Emma Bacher-Teschner

Emma Bacher, 1905, in: Rudolf Schuh: Nr. 7. "Aus meinem Leben" von Dr. Rudolf Schuh in Seewalchen am Attersee - 1908 bis 1910, in: Autobiografie Dr. Rudolf Schuh, S. 2301-2446.
© Klimt-Foundation, Wien

Carl Otto Czeschka: Ex-Libris für Emma Bacher, 1909, in: Die Graphischen Künste, 37. Jg., Heft 1 (1914).
© Universitätsbibliothek Heidelberg

Emma Paulick wurde als jüngstes Kind des k. u. k. Hoftischlermeisters Friedrich Georg Paulick und Therese Paulick sen., geb. Groner, am 27. November 1867 in Wien geboren. Gemeinsam mit ihren beiden älteren Schwestern Therese jun., Maria und ihrem Bruder Friedrich jun., verbrachte Emma ihre Kindheit in Wien. Während der Sommermonate weilte die Familie in Seewalchen am Attersee, wo ihr Vater sich 1870 einen Sommerwohnsitz – die sogenannte Villa Paulick – erbaut hatte.

Die Familien Paulick, Bacher, Klimt und Flöge
Die Familie empfing in ihrer Attersee-Villa zahlreiche Gäste, darunter die Familie Bacher. Ein erster Besuch der Bachers wird im Tagebuch der Villa Paulick im Jahr 1892 festgehalten. Vermutlich lernte Emma im Zuge dessen den damals 26jährigen Gold- und Silberfabrikanten Paul Bacher kennen, den sie 1894 heiraten sollte. Über Paul lernte sie dessen guten Freund und Fechtpartner Gustav Klimt kennen. Da Klimt – ebenso wie die Familie Paulick – mit der ihm verschwägerten Familie Flöge regelmäßig zur Sommerfrische an den Attersee fuhr, ergab sich ein reger Kontakt zwischen den vier Familien. Emmas Schwester Therese sollte 1906 Hermann Flöge, den Bruder von Emilie Flöge, heiraten. Zahlreiche Ansichtskarten und Fotografien zeigen die vier eng verbunden Familien bei Ausflügen, Bootsfahrten und im Garten der Villa Paulick.

Die Leitung der Galerie Miethke und Amateurfotografie
Im November 1904 erwarb Paul Bacher die renommierte Kunstgalerie H. O. Miethke in der Dorotheergasse und beauftragte Carl Moll mit deren artistischer Leitung. Bacher und Moll machten die Kunsthandlung zu einer der bedeutendsten Galerien für moderne Kunst. Sie vertraten wichtige Künstlergrößen der Secession, darunter Gustav Klimt. Als Paul Bacher 1907 starb, wurde seine Witwe Emma Bacher zur neuen Inhaberin. Damit war sie eine der wenigen Frauen dieser Zeit, die eigenständig ein Geschäft führte, und aktiv die sonst männerdominierte Kunstszene mitgestaltete. 1908 war die Galerie Miethke maßgeblich an der Organisation der von Gustav Klimt als Präsident ausgerichteten »Kunstschau Wien« beteiligt.

Emma knüpfte durch ihren Beruf zahlreiche, teilweise auch freundschaftliche Kontakte zu zeitgenössischen Künstler:Innen. Sie war zwar nicht selbst als Kunstsammlerin tätig, besaß jedoch mehrere Ex-Libris von bedeutenden Künstler:Innen wie Oskar Kokoschka, Leopold Drexler, Mileva Roller, Carl Otto Czeschka und Richard Teschner. 1906 ließ sie sich von der Fotografin Madame d’Ora porträtieren, die zu einer der besten Fotograf:Innen in Wien um 1900 zählte, und auch Gustav Klimt und Emilie Flöge ablichtete.

Emma Bacher entwickelte selbst eine Vorliebe für die Amateurfotografie. So hielt sie beispielsweise 1908 dokumentarisch die Eröffnung der »Kunstschau Wien« fest. Mit einem kleinen Fotoapparat konnte sie die Besucher – darunter auch Familienmitglieder – auf dem Ausstellungsgelände in einer Serie von Momentaufnahmen einfangen. Zudem verdanken wir ihr mehrere private Aufnahmen von der Sommerfrische am Attersee. Diese Fotografien im »Knipserformat«, ein für Amateurfotografen typisches Format von ca. 12 x 9 cm, zeigen Klimt und Emilie Flöge mit Freunden und Familie bei Bootsausflügen und im Umfeld der Villa Paulick.   

Galerie

Emma Bacher-Teschner als Amateurfotografin

  • Emma Bacher mit Fotoapparat unter Freunden und Familie am Attersee, 1909, in: Rudolf Schuh: Nr. 7. "Aus meinem Leben" von Dr. Rudolf Schuh in Seewalchen am Attersee - 1908 bis 1910, in: Autobiografie Dr. Rudolf Schuh, S. 2301-2446.
    © Klimt-Foundation, Wien
  • Gustav Klimt und Emilie Flöge im Ruderboot am Attersee vor der Villa Paulick, Sommer 1909, Österreichische Nationalbibliothek, Sammlung von Handschriften und alten Drucken, Teilnachlaß Burghard Breitner: fotografiert von Emma Bacher
    © Sammlung von Handschriften und alten Drucken, Österreichische Nationalbibliothek
  • Gustav Klimt mit Therese Paulick und Emilie Flöge "bei den Schildkröten" in Seewalchen, Sommer 1904, Klimt-Foundation: fotografiert von Emma Bacher
    © Klimt-Foundation, Wien
  • Gustav Klimt mit Fernrohr am Bootssteg der Villa Paulick, 1904, Verbleib unbekannt: fotografiert von Emma Bacher
    © APA-PictureDesk
  • Gustav Klimt im Gespräch bei der Eröffnung der "Kunstschau Wien 1908", 01.06.1908, Österreichische Nationalbibliothek, Bildarchiv und Grafiksammlung, Sammlung Professor Teschner: fotografiert von Emma Bacher
    © Bildarchiv und Grafiksammlung, Österreichische Nationalbibliothek
  • Gustav Klimt während seiner Rede zur Eröffnung der "Kunstschau Wien 1908", 01.06.1908, Österreichische Nationalbibliothek, Bildarchiv und Grafiksammlung, Sammlung Professor Teschner: fotografiert von Emma Bacher
    © Bildarchiv und Grafiksammlung, Österreichische Nationalbibliothek
  • Gustav Klimt bei der Eröffnung der "Kunstschau Wien 1908", 01.06.1908, Klimt-Foundation: fotografiert und beschriftet von Emma Bacher
    © Klimt-Foundation, Wien

Emma Teschner, fotografiert von Richard Teschner, vermutlich nach 1911
© Klimt-Foundation, Wien

Private und berufliche Veränderungen
Nach dem frühen Tod ihres Mannes verbrachte Emma vermehrt Zeit mit der Familie ihrer Schwester Therese, die im selben Wiener Wohnhaus lebte. Therese war 1907 Mutter geworden und Emma ging in ihrer Rolle als Tante auf. Sie hegte eine innige Beziehung zu ihrer Nichte Gertrude, die liebevoll Trudl genannt wurde.

Die Familien Paulick, Flöge und Klimt verbrachten weiterhin ihre Sommer am Attersee. Immer wieder wurden befreundete Künstler in die Villa Paulick geladen. So der Universalkünstler Richard Teschner, den Emma Bacher vermutlich bereits durch ihre Kontakte und die Arbeit in der Galerie Miethke kennengelernt hatte. Zwischen Emma und Richard Teschner entwickelte sich eine Beziehung. 1909 feierte man Verlobung am Attersee im Kreise von Freunden und Familie und das Paar heiratete 1911. Emma führte von nun an den Namen Teschner und die Eheleute zogen in eine Wohnung in der Gersthofer Straße 105.

Die Ehe zu dem Freund und Kollegen Klimts verstärkte das freundschaftliche Verhältnis zwischen Emma und Klimt. Aus zahlreichen Ansichtskarten ist bekannt, dass Klimt und Emma regen Briefverkehr unterhielten. Immer wieder bedankt sich der Künstler für die von Emma gesendete Reiseverpflegung oder Weihnachtsgebäck: »Ich danke allerbestens für das süße Reise ˃Gebäck˂«. Einladungen nimmt er dankend an:

»Wir [Anm.: Gustav Klimt und Emilie Flöge] danken herzlich für die freundliche Einladung und leisten mit größtem Vergnügen Folge«.

Gustav Klimt: Ansichtskarte von Gustav Klimt an Emma Bacher-Teschner in Wien, mitunterschrieben von Emilie Flöge, 25.05.1913, Klimt-Foundation
© Klimt-Foundation, Wien

1917 verkaufte Emma Teschner die Galerie Miethke an ihren langjährigen Mitarbeiter Dr. Hugo Haberfeld und zog sich aus dem Kunsthandel zurück. Emmas zweiter Ehemann Richard Teschner starb 1948. Aufgrund ihrer niedrigen Ehrenpension musste sie den wertvollen Nachlass ihres Mannes stückweise veräußern. Da beide Ehen kinderlos geblieben waren, konnte sie auf keine finanzielle Unterstützung hoffen. Emma Bacher starb am 25. Juni 1953 in Wien. Sie wurde auf dem Wiener Zentralfriedhof beigesetzt, wo zuvor schon ihre beiden Ehemänner Paul Bacher und Richard Teschner bestattet worden waren.

Literatur und Quellen

  • Tobias G. Natter (Hg.): Die Galerie Miethke. Eine Kunsthandlung im Zentrum der Moderne, Ausst.-Kat., Jüdisches Museum Wien (Wien), 19.11.2003–08.02.2004, Wien 2003.
  • Agnes Husslein-Arco, Alfred Weidinger (Hg.): Klimt & Emilie Flöge. Fotografien, Wien 2012, S. 231.
  • Markus Kristan: Kunstschau Wien 1908, Wien 2016, S. 22-23.
  • Meldezettel, Wiener Stadt- und Landesarchiv, Akt 2.5.1.4.K11.Teschner Richard. 22.3.1879. www.wien.gv.at/actaproweb2/benutzung/archive.xhtml (28.04.2020).
  • Wien Geschichte Wiki. Friedrich Georg Paulick. www.geschichtewiki.wien.gv.at/Friedrich_Georg_Paulick (28.04.2020).
  • Heinrich R. Scheffler: Richard Teschner. Die Wiener Werkstätte und ihre Exlibris Künstler. www.exlibris-austria.at/03_artikel/03_01_wrwerk.html (07.04.2020).
  • Eintrag von Gustav Klimt und der Familie Flöge im Gästebuch der Villa Paulick in Seewalchen am Attersee (08/10/1900). LGM 14, Sammlung Villa Paulick, courtesy Klimt-Foundation, Wien.
  • Gästebuch der Villa Paulick. 1881–1947, Sammlung Villa Paulick, courtesy Klimt-Foundation, Wien.
  • Ansichtskarte von Gustav Klimt in Rom an Emma Bacher in Wien, DLSTPW16 (03/28/1911), Privatbesitz, courtesy Klimt-Foundation, Wien.
  • Ansichtskarte von Gustav Klimt an Emma Bacher-Teschner in Wien, mitunterschrieben von Emilie Flöge (05/25/1913). S37.
  • Korrespondenzkarte von Richard Teschner am Attersee an Karl Teschner in Wien, mitunterschrieben von Gustav Klimt, Emilie, Pauline und Barbara Flöge, Emma Bacher, Helene Klimt jun. und Helene Klimt sen., LGM 31/15 (08/23/1910), Sammlung Villa Paulick, courtesy Klimt-Foundation, Wien.
  • Neues Österreich, 17.10.1950, S. 4.
  • Brief von Eugenia „Mäda“ Primavesi sen. in Olmütz an Anton Hanak (01/26/1912). Mappe 17.
  • Neues Wiener Tagblatt, 26.02.1912, S. 17.
  • Wiener Zeitung, 23.10.1907, S. 21.
  • Rudolf Schuh: Nr. 7. "Aus meinem Leben" von Dr. Rudolf Schuh in Seewalchen am Attersee - 1908 bis 1910, in: Autobiografie Dr. Rudolf Schuh, S. 2301-2446.
  • Heinrich R. Scheffer: Die Wiener Werkstätte und ihre Exlibris Künstler. www.exlibris-austria.at/03_artikel/03_01_wrwerk.html (09.11.2021).
  • Uwe Schögl: Emilie Flöge in zeitgenössischen Fotografien, in: Sandra Tretter, Peter Weinhäupl (Hg.): Gustav Klimt. Emilie Flöge. Reform der Mode. Inspiration der Kunst, Wien 2016, S. 43-55.