Arthur Roessler

Arthur Roessler in seinem Arbeitszimmer in München, Herbst 1900, in: Eduard Engels: Arthur Rössler, in: Sport und Salon. Illustrirte Zeitschrift für die vornehme Welt, 17.01.1901, S. 13.
© ANNO | Österreichische Nationalbibliothek

Als Kunstkritiker und Schriftsteller sowie leidenschaftlicher Kunstsammler verfasste Roessler zahlreiche Aufsätze und mehrere Künstlermonografien, unter anderem eine Publikation zu Gustav Klimt. Er war gut mit Egon Schiele befreundet und gilt als dessen Entdecker und Förderer.

Arthur Roessler wurde am 20. Februar 1877 in Wien als Sohn des Ingenieurs und Chemikers Simon Roessler und dessen Ehefrau Josefa, geb. Brauner, geboren. Nach dem Studium der Philosophie, Literatur- und Kunstgeschichte an der Universität Wien reiste er durch Europa. Um 1898 zog Roessler schließlich nach München, wo er als freier Journalist u.a. für die Allgemeine Zeitung arbeitete und ab 1899 als Redakteur der Münchener Zeitung fungierte. Zusätzlich war er als Korrespondent der Wiener Zeitschrift Sport & Salon tätig, für die er vorwiegend Ausstellungen im Münchner Glaspalast und Schauen der Münchener Secession rezensierte. Bereits 1901 wurde der damals
23-jährige Schriftsteller für seine bisher publizierten Druckwerke Der Sturm, Höchste heidnische Seligkeit und Es gibt solche Menschen gelobt.

Im späteren Verlauf seiner Karriere verlagerte Roessler sein Interesse auf den Bereich der Kunstkritik und der Künstlermonografien. So äußerte er sich in seinen Artikeln in der Münchener Zeitung positiv über das Schaffen der modernen Künstlergemeinschaft Neu-Dachau, mit deren Mitgliedern Adolf Hölzl und Ludwig Dill er privat befreundet war. Diese Verbundenheit führte dazu, dass Roessler im Rahmen der von Hermann Knackfuß herausgegebenen Künstlermonografien 1905 einen Band mit dem Titel Neu-Dachau. Ludwig Dill, Adolf Hölzel, Arthur Langhammer verfasste. Ab 1908 schrieb Roessler für internationale Kunstzeitschriften wie Kunst und Künstler, Die Kunst für Alle und Erdgeist. Zudem war er als Kunstreferent der Arbeiter-Zeitung und später für die Wiener Neuesten Nachrichten tätig.

Egon Schiele: Arthur Roessler, 1910, Wien Museum
© Wien Museum

Egon Schiele: Porträt Ida Roessler, 1912
© Wien Museum

Egon Schiele: Porträt Arthur Roessler, 1914
© Wien Museum

Förderer und Kunsthändler
Mit Hilfe von Adolf Hölzel wurde Roessler 1905 geschäftlicher Leiter der Galerie Miethke in Wien, die sich im Besitz von Klimts engem Freund Paul Bacher befand und durch Klimts Freund und Kollegen Carl Moll geleitet wurde. Bacher zeigte sich von Roesslers Schreibkünsten beeindruckt, hatte jedoch Bedenken, ob dieser für den Kunsthandel geeignet wäre:

»Diese Zeitungsartikel sind ja so Großartig [!], dass ich beinahe wieder auf meine alte Befürchtung komme, Sie würden sich schwer in das so ganz unberühmte, ruhige Leben eines Kunsthändlers eingewöhnen. Wollen wir jedoch das Beste für unsere zukünftige Zusammenarbeit hoffen.«

Roessler erhielt jedenfalls die Anstellung und zog daher im Sommer 1905 zurück in seine Heimatstadt Wien. Er war bis 1907 bei Miethke tätig, wo er Ausstellungen kuratierte, Katalogtexte verfasste und den Kauf von Kunstwerken, darunter auch Gemälde und Zeichnungen Klimts, verwaltete. Bachers Befürchtungen sollten sich jedoch bewahrheiten und Roessler verließ bereits im Frühjahr 1906 die Galerie aufgrund von Gehaltsstreitigkeiten. Der Kontakt zu seinem ehemaligen Arbeitgeber brach jedoch nicht völlig ab. 1907 erwarb Roessler eine Zeichnung Klimts bei Miethke im Wert von rund 1.300 Euro. Anfang 1908 verkaufte er außerdem eine Klimt-Zeichnung über die Galerie an den Kunsthändler Paul Cassirer.

Roessler arbeitete von da an vorwiegend als freier Schriftsteller. Er publizierte zahlreiche Künstlermonografien, darunter jene von Rudolf von Alt (1909), Josef Danhauser (1911) und Ferdinand Georg Waldmüller, welche er 1907 gemeinsam mit dem Kunsthändler Gustav Pisko verfasste.

Bei Pisko lernte Roessler 1909 Egon Schiele und Anton Faistauer im Zuge einer Ausstellung der Neukunstgruppe kennen. Hatte Roessler in München Kontakte zur Kunstgruppe Neu-Dachau geknüpft und diese durch Artikel und Rezensionen beinahe schon propagandistisch gefördert, so nahm sich Roessler in Wien nun den jungen Künstlern der Neukunstgruppe an. Er erkannte in ihnen eine gewisse Nachfolge Klimts und eine Nähe zur Kunstschau-Bewegung, die er durchaus begrüßte:

»Namentlich der Einfluß [!] Klimt ist unverkennbar. Solange ein solcher Einfluß [!] als Befruchtung wirkt, ist gegen ihn nicht viel einzuwenden. Besorgniserregend wird er erst dann, wenn er zur leeren Nachahmung verführt. Wenn ich aber die Wahl zwischen einem Griepenkerl-Nachahmer und einem Klimt-Nachahmer frei habe, erkläre ich mich, ohne zu zaudern, für Klimt, weil ein Klimt-Kerl halt doch ein anderer Kerl ist als ein Griepenkerl.«  

Roessler freundete sich mit den beinahe gleichaltrigen Künstlern Faistauer und Schiele an. Besonders in Schiele erkannte der Kunstkritiker ein fördernswertes Jahrhunderttalent, das er finanziell sowohl durch Ankäufe von Werken als auch durch direkte Geldsendungen unterstützte. Der am Kunstmarkt erfahrene Roessler stand Schiele außerdem mit Ratschlägen bezüglich der Steigerung seines Marktwertes zur Seite. Außerdem fertigte Schiele mehrere Porträts seines Freundes und Mentors sowie von dessen Frau Ida Roessler an, die das Ehepaar teilweise als Geschenk erhielt. Roessler trieb die Karriere Schieles voran, indem er dem jungen Künstler Kontakte zu Sammlern wie Carl Reininghaus und Oskar Reichel verschaffte. Heute gelten diese als bedeutende Schiele-Mäzene.

Arthur Roessler: In Memoriam Gustav Klimt, Wien 1926.
© Klimt-Foundation, Wien

Vereinigungen zur Förderung der Kunst und Künstlermonografien
1912 wirkte Roessler mit Gustav Klimt, Josef Hoffmann, Otto Prutscher und Kolo Moser an der Gründung des Österreichischen Werkbundes mit. 1924 wurde er in den Vorstand der Vereinigung gewählt, wo er u.a. 1925 Mitverantwortlicher für die Organisation der österreichischen Abteilung der Pariser Kunstgewerbeausstellung war. Während des Ersten Weltkriegs leistete Roessler seinen Dienst größtenteils im k. k. Kriegsarchiv in Wien ab.

1918 verstarben Egon Schiele, Gustav Klimt und Otto Wagner. Der Tod dieser Künstlergrößen traf Roessler schwer. Der Kunstschriftsteller reagierte auf den Verlust mit einer Vielzahl an monografischen Publikationen. Er war scheinbar bestrebt, das Vermächtnis der von ihm bewunderten Künstler zu bewahren. So verfasste er anlässlich des Todes Klimts einen Gedenkaufsatz für den Künstler. Noch im selben Jahr veröffentlichte er Kritische Fragmente, eine Sammlung von Aufsätzen u.a. zu Schiele, Faistauer, Albert Paris Gütersloh, Felix Albrecht Harta und Ernst Wagner. Innerhalb kürzester Zeit erschienen gleich vier Publikationen zu Egon Schiele. 1926 folgte eine Klimt-Monografie mit dem Titel In Memoriam Gustav Klimt.

Roesslers Bestrebungen zur Förderung moderner Kunst rissen auch nach dem frühen Tod seines Protegés Schiele nicht ab. 1919 gründete er das Haus der Jungen Künstlerschaft in den Räumlichkeiten der ehemaligen Galerie Miethke und den Avalun Verlag. 1923 war er Gründungsmitglied der Gesellschaft zur Förderung moderner Kunst in Wien und Vorstandsmitglied im Eckart-Bund zur Förderung der schönen Künste, der 1929 den Arthur-und-Ida Roessler-Förderpreis vergab. Nach 1926 hielt Roessler vermehrt Vorträge an der Wiener Volkshochschule Urania und wurde 1934 Kunstreferent der RAVAG, wodurch seine Kunstberichte regelmäßig im Radio gesendet wurden.

Vorstand des Eckart-Bundes zur Förderung der schönen Künste, Arthur Rössler dritter von Rechts in der ersten Reihe, in: Moderne Welt, 9. Jg., Heft 1 (1927).
© ANNO | Österreichische Nationalbibliothek

Roessler wurde mehrfach für sein Werk ausgezeichnet. Er erhielt 1927 zu seinem 50. Geburtstag die goldene Ehrenmedaille der Universität Wien und 1937, anlässlich seines 60. Geburtstages, das silberne Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich sowie den Ehrenprofessortitel.

Den Zweiten Weltkrieg verbrachten Ida und Arthur Roessler in Wien. Nach 1945 arbeitete er freiberuflich. Die Auftragslage war jedoch schlecht und so musste das Ehepaar zunehmend Teile seiner Kunstsammlung verkaufen. 1955 vereinbarte Arthur Roessler aufgrund seiner schlechten finanziellen Lage mit der Stadt Wien, dass seine zu diesem Zeitpunkt 1400 Kunstwerke umfassende Sammlung im Gegenzug für eine Leibrente auf Lebzeiten des Ehepaars Roessler in den Besitz der Stadt übergehen sollte. Arthur Roessler starb am 20. Juli 1955.

Literatur und Quellen

  • Universität Wien. 650 plus- Geschichte der Universität Wien. Arthur Roessler. geschichte.univie.ac.at/de/personen/arthur-roessler (14.04.2020).
  • Österreichische Akademie der Wissenschaften. www.oeaw.ac.at/acdh/oebl/biographien-des-monats/februar-2017/ (14.04.2020).
  • Wien Geschichte Wiki. Arthur Roessler. www.geschichtewiki.wien.gv.at/Arthur_Roessler (14.04.2020).
  • BR. Kultur. www.br.de/themen/kultur/inhalt/kunst/egon-schiele-jugendstil100.html (14.04.2020).
  • Arthur Roessler: In Memoriam Gustav Klimt, Wien 1926.
  • Christina Bachl-Hoffmann, Dagmar Diernberger: Genial, umstritten, berühmt, unterschätzt – Klimt-rezeption und Publikationsgenese im Wandel, in: Agnes Husslein-Arco, Alfred Weidinger (Hg.): Gustav Klimt 150 Jahre, Ausst.-Kat., Oberes Belvedere (Wien), 13.07.2012–27.01.2013, Wien 2012, S. 11-30, S. 20.
  • Felizitas Schreier, Georg Becker: es war eine Lust, inmitten von Blüten und alten Bäumen dahin zu kommen«. Zeitzeugen berichten über Klimts Atelier in der Fedlmühlgasse. (Arthur Roessler), 1926, in: Sandra Tretter, Peter Weinhäupl, Felizitas Schreier, Georg Becker (Hg.): Gustav Klimt. Atelier Feldmühlgasse 1911–1918, Wien 2014, S. 13-28, S. 23-24.
  • Sandra Tretter: »In meinem Lusthaus im Garten ein herrlichster Tag – betörende Luft – ein schöner Platz – bin wie am Lande«. Gustav Klimts Naturvision im Atelier und auf Sommerfrische, in: Sandra Tretter, Peter Weinhäupl (Hg.): Gustav Klimt. Florale Welten, Wien 2019, S. 9-43.
  • Arthur Roessler: Wien und seine Gärten, Wien 1946.
  • Arthur Roessler: Schwarze Fahnen. Ein Künstlertotentanz, Wien - Leipzig 1922.
  • Arthur Roessler: Der Malkasten. Künstleranekdoten, Wien 1924.
  • Eduard Engels: Arthur Rössler, in: Sport und Salon. Illustrirte Zeitschrift für die vornehme Welt, 17.01.1901, S. 13.
  • Karteikarte Nr. 491 der Galerie H. O. Miethke über den Verkauf einer Zeichnung (01/28/1907).
  • Arthur Roessler: Künstler-Monografien, Nummer 78, Bielefeld - Leipzig 1905.
  • Karteikarte Nr. 596 der Galerie H. O. Miethke über den Verkauf einer Zeichnung (01/16/1908).
  • Arbeiter-Zeitung, 07.12.1909, S. 7.
  • Wiener Allgemeine Zeitung, 31.03.1927, S. 5.