Attersee

Werbeplakat der Ersten Concessionierten Attersee-Dampfschifffahrt, um 1885
© Klimt-Foundation, Wien

Gustav Klimt mit Freunden am Bootssteg in Litzlberg, vermutlich Sommer 1905, Klimt-Foundation
© Klimt-Foundation, Wien

Gustav Klimt: Am Attersee, 1900, Leopold Museum
© Leopold Museum, Wien

Parkanlage vor dem Hotel Seehof in Kammer, um 1906
© Klimt-Foundation, Wien

Gustav Klimt: Allee vor Schloss Kammer am Attersee, 1912, Österreichische Galerie Belvedere
© Belvedere, Wien , Foto: Johannes Stoll

Friedrich Walker: Gustav Klimt im Malerkittel in der Umgebung der Villa Paulick, 14.09.1913, Verbleib unbekannt
© APA-PictureDesk

Gustav Klimt: Forsthaus in Weissenbach am Attersee II, 1914, Neue Galerie New York, Estée Lauder Collection
© Klimt-Foundation, Wien

Villa Paulick in Seewalchen am Attersee, um 1901, Sammlung Villa Paulick, courtesy Klimt-Foundation, Wien
© Klimt-Foundation, Wien

Die Sommerfrische erfreute sich seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts an Popularität. Gustav Klimt frönte seiner Sehnsucht »nach dort«, an den türkisblauen Attersee, von 1900 bis 1916. Belege dafür bieten nicht nur zahlreiche Korrespondenzen und Schnappschüsse. Auch der Großteil seiner Landschaftsgemälde reflektiert die dort gewonnenen Eindrücke.

Der Attersee als Sommerfrische-Refugium
Die Entdeckung des Attersees im oberösterreichischen Salzkammergut als Sommerfrische-Destination begann um die Mitte des 19. Jahrhunderts. Von Anbeginn blieb dieser See das bevorzugte Refugium des städtischen Bürgertums, der Künstlerinnen und Künstler, wohingegen Bad Ischl als Reiseziel des Kaiserhauses dem aristokratischen Umfeld vorbehalten war. Neben der Etablierung der Attersee-Dampfschifffahrt spielte auch der Ausbau der Bahnanbindung eine entscheidende Rolle, um den See touristisch erschließen zu können. Folglich wurde eine Vielzahl an Hotels und Villen, mietbar oder als eigene Sommerresidenz nutzbar, errichtet.

Für Gustav Klimt war für die Wahl dieser Region als Sommerfrische-Destination die verwandtschaftliche Beziehung zu den Familien Flöge und Paulick entscheidend gewesen. Der Künstler nutzte die Zeit am See zur Erholung und Inspiration, so ist der Großteil seines Landschaften-Œuvres motivisch vom Attersee inspiriert. Schnappschüsse von befreundeten Fotografinnen und Fotografen erlauben neben zahlreichen Korrespondenzen eine Rekonstruktion von Klimts Erholung am Lande.

1900–1907: Litzlberg am Attersee »ein Seebad, mit aller Vorsicht«
Erstmals verweilte Klimt auf Einladung der Familie Paulick im Sommer des Jahres 1900 am türkisblauen See. Sein Fechtpartner Paul Bacher vermittelte als Unterkunft den Bräuhof in Litzlberg, am Nordufer gelegen. Die Anlage bestand aus einer eigenen Gastwirtschaft, Gästezimmern und einem Bootshaus. Bis 1907 blieb dies das bevorzugte Domizil. Korrespondenzen mit vorrangig den Müttern seiner ersten Söhne – Maria Ucicka und Maria »Mizzi« Zimmermann – erlauben Einblicke in Klimts Sommerfrische-Alltag. So schrieb er Mitte August 1902 an Zimmermann, dass er »früh morgens, meißt [!] um 6 Uhr, ein wenig früher, ein wenig später« aufstand und bei Schönwetter im nahen Wald ein Bild malte. Es folgte ein Frühstück, »darnach [!] kommt ein Seebad, mit aller Vorsicht genommen«. Der übrige Tag gestaltete sich durch abermalige Maleinheiten in der näheren Umgebung. Lektüre und ein Mittagsschlaf zur Erholung durften ebenso wenig fehlen. Gegen Abend stand häufig eine »Kegelpartie« auf dem Sommerfrische-Programm.

Klimt fand in der umliegenden Gegend mannigfaltige Inspirationsquellen, vom Seeufer selbst – er schuf zwei »Rahmen voll Seewasser« – bis zu üppig tragenden Obstbäumen, bunten Bauerngärten oder mystischen Waldeinblicken konnte er hier aus der Vielfalt der Natur schöpfen. Vor allem die ersten Aufenthalte waren auch von der Arbeit an Der Beethovenfries (1901–1902, Österreichische Galerie Belvedere) geprägt.

1908–1912: Villa Oleander in Kammerl am Attersee »Wir werden den Sommer über wieder in ›Kammerl‹ wohnen«
Ab 1908 nächtigten Klimt und Familie Flöge in der 1872 als Ferienhaus erbauten Villa Oleander. Diese Residenz, die sich heute in Privatbesitz befindet, bot ebenfalls einen direkten Seezugang und gehörte zu den privat mietbaren Villen der Anlage des Hôtel Seehof. Ausgedehnte Bootsfahrten prägten vor allem die Sommerfrische-Idylle der Kammerl-Zeit, wie eine Vielzahl an Fotos von Klimt und Emilie Flöge belegen.

Der Villa Oleander kam für die Entwurfsarbeit für Der Stocletfries (1905–1911, Privatbesitz) besondere Bedeutung zu. Schon im ersten Sommer arbeitete Klimt an den Werkzeichnungen für den berühmten Mosaikfries im Speisesaal des Brüsseler Palais Stoclet. Regelmäßig fürchtete Klimt den Sommer über in Wien bleiben zu müssen, um diese umfangreiche Auftragsarbeit fertigstellen zu können. 1914 erinnerte er sich in einer Ansichtskarte an Emilie, die er während eines Besuchs im Brüsseler Palais verfasste, an diese Zeit zurück:

»[…] dann ersteht die heftigste Erinnerung an ›Kammerl‹ an die Wand in Kammerl, an die Plag’ an die Freuden an die Sorg[e]n dieser Zeit.«

Über diesen Auftrag hinaus beschäftigte sich Klimt in dieser Sommerfrische-Periode vor allem mit Schloss Kammer. Das Anwesen selbst und dessen malerische Parkanlage hielt er sieben Mal in Öl auf Leinwand fest.

1913: Ein kurzes Attersee-Intermezzo
Der Sommer des Jahres 1913 war vor allem durch einen längeren Aufenthalt am Gardasee geprägt. Zuvor verbrachte Klimt vermutlich bereits im Frühjahr einige Tage am türkisblauen See, wie Aufnahmen von ihm mit Therese und Gertrude »Trudl« Flöge am Bootssteg der Villa Paulick zeigen. Außerdem belegen Fotos von Friedrich G. Walker, die Mitte September jenen Jahres aufgenommen wurden, eine weitere Kurzvisite. Diese Fotos stellen ein besonderes Novum dar, handelt es sich doch um die einzigen bisher bekannten Farbaufnahmen von Gustav Klimt und Emilie Flöge, entstanden im Garten und der Umgebung der Villa Paulick.

1914–1916: Weißenbach am Attersee »am liebsten schmiß ich den Krempl zum Teufel und gienge nach dort«
Die letzten drei Sommerfrische-Aufenthalte verbrachte Klimt am ruhigeren Südufer des Sees, am Beginn des Weißenbachtals. Grund dafür war einerseits der Wunsch nach Erholung, andererseits wurde die Villa Oleander seit 1913 an andere Sommergäste vergeben. Klimt mietete sich in einem heute noch erhaltenen Forsthaus ein, dass ihm auch zwei Mal als Inspirationsquelle diente. Familie Flöge nächtigte im nahe gelegenen Steinbach am Attersee, im Haus Donner.

Motivisch richtete Klimt seinen Blick nicht nur auf die üppig blühenden Landschaften der näheren Umgebung, sondern auch auf das gegenüberliegende Seeufer, nach Unterach. Darüber hinaus kehrte er noch einmal an seinen ersten Aufenthaltsort zurück und setzte Litzlberg in zwei Gemälden ein Denkmal in Bildern.

Im Jahr seines letzten Sommeraufenthaltes, 1916, besuchte ihn Friederike Maria Beer, die er kurz zuvor porträtierte. Auftraggeber war Hans Böhler, ein Cousin von Erich Böhler, der wiederum 1916 die Insel Litzlberg am Nordufer des Sees erwarb.

Treffpunkt Villa Paulick
Auch wenn Klimts Sommerfrische-Aufenthalte mit örtlichen Wechseln einhergingen, gab es doch eine impulsgebende Konstante, die regelmäßig besucht wurde: die historistische, 1877 fertiggestellte Villa Paulick in Seewalchen am Attersee. Für die Errichtung zeichneten die Architekten Friedrich König und Rudolf Feldscharek verantwortlich.

Bereits im Jahr seines Attersee-Debüts, 1900, trugen sich Klimt und Emilie Flöge in das Gästebuch der Villa ein. Auch Peter Altenberg, Otto Prutscher, Carl Moll oder Richard Teschner zählten zu gern gesehenen Gästen. Friedrich Georg Paulick, k. k. Hoftischlermeister, war der Besitzer dieses imposanten Villenjuwels, das zwar in einem historistischen Grundgedanken errichtet wurde, bei seinen Einrichtungsgegenständen, wie dem Tafelgeschirr oder kunsthandwerklichen Objekten aber auch deutliche Einflüsse der Wiener Werkstätte und des Jugendstils erkennen ließ. Heute befindet sich die noch großteils im Originalzustand erhaltene Villa in Privatbesitz.

Literatur und Quellen

  • Brief mit Kuvert von Gustav Klimt am Attersee an Maria Zimmermann in Villach (08/17/1902). S64/18.
  • Ludwig Hevesi: Acht Jahre Sezession (März 1897–Juni 1905). Kritik – Polemik – Chronik, Wien 1906, S. 318.
  • Ansichtskarte von Gustav Klimt in Wien an Emilie Flöge in Paris, 1. Karte (Morgen) (03/10/1909).
  • Ansichtskarte von Gustav Klimt in Brüssel an Emilie Flöge in Wien, 2. Karte (05/18/1914). Autogr. 959/50-2, Österreichische Nationalbibliothek, Sammlung von Handschriften und alten Drucken.
  • Ansichtskarte von Gustav Klimt in Wien an Emilie Flöge in Seewalchen am Attersee (06/24/1915). Autogr. 959/51-1, Österreichische Nationalbibliothek, Sammlung von Handschriften und alten Drucken.
  • Johannes Dobai: Gustav Klimt. Die Landschaften, Salzburg 1981.
  • Stephan Koja (Hg.): Gustav Klimt. Landschaften, Ausst.-Kat., Oberes Belvedere (Wien), 23.10.2002–23.02.2003, München 2002.
  • Sandra Tretter, Peter Weinhäupl (Hg.): Gustav Klimt. Sommerfrische am Attersee 1900-1916, Wien 2022.