Tschechien

Altstadt von Prag fotografiert von Andreas Groll, um 1851-1872, Wien Museum
© Wien Museum

Gustav Klimt: Ansichtskarte von Gustav Klimt in Prag an Anna Klimt in Wien, 01.05.1909, Albertina
© ALBERTINA, Wien

Gustav Klimts bisher bekannte und überlieferte Korrespondenz belegt, dass sich der Künstler mehrmals – aus beruflichen oder privaten Gründen – in Tschechien, zur Zeit der Monarchie – Böhmen und Mähren – aufhielt. Er besuchte dort unter anderem die Familien Bloch-Bauer und Primavesi auf ihren Landsitzen.

Grüße aus Prag (1895 und 1896)
Im November 1895 hielt sich Gustav Klimt in Prag auf, wo er als Preisrichter für einen von der Gesellschaft zur Förderung deutscher Wissenschaft, Kunst und Literatur in Böhmen veranstalteten Wettbewerb fungierte. Beweis hierfür ist ein Brief des Malers an Emilie Flöge alias Emilie Nickl, der sich heute in Privatbesitz befindet. Es handelt sich dabei um die zurzeit erste bekannte Korrespondenz des Malers an seine enge Vertraute. Der Brief selbst enthält einen detailreichen Bericht über die Stadt, die er als »wirklich schön« empfand, und seine anstrengenden Jurytätigkeiten. Sogleich veranschaulicht dieser auch die bereits aufkeimende, starke Verbundenheit zwischen Klimt und Emilie Flöge. So beendete der Künstler einen Brief mit den Worten:

»Leb wol [!] mein Herz ich küss Dich innig im Geiste und freu mich herzlich Dich wiederzusehen.«

Im Mai des darauffolgenden Jahres schrieb Gustav Klimt Emilie Flöge – seiner »Schönmidi« – erneut von dort einen persönlichen Brief. Laut seiner Nachricht reiste der Maler mit dem Zug nach Prag und verweilte dort für einige Tage, um an einer nicht näher erläuterten Sitzung teilzunehmen, der auch der österreichische Maler Andreas Groll – Professor an der Wiener Kunstgewerbeschule – beiwohnte. 

Tagesaufenthalt in Prag (1909)
Gustav Klimt hielt sich am 1. Mai 1909 erneut in Prag auf. Er schrieb seiner Mutter Anna und Emilie Flöge und ließ sie wissen, dass er wohlbehalten angekommen sei. Er sandte noch am gleichen Tag weitere Ansichtskarten an Emilie Flöge. Die Rückreise erfolgte noch am gleichen Tag. Der Grund für die Fahrt ist unbekannt. 

Gustav Klimt: Ansichtskarte von Gustav Klimt in Wodolka an Emilie Flöge am Semmering, 15.11.1912, Leopold Privatsammlung
© Leopold Museum, Wien

Landhaus Otto Primavesi in Winkelsdorf, Klimt-Foundation, Wien
© Klimt-Foundation, Wien

Gustav Klimt bei einem Kostümfest in der Kellerstube des Landhauses der Familie Primavesi in Winkelsdorf, vermutlich 30.12.1917-03.01.1918, Klimt-Foundation
© Klimt-Foundation, Wien

Besuche beim Ehepaar Bloch-Bauer (1911 und 1912)
Im September 1911 besuchte Gustav Klimt für einige Tage seine Gönner, das Industriellenehepaar Bloch-Bauer, auf deren Landsitz Jungfern-Brezan, in der Nähe von Prag (heute: Odolena Voda, Tschechien). Der Maler nahm dort an einer Jagdgesellschaft teil. Ein Jahr später verweilte Gustav Klimt, der in diesem Zeitraum an Porträt Adele Bloch-Bauer II (1912, Privatbesitz) malte, ein weiteres Mal auf dem böhmischen Gut der Familie Bloch-Bauer. Laut seiner Nachricht an Emilie Flöge vom 15. November 1912 kam es dort zu einer kleinen geselligen Zusammenkunft.  

Nachweisbare Aufenthalte in Winkelsdorf (1915–1917)
Wie Josef Hoffman und Anton Hanak war auch Gustav Klimt mit den Kunstmäzenen Otto und Eugenia Primavesi eng befreundet, die mehrere seiner Werke erwarben und ihm auch Porträtaufträge zukommen ließen. In den 1910er Jahren, während des Ersten Weltkrieges, besuchte sie der Maler – auch in Begleitung von Emilie Flöge – häufig im mährischen Winkelsdorf. Die Familie Primavesi besaß dort ein Landhaus, das um 1914 nach den Plänen Josef Hoffmanns errichtet wurde. In diesem Zeitraum entstanden vor Ort mehrere Fotografien, die Gustav Klimt in Gesellschaft auf einem der dort regelmäßig veranstalteten, legendären Kostümfeste zeigen. Postalisch belegt ist erstmals ein gemeinsamer kurzer Besuch mit Josef Hoffmann im Dezember 1915. Gustav Klimt berichtete am 10. Dezember 1915 an Emilie Flöge:

»Ankunft um 8 Uhr Abends – Winkelsdorf – gerädert und wo[h]lbehalten! Spät zu Bett – zeitlich auf. Heute schäbiges Wetter – trüb – finster und Regen. Mittags starkes Krennfleischessen – Apfel und Krautstrudel – Abends wahrscheinlich Bratwürste – morgen Blut und Leberwürste. etc. – irrsinnig!«

Im Jänner 1917 verweilte Gustav Klimt wieder längere Zeit in Winkelsdorf. In seinen bisher bekannten Nachrichten an Emilie Flöge aus diesem Zeitraum klagte der Maler vor allem über sein körperliches Unwohlsein der vergangenen Tage, das unter anderem durch eine mehrstündige Tiefschneewanderung bedingt war:

»Den ersten Tag wollte ich nicht schreiben – ich war zu „mis“. Zermürbt, zermatscht, zerquetscht - mit allen Übeln des Unbehagens behaftet! Seit gestern (Freitag) wieder wol – „Diebl“ von selbst aufgegangen aber noch immer ein mächtiges Horn, Brandwunde eine starke „Kretzn“ ebenso Kopf wunde – alles sehr hübsch […]«

Zum Jahreswechsel 1917/18 – wenige Monate vor seinem Tod – war Gustav Klimt zum letzten Mal im Landhaus der Familie Primavesi zu Gast. Von dort schrieb er die letzte bekannte Nachricht – einen Neujahrsgruß – an seine Vertraute Emilie Flöge.

Literatur und Quellen

  • Claudia Klein-Primavesi: Die Familie Primavesi und die Künstler Hanak, Hoffmann, Klimt. 100 Jahre Wiener Werkstätte, Wien 2004.
  • N.N., O. K.: Großindustrieller Otto Primavesi gestorben. Ein Förderer österreichischer Kunst und Künstler, in: Neues Wiener Journal, 10.02.1926, S. 4-5.
  • Sandra Tretter, Peter Weinhäupl (Hg.): Chiffre: Sehnsucht – 25. Gustav Klimts Korrespondenz an Maria Ucicka 1899–1916, Wien 2014.
  • Sandra Tretter, Peter Weinhäupl (Hg.): Gustav Klimt. Emilie Flöge. Reform der Mode. Inspiration der Kunst, Wien 2016, S. 13.
  • Agnes Husslein-Arco, Alfred Weidinger (Hg.): Gustav Klimt 150 Jahre, Ausst.-Kat., Oberes Belvedere (Wien), 13.07.2012–27.01.2013, Wien 2012.
  • Tobias G. Natter, Franz Smola, Peter Weinhäupl (Hg.): Klimt persönlich. Bilder – Briefe – Einblicke, Ausst.-Kat., Leopold Museum (Museums Quartier, Wien), 24.02.2012–27.08.2012, Wien 2012.
  • Tobias G. Natter (Hg.): Gustav Klimt. Sämtliche Gemälde, Wien 2012.
  • Christian M. Nebehay: Gustav Klimt. Sein Leben nach zeitgenössischen Berichten und Quellen, Wien 1969.
  • Agnes Husslein-Arco, Alfred Weidinger (Hg.): Gustav Klimt – Josef Hoffmann. Pioniere der Moderne, Ausst.-Kat., Oberes Belvedere (Wien) - Unteres Belvedere (Wien), 25.10.2011–04.03.2012, München 2011, S. 30.