Atelier Stubenring

k. k. Kunstgewerbeschule, um 1880
© Wien Museum

Gustav Klimt, Ernst Klimt, Franz Matsch: Allegorie der heiteren und ernsten Kunst, 1882/83, F. X. Šalda-Theater
© Divadlo F. X. Šaldy, Foto: M. Bejbl

Franz Matsch: Brief von Franz Matsch in Wien an das Theaterbaucomité in Reichenberg, mitunterschrieben von Gustav Klimt, 09.12.1882, SOkA Liberec, Archiv města Liberec (AML)
© SOkA Liberec, Archiv města Liberec (AML)

Nach ihrem Abschluss 1881 blieben Gustav und Ernst Klimt sowie Franz Matsch noch zwei Jahre an der Kunstgewerbeschule des k. k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie (heute: MAK). Dort wurde der sogenannten »Künstler-Compagnie« ein Schulatelier zur Verfügung gestellt, in dem die jungen Maler an ihren Aufträgen arbeiten konnten.

Gustav Klimt hatte 1878 gemeinsam mit seinem Bruder Ernst und Franz Matsch, seine Ausbildung zum Zeichenlehrer an der k. k. Kunstgewerbeschule schon fast abgeschlossen. Das Lehrpersonal aber war auf die begabten Künstler aufmerksam geworden und so wurden sie mit Hilfe eines Stipendiums in die Fachklasse für Malen und Zeichnen versetzt, um Dekorationsmaler zu werden.
Die drei schlossen sich zu einer Ateliergemeinschaft zusammen, die in der Forschung allgemein als »Künstler-Compagnie« bezeichnet wird. Ihr Lehrer Ferdinand Laufberger setzte die Studenten immer wieder für Hilfsarbeiten an seinen Aufträgen ein. Zu diesem Zweck wurde den Brüdern Klimt und Franz Matsch spätestens ab den frühen 1880er Jahren ein eigenes Atelier im Schulgebäude der k. k. Kunstgewerbeschule, am Stubenring 3, zur Verfügung gestellt.
Für Julius Victor Berger, der dem 1881 plötzlich verstorbenen Laufberger nachfolgte, arbeiteten die drei Künstler in ihrem Schulatelier an den Deckengemälden für das Palais des Bankiers Wilhelm Zierer. Zur selben Zeit waren sie auch an der Entstehung des Mappenwerks Allegorien & Embleme – einem Hauptvorlagenwerk des Historismus – beteiligt.

Die jungen Künstler begannen nach und nach immer selbständiger zu arbeiten und nutzten infolgedessen das Schulatelier auch für eigenständige Aufträge, die ihnen zumeist vom Architekturbüro Fellner & Helmer vermittelt wurden.
Die größte Aufgabe mit der die drei Maler in ihrem Schulatelier betraut wurden, war die Gestaltung von fünf Deckengemälden und des Hauptvorhanges für das Stadttheater in Reichenberg (heute: Liberec). Dabei wurde ein Großteil der Korrespondenz mit den Auftraggebern an die Adresse Stubenring 3 adressiert, wobei deutlich wird, dass das Schulatelier offiziell von der Compagnie auch für externe Projekte genutzt werden durfte.
Die künstlerische Ausstattung des Stadttheaters Reichenberg führte dazu, dass die Öffentlichkeit auf die jungen Künstler aufmerksam wurde. Zusätzlich zu zahlreichen Zeitungsartikeln, die über den Auftrag berichteten, wurden die fertiggestellten Deckengemälde sowie der Hauptvorhang auf Wunsch des Museumsdirektors Rudolf Eitelberger im k. k. österreichischen Museum für Kunst und Industrie dem Wiener Publikum präsentiert. Die Wichtigkeit dieser Ausstellungen für den Erfolg der »Künstler-Compagnie« zeigt ein Brief an das Magistrat Reichenberg, in dem die Maler um einen Aufschub der Ablieferung des Hauptvorhangs bitten, um diesen in Wien ausstellen zu können.

»Zum Schlusse erlauben sich die ergebenst Gefertigten zu bemerken, dass eine öffentliche Ausstellung des Vorhangs für ihre künstlerische Zukunft von größten Werthe [!] sei - und hoffen ein löbliches Magistrat werden dieß [!] durch gnädigste Gewährung ihrer Bitte [Anm.: Aufschub der Ablieferung] ermöglichen.«

Nach Fertigstellung dieses Auftrags im September 1883 war es den jungen Künstlern gelungen sich von ihrem Schulatelier in der k. k. Kunstgewerbeschule aus einen Namen in der Kunstwelt zu machen. Die Brüder Gustav und Ernst Klimt sowie Franz Matsch übersiedelten noch im selben Jahr in ihr erstes eigenständiges Atelier im 6. Wiener Gemeindebezirk, Sandwirtgasse 8.

Literatur und Quellen

  • Herbert Giese: Franz von Matsch – Leben und Werk. 1861–1942. Dissertation, Wien 1976.
  • Sandra Tretter, Peter Weinhäupl (Hg.): Chiffre: Sehnsucht – 25. Gustav Klimts Korrespondenz an Maria Ucicka 1899–1916, Wien 2014.
  • Brief von Franz Matsch in Wien an das Theaterbaucomité in Reichenberg, mitunterschrieben von Gustav Klimt (12/09/1882). VI. – Gd, 202, Signatur 709/4, Karton 188_2, SOkA Liberec, Archiv města Liberec (AML).
  • Neue Freie Presse, 27.01.1883, S. 7.
  • Neue Freie Presse, 31.01.1883, S. 4.
  • Montagsblatt aus Böhmen, 01.10.1883, S. 6.
  • Agnes Husslein-Arco (Hg.): Gustav Klimt und die Künstler-Compagnie, Ausst.-Kat., Oberes Belvedere (Wien), 20.06.2007–14.10.2007, Weitra 2007.