Richard Teschner

Richard Teschner, 1910
© Klimt-Foundation, Wien

Der Universalkünstler Richard Teschner war vornehmlich als Grafiker, Kunsthandwerker und Bühnenbildner tätig, schuf innovative Puppentheater und zählte zu den bemerkenswertesten Vertretern des Jugendstils. Er lebte ab 1909 in Wien und heiratete 1911 Emma Bacher, mit der er viele Kontakte der Wiener Künstleravantgarde teilte und die Sommerfrische in der Villa Paulick am Attersee verbrachte.

Richard Teschner wurde am 22. März 1879 in Karlsbad (heute: Tschechien) geboren. Die Familie übersiedelte 1884 nach Leitmeritz, wo sich der Vater als Lithograf selbstständig machte und Teschner die Volks- und Realschule besuchte. Ab 1895 studierte er an der k. k. Kunst-Akademie in Prag und ab 1900 an der Kunstgewerbeschule des k. k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie in Wien, wo er die Fachschule für Malerei bei Karl Karger und Felician von Myrbach belegte.

Teschner zog 1901 wieder nach Leitmeritz und richtete sich ein Atelier in der Druckerei des Vaters ein. Hier lernte er unterschiedliche Drucktechniken und entwickelte die neuartige Technik der »Handtonätzung«, bevor er 1902 nach Prag übersiedelte. Er verkehrte in der Prager Kunst- und Literatenszene und arbeitete vorwiegend grafisch, begann sich ab 1903 aber auch intensiv mit dem Marionettentheater zu beschäftigen. Teschner reiste nach Böhmen, Deutschland und Österreich, beteiligte sich an Ausstellungen, erhielt Preise und knüpfte Kontakte zu Künstlern und Auftraggebern, wie zum Beispiel Max von Spaun, dem Inhaber der Glasfabrik Johann Loetz Witwe in Klostermühle oder auch der Wiener Werkstätte und Fritz Waerndorfer in Wien.

1905 übernahm er gemeinsam mit seinem langjährigen Freund und Kollegen Karl Wilfert d. J. die Leitung des Vereins deutscher bildender Künstler in Böhmen. Der Verein organisierte im Februar 1908 die »Ausstellung deutscher Künstler aus Böhmen« in Prag, in der neben Teschner auch Gustav Klimt mit dem Fakultätsbild Jurisprudenz (1903/07, 1945 in Schloss Immendorf verbrannt) vertreten war. Nur wenige Monate später stellte Teschner im Juni 1908 auf der »Kunstschau Wien« aus, die u.a. von Klimt initiiert wurde. Im Sommer schuf er zudem die gesamte Ausstattung für das Stück Pelléeas und Mélisande am Deutschen Theater in Prag, die Bühnenbilder, Dekorationen, Kostümentwürfe und Plakate umfasste.

1909 zog er nach Wien, wo er für die Wiener Werkstätte arbeitete und sich später auch am wichtigsten Projekt, dem Palais Stoclet in Brüssel beteiligte. Darüber hinaus fertigte er Glasmosaikbilder, Kinderbuchillustrationen, betätigte sich als Bühnenbildner und -ausstatter und gestaltete die Zeitschrift Der Merker.

Im August 1910 hielt sich Teschner gemeinsam mit Otto Prutscher in Seewalchen am Attersee im Haus des vermögenden k. k. Hoftischlers Friedrich Georg Paulick auf. Für die Villa Paulick gestaltete er den sogenannten Hausgott (1910, Privatbesitz), eine Specksteinfigur, die als »Hausgötze der Frau B.« bereits im März des Jahres in der Zeitschrift Deutsche Arbeit publiziert wurde. Richard Teschner lernte »Frau B.« – Friedrich Georg Paulicks Tochter Emma Bacher – vermutlich über die Galerie Miethke kennen, spätestens jedoch während der »Kunstschau Wien 1908«. Sie war die Witwe des Juweliers Paul Bacher, dem späteren Besitzer der Galerie Miethke, die sie nach seinem Tod 1907 übernahm. Die Familien Paulick, Flöge und Klimt waren sowohl verwandtschaftlich, als auch freundschaftlich verbunden und verbrachten die Sommerfrische gemeinsam am Attersee, wo Emma als Amateurfotografin viele Treffen dokumentierte. Hierbei entstanden auch zwei Aufnahmen von Richard Teschner, der im Garten der Villa Oleander neben Gustav Klimt und Emilie Flöge an einem Tisch sitzt und Gitarre spielt.

Teschner und Emma Bacher hatten viele gemeinsame Bekannte und standen auch Künstlern wie Kolo Moser und Josef Hoffmann nahe. Das Paar vermählte sich am 18. Mai 1911, wobei sich Teschner durch die damit einhergehende finanzielle Sicherheit fortan intensiv seinem Figurentheater widmen konnte. Auf der ausgedehnten Hochzeitsreise kaufte er in Holland javanische Marionetten, sogenannte »Wajang-Figuren«, die in Indonesien für das traditionelle Schattenspiel verwendet wurden. Teschner entwickelte davon ausgehend einen neuen Puppentypus – der nicht von oben mit Fäden, sondern von unten mit Stäben bewegt wurde – und schuf theatralische Gesamtkunstwerke, für die er sowohl die Figuren samt Kostümen, als auch die Stücke, die Bühnentechnik und Musik gestaltete. Vorstellungen seines revolutionären Figurentheaters »Goldener Schrein« führte er ab 1912 anfangs privat auf, erst ab 1918 gab es öffentliche Aufführungen. Zu seinen Gästen zählten prominente Persönlichkeiten der Wiener Kunst- und Kulturelite wie Klimt, Hoffmann, Alfred Roller, die Tänzerinnen Grete Wiesenthal, Tilly Losch und Mila Cirul, aber auch Literaten wie Hugo von Hofmannsthal und Arthur Schnitzler.

Teschner arbeitete zudem für die Erste Wiener Tapetenfabrik, die Porzellanmanufaktur Augarten und die Wiener Gobelinmanufaktur, versuchte sich im Film, beteiligte sich an zahlreichen Ausstellungen und stattete das Palais von Josef Kranz aus, ab den 1920ern widmete er sich jedoch hauptsächlich dem Puppentheater. Er erfand 1932 den sogenannten »Figurenspiegel«, eine Bühne mit gerahmtem Hohlspiegel, die Licht- und Illusionseffekte ermöglichte und deren pantomimische Aufführungen ohne Text von minimalistischen Klängen begleitet wurden. In seinen innovativen Theateraufführungen verband er Märchenhaftes, Fantastisches und Groteskes mit technischen Neuerungen und seine Theater wurden viele Jahre in seinem Atelier in der Messerschmidtgasse aufgeführt.

Teschner war stets mit deutschsprachigen Künstlern und Literaten vernetzt und identifizierte sich selbst als »deutschböhmisch«. Durchaus problematisch zu sehen ist, dass er ab 1938 – zwar mit unpolitischer Haltung – aber in einer ideologisch bestimmten Öffentlichkeit weiterarbeitete. Der NS-Staat vereinnahmte ihn als »sudetendeutschen« Künstler um ihn im Kulturbetrieb zur Bewahrung und Förderung deutscher Kultur zu instrumentalisieren. Teschners künstlerische Arbeit wurde seitens der NS-Behörden geschätzt und auch persönlich stand er nicht in Widerspruch zur Ideologie. Lediglich seine intimen Theateraufführungen hielt er für ungeeignet für den breiten Propagandaeinsatz.

Richard Teschner starb am 4. Juli 1948 infolge eines Herzinfarktes und wurde am Wiener Zentralfriedhof begraben.

Literatur und Quellen

  • Kurt Ifkovits (Hg.): "Mit diesen meinen zwei Händen.... Die Bühnen des Richard Teschner, Ausst.-Kat., Theatermuseum (Wien), 25.04.2013–21.04.2014, Wien 2013.
  • Meldezettel, Wiener Stadt- und Landesarchiv, Akt 2.5.1.4.K11.Teschner Richard. 22.3.1879. www.wien.gv.at/actaproweb2/benutzung/archive.xhtml (28.04.2020).
  • Peter Rath: Richard Teschner. www.exlibris-austria.at/20_kuenstler/20_tesch_richa.html (12.05.2020).
  • Wien Geschichte Wiki. Richard Teschner. www.geschichtewiki.wien.gv.at/Richard_Teschner (05.07.2020).
  • N. N.: Ausstellung deutscher Künstler aus Böhmen. I., in: Prager Tagblatt, 15.02.1908, S. 7.
  • N. N.: Ausstellung deutscher Künstler aus Böhmen. I., in: Montagsblatt aus Böhmen, 24.02.1908, S. 7.
  • N. N.: Richard Teschner in Wien, in: Prager Tagblatt, 09.12.1909, S. 9.
  • N. N.: Tafel, in: Deutsche Arbeit. Zeitschrift für das Deutschtum im Ausland, Nummer 10 (1910/11), Tafel nach S. 96.
  • Fotopostkarte von Richard Teschner am Attersee an Hermann Flöge jun. in Wien, mitunterschrieben von Gustav Klimt, Emma Bacher, Emilie, Pauline, Therese und Barbara Flöge, Wilhelm von Hackländer jun., Helene Klimt sen. und Helene Klimt jun., LGM 31/3 (08/26/1910), Sammlung Villa Paulick, courtesy Klimt-Foundation, Wien.
  • Korrespondenzkarte von Richard Teschner am Attersee an Karl Teschner in Wien, mitunterschrieben von Gustav Klimt, Emilie, Pauline und Barbara Flöge, Emma Bacher, Helene Klimt jun. und Helene Klimt sen., LGM 31/15 (08/23/1910), Sammlung Villa Paulick, courtesy Klimt-Foundation, Wien.
  • Hans Effenberger: Richard Teschners indisches Theater, in: Deutsche Kunst und Dekoration, Band 32 (1913), S. 217-222.
  • Brief mit Kuvert von Gustav Klimt an Richard Teschner und Emma Bacher-Teschner (02/18/1915). S39 (Brief), S564 (Kuvert).
  • Arthur Roessler: Richard Teschner, Wien 1947.
  • Alfred Weidinger (Hg.): Inselräume. Teschner, Klimt & Flöge am Attersee, Seewalchen 1989.
  • Gästebuch der Villa Paulick. 1881–1947, Sammlung Villa Paulick, courtesy Klimt-Foundation, Wien, S. 84.