Hugo Haberfeld

Gustav Klimt: Revers von Gustav Klimt in Wien, mitunterschrieben von Carl Moll und Hugo Haberfeld, 16.12.1907, Wienbibliothek im Rathaus, Handschriftensammlung, Nachlass Hans Ankwicz-Kleehoven
© Wienbibliothek im Rathaus, Handschriftensammlung

Als Kunstexperte und Direktor der Galerie Miethke machte sich Hugo Haberfeld, der auch als Journalist und Kunstschriftsteller tätig war, einen Namen in Wien um 1900. Durch seine Tätigkeit im Kunsthandel zählten zahlreiche zeitgenössische Künstler zu seinem Bekanntenkreis. So auch Gustav Klimt, Carl Moll und Adolf Loos.

Hugo Haberfeld wurde am 24. November 1875 in Auschwitz, Polen, geboren. Er war Sohn eines jüdischen Fabrikanten. Seine Kindheit verbrachte er im Kronland Galizien. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Bielitz (heute: Bielsko-Biala, Polen) ging er an die Wiener und Berliner Universitäten, wo er zunächst Rechtswissenschaften und Philosophie studierte. Später widmete er sich in Breslau dem Studium der Kunstgeschichte, Archäologie, Geschichte und Philosophie.

Nach seinem Studium arbeitete Haberfeld zunächst als Journalist im Bereich Kunst und Kultur. Für die Zeitschriften Kunst und Künstler sowie Deutsche Kunst und Dekoration verfasste Haberfeld Rezensionen zu Ausstellungen. Sein Fokus lag dabei vorwiegend auf Wiener Schauen sowie auf monografischen Artikeln zu einzelnen Künstlern. Nach seinem Umzug in die Reichshauptstadt Wien war er als Redakteur für die Zeitung Die Zeit und als freier Journalist für die Wiener Zeitung tätig.

Haberfeld setzte sich in seinen Artikeln vermehrt mit den Ausstellungen der Wiener Secession sowie der Galerie Miethke auseinander. So berichtete er beispielsweise 1902/03 in Kunst und Künstler durchaus positiv über die 17. Ausstellung der Secession: »Und freudig wird man es gewahr, wie sich das künstlerische Niveau wieder einmal bedeutend gehoben hat.« Das traditionellere Künstlerhaus schnitt dagegen wesentlich schlechter ab: »Das Künstlerhaus sinkt immer mehr zum Magazin herab.«

Adolf Loos: Entwurf für das Speisezimmer von Hugo Haberfeld, 1902
© ALBERTINA, Wien

Speisezimmer in der Wohnung von Hugo Haberfeld, entworfen von Adolf Loos, 1903, in: Das Interieur. Wiener Monatshefte für angewandte Kunst, 4. Jg. (1903).
© Universitätsbibliothek Heidelberg

Wohnzimmer in der Wohnung von Hugo Haberfeld, entworfen von Adolf Loos, 1903, in: Das Interieur. Wiener Monatshefte für angewandte Kunst, Jg. 4 (1903).
© Universitätsbibliothek Heidelberg

1903 ließ sich Haberfeld durch den Architekten Adolf Loos, der kein Secessionsmitglied war aber dennoch der modernen Kunstrichtung angehörte, seine Wohnung in der Alserstraße 53 ausstatten.

Vermutlich war es diese der Secession und der modernen Kunst positiv gestimmte Einstellung, die Haberfeld in den Umkreis Carl Molls und der Galerie Miethke brachte. Spätestens ab 1904 finden sich Einleitungstexte des Kunsthistorikers in den Katalogen der Galerie. 1906 rezensierte er lobend eine von Miethke veranstaltete Kollektive der Künstler Thomas Theodor Heine und Nikolai Konstantinowitsch mit den Worten:

»Die Galerie Miethke weiss noch knapp vor Thorschluss das Interesse unserer Kunstfreunde zu fesseln.«

1905 traten die Künstler um Klimt aus der Secession aus. Nicht zuletzt wegen Molls Mitarbeit in der Galerie Miethke und dem Wunsch der Klimt-Gruppe dort Verkaufsausstellungen zu veranstalten. Bemerkenswert ist, dass sich auch Haberfelds bisher positive Rezensionen der Secessionsausstellungen ab diesem Zeitpunkt veränderten. So schrieb er 1906 umfangreich in Kunst und Kultur über die Religiöse Kunst in der Secession sowie deren Frühjahrausstellung. Waren seine Rezensionen der Secessionsausstellungen bis zum Austritt der Künstler um Klimt durchwegs positiv ausgefallen, so lässt sich nun eine skeptische, negative Einstellung beobachten. Haberfelds Loyalität zur Klimt-Gruppe und der Galerie Miethke als deren Hauptrepräsentant ist deutlich in seinen kritischen Bewertungen zu spüren:

»Die Frühjahrsausstellung der Secession bedeutet einen neuerlichen Rückschritt dieser Vereinigung [...] zu diesem Ende verlohnte sich der grosse und stolze Kampf der acht Secessionsjahre wahrlich nicht [...]. Vor der verhängnisvollen Spaltung bestrebte sich die Secession, das nun einmal notwendige Übel der Ausstellung zu einem die Entwicklung der Künstler und die Erziehung des Publikums fördernden Mittel zu gestalten. Davon ist nichts mehr zu spüren.«

Wenig verwunderlich scheint es daher, dass Haberfeld, der bereits seit Jahren Texte für die Galerie Miethke verfasste und deren Ausstellungspolitik offen unterstützte, 1907 offiziell als Direktor in die Galerie eintrat. Er leitete diese gemeinsam mit Carl Moll. Zusammen organisierten sie außergewöhnliche, moderne Ausstellungen von höchster Qualität, die in Wiener Kreisen hoch geschätzt wurden. So schrieb der Schriftsteller Ludwig Hevesi beispielsweise:

Einblick in den Ausstellungssaal der Galerie H. O. Miethke im Ergeschoß, Dorotheergasse 11, 1906, in: Galerie H. O. Miethke (Hg.): Old and modern pictures. Tableaux anciens et modernes, Ausst.-Kat., Galerie H. O. Miethke (Palais Nákó, Wien), 00.07.1906–00.00.1906, Wien 1906.
© Bibliothek des Belvedere, Wien

Einblick in die Galerie H. O. Miethke am Graben 17, 1905, in: Deutsche Kunst und Dekoration, Band 18 (1906).
© Klimt-Foundation, Wien

»Die Führung auf modernen Pfaden ist nun freilich auf die Galerie Miethke übergegangen. Die rastlose Energie Karl [!] Molls schafft da ein hohes künstlerisches Niveau, und in dem Muthesiusschüler Dr. Haberfeld ist ihm ein trefflicher Mitarbeiter zugewachsen. In diesen Räumen sieht man vor allem das Kühne, Starke, Neue, Vielangefochtene, das erst morgen anerkannt werden wird.«

Haberfeld und Moll war es gelungen, die Galerie zu einer der führenden in Mitteleuropa zu machen. 1911 fand dort die erste Personale Egon Schieles statt. Wesentlich für die internationale Anerkennung war die kontinuierliche Präsentation der französischen Moderne mit Künstlern wie Manet, Monet, Cézanne, van Gogh, Gauguin, Toulouse-Lautrec. Außerdem waren Fotografien und Arbeiten der Wiener Werkstätte ein fixer Bestandteil des modernen Galerieprogramms.

Auch während seiner Tätigkeit als Kunsthändler blieb Haberfeld weiter als Journalist tätig. Er verfasste mehrere monografische Artikel zu modernen Künstlern im Umfeld Klimts wie Ferdinand Hodler, Franz Metzner und Adolf Loos. Außerdem hielt er immer öfter wissenschaftliche, kunsthistorische Vorträge.

Obwohl die Galerie unter Moll und Haberfeld einen enormen Aufschwung erlebt hatte, kam es zum Bruch zwischen den beiden Kunsthändlern, vermutlich auf Grund persönlicher Differenzen. Moll verließ die Galerie daher 1912. Klimt kommentierte dies in einer Ansichtskarte an Emilie Flöge mit den Worten: »Moll ist gekündigt«, was auf ein nicht gänzlich freiwilliges Ausscheiden seitens Moll hindeutet. Haberfeld leitete den Kunstsalon von da an alleine. 1917 zog sich auch die bisherige Inhaberin Emma Teschner aus der Galerie zurück und Haberfeld fungierte ab diesem Zeitpunkt als Alleininhaber.

Hugo Haberfeld: Gustav Klimt, in: Die Kunst für Alle. Malerei, Plastik, Graphik, Architektur, 27. Jg. (1911/12), S. 177-183.
© Universitätsbibliothek Heidelberg


© ALBERTINA, Wien

Werbung für eine Auktion des Auktionshauses Glückseling & Wärndorfer, in: Internationale Sammlerzeitung. Zentralbl. für Sammler, Liebhaber u. Kunstfreunde, 13. Jg., Nummer 19 (1921).
© ANNO | Österreichische Nationalbibliothek

Haberfeld und Gustav Klimt
Bereits 1904 hatte sich Haberfeld anlässlich eines Artikels zu Klimt in der Secession durchwegs positiv über den Künstler geäußert. Er konnte dessen Entwicklung vom Frühwerk zu der 1904 aktuell werdenden, symbolistischen Phase beobachten. Haberfeld nennt darüber hinaus auch alle relevanten stilistischen Vorbilder für Klimt in dieser Zeit wie Toorop, Khnopff, Beardsley, Rodin und Minne, sowie die byzantinische Kunst. Im Unterschied zu zeitgenössischen Kritikern wie Bahr oder Servaes sieht er die Werke Klimts nicht als in sich geschlossene, virtuose, philosophische Einheiten, sondern setzte sie, gemäß seiner Ausbildung als Kunsthistoriker, in den Kontext der Kunstwelt um 1900. 

Als Direktor der Galerie Miethke war Haberfeld ab 1907 auch Hauptverantwortlicher für das Œuvre Klimts. Im Namen der Galerie wickelte Haberfeld Verkäufe und den Leihverkehr für nationale und internationale Ausstellungen ab. Bereits im Dezember 1907, im Jahr seiner Ernennung zum Direktor, findet sich Haberfelds Unterschrift auf einem Revers zur finalen Veräußerung von Klimts Beethovenfries. Als Hoffmann Klimt um Leihgaben seiner Werke für die »XI. Internationale Kunstausstellung im Königlichen Glaspalast zu München 1913« ersuchte, teilte ihm Klimt mit:

»Ich stelle auf Deinen Wunsch gerne ein Bild zu dem gedachten Zwecke zur Verfügung nur muß ich bei Miethke [nachfragen] ob man, dort ein verstanden [!] ist, denn die haben das alleinige Verlagsrecht. Dr. Haberfeld werde ich dies bezüglich schreiben.«

Nach dem Austritt Molls aus der Galerie 1912 hielt Haberfeld im Wiener Urania Theater einen viel beachteten Vortrag über Klimt. Zusätzlich publizierte er in der Zeitschrift Die Kunst für Alle einen umfangreichen Artikel über das Werk des Künstlers. Der Artikel konnte mithilfe des im Verlag der Galerie Miethke erschienen Mappenwerks Das Werk von Gustav Klimt, ausführlich bebildert werden. Die Rechte an diesen Reproduktionen waren der Galerie Miethke und somit indirekt Hugo Haberfeld vorbehalten. Mit über vierzehn großformatigen Schwarz-Weiß-Klischees und einer farbigen Abbildung der Judith I (1902, Belvedere, Wien) war der Artikel einer der am besten bebilderten Zeitungsberichte über Klimt. Darüber hinaus bildet der Artikel bis heute eine der wichtigsten Quellen zur Farbigkeit der Fakultätsbilder. Sicherlich lag es im Interesse des Galeriedirektors Haberfeld seinen Klienten zu fördern und dessen Bekanntheit und somit auch dessen Marktwert zu steigern.

Kunstauktionen und das Ende der Galerie Miethke
1913 eröffnete Haberfeld in der gerade errichteten Kunsthalle Karlsbad eine Dependance. Unter der Leitung der Galerie Miethke fanden an diesem zweiten Standort Ausstellungen statt auf denen neben Goya, Tizian, Cranach, Füger und Waldmüller auch französische Impressionisten sowie österreichische, moderne Künstler wie Jettel, Alt, Andri, Laske, Barwig und Klimt zu sehen waren.

Ab den 1920er Jahren fokussierte sich Haberfeld zunehmend auf das Auktionswesen. Als viel geachteter und renommierter Kunstexperte fungierte er immer wieder als Sachverständiger sowie Schätzmeister und half dabei Auktionsausstellungen auszurichten. Haberfeld arbeitete vorwiegend mit den Auktionshäusern Albert Kende, J. Fischer sowie Glückselig und Wärndorfer zusammen.

Haberfeld und seine Frau Paula, geb. Köberl mussten 1938 mit ihrer Tochter Marianne vor dem NS-Regime fliehen und emigrierten nach Paris. 1940 kam es in Folge dessen zur Auflösung der Galerie Miethke. Das Firmenarchiv ist seither verschwunden.

Haberfeld starb am 6. Februar 1946 in London.

Literatur und Quellen

  • Wien Geschichte Wiki. Galerie Miethke. www.geschichtewiki.wien.gv.at/Galerie_Miethke (21.04.2020).
  • Lost Art. www.lostart.de/Content/051_ProvenienzRaubkunst/DE/Sammler/H/Haberfeld,%20Hugo.html (21.04.2020).
  • N. N.: 1898, in: Gerd Hermann-Susen, Martin Anton Müller (Hg.): Hermann Bahr, Arno Holz, Briefwechsel 1887 – 1923, Göttingen 2015, S. 50-52, S. 51.
  • Neues Wiener Tagblatt, 11.05.1921, S. 9.
  • Becsi Magyar Ujsag (Wiener Ungarische Zeitung), 13.05.1921, S. 8.
  • Reichspost, 17.01.1912, S. 16.
  • Elana Shapira: Die kulturellen Netzwerke der Wiener Moderne. Loos, Hoffmann und ihre Klienten, in: Eva B. Ottillinger (Hg.): Wagner, Hoffmann, Loos und das Möbeldesign der Wiener Moderne. Künstler, Auftraggeber, Produzenten, Ausst.-Kat., Hofmobiliendepot - Möbel Museum Wien (Wien), 21.03.2018–07.10.2018, Wien - Köln - Weimar 2018, S. 132-135.
  • Wien Geschichte Wiki. Hugo Haberfeld. www.geschichtewiki.wien.gv.at/Hugo_Haberfeld (23.04.2020).
  • Helga Malmberg: Widerhall, Wien 1961, S. 17.
  • Brief von Gustav Klimt in Malcesine am Gardasee an Josef Hoffmann in Wien (presumably June 1913-09/15/1913).
  • Revers von Gustav Klimt in Wien, mitunterschrieben von Carl Moll und Hugo Haberfeld (12/16/1907). H.I.N. 15.9214, Wienbibliothek im Rathaus, Handschriftensammlung.
  • Kunst und Künstler. Illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe, 1. Jg., Heft 10 (1902/03), S. 403-402.
  • Hugo Habermann: Religiöse Kunst in der Wiener Secession, in: Kunst und Künstler. Illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe, 4. Jg. (1906), S. 164-170.
  • Kunst und Künstler. Illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe, 4. Jg. (1906), S. 364, S. 487.
  • Hugo Haberfeld: Ferdinand Hodler, in: Kunst und Künstler. Illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe, 27. Jg., Heft 5 (1911/12), S. 101-112.
  • Hugo Haberfeld: Gustav Klimt, in: Die Kunst. Monatshefte für freie und angewandte Kunst, Band 25 (1912), S. 173-186.
  • Hugo Haberfeld (Hg.): Aubrey Beardsley. Ausstellung von Werken alter und moderner Kunst, Ausst.-Kat., Galerie H. O. Miethke (Palais Nákó, Wien), 00.12.1904–00.01.1905, Wien 1904.
  • Hugo Haberfeld: Gustav Klimt in der Wiener Secession, in: Kunst und Künstler. Illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe, 2. Jg. (1904), S. 157-158.
  • Prager Tagblatt (Mittagsausgabe), 06.05.1907, S. 5.
  • Die Zeit, 03.05.1907.
  • Kunstchronik. Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe, N.F., 24. Jg., Nummer 3 (1913), S. 41.
  • Wiener Zeitung, 12.05.1917, S. 332.
  • Auktionshaus Albert Kende (Hg.): 79. Kunstauktion von Albert Kende. Gemälde hervorragender Meister 15. bis 19. Jahrhundert. Kostbare antike Kunstgegenstände aus drei Wiener Sammlungen, Aukt.-Kat., Wien 1925.
  • Wiener Auktionshaus J. Fischer (Hg.): Grosse Auktion, Aukt.-Kat., Wien 1931.
  • Österreichische Photographen-Zeitung, 4. Jg., Heft 2 (1907), S. 23.
  • Prager Tagblatt, 16.05.1913, S. 8.
  • Curliste Karlsbad, 19.06.1913, S. 2.
  • Hugo Haberfeld: Gustav Klimt, in: Die Kunst für Alle. Malerei, Plastik, Graphik, Architektur, 27. Jg. (1911/12), S. 177-183.