Künstlerhaus

Wiener Künstlerhaus fotografiert von Leopold Theodor Neumann, um 1875
© Wien Museum

Die 1861 gegründete Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens konnte 1868 in das eigens errichtete »Künstlerhaus« am Karlsplatz einziehen, das sowohl als Vereinslokal als auch Ausstellungsort fungierte, und ist heute die älteste, noch bestehende Künstlervereinigung Österreichs.

Am 31. Jänner 1861 entstand die Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens als Standesvertretung der Wiener Maler, Bildhauer und Architekten durch Fusion des Albrecht-Dürer-Vereins und des Vereins Eintracht. Im April wurden die Statuten der zu gründenden Genossenschaft von beiden Vereinen angenommen, am 7. November 1861 fand die konstituierende Generalversammlung statt. Die Genossenschaft übernahm durch die Fusion auch die Mitgliedschaft der Eintracht in der Allgemeinen deutschen Kunstgenossenschaft – einer Dachorganisation aller deutschsprachigen Künstlervereinigungen. Sie residierte vorerst im Lokal des Dürer-Vereins, dem Gasthof Zum blauen Strauß (Gumpendorfer Straße 25), planten jedoch den Bau eines eigenen Vereinshauses.

Da die Genossenschaft als einzige Künstlervertretung der Monarchie angesehen wurde, betrauten sie die Staatsbehörden mit Aufgaben wie der Organisation von Staatsausstellungen und österreichischen Kunstabteilungen an den Weltausstellungen sowie Verhandlungen über Urheberschutz, Entsendung von Sachverständigen, usw. Als Standesvertretung aller bildenden Künstler Wiens entstanden innerhalb der Genossenschaft spezialisierte Gruppen und Tochterorganisationen wie zum Beispiel die Gesellschaft junger Architekten, der Architekten-Club, der Aquarellisten-Club und der Club der Plastiker. Daneben gab es weitere rein gesellschaftliche Organisationen wie eine Schützengilde aber auch Clubs für Kegeln, Billard, Tarock oder Radfahren.

Vereinshaus
Das »Künstlerhaus« war das erste von Künstlern selbst errichtete Ausstellungs- und Vereinshaus des gesamten deutschsprachigen Raums. Im Zuge des Ringstraßenausbaus war der Baugrund nahe des Wienflusses eine Schenkung des Kaisers, die Finanzierung des Baus erfolgte nach einem Stifter- und Gründersystem. Die Grundsteinlegung war am 21. August 1865 und das Gebäude wurde nach Plänen August Webers zwischen Akademiestraße und Bösendorferstraße, mit der Front gegen den Wienfluss, im Stil einer italienischen Renaissancevilla erbaut. Das Haus eröffnete in Anwesenheit Kaiser Franz Josephs I. am 1. September 1868 mit der Vernissage der »III. Allgemeinen Deutschen Kunstausstellung« der Allgemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft.

Das Künstlerhaus diente vor allem als Ausstellungsgebäude, neben der Interessensvertretung seiner Mitglieder organisierte die Genossenschaft jedoch auch Künstlerfeste und die berühmten »Gschnasfeste«. Zudem wurden die Räumlichkeiten von Anfang an von Kunsthändlern und Galeristen wie Miethke & Wawra, Peter Kaeser oder Charles Sedelmeyer für prestigereiche Versteigerungen angemietet. Besonders während der Gründerzeit wurde das Künstlerhaus immer häufiger zum Schauplatz spektakulärer, profitorientierter Ausstellungen, die Zeitgenossen teilweise abwertend mit Jahrmarktattraktionen verglichen.

Karikatur von Unterrichtsminister Richard Bienerth mit der Secession, dem Hagenbund und dem Künstlerhaus, in: Figaro, 14.10.1905.
© ANNO | Österreichische Nationalbibliothek

Secession und Hagenbund
Die Rolle als Vermittlungsinstanz zwischen Publikum und Kunstschaffenden sowie die nationalen und internationalen Kundenkontakte der Genossenschaft waren wichtige ökonomische Aspekte für die Mitgliedschaft. Seit den frühen 1890ern traten einige junge Künstler wie Carl Moll, Gustav Klimt, Kolo Moser und Josef Hoffman bei. Klimt wurde 1891 Genossenschaftsmitglied und kam über das Künstlerhaus an wichtige Aufträge, wie die des Sammlers Nicolaus Dumba. Moll trat bereits 1890 ein und arbeitete ab 1894 im Vorstand, als er die Organisation der Ausstellung der Münchner Secession und der Freien Vereinigung Düsseldorfer Künstler in die Wege leitete. Diese wegweisende Ausstellung eröffnete im Dezember 1894 und unter den deutschen Secessionisten präsentierte auch Franz von Stuck seine Werke in Wien.

Moll war eine der treibenden Kräfte der Erneuerung im Künstlerhaus. Die Ausstellungspolitik sowie unterschiedliche Ansichten zu modernen Ideen führten innerhalb der konservativen Institution jedoch zu Spannungen. Es formte sich eine Gruppe von Künstlern der Genossenschaft, der bereits bestehenden Hagengesellschaft und des sogenannten Siebener-Clubs, – darunter Rudolf Bacher, Wilhelm Bernatzik, Josef Engelhart, Gustav Klimt, Carl Moll, Kolo Moser, Anton Nowak und Alfred Roller – die 1897 die Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession gründeten. Dabei zählten Klimt, Moser, Moll, Hoffmann und Joseph Maria Olbrich zu den bekanntesten Gründungsmitgliedern, die vor allem den »Schaubudencharakter« der oft überladenen Künstlerhausausstellungen kritisierten und moderne Kunst nach neuen Prinzipien schaffen wollten.

Auch die »Affäre« um Josef Engelharts naturalistischen Frauenakt Die Kirschpflückerin (1893, im Zweiten Weltkrieg zerstört) wird öfters als Grund für die Abspaltung genannt. Die Jury der Genossenschaft wies das Gemälde zunächst »aus Rücksichten der Konvention« und aufgrund sittlicher Bedenklichkeit zurück, stellte es nach Engelharts Einspruch dennoch 1894 im Künstlerhaus aus und der Maler bezeichnete die Vorgänge später als »leise[n] Beginn einer Bewegung« die »zur Gründung der Secession führte«.

Durch die Secession verlor das Künstlerhaus seine Funktion als alleinige Interessensvertretung der Wiener Künstler. Da einigen Mitgliedern der Hagengesellschaft die Aufnahme in die Secession verwehrt wurde, gründeten sie 1899 wiederum den Hagenbund als Tochtergesellschaft der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens und traten 1900 endgültig aus dieser aus.

Kriegs- und Nachkriegszeit
Das Künstlerhaus verlor weiter an Bedeutung und trat 1912 anlässlich einer Statutenänderung aus der Allgemeinen deutschen Kunstgenossenschaft aus. Nach dem Ausbruch des ersten Weltkrieges 1914 wurde das Vereinshaus der Österreichischen Gesellschaft vom Roten Kreuze zur Nutzung als Rekonvaleszentenheim zur Verfügung gestellt, bis Ende 1918 schließlich die letzten Soldaten abzogen.

In den 1920er Jahren öffnete sich das Künstlerhaus zunehmend den modernen künstlerischen Entwicklungen in Österreich. 1939 wurde die Secession in die nunmehr Gesellschaft bildender Künstler Wiens, Künstlerhaus genannte Vereinigung integriert. Das Gebäude nutzte die Wehrmacht während des Zweiten Weltkriegs als Getreidelager.

Die einst führende Rolle des Künstlerhaus blieb auch nach Kriegsende neben den zahlreichen neu entstandenen Künstlervereinigungen geschwächt.

Literatur und Quellen

  • K.: Das Künstlerhaus in Wien. Von Architekt August Weber, in: Allgemeine Bauzeitung, 1881, S. 67-68.
  • Oskar Pausch: Gründung und Baugeschichte der Wiener Secession. Mit Erstedition des Protokollbuches von Alfred Roller, Wien 2006.
  • Christian Huemer: Jahrmarktbude oder Musentempel? Das Wiener Künstlerhaus und der Kunsthandel, in: Peter Bogner, Richard Kurdiovsky, Johannes Stoll (Hg.): Das Wiener Künstlerhaus. Kunst und Institution, Wien 2015, S. 267–275.
  • Wien Geschichte Wiki. Künstlerhaus. www.geschichtewiki.wien.gv.at/K%C3%BCnstlerhaus (14.04.2020).
  • Künstlerhaus. Geschichte. www.k-haus.at/de/kuenstlerhaus/geschichte/ (14.04.2020).
  • Wladimir Aichelburg: Das Wiener Künstlerhaus. 125 Jahre in Bilddokumenten, Wien 1986.
  • Wladimir Aichelburg: Das Wiener Künstlerhaus 1861–2001, Band 1, Wien 2003.
  • Rudolf von Eitelberger: Öffentliche Kunstpflege, in: Kunst und Kunstgewerbe auf der Wiener Weltausstellung 1873, Leipzig 1875, S. 273.
  • Patrick Fiska, Holger Englerth: Ohne Klimt. Klimt und das Künstlerhaus, in: Peter Bogner, Richard Kurdiovsky, Johannes Stoll (Hg.): Das Wiener Künstlerhaus. Kunst und Institution, Wien 2015, S. 277-283.