Josef Maria Auchentaller

Hans Watzek (?): Die Medizin, vermutlich Juni 1901 - Oktober 1901, Privatbesitz: Josef Maria Auchentaller vor Gustav Klimts »Medizin« auf der »VIII. Internationalen Kunstausstellung im königlichen Glaspalast zu München«, 1901, Privatbesitz
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Titelblatt, in: Vereinigung bildender KünstlerInnen Wiener Secession (Hg.): Ver Sacrum. Mitteilungen der Vereinigung bildender Künstler Österreichs, 4. Jg., Heft 8 (1901).
© Klimt-Foundation, Wien

Musikzimmer im Haus von Georg Adam Scheid, um 1901, in: Vereinigung bildender KünstlerInnen Wiener Secession (Hg.): Ver Sacrum. Mitteilungen der Vereinigung bildender Künstler Österreichs, 4. Jg., Heft 8 (1901).
© ANNO | Österreichische Nationalbibliothek

Der Maler und Grafiker Josef Maria Auchentaller lebte vorwiegend in Wien und ab 1903 auch in der adriatischen Küstenstadt Grado. Er betätigte sich als Porträtist, Landschaftsmaler und Entwerfer für Schmuck und Kunstgewerbe. Seine Beiträge für die Wiener Secession, die Zeitschrift Ver Sacrum und die Plakatkunst des Jugendstils waren jedoch seine bedeutendsten Leistungen.

Josef Maria Auchentaller wurde am 2. August 1865 in Wien geboren und besuchte ab 1882 die Bauschule der Technischen Hochschule bei Karl Lützow und Josef Bayer. Nach Abbruch des Studiums wechselte er 1886 an die Akademie der bildenden Künste in die Malklasse von Franz Rumpler und gewann einige Preise. Er absolvierte 1890 den Militärdienst und trat in die Spezialschule von Leopold Carl Müller ein. Bereits 1885 lernte er Emma Scheid, die Tochter des Silber- und Schmuckfabrikanten Georg Adam Scheid kennen, die er 1891 heiratete.

München, Italien und die Wiener Secession

Auchentaller übersiedelte 1892 nach München, wo er in die von Paul Höcker geleitete Malschule an der Königlich-Bayrischen Akademie eintrat. Hier knüpfte er Kontakte zur Münchner Secession und arbeitete für deren Zeitschrift Jugend. In seiner Münchner Zeit beschäftigte er sich mit Musik und Literatur, aber auch die symbolistische Malerei von Franz Stuck beeinflusste sein späteres Werk.

 

Gemeinsam mit der Familie reiste Auchentaller 1896 durch Italien, wo sie sich länger in Rom aufhielten. Im Sommer 1897 kehrten sie zurück nach Wien. Er war nun vermehrt für die Firma seines Schwiegervaters tätig, für die er Schmuck und kunstgewerbliche Gegenstände entwarf, betätigte sich als Grafiker und Plakatkünstler und gestaltete ab 1898 auch grafische Beiträge für das Ver Sacrum, der Vereinszeitschrift der Wiener Secession. Ordentliches Mitglied der Vereinigung wurde er erst ab 1899 und stieg rasch in das Redaktionskomitee und in den Arbeitsausschuss auf. Er übernahm die komplette Gestaltung des 8. Ver Sacrum-Heftes des 4. Jahrgangs 1901, das Entwürfe für Stoffe, Schmuckstücke, kunstgewerbliche Arbeiten, Illustrationen und ein Foto des Musikzimmers von Georg Adam Scheid enthielt und seine künstlerische Bandbreite zeigte. Für das Musikzimmer in der Villa seiner Schwiegereltern im vornehmen Wiener Cottageviertel schuf er die Ausstattung und einen Gemäldezyklus, dessen Leitmotiv Beethovens 6. Symphonie Pastorale war.

 

Daneben beteiligte er sich selbst an zahlreichen Ausstellungen und Innendekorationen und organisierte 1901 die Teilnahme der Secession an der »VIII. Internationalen Kunstausstellung im königlichen Glaspalast zu München«. Dabei übernahm er die Raumgestaltung sowie das Arrangement der Werke, unter denen sich auch Klimts Fakultätsbild Die Medizin (1900–1907, 1945 in Schloss Immendorf verbrannt) befand. 1902 fand die epochale »XIV. Beethovenausstellung« in der Wiener Secession statt, die ein Zeugnis der secessionistischen Programmatik des Gesamtkunstwerks darstellte. Hier war Klimts berühmter Beethovenfries im linken und Auchentallers Fries Freude, schöner Götterfunken an der Längswand des rechten Seitensaals zu sehen.

 

Auchentaller arbeitete zudem als Entwerfer für die Wiener Werkstätte, die Textilfirma Joh. Backhausen & Söhne, als Werbegrafiker für Styria-Fahrräder oder auch Kathreiners Kneipp-Malz-Kaffee und malte zahlreiche Porträts wie z.B. jenes von Maria Ast, der Frau des Bauunternehmers und Sammlers Eduard Ast.

Josef Maria Auchentaller: Plakat Seebad Grado. Österreichisches Küstenland, 1906, Wien Museum
© Wien Museum

Julius Mayreder: Pension Fortino im Seebad Grado, um 1906, in: Der Architekt. Wiener Monatshefte für Bau- und Raumkunst, 12. Jg. (1906).
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Grado. Am Strand Mitteleuropas

Um finanziell beizusteuern, plante Emma Auchentaller mit Unterstützung der Familie Marchesini in Grado die Pension Fortino zu eröffnen, deren Bau 1902 nach den Entwürfen des Architekten Julius Mayreder begann. Die Auchentallers übersiedelten 1903 nach Grado, wo sie entscheidend zur touristischen Entwicklung des Adriaseebads beitrugen: Emma führte die 1904 eröffnete Pension, Josef Maria Auchentaller entwarf das berühmte Plakat Seebad Grado. Österreichisches Küstenland sowie weitere Werbegrafiken. Er verbrachte die Sommer fortan in Grado und lebte im Winter in Wien. Dies führte zur Schwächung seiner Kontakte zur Wiener Kunstszene, obwohl ihn befreundete Künstler wie Carl Moll, Alfred Roller oder Otto Wagner gelegentlich an der Adria besuchten.

 

1905 folgte der Austritt der Klimt-Gruppe aus der Secession, dem sich auch Auchentaller anschloss. In der Zeit danach mietete er 1908 ein Atelier in Wien, erteilte dort privaten Malunterricht, nahm an einigen Ausstellungen teil – darunter die »Internationale Kunstschau Wien 1909«, die »I. Internationale Jagdausstellung« (1910) und die »Große Kunstausstellung in Dresden« (1912) – und widmete sich vermehrt der Landschafts- und Porträtmalerei. Da ihn eine lebenslange Freundschaft mit seiner Schwägerin Martha (geb. Scheid) und dessen Mann Viktor Thonet, dem Leiter der Möbelfabrik verband, entstanden einige Porträts der Familienmitglieder.

 

Der Tod der Tochter 1914 und der Ausbruch des Ersten Weltkriegs bedeutete eine schwierige Zeit für die Familie Auchentaller, da sie Grado verlassen und ins friaulische Hinterland flüchten musste. Nach Aufenthalten in Hinterstoder und am Grundlsee wurde er 1916 zum Kriegsdienst einberufen. Er kehrte 1917 an den Grundlsee zurück, wo er sich intensiv mit Landschaftsmalerei befasste. 1919 übersiedelte das Ehepaar wieder nach Grado. Auchentaller zog sich in den 1920er Jahren aus dem Kunstleben zurück und starb am 30. Mai 1949 in Mödling.

Literatur und Quellen

  • Wien Geschichte Wiki. Joseph Maria Auchentaller. www.geschichtewiki.wien.gv.at/Joseph_Maria_Auchentaller (19.05.2020).
  • Österreichisches Biographisches Lexikon. Joseph Maria Auchentaller. www.biographien.ac.at/oebl/oebl_A/Auchentaller_Josef-Maria_1865_1949.xml (19.05.2020).
  • Roberto Festi (Hg.): Wiener Bijoux. Gioielli e design / Schmuck und Design. Josef Maria Auchentaller per / für Georg Adam Scheid, Ausst.-Kat., Casa della Musica (Grado), 21.06.2015–01.11.2015, Grado 2015.
  • Roberto Festi (Hg.): Josef Maria Auchentaller. 1865-1949. Ein Künstler der Wiener Secession / Un secessionista ai confini dell'Impero, Ausst.-Kat., Palazzo Attems - Petzenstein (Gorizia), 24.04.2008–30.09.2008; Galleria Civica (Bozen), 25.10.2008–25.01.2009; Leopold Museum (Museums Quartier, Wien), 11.06.2009–21.09.2009, Civezzano 2008.
  • Vereinigung bildender KünstlerInnen Wiener Secession (Hg.): Ver Sacrum. Mitteilungen der Vereinigung bildender Künstler Österreichs, 4. Jg., Heft 8 (1901).
  • Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession (Hg.): Erster Jahresbericht der Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession, Wien 1899, S. 30.
  • Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession (Hg.): Dritter Jahresbericht der Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession, Wien 1901, S. 9.
  • Münchener Künstlergenossenschaft (Hg.): VIII. Internationale Kunstausstellung im königlichen Glaspalast zu München 1901. Illustrirter Katalog, Ausst.-Kat., Glaspalast zu München (München), 01.06.1901–31.10.1901, München 1901, S. 11.
  • Fritz Novotny, Johannes Dobai (Hg.): Gustav Klimt, Salzburg 1967, S. 389.
  • Andreas Maleta: J. M. Auchentallers Beethoven-Musikzimmer.. Die Entdeckung eines Wiener Gesamtkunstwerkes: Vom Musikzimmer zum Beethoven-Fries in der Secession, Wien 2017.