Salzkammergut

Rudolf von Alt: Der Dachstein im Salzkammergut vom Vorderen Gosausee (Guckkastenblatt), 1840
© ALBERTINA, Wien

Gustav Klimt: Lebenslauf, eigenhändig verfasst von Gustav Klimt, 21.12.1893, Akademie der bildenden Künste Wien, Universitätsarchiv
© Akademie der bildenden Künste Wien, Universitätsarchiv

Gustav Klimt: Brief mit Kuvert von Gustav Klimt an Emilie Flöge in Wien, vermutlich Sommer 1898, Belvedere, Wien, Dauerleihgabe aus Privatbesitz
© Belvedere, Wien

Gustav Klimt während seines Sommeraufenthalts in St. Agatha, vermutlich Sommer 1898, Klimt-Foundation
© Klimt-Foundation, Wien

Gustav Klimt: Obstgarten, um 1898, Privatbesitz
© Leopold Museum, Wien

Gustav Klimt: Ansichtskarte von Gustav Klimt in Golling an Maria Zimmermann in Wien, 20.08.1899, Klimt-Foundation
© Klimt-Foundation, Wien

Gustav Klimt: Ein Morgen am Teiche, 1899, Leopold Museum
© Leopold Museum, Wien

Gustav Klimt: Ansichtskarte von Gustav Klimt in Golling an Maria Zimmermann in Wien, 31.08.1899, Klimt-Foundation
© Klimt-Foundation, Wien

Das Salzkammergut bedeutete für die noble Gesellschaft und Kunstriege Wiens während der warmen Jahreszeit den idealen Rückzugsort für Erholung und Inspiration. Auch Gustav Klimt hielt sich seit Ende der 1880er Jahre gelegentlich in dieser Region auf. Ab 1898 pflegte er hier stetig die Tradition der Sommerfrische.

Sommerliches Refugium Salzkammergut
Die gesellschaftliche Elite verbrachte das Jahr zumeist zweigeteilt. Während von Herbst bis Frühling Arbeit und kulturelle Vergnügungen im Vordergrund standen, dienten die Sommermonate dem Rückzug aufs Land. Das Salzkammergut nahm dabei vor allem für die Wiener Gesellschaft ab dem ersten Viertel des 19. Jahrhunderts einen besonderen Stellenwert ein. Diese Beliebtheit war sowohl auf die künstlerische Erschließung dieser malerischen Region durch Ferdinand Georg Waldmüller, Friedrich Gauermann und Jakob Alt, als auch auf das österreichische Kaiserhaus und dessen regelmäßige Aufenthalte in Bad Ischl zurückzuführen. Außerdem wurde der ursprünglich in industrieller Hinsicht relevanten Salzgewinnung alsbald immer mehr gesundheitliche Beachtung geschenkt: Solebäder standen hoch im Kurs. Begünstigend kam hinzu, dass diese Gegend seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch die ausgebaute Westbahn- und Ennstalstrecke erschlossen und gut mit der Eisenbahn erreichbar war.

Klimts erste Aufenthalte
Schon die Sommer der ausgehenden 1880er Jahre verbrachte Klimt gelegentlich im Salzkammergut, etwa in Sankt Wolfgang und Gmunden. Er erwähnte in diesem Zusammenhang in seinem im Dezember 1893 verfassten Lebenslauf »einige kürzere Reisen durch das Salzkammergut, Krakau, Triest, Venedig, München etc.«. Auch Franz Matsch schilderte in seinen Lebenserinnerungen wie er und Klimt »wie zwei fröhliche Handwerksburschen durchs Salzkammergut nach Laune und Gefallen« wanderten. Die Aufenthalte dieser Jahre entsprachen freilich noch nicht der traditionellen Sommerfrische eines arrivierten Künstlers. Rund 10 Jahre später etablierte sich diese Region als definitives sommerliches Refugium für Klimt.

1898: Sankt Agatha im Salzkammergut
Gustav Klimt verbrachte mit der ihm verwandtschaftlich verbundenen Familie Flöge den August und die ersten Septemberwochen des Jahres 1898 in St. Agatha bei Bad Goisern in unmittelbarer Nähe des Hallstätter Sees. Auch Alma Schindler weilte mit ihrer Familie zu dieser Zeit im Salzkammergut. In ihren Memoiren berichtet sie am 17. September über eine Radtour zur Gosaumühle. Sie durchquerte dabei auch St. Agatha, wo sich »Klimt mit seiner geliebten Schwägerin« befand. Schon Rudolf von Alt – der Ehrenpräsident der Wiener Secession – und der österreichische Landschaftsmaler Emil Jakob Schindler, aber auch Carl Moll und Olga Wiesinger-Florian genossen in dieser pittoresken Gegend ihre Sommerfrische. Ein Brief Klimts an Emilie lässt erahnen, dass die Abreise aufgrund notwendiger Erledigungen von einem Aufschub geprägt war. Der Maler meinte entschuldigend:

»Meine liebe Midi und ›Paulintscherl‹ seid nicht böse, ihr fahrt hoffentlich nicht ohne mich – oder? – Nein Ihr dürft nicht.«

Eine Fotografie von Klimt, umgeben von vermutlich Einheimischen und seiner Reisegesellschaft, dokumentiert schließlich den geglückten Aufenthalt. Als Unterkunft diente die neben dem heute noch existierenden »Agathawirt« gelegene Schmiede, wie aus dem Fremdenbuch der Gemeinde Goisern hervorgeht.

Die diesen Ort umgebende Natur fungierte für Klimt als Inspirationsquelle für seine Landschaftsgemälde Bauernhaus mit Rosen (1897/98, Privatbesitz), Obstgarten (um 1898, Privatbesitz), Nach dem Regen (Garten mit Hühnern in St. Agatha) (1898, Österreichische Galerie Belvedere, Wien) und vermutlich Obstgarten am Abend (1899, Privatbesitz). Die zwei letztgenannten Werke präsentierte der Malerfürst 1900 auf der »VII. Ausstellung der Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession«. Ludwig Hevesi bezeichnete sie als »köstliche Stimmungslandschaften.«

1899: Golling »es giebt [!] nur ein Briefkastl«
Im Jahr darauf hielt sich Klimt mit Barbara Flöge und ihren drei Töchtern Helene, Pauline und Emilie von vermutlich Anfang August bis 3. oder 4. September an der westlichsten Grenze des Salzkammergutes, in Golling bei Hallein, auf. Dieser Ort zog Künstler:innen und Sommerfrischegäste vor allem wegen des imposanten Wasserfalles magisch an. »Ein ganz kleiner Seitensprung« führte Klimt zudem nach München, wie eine Ansichtskarte des Künstlers von 8. August an Maria Zimmermann belegt. Tags darauf schrieb er einen längeren Brief an Zimmermann, in dem er der Mutter seines zweiten unehelichen Sohnes mitteilte, dass es nur einen Briefkasten im Ort gab. Um in Golling jedoch mit seiner in Wien verbliebenen und hochschwangeren Liebschaft kein Aufsehen zu erregen, ersuchte er Zimmermann ihm lediglich in dringenden Fällen zu schreiben. Er vermittelte eindrücklich:

»[…] die eingelangten Briefe werden im Gasthaus, wo ich in Gesellschaft esse, aufgelegt, die Controlle ist durch diese Umstände von selbst eine starke, also unangenehme Fragen sehr leicht möglich, ich habe sonst nie ein Geheimniß aus meiner Landaufenthaltscorrespondenz gemacht […] weibliche Briefe habe ich nie erhalten am Lande eine Geheimnißthuerei würde sehr auffallen, ich muß deshalb doppelt vorsichtig sein […].«

Auch Maria Ucicka, der Mutter seines ersten unehelichen Sohnes, Gustav Ucicky, der ebenfalls 1899 geboren worden war, riet er zur Zurückhaltung, was die Übermittlung von Briefen betraf. Ucicka befand sich Klimts Schreibgunst betreffend im Gegensatz zu Zimmermann eindeutig im Nachteil. Sie erhielt kurz vor Klimts Abreise zwei Briefe, wohingegen Zimmermann während seines Landaufenthaltes mit drei Ansichtskarten und einem Brief beglückt wurde.

Während dieser erholsamen Wochen schuf Klimt die Werke Ein Morgen am Teiche (1899, Leopold Museum, Wien) und Kühe im Stall (1899, Lentos Kunstmuseum, Linz). Für das erstgenannte Gemälde bot der rund 20 Kilometer von Golling entfernte Eglsee das passende Motiv. Es nimmt in Klimts Œuvre einen besonderen Stellenwert ein, handelt es sich doch um die erste Landschaft in quadratischem Format. Auch dieses Werk wurde auf der »VII. Ausstellung der Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession« präsentiert.

Dass das Wetter in Golling – wie auch in den Folgejahren am Attersee – nicht  immer günstig für das Malen und Beobachten in der Natur war, schilderte Klimt Zimmermann auf einer Ansichtskarte kurz vor seiner Abreise nach Wien:

»Habe ungünstiges Wetter zur Vollendung meiner Arbeiten.«

Ab 1900 bis 1916 avancierte der malerische Attersee und dessen Umland für Gustav Klimt und Familie Flöge zum bevorzugten sommerlichen Refugium für Erholung und Inspiration.

Literatur und Quellen

  • Stephan Koja (Hg.): Gustav Klimt. Landschaften, Ausst.-Kat., Oberes Belvedere (Wien), 23.10.2002–23.02.2003, München 2002.
  • Stephan Koja: Jenes völlige Verschlungensein in der Schönheit des Scheins…, in: Stephan Koja (Hg.): Gustav Klimt. Landschaften, Ausst.-Kat., Oberes Belvedere (Wien), 23.10.2002–23.02.2003, München 2002, S. 31-47.
  • Alfred Weidinger: Die Landschaften, in: Alfred Weidinger (Hg.): Gustav Klimt, München - Berlin - London - New York 2007, S. 140-173.
  • Sandra Tretter: Gustav Klimts Naturvision im Atelier und auf Sommerfrische, in: Sandra Tretter, Peter Weinhäupl (Hg.): Gustav Klimt. Florale Welten, Wien 2019, S. 27.
  • Verena Perlhefter: Es ist so ein schöner Moment in der Landschaft. Zur Sommerfrische in Österreich, in: Stephan Koja (Hg.): Gustav Klimt. Landschaften, Ausst.-Kat., Oberes Belvedere (Wien), 23.10.2002–23.02.2003, München 2002, S. 17-29.
  • Herbert Giese: Franz von Matsch – Leben und Werk. 1861–1942. Dissertation, Wien 1976.
  • Lebenslauf, eigenhändig verfasst von Gustav Klimt (12/21/1893). Beilage zu Verwaltungsakt Zl. 497-1893, Akademie der bildenden Künste Wien, Universitätsarchiv.
  • Brief mit Kuvert von Gustav Klimt an Emilie Flöge in Wien (vermutlich Sommer 1898). Lg1546.
  • Goiserer Fremden-Liste, 27.07.1898, S. 4.
  • Brief mit Kuvert von Gustav Klimt in Wien an Maria Ucicka in Wien (07/24/1899). S15/4.
  • Brief von Gustav Klimt in Wien an Maria Ucicka in Wien (late July 1899). S15/5.
  • Ansichtskarte von Gustav Klimt in München an Maria Zimmermann in Wien (08/08/1899). S64/5.
  • Ansichtskarte von Barbara Flöge und Gustav Klimt in Golling an Hermann Flöge jun. in Wien, mitunterschrieben von Helene Klimt sen., Emilie und Pauline Flöge, LGM 31/23 (08/11/1899), Sammlung Villa Paulick, courtesy Klimt-Foundation, Wien.
  • Brief von Gustav Klimt in Golling an Maria Zimmermann in Wien (08/09/1899). S63/8.
  • Ansichtskarte von Gustav Klimt in Golling an Maria Zimmermann in Wien (08/20/1899). S64/6.
  • Ansichtskarte von Gustav Klimt in Golling an Maria Zimmermann in Wien (08/31/1899). S64/8.
  • Anthony Beaumont, Susanne Rode-Breymann (Hg.): Alma Mahler-Werfel. Tagebuch-Suiten. 1898–1902, 2. Auflage, Frank­furt am Main 2011, S. 120.