Gesellschaft für vervielfältigende Kunst

Signet der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst, in: Mittheilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst, Heft 1 (1892).
© Universitätsbibliothek Heidelberg

1871 erfolgte in Wien die Gründung der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst, die sich die Erhaltung und Förderung druckgrafischer Techniken und Fähigkeiten zum Ziel setzte. 1896 wurde Gustav Klimt in das »Curatorium« der Gesellschaft gewählt.

Die Gesellschaft für vervielfältigende Kunst konstituierte sich 1871 in Wien. Diese ging aus dem im Jahr 1830 gegründeten Älteren Wiener Kunstverein – auch bekannt als Verein zur Beförderung der bildenden Künste – hervor, dessen Ziel es war »durch Ankäufe gelungener Werke lebender vaterländischer Künstler die Thätigkeit dieser letzteren anzuregen und die Theilnahme für die bildende Kunst im Publicum zu verbreiten.« Die neue Gesellschaft war von dieser Bilderankauf-Verpflichtung bewusst zurückgetreten und legte stattdessen ihren Fokus ausschließlich auf die Pflege der vervielfältigenden Kunst. Vom Verein wurde auch ein »Curatorium« eingesetzt, dem unter anderem der Architekt Heinrich Ferstel, der Maler Ferdinand Laufberger und der Kunsthistoriker Rudolf Eitelberger im Gründungsjahr angehörten. Die Gesellschaft für vervielfältigende Kunst blieb über sechs Jahrzehnte bestehen und löste sich erst 1935 auf.

Werbung für eine Mitgliedschaft bei der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst, in: Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession (Hg.): XX. Ausstellung der Vereinigung bildender Künstler Oesterreichs Secession Wien. März April Mai 1904, Ausst.-Kat., Secession (Wien), 26.03.1904–12.06.1904, Wien 1904.
© Bibliothek des Belvedere, Wien

Publikationen
Die Gesellschaft veröffentlichte zunächst Albumhefte und Galeriewerke. Bereits ein Jahr nach der Gründung publizierte sie die Mittheilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst. Ihre Kunstzeitschrift Die graphischen Künste erschien erstmals 1879, die zahlreiche Reproduktionen von Kupferstichen, Radierungen, Holzschnitten und Farbdrucken enthielt.

Gustav Klimt und die Gesellschaft für vervielfältigende Kunst
Ab 1894 publizierte die Gesellschaft ein theatergeschichtliches Werk mit dem Titel Die Theater Wiens, das sechs Bände umfassen sollte. Laut einem Bericht aus Den graphischen Künsten von 1895 entstand dieses unter der Prämisse »ein möglichst getreues Bild der Entwicklung des Wiener Bühnenlebens von dessen Anfängen bis auf die neueste Zeit« wiederzugeben. Die Gesellschaft engagierte für die Publikation namhafte Künstler wie Gustav Klimt und Franz Matsch. Diese sollten für das Theaterwerk Porträts berühmter SchauspielerInnen anfertigen. Gustav Klimt, der laut einem Sitzungsbericht von 1896 auch in das »Curatorium« der Gesellschaft berufen wurde, entschied sich für ein Gemälde des Schauspielers Josef Lewinsky, dem er am 19. Mai 1894 folgende Nachricht zukommen ließ:

Galerie

Brief von Gustav Klimt an Josef Lewinsky

  • Gustav Klimt: Brief von Gustav Klimt in Wien an Josef Lewinsky, 19.05.1894, Wienbibliothek im Rathaus, Handschriftensammlung, Nachlass Josef Lewinsky
    © Wienbibliothek im Rathaus, Handschriftensammlung
  • Gustav Klimt: Brief von Gustav Klimt in Wien an Josef Lewinsky, 19.05.1894, Wienbibliothek im Rathaus, Handschriftensammlung, Nachlass Josef Lewinsky
    © Wienbibliothek im Rathaus, Handschriftensammlung

Gustav Klimt: Porträt Josef Lewinsky als Carlos in Clavigo, 1895, Österreichische Galerie Belvedere
© Belvedere, Wien

»Euer Hochwo[h]lgeboren! Die Gesellschaft für vervielfältigende Kunst gibt ein großes Werk über die Wiener Theater und in erster Linie über das alte Burgtheater heraus […]. Es war mir der Auftrag zu theil geworden, einen der Künstler des alten Burgtheaters zu malen […]. Ich habe mir erlaubt, das Porträt Euer Hochwohlgeboren zu wählen […]«

Die Farbreproduktion von Porträt Josef Lewinsky als Carlos in Clavigo (1895, Belvedere, Wien) wurde im zweiten Band des Theaterwerks – Das k. k. Hofburgtheater seit seiner Begründung – publiziert.

Reproduktionsgenehmigung
1895 veröffentlichte die Gesellschaft für vervielfältigende Kunst in ihrer Zeitschrift Die graphischen Künste auch eine Reproduktion von Ernst Klimts Werk Hanswurst auf der Jahrmarkbühne (1886–1888, Burgtheater, Wien). Jenes Werk wurde für die Publikation von dem Künstler Wilhelm Woernle als Radierung kopiert. Gustav Klimt gewährte der Gesellschaft zuvor offiziell eine Vervielfältigung des Gemäldes seines verstorbenen Bruders in diversen Techniken. Laut der heute nur als Transkript überlieferten schriftlichen Reproduktionsgenehmigung erhielt Klimt im Gegenzug dafür als Vergütung 200 Gulden (ca. 2.850 Euro).

Literatur und Quellen

  • Hansjörg Krug: Gustav Klimt selbstredend, in: Tobias G. Natter (Hg.): Gustav Klimt. Sämtliche Gemälde, Wien 2012, S. 461-504.
  • Joseph Meyer: Meyers großes Konversations-Lexikon, Band 7, Leipzig 1907, S. 721-722.
  • Mittheilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst, Heft 1 (1872), S. 3-6.
  • Mittheilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst, Heft 3 (1896), S. 9.
  • Die Presse, 18.04.1894, S. 9.
  • Die Presse, 14.04.1871, S. 14.
  • Brief von Gustav Klimt in Wien an Josef Lewinsky (05/19/1894). H.I.N. 38.571, Wienbibliothek im Rathaus, Handschriftensammlung.
  • Die Graphischen Künste, N.F., Band 1 (1936), S. 1.
  • Die Graphischen Künste, 1. Jg., Heft 2 (1879), S. 1-4.
  • Die Graphischen Künste, 18. Jg., Heft 4+5 (1895), S. 97.
  • Die Graphischen Künste, 17. Jg., Heft 2 (1894), S. 44 (Umschlag).
  • Revers der Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst von Gustav Klimt (04/27/1895).
  • Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst (Hg.): Die Theater Wiens, Band II, Wien 1894.