Sigmund Freud

Sigmund Freud fotografiert von Albert Hilscher, um 1930, Österreichische Nationalbibliothek, Wien
© Bildarchiv und Grafiksammlung, Österreichische Nationalbibliothek

Ehemaliges Wartezimmer der Ordination von Sigmund Freud, heut: Sigmund Freud-Museum fotografiert von Otto Simoner, 1979, Österreichische Nationalbibliothek, Wien
© Bildarchiv und Grafiksammlung, Österreichische Nationalbibliothek

Sigmund Freud gilt als Vater der Psychoanalyse und als einer der einflussreichsten Denker des 20. Jahrhunderts. Anfangs angefeindet, erlangte er internationalen Ruhm. Der Diskurs über seine Theorien und die Anwendung seiner Methoden hält bis heute an.

Sigmund Freud, ursprünglich Sigismund Schlomo, stammte aus einer jüdischen Familie. Er wurde am 6. Mai 1856 in Freiberg [heute: Přibor] in Mähren als eines von sieben Kindern des Textilkaufmanns Jakob Freud und der Amalia Freud, geb. Nathanson, geboren. Da Religion in der Familie keine Rolle spielte, verstand sich Freud Zeit seines Lebens als Atheist.

1860 übersiedelte die Familie nach Wien, wo er 1873 bis 1881 an der Universität Medizin studierte. Während seiner Tätigkeit am Allgemeinen Krankenhaus im Bereich der Neurologie war er an der Entdeckung der schmerzstillenden Wirkung von Kokain beteiligt und unternahm auch Selbstversuche. Im Rahmen seiner Erforschung des Nervensystems habilitierte er sich 1885 in Neuropathologie und wurde Dozent für das Fach. Mithilfe eines Stipendiums konnte er 1885/86 ein Jahr bei Jean-Martin Charcot, einer Koryphäe auf dem Gebiet der Neurologie, in Paris und Berlin studieren. 1886 heiratete Freud Martha Bernays, mit der er sechs Kinder hatte. Die jüngste Tochter, Anna, trat später in die Fußstapfen des Vaters. Sie erlangte durch ihre psychoanalytische Pädagogik und Kinderanalyse im britischen Exil Bekanntheit. Danach praktizierte Sigmund Freud als praktischer Arzt in Wien und publizierte einschlägige Fachliteratur.

Freuds Psychoanalyse
Das Phänomen der »Hysterie« hatte bereits früh sein Interesse geweckt. 1889 vertiefte er seine hypnotische Technik bei Liébault und Bernheim in Nancy und begann eine intensive Zusammenarbeit mit dem Internisten Josef Breuer. Dieser hatte die These aufgestellt, dass nicht verarbeitete Träume zu körperlicher Symptomatik führten. Die Hysterie wäre somit Ausdruck eines seelischen Traumas, das nicht bewältigt wurde. Mithilfe der Hypnose wäre es möglich, durch eine Reproduktion des Erlebten die Symptome aufzuheben, indem der fehlgeleitete Affekt auf normalem Weg abreagiert werde. Breuer nannte dies das »kathartische Verfahren«.

Freud löste sich jedoch von dieser Theorie und setzte anstelle der Hypnose die freie Assoziation, die Untersuchung von Fehlleistungen und die Interpretation von Trauminhalten. Damit hatte er seine eigene Methode entwickelt und gab ihr den Namen »Psychoanalyse«. In seiner Auseinandersetzung mit der Entstehung von Neurosen befasste er sich außerdem mit dem Seelenleben gesunder Menschen und leitete daraus die Tiefenpsychologie ab.

1900 publizierte er Die Traumdeutung, in der er anhand eigener Träume und der Erzählung von Patientinnen und Patienten seiner empirischen Forschungsmethode den Bereich des Unbewussten eröffnete. Dabei machte er keinen Unterschied zwischen den Träumen Gesunder und psychisch Kranker. Besonders dieses Faktum rief Widerstand hervor, wobei Freud darauf verwies, dass eine Erkrankung der Psyche keine physischen Ursachen haben musste, sondern als Neurose auch Ausdruck einer seelischen Verletzung sein konnte. In der Fachwelt wurden seine Theorien als fantastisch und skurril abgetan. In Kunstkreisen fanden seine psychischen Abhandlungen jedoch jede Menge Bewunderer. 

1902 wurde Freud außerordentlicher Professor und folgte 1909 einer Einladung in die USA, wo er Gastvorlesungen an der Universität von Worcester hielt und somit seine Theorien international bekannt machte.

Freud und die Kunst um 1900
Träume und ihre Deutung waren ein beliebtes Leitmotiv in der Literatur um 1900. Die Autoren um Jung-Wien wie Arthur Schnitzler und Felix Salten wurden durch die Psychoanalyse inspiriert. Auch in der bildenden Kunst spielten Traum und Psyche eine zunehmende Rolle, die in der Stilrichtung des Symbolismus einen passenden Nährboden fand.

Bisher ist kein persönlicher Kontakt von Gustav Klimt mit Sigmund Freud bekannt. Überlieferungen von Erich Lederer, dem Sohn einer der Familien, die Klimt aktiv förderten, berichten jedoch, dass Klimt über die Inhalte der Psychoanalyse »witzelte«. Fest steht jedoch, dass Klimt die Theorien Freuds kannte und sich vermutlich auch näher mit ihnen auseinandergesetzt hatte. Gerade die Problematik des Unbewussten und der Sexualität – vorwiegend der weiblichen Sexualität – beschäftigte auch Klimt immer wieder in seinen Werken. Freuds Fokus auf das Seelenleben, die Triebwelt und die Enttabuisierung des Sexuellen eröffnete Klimt und etlichen Künstlern einen neuen Freiraum.

Zwischenkriegszeit und politische Verfolgung
Nach der Zäsur durch den Ersten Weltkrieg wurde Freud 1919 ordentlicher Titularprofessor an der Universität Wien. Zu seinen wichtigsten Arbeiten zählen bis heute Totem und Tabu (1913), Das Ich und das Es (1923) und Das Unbehagen in der Kultur (1930). Nach dem anfänglichen Widerstand scharrte sich bald eine Anhängerschaft um Freud, bestehend aus: Alfred Adler, Wilhelm Stekel, Otto Rank, Hanns Sachs, Theodor Reik und vielen anderen.

Nach dem Einmarsch der deutschen Truppen in Österreich 1938 waren Freud und seine Familie unmittelbar bedroht. Nicht nur die jüdische Abstammung, sondern auch seine kontroversen Theorien machten ihn zum Feind des NS-Regimes. Aufgrund seiner internationalen Bekanntheit gelang die Flucht ins Exil nach London, wo Freud für seine Leistungen gefeiert wurde. Am 23. September 1939 verstarb er in London nach langjährigem Leiden an Gaumenkrebs.

Literatur und Quellen

  • Österreichisches Biographisches Lexikon. Sigmund Freud. www.biographien.ac.at/oebl/oebl_F/Freud_Sigmund_1856_1939.xml (26.03.2020).
  • Wien Geschichte Wiki. Sigmund Freud. www.geschichtewiki.wien.gv.at/Sigmund_Freud (26.03.2020).
  • Josef Rattner: Klassiker der Psychoanalyse, Wienheim - Basel 1995, S. 3-27.
  • Sandra Tretter, Hans-Peter Wipplinger (Hg.): Gustav Klimt. Jahrhundertkünstler, Ausst.-Kat., Leopold Museum (Museums Quartier, Wien), 22.06.2018–04.11.2018, Wien 2018.
  • Alice Strobl (Hg.): Gustav Klimt. Die Zeichnungen, Band III, 1912–1918, Salzburg 1984, S. 212.
  • Stefan Zweig: Worte am Sarge Sigmund Freuds, Amsterdam 1939.
  • Steven Beller: Freud, Vienna and the Historiography of Madness, in: Jouneys into Madness. Mapping Mental Illness in the Austro-Hungarian Empire, New York 2012.