Joseph Maria Olbrich

Joseph Maria Olbrich
© Bildarchiv und Grafiksammlung, Österreichische Nationalbibliothek

Der Architekt Joseph Maria Olbrich verschrieb sich als Mitbegründer der Wiener Secession dem Gesamtkunstwerk, zählte zu den Gründern des Deutschen Werkbundes und war als Designer und Grafiker tätig. Er beeinflusste maßgeblich die Kunst und Architektur der Moderne mit Bauten wie dem Ausstellungsgebäude der Secession in Wien und der Künstlerkolonie Mathildenhöhe in Darmstadt.

Joseph Maria Olbrich wurde am 22. Dezember 1867 im österreichisch-schlesischen Troppau (heute: Opava, Tschechische Republik) geboren. Sein wohlhabender Vater Edmund Olbrich besaß eine Lebzelterei, Anteile der Ziegelfabrik Olbrich und Lamla, und war Stadtrat. Nachdem Olbrich das Gymnasium vorzeitig abbrach, absolvierte er eine Maurerlehre bei dem Baumeister Hubert Kmentt. 1882 übersiedelte er nach Wien, um in die Staatsgewerbeschule einzutreten und die Architekturklassen von Julius Deininger und Camillo Sitte zu besuchen. Olbrich kehrte nach seiner Abschlussprüfung 1886 nach Troppau zurück und begann bei der Baufirma August Bartel als Zeichner zu arbeiten, stieg allerdings rasch zum leitenden Architekten auf.

Um seine bautechnische Ausbildung zu ergänzen, ging er 1890 erneut nach Wien, wo er an der Akademie der bildenden Künste bei Carl Hasenauer Architektur studierte. Mit seinen Entwürfen gewann er mehrere Preise und konnte sogar Otto Wagner von seinen Fähigkeiten überzeugen, der ihn ab 1893 in seinem Büro beschäftigte. Olbrich war anfangs Zeichner, später auch Mitarbeiter der Stadtbahnbauten unter Wagner und entwickelte sich vom spätromantisch-neobarocken Baumeister zum floral-frühsecessionistischen Baukünstler. Das Staatsreisestipendium (Rompreis) führte ihn zwischen 1893–1895 nach Italien, Nordafrika, Frankreich, England und Deutschland.

Er wurde 1894 Mitglied der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens, schloss sich allerdings auch mit Josef Hoffmann, Joseph Urban und Kolo Moser zu der losen Künstlergruppe Siebener-Club – die sich für avantgardistische Kunstströmungen interessierte – zusammen und zählte 1897 neben Gustav Klimt zu den Gründungsmitgliedern der Wiener Secession. Bereits vor der offiziellen Gründung der Künstlervereinigung begann Olbrich, der auch ein häufiger Gast bei Fritz Waerndorfer und Carl Moll war, mit der Planung des eigenen Ausstellungsgebäudes, das 1898 eröffnet wurde. Das moderne Bauwerk mit der weißen Fassade, Kuppel aus vergoldeten Lorbeerblättern und dem in goldenen Buchstaben angebrachten Leitspruch der Secession »DER ZEIT IHRE KVNST. DER KVNST IHRE FREIHEIT« sorgte durch sein radikal neuartiges Erscheinungsbild für heftige Diskussionen. In den folgenden Jahren übernahm Olbrich mehrfach die Raumgestaltung der Ausstellungen und schuf für die ersten beiden Jahrgänge der Vereinszeitschrift Ver Sacrum Entwürfe bzw. war 1899 Redaktionsmitglied. Bereits zuvor lieferte er Grafiken wie Illustrationen, Vignetten und Initialen für Der Architekt.

Olbrich verließ 1898 Wagners Atelier und widmete sich bei seinen Privataufträgen vor allem Um- und Neubauten sowie Inneneinrichtungen von Wohnhäusern. Dabei zählten die Villa Friedmann in der Hinterbrühl, das Wohn- und Geschäftshaus Stöhr in St. Pölten und die Villa von Hermann Bahr in Ober St. Veit zu den wohl prominentesten Arbeiten.

Olbrich entwickelte architektonische Idealpläne für eine Villenstadt Cobenzl-Krapfenwaldl und Gartenbauvorschläge, die jedoch nicht ausgeführt wurden. 1899 publizierte er eine Mappe mit Architekturstudien und einem Vorwort von Ludwig Hevesi unter dem Titel Ideen von Olbrich. Impulsgebend für seine Architekturideen waren die englische Arts-and-Crafts-Bewegung sowie der belgische Jugendstil von Victor Horta und Henry van der Velde. In seinem ganzheitlichen Ansatz, alles von der größten bis zur kleinsten Form selbst zu entwerfen, kreierte Olbrich Gesamtkunstwerke von der Architektur bis zur Ausstattung.

Berufung nach Darmstadt
Auf Einladung Großherzogs Ernst Ludwig von Hessen wurde Olbrich nach Darmstadt berufen, um an der Gründung einer Künstlerkolonie auf der Mathildenhöhe mitzuwirken. Die Möglichkeit seine Ideen zur Siedlungsplanung zu verwirklichen bewegte ihn 1899 zum Umzug nach Darmstadt, wo er die Erneuerung der deutschen Architektur maßgeblich beeinflusste. Er prägte das Erscheinungsbild der Mathildenhöhe, da fast alle Bauentwürfe von ihm stammten. Zudem wurde Olbrich in Darmstadt zum Hofbaurat sowie Professor ernannt und erhielt Orden und Ehrungen.

Im Jahr 1900 gestaltete er das Wiener Interieur und das Darmstädter Zimmer für die Weltausstellung in Paris. Im Pavillon der Österreichischen Abteilung war unter anderem Gustav Klimt mit drei Gemälden vertreten – Porträt Sonja Knips (1897/98, Belvedere, Wien), Pallas Athene (1898, Wien Museum, Wien) und Die Philosophie (1900–1907, 1945 in Schloss Immendorf verbrannt) – wobei Letzteres mit dem Grand Prix ausgezeichnet wurde. Zu dieser Zeit beauftragte Hermann Bahr den befreundeten Olbrich mit seiner Villa in Ober Sankt Veit, der hier die bereits um 1899 entwickelte Ideenskizze Ein kleines Haus umsetzte. Im Arbeitszimmer des schlichten Bauwerks fand auch Klimts, von Bahr angekaufte, Nuda Veritas (1899, Theatermuseum, Wien) ihren Platz.

Es folgten eine Moskaureise, zahlreiche Aufträge und Olbrich beteiligte sich 1902 an der »I. Internationalen Ausstellung für moderne dekorative Kunst in Turin«. 1904 bewarb er sich erfolglos um eine Professur an der k. k. Akademie der bildenden Künste in Wien, beteiligte sich mit einer Innenraumgestaltung an der Weltausstellung in St. Louis und verlegte sein Atelier 1907 nach Düsseldorf. Dort arbeitete er an seinem größten Projekt, dem Warenhaus Tietz sowie an mehreren Privathäusern im Rheinland. Im gleichen Jahr zählte er zu den Mitbegründern des Deutschen Werkbunds und bewarb sich, erneut erfolglos, als Direktor an der Düsseldorfer Kunstgewerbeschule.

Bereits 1903 heiratete er seine Frau Clara »Claire« Morawe und deren gemeinsame Tochter Marianne wurde 1908 geboren. Wenige Wochen nach der Geburt starb der an Leukämie erkrankte Joseph Maria Olbrich mit nur 41 Jahren am 8. August 1908 in Düsseldorf.

Literatur und Quellen

  • Architektenlexikon. Wien 1770–1945. Joseph Maria Olbrich. www.architektenlexikon.at/de/441.htm (07.05.2020).
  • Wien Geschichte Wiki. Joseph Maria Olbrich. www.geschichtewiki.wien.gv.at/Joseph_Maria_Olbrich (07.05.2020).
  • Joseph Maria Olbrich: Unsere nächste Arbeit, in: Deutsche Kunst und Dekoration, Band 6 (1900), S. 366-369.
  • Otto Wagner: Joseph Olbrich, in: Die Zeit, 14.08.1908, S. 1-2.
  • Andreas Beyer, Bénédicte Savoy, Wolf Tegethoff (Hg.): Allgemeines Künstler-Lexikon. Die bildenden Künstler aller Zeiten und Völker, Band XCIII, Berlin - New York 2017, S. 285.
  • Brief verfasst von Alfred Roller an den Ausschuss der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens, unterzeichnet von Gustav Klimt, Carl Moll, Rudolf Bacher, Ernst Stöhr, Johann Victor Krämer, Joseph Maria Olbrich, u.a., Austrittsgesuch (05/24/1897). Mappe Gustav Klimt, Künstlerhaus-Archiv, Wien.
  • Joseph Maria Olbrich, Ludwig Hevesi: Ideen von Olbrich, Wien 1899.
  • Ludwig Hevesi: Villa Bahr. Juni 1900, in: Acht Jahre Sezession (März 1897–Juni 1905). Kritik – Polemik – Chronik, Wien 1906, S. 512-516.