seiner Werke in zahlreiche Fremdsprachen international verbreitete. Schnitzler verstarb am 21. Oktober 1931 und wurde in der alten israelitischen Abteilung am Wiener Zentralfriedhof begraben. Das Verbot seiner Werke durch das NS-Regime 1933 musste er also nicht mehr miterleben.

Schnitzlers Verhältnis zu Klimt
Arthur Schnitzler war ein ausgesprochener Bewunderer Klimts. In zahlreichen seiner Tagebucheinträge betont er seine Liebe zu dem Künstler, schildert sogar dass ihm der Maler in seinen Träumen begegne:

»Ich liebe ihn [Anm.: Gustav Klimt] im Traum sehr (noch mehr als in Wirklichkeit).«

Kennengelernt hatten sich die beiden über denselben Bekanntenkreis. Vor allem die Familie Zuckerkandl bildete einen gemeinsamen Schnittpunkt. Schnitzler hatte sich mit Otto Zuckerkandl aufgrund des gemeinsamen Medizinstudiums angefreundet. Im Zuge dieser Freundschaft lernte er auch auf die Schwägerin Ottos, Berta Zuckerkandl, kennen, die ihrerseits wieder engen Kontakt zu Klimt pflegte. Auf zahlreichen sozialen Veranstaltungen, besonders im Salon von Berta Zuckerkandl, im Hause Moll und im Kreise der Familie Mahler, trafen die beiden Männer immer wieder aufeinander. Schnitzler beschreibt Klimt als den »lustigen Faun« der Tischgesellschaft.

Nicht nur privat sondern auch künstlerisch war Schnitzler an Klimt interessiert. Immer wieder finden sich in seinen Tagebucheinträgen Berichte zu Klimts Schaffen. So begutachtete er 1911 den Stocletfries (1905–1911, Privatbesitz) in der Mosaikwerkstätte Leopold Forstners. Im März 1907 sah er im Zuge eines Besuches bei Fritz Waerndorfer – bei dem auch Klimt selbst anwesend war – Die Hoffnung I (1903/04, National Gallery of Canada, Ottawa). Immer wieder erhielt er von seiner Frau Olga geb. Gussmann Klimt-Zeichnungen als Geschenk. Als Schnitzler 1915 anlässlich seines 53. Geburtstages von seiner Frau eine solche Zeichnung erhielt, besuchte das Paar Klimt in seinem Atelier in der Feldmühlgasse um das Blatt signieren zu lassen. In seinem Tagebuch betont Schnitzler wiederrum die tiefe Verbundenheit, die er zu Klimt empfand:

» […] Hietzing, zu Klimt. Atelier Feldmühlgasse, mitten in altem Garten. Er zeigt mir seine Zeichnungen, einige Bilder, Landschaften, Portraits, Phantasien, vollendete und unvollendete; insbesondere die Landschaften wunderschön. Er ist noch nach keinem ‚glücklich‘ gewesen. Er signiert mir die gekaufte Zeichnung, gibt O. [Anmerkung: Olga Schnitzler, geb. Gussmann] eine Photographie mit. Führt uns in Räumen und Garten umher; und ich fühle – bei allen Unterschieden, und der Überlegenheit seiner Künstlerschaft gegenüber – eine ganz im tiefen verborgene Verwandtschaft.«

Später verewigte Schnitzler den verehrten Maler durch eine Anspielung in dem Bühnenstück Die Komödie der Verführung (1924). Er schreibt dabei von einem Maler: »[…] der von jeder Frau, die ihm sitzt, zwei Bilder malt. Das eine offiziell im Kostüm und dann ein anderes.«

Es wird außerdem angenommen, dass Schnitzler eine Inspirationsquelle für Klimts Schaffen darstellte. So wird vermutet, dass Klimts letztes, unvollendetes Werk Die Braut (1917/18, unvollendet, Klimt-Foundation, Wien) durch Schnitzlers gleichnamige Novelle aus 1891 angeregt wurde. Die Rolle der Frau als Gattin im Spannungsfeld mit ihrem Verlangen nach ungezügelter Sexualität findet sich sowohl im Gemälde als auch in der Novelle, ebenso das nachtblaue Kleid der Protagonistin.

Literatur und Quellen

  • Arthur Schnitzler. Tagebuch. schnitzler-tagebuch.acdh.oeaw.ac.at/pages/show.html (26.11.2021).
  • Franz Eder, Ruth Pleyer: Berta Zuckerkandls Salon – Adressen und Gäste, Versuch einer Verortung, in: Bernhard Fetz (Hg.): Berg, Wittgenstein, Zuckerkandl. Zentralfiguren der Wiener Moderne, Wien 2018, S. 212-233.
  • Sandra Tretter: „Phantasien, vollendete und unvollendete“. Gustav Klimts Allegorie Die Braut im Kontext seines Spätwerks und Arthur Schnitzlers gleichnamiger Novelle, in: Sandra Tretter, Hans-Peter Wipplinger (Hg.): Gustav Klimt. Jahrhundertkünstler, Ausst.-Kat., Leopold Museum (Museums Quartier, Wien), 22.06.2018–04.11.2018, Wien 2018, S. 167-177.
  • Vera Brantl: Die familiären, politischen und kulturellen Netzwerke Berta Zuckerkandls, in: Bernhard Fetz (Hg.): Berg, Wittgenstein, Zuckerkandl. Zentralfiguren der Wiener Moderne, Wien 2018, S. 234-243.
  • Felix Czeike (Hg.): Historisches Lexikon Wien, Band 5, Wien 1997, S. 117-118.
  • Österreichisches Biographisches Lexikon. Arthur Schnitzler. www.biographien.ac.at/oebl/oebl_S/Schnitzler_Arthur_1862_1931.xml (25.08.2022).
  • Gerhard Hubmann: Menschen, die einmal beinahe Freunde waren, in: Marcel Atze (Hg.): Im Schatten von Bambi. Felix Salten entdeckt die Wiener Moderne. Leben und Werk, Ausst.-Kat., Wien Museum MUSA (Wien) - Wienbibliothek im Rathaus (Ausstellungskabinett, Wien), 15.10.2020–19.09.2021, Wien 2020, S. 184-205.
  • Arthur Schnitzler Tagebuch. Akademie der Wissenschaften. www.oeaw.ac.at/de/acdh/projects/arthur-schnitzler-tagebuch (26.11.2021).
  • Tagebucheintrag von Arthur Schnitzler vom 20.10.1911 (10/20/1911).
  • Tagebucheintrag von Arthur Schnitzler vom 22.03.1907 (03/22/1907).
  • Tagebucheintrag von Arthur Schnitzler vom 05.12.1912 (12/05/1912).
  • Tagebucheintrag von Arthur Schnitzler vom 18.05.1915 (05/18/1915).
  • Tagebucheintrag von Arthur Schnitzler vom 16.03.1916 (03/16/1916).