Leopold Forstner

Leopold Forstner im Malerkittel, um 1910
© Künstlernachlass Leopold Forstner

Inserat der Wiener Mosaikwerkstätte von Leopold Forstner, 1908
© Klimt-Foundation, Wien

Leopold Forstner: Mosaik Der Frühling im Speisesaal des Grand Hotel Wiesler in Graz, 1909
© Klimt-Foundation, Wien

Leopold Forstner: Plakat für die Ausstellung Das moderne Bureau, Wien, 1909
© Staatliche Museen zu Berlin, Kunstbibliothek

Moriz Nähr (?): Der Stocletfries (Rosenstrauch), Oktober 1911, Klimt-Foundation
© Klimt-Foundation, Wien

Einblick ins Palais Stoclet, um 1914
© Klimt-Foundation, Wien

Der Universalkünstler Leopold Forstner reüssierte vor allem mit seiner Materialkunst. Stets unabhängig, aber doch in enger Zusammenarbeit mit den Produktionsgemeinschaften seiner Zeit, schuf er formvollendete Werke. Seine Wiener Mosaikwerkstätte zeichnete für die Umsetzung von Klimts Stocletfries verantwortlich.

»Spröde Erfindung gepaart mit künstlerischem Ernst«. Forstners Lehrjahre
Leopold Forstner wurde am 2. November 1878 in Bad Leonfelden, Oberösterreich geboren. Nach seiner Ausbildung an der Staatshandwerkschule in Linz und der Tiroler Glasmalereischule in Innsbruck studierte er ab dem Wintersemester 1898/99 an der k. k. Kunstgewerbeschule. Forstner lernte zuerst bei Karl Karger, wechselte jedoch nach einem Jahr in die Fachklasse von Kolo Moser. Im November des Jahres 1902 setzte er seine Ausbildung an der Akademie der bildenden Künste München fort. 1903 folgten Aufenthalte in Venedig, Ravenna und Rom, die grundlegend für seine Hinwendung zur Materialkunst waren. Auch Gustav Klimt besuchte in diesem Jahr Venedig und Ravenna und war von den dort besichtigten Mosaiken beeindruckt.

Forstners Ausstellungsdebüt
Vor allem seine Verbindung zu Moser brachte Forstner mit wichtigen Persönlichkeiten in Kontakt. 1902 stellte er auf der »XV. Ausstellung der Vereinigung Bildender Künstler Österreichs Secession« aus. Im Folgejahr steuerte er Holzschnitte für Ver Sacrum bei. 1904 folgte einer von Forstners ersten Aufträgen noch vor der offiziellen Gründung seiner eigenen Produktionsstätte: die Ausführung des von der Wiener Werkstätte entworfenen Geschäftslokalschildes für den Modesalon »Schwestern Flöge«. 1908 zeigte er auf der »Kunstschau Wien« neben Plakatentwürfen und einem Gemälde, eine große Auswahl an Mosaikarbeiten. Raum 25 war ihm und seiner in diesem Jahr offiziell gegründeten Mosaikwerkstätte vorbehalten. Die Kritik beurteilte Forstners Können durchwegs positiv, so postulierte Joseph August Lux:

»Manchmal nimmt sie [die Jugend] sogar die Kraft zusammen, über die bloße Improvisation hinauszugehen und ein ernstes Lebensprogramm durchzuführen. So sehe ich den jungen Leopold Forstner, der als Maler und Illustrator bereits gut angesehen, sich ganz der Materialkunst zugewendet, und eine eigene Mosaikwerkstätte eröffnet hat.«

1909 wurde Forstner abermals zur Teilnahme an der »Internationalen Kunstschau« eingeladen, wo er mit mehreren Arbeiten vertreten war. Er präsentierte etwa auch ein Fragment aus dem Mosaik Der Frühling, das er im gleichen Jahr im Speisesaal des Grazer Grand Hotel Wiesler umsetzte. Zwei Jahre später, 1911, folgte sein Ausstellungsdebüt im Ausland im Rahmen der »Internationalen Kunstausstellung« in Rom. Klimt präsentierte auf dieser Schau acht Gemälde und wurde mit einem Geldpreis ausgezeichnet.

»Nicht dem Fresko […], sondern dem Mosaik gehört die Zukunft«. Die Wiener Mosaikwerkstätte
Die offizielle Gründung der Wiener Mosaikwerkstätte erfolgte laut Gewerbeschein am 25. Februar 1908. Forstner vereinte in diesem Betrieb in Personalunion Künstler und Handwerker. Das erste Studio befand sich am Althanplatz 6 (Wien-Alsergrund). Er festigte damit seine Stellung als Materialkünstler, der nach Entwürfen aus fremder und eigener Hand arbeitete. Stetig nach Erneuerung der Mosaikkunst strebend, spezialisierte sich Forstner auf kombinatorische Ausformulierungen, in denen unterschiedliche Materialien – von Glaselementen, über Keramik bis hin zu Schmucksteinen und Edelmetallen – zum Einsatz kamen. Darüber hinaus etablierte er – von Otto Wagner angeregt – das Plattenmosaik, eine Technik, die auch bei Klimts Stocletfries (1905–1911, Privatbesitz) zum Einsatz kommen sollte.

Zu einem seiner ersten Großaufträge zählte die Ausführung der Bleiglasfenster nach Entwürfen von Moser für die von Wagner geplante Kirche am Steinhof (1904–1907). Auch das Hochaltarmosaik Die Verheißung des Himmels (1912) wurde schließlich von Forstner entworfen und ausgeführt. Ursprünglich war Moser damit beauftragt worden.

1910 bezog Forstner – wohl auch in Hinblick auf die noch im August desselben Jahres beginnende Umsetzung des Brüsseler Mosaikfrieses – ein größeres Werkstattareal in der Pappenheimgasse 41 (Wien-Brigittenau).

»Wer gibt dem Künstler einen ähnlichen Auftrag für Wien?« Klimt, Forstner und das Palais Stoclet in Brüssel
Jene unikale Meisterleistung, die Klimt »unter dem Dibl beim Gnack« herauswuchs, wurde unter Mitwirkung folgender Firmen in Material umgesetzt: Die häufig mit der Wiener Werkstätte kooperierende Marmorfirma Oreste A. Bastreri besorgte die Marmorplatten. Die Wiener Keramik zeichnete für die keramischen Details verantwortlich. Die Wiener Werkstätte fertigte die Teilstücke aus Metall und die Emailklasse der Kunstgewerbeschule stellte die benötigten Emails zur Verfügung. Für die Zusammen- und Umsetzung all dieser Einzelteile war wiederum Forstners Mosaikwerkstätte verantwortlich. Es handelt sich dabei um ein sogenanntes Plattenmosaik, »eine Arbeit, die größte Präzision erfordert und mit nicht geringen Schwierigkeiten verbunden ist«, wie Josef Folnesics, Vizedirektor des Österreichischen Museums für Kunst und Industrie (heute: MAK – Museum für angewandte Kunst, Wien) ausführte.
Klimt versah die Entwurfszeichnungen mit zahlreichen Notizen und Hinweisen für die ausführenden Kräfte und war auch in die Umsetzung selbst eingebunden. Erste Probestücke, die er zu Begutachtung erhielt, waren wenig überzeugend, sodass er Änderungen verlangte. So mussten etwa mehrere Gold-Proben hergestellt werden, um den richtigen Goldton für das Mosaik zu finden, wie Berta Zuckerkandl berichtete. Vollends überzeugt sollte Klimt auch nach Fertigstellung nie sein.

Präsentation in Wien
Wohingegen Berta Zuckerkandl in der Allgemeinen Wiener Zeitung von 23. Oktober 1911 von einem erlauchten Kreis sprach, der den Fries vor seiner Überstellung nach Brüssel in Forstners Mosaikwerkstätte besichtigen durfte, berichtete Roessler in der Arbeiter-Zeitung wenige Tage später: »Ein neues Werk von Gustav Klimt ist gegenwärtig in L. Forstners Mosaikwerkstätte, XX. Pappenheimgasse Nr. 41, zu sehen: ein Teil der Wandverkleidung eines Raumes in der von Professor Hoffmann in Brüssel erbauten Stoclet-Villa«. Es kam wohl nicht zu einer breitenwirksamen Präsentation im Rahmen einer offiziellen Ausstellung, dennoch wurde der Wiener Gesellschaft die Möglichkeit geboten, Teile des Frieses zu besichtigen. Waerndorfer holte zuvor das Einverständnis von Adolphe Stoclet ein. Moriz Nähr fertigte vermutlich in diesem Zusammenhang Fotografien der Platten an.

Schließlich begann im November der langwierige Transport nach Brüssel. Anfang Dezember kam Klimts Der Stocletfries an. Zu Jahresbeginn 1912 begab sich auch Forstner nach Belgien, um die finalen Arbeiten vor Ort abschließen zu können. Abgesehen vom Mosaik für den Speisesaal schuf er auch im Vestibül dieses Prachtbaues ein Mosaik aus Glas und Keramik und führte Fische im Mosaikverfahren, die für das Badezimmer vorgesehen waren, aus.

1912 war Forstner mit Arbeiten auf der »Frühjahrsausstellung« des k. k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie vertreten. Auch dem Palais Stoclet und den an diesem Gesamtkunstwerk arbeitenden Kunstschaffenden wurde Raum geboten. Zur Präsentation gelangten etwa Klimts Entwurfszeichnungen für Der Stocletfries. Ein Vermerk auf Forstners Umsetzung war nicht ausgewiesen, ebenso wenig im Ausstellungskatalog. Die Wiener Reichspost merkte an:

»Der Kreis der Mitarbeiter wäre nicht geschlossen, ohne Leopold Forstner zu nennen, welcher im Katalog wohl nicht als Mitarbeiter genannt wird, der jedoch den Klimtschen Marmorfriesentwurf durch die geniale Übersetzung in das Material des Mosaiks, der Majolika, des Metallemails erst die faszinierende Belebtheit gab.«

»Prozess um ein Mosaikbild nach Klimt«. Forstners Forderung nach künstlerischer Anerkennung
Forstner erhielt für seine Arbeit am Fries von der Wiener Werkstätte ein Honorar von 14.000 Kronen (ca. 87.000 Euro). Er forderte jedoch ein weiteres Honorar ein, das anteilsmäßig seine künstlerische Einbringung in diese Ausführung abgelten sollte. Die Wiener Werkstätte verweigerte diese Zahlung, weswegen Forstner Klage einbrachte. Die Verhandlung fand am 30. August 1912 statt, führte jedoch zu keiner Lösung. Der Senat des Zivillandesgerichtes beschloss eine Vertagung und berief als Sachverständigen Moser ein, der zum »künstlerischen Wert des Klägers Stellung nehmen sollte«. Wenige Wochen später zog Forstner die Klage ohne weitere Anspruchsstellungen zurück.

Forstners Leben nach Der Stocletfries
Im Jahr 1915 übersiedelte Forstner nach Stockerau, die Geburtsstadt seiner Frau, Stefanie Stöger. Kurz darauf bereiste er als Sammeloffizier des k. k. Heeresmuseums die besetzten Balkangebiete. Einige Zeichnungen zeugen von diesen Aufenthalten. Nach Kriegsende gab er seine Mosaikwerkstätte endgültig auf und widmete sich fortan der Erzeugung und Dekoration von Edelglas. Ab 1929 und bis zu seinem Tode war er Lehrer am Bundesrealgymnasium Hollabrunn und betätigte sich nebenbei in unterschiedlichen Bereichen des Kunsthandwerks. Forstner starb am 05. November 1936 und fand seine letzte Ruhestätte in einem von ihm entworfenen Familiengrab am Stockerauer Friedhof.

Literatur und Quellen

  • Josef August Lux: Kunstschau Wien 1908, in: Deutsche Kunst und Dekoration, Band 23 (1908/09), S. 33-61, S. 51.
  • Berta Zuckerkandl: Eine Wiener Mosaik-Werkstätte, in: Deutsche Kunst und Dekoration, Band 24 (1909), S. 85-90, S. 85, S. 87.
  • Ansichtskarte von Gustav Klimt in Wien an Emilie Flöge in Kammer am Attersee, 2. Karte (Morgen) (07/21/1910). RL 2822, Leopold Privatsammlung.
  • Franz Servaes: Ein Streifzug durch die Wiener Malerei, in: Kunst und Künstler. Illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe, 8. Jg., Heft 12 (1910), S. 587-598, S. 593.
  • Leopold Forstner: Mosaik, Glasmalerei und Mosaikverglasung. Gedanken eines Praktikers, in: Deutsche Kunst und Dekoration, Band 27 (1910/11), S. 383-286.
  • Berta Zuckerkandl: Der Klimt-Fries, in: Wiener Allgemeine Zeitung, 23.10.1911, S. 2.
  • Arthur Roessler: Theater und Kunst. Wiener Mosaikwerkstätte, in: Arbeiter-Zeitung (Morgenausgabe), 29.10.1911, S. 11.
  • N. N.: Prozess um ein Mosaikfries nach Klimt, in: Neues Wiener Tagblatt, 01.09.1912, S. 17.
  • N. N.: Eine Klage gegen die Wiener Werkstätte, in: Neues Wiener Journal, 01.09.1912, S. 15f..
  • N. N.: Der Mosaikfries Gustav Klimts, in: Die Zeit, 02.10.1912, S. 6.
  • Amalie Sara Levetus: Das Stoclethaus zu Brüssel von Architekt Josef Hoffmann, in: Moderne Bauformen. Monatshefte für Architektur und Raumkunst, 13. Jg. (1914), S. 1-34.
  • N. N.: Stockerau. Ein neuer Mitbürger, in: Österreichische Land-Zeitung, 12.06.1915, S. 17.
  • Wilhelm Mrazek: Die Mosaikwerkstätte Leopold Forstner-Wien, in: Leopold Forstner. Ein Maler und Materialkünstler des Wiener Jugendstils, Wien 1981.
  • Josef Folnesics: Die Mosaikwerkstätte L. Forstner, in: Zeitschrift für alte und neue Glasmalerei und verwandte Gebiete, Heft 4 (1912), S. 38.
  • Ludwig Hevesi: Aus dem Wiener Kunstleben. Kunstschau, in: Kunst und Kunsthandwerk. Monatsschrift des k. k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie, 12. Jg., Heft 5 (1909), S. 295.
  • Arthur Roessler: Leopold Forstners Hochaltarmosaik in der Kirche Am Steinhof in Wien, in: Moderne Bauformen. Monatshefte für Architektur und Raumkunst, 13. Jg. (1914), S. 381-383.