Hermann Muthesius

Hermann Muthesius fotografiert von Rudolph Dührkoop, 1908
© Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg

Hermann Muthesius war ein bedeutender deutscher Architekt und Autor. 1907 beteiligte er sich an der Gründung des Deutschen Werkbundes – eine länderübergreifende Vereinigung zur »Veredelung der gewerblichen Arbeit«. Er war mit dem Maler Gustav Klimt bekannt, der ihn 1907 in Deutschland besuchte.

Adam Gottlieb Hermann Muthesius, geboren 1861 in Großneuhausen in Thüringen, absolvierte bei seinem Vater eine Maurerlehre und erhielt eine umfangreiche Allgemeinbildung. Nach seinem Schulabschluss studierte er zunächst Philosophie und Kunstgeschichte; wechselte aber später zum Studienfach Architektur. 1887 beendete er sein Studium und arbeitete in einigen bedeutenden Architektenbüros und für das Preußische Ministerium für öffentliche Arbeiten, wodurch ihm Reisen nach Japan und Großbritannien ermöglicht wurden, die ihn maßgeblich prägten. Während seines Aufenthaltes in London publizierte er zahlreiche Aufsätze über die aktuelle englische Kunst- und Architekturentwicklung. 1904 kehrte er nach Deutschland zurück, wo er fortan für das preußische Handelsministerium arbeitete. Daneben war er als selbstständiger Architekt tätig und wirkte vor allem in und um Berlin, wo er zahlreiche Landhäuser errichtete.

Gründung des Deutschen Werkbundes (1907)
Muthesius war ein entschiedener Kritiker des Stilpluralismus des Historismus und Befürworter eines sachlichen Architekturstils. Dies postulierte er auch 1907 bei seiner Antrittsvorlesung an der Handelshochschule in Berlin, was Proteste und Diskussionen zur Folge hatte. Das gab unter anderem Anstoß für die Etablierung des Deutschen Werkbundes, der 1907 in München von Architekten, Künstlern und Industriellen gegründet wurde. Ein Jahr später fand dort auch der mehrtägige Gründerkongress statt, wo unter anderem Gustav Klimt und Josef Hoffmann als Vertreter der Wiener Künstlerschaft teilnahmen. Muthesius selbst wurde zum zweiten Vorsitzenden der Vereinigung gewählt und avancierte in den nächsten Jahren zu einem der wichtigsten Sprecher des Deutschen Werkbundes

Rückzug
1916 legte Muthesius sein Amt als zweiter Vorsitzender nieder und zog sich aus der Vereinigung zurück. Grund dafür waren in erster Linie interne Streitigkeiten, die bereits 1914 durch die sogenannte »Typisierungsdebatte« ausgelöst wurden und beinahe zur Spaltung des Deutschen Werkbundes geführt hätten. Nach dem Ersten Weltkrieg beschäftigte sich Hermann Muthesius als Architekt und Schriftsteller vor allem mit dem Siedlungsbau und den gegenwärtigen Bau- und Wohnungsfragen. 1927 verunglückte der Architekt – ein Jahr nach seiner Pensionierung – bei einem Straßenbahnunfall tödlich.

Kontakt mit Gustav Klimt
Gustav Klimt und Hermann Muthesius waren nachweislich Bekannte: So besuchte der Maler dem Neuen Wiener Tagblatt zufolge im März 1906 Muthesius Vortrag über Das englische Haus im Österreichischen Museum für Kunst und Industrie (heute: MAK, Wien). Ein Jahr später, im November 1907, reise Klimt nach Berlin und besuchte – laut seiner Korrespondenz mit Emilie Flöge – im Zuge seines dortigen Aufenthaltes den deutschen Architekten. Der Grund für ihr Treffen ist jedoch unbekannt. Ein weiterer Beleg für deren Bekanntschaft ist ein Telegramm, das sich heute im Werkbundarchiv befindet.  

Gustav Klimt: Telegramm von Gustav Klimt in Wien an Hermann Muthesius am Wannsee, 31.05.1908, Werkbundarchiv - Museum der Dinge
© Werkbundarchiv - Museum der Dinge, Berlin

Daraus geht hervor, dass Klimt den Architekten 1908 persönlich zur Eröffnung der Wiener »Kunstschau« einlud. Ob Muthesius an der Eröffnung tatsächlich teilnahm, ist jedoch nicht bekannt. Laut einem Bericht der Zeitung Die Zeit besuchte dieser aber die Ausstellung im Herbst 1908. Vier Jahre später wurde neuerlich von einem Aufeinandertreffen zwischen Klimt und Muthesius medial berichtet. Dieses erfolgte anlässlich der Tagung des deutschen Werkbundes in der österreichischen Hauptstadt, wo beide – mehreren Zeitungsberichten zufolge - einer abendlichen Willkommensveranstaltung im Wiener Kursalon beiwohnten.

Literatur und Quellen

  • Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (Hg.): Neue Deutsche Biografie, Band 18, Berlin 1997, S. 651-653.
  • Der Architekt. Wiener Monatshefte für Bau- und Raumkunst, 23. Jg. (1920), S. 33-44.
  • Neue Freie Presse, 27.10.1927, S. 7.
  • Neues Wiener Tagblatt, 06.07.1914, S. 7.
  • Die Zeit, 31.10.1908, S. 4.
  • Tobias G. Natter, Franz Smola, Peter Weinhäupl (Hg.): Klimt persönlich. Bilder – Briefe – Einblicke, Ausst.-Kat., Leopold Museum (Museums Quartier, Wien), 24.02.2012–27.08.2012, Wien 2012.
  • Telegramm von Gustav Klimt in Wien an Hermann Muthesius am Wannsee (05/31/1908). D 102-3383.
  • Die Zeit, 13.08.1908, S. 1-2.
  • Der Tag, 28.10.1927, S. 5.
  • Neues Wiener Tagblatt, 17.07.1908, S. 14.
  • Hans Vollmer (Hg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker, Band XXV, Leipzig 1931, S. 296.
  • Andreas Beyer, Bénédicte Savoy, Wolf Tegethoff (Hg.): Allgemeines Künstler-Lexikon. Die bildenden Künstler aller Zeiten und Völker, Band XCI, Berlin - New York 2016, S. 362.
  • Neue Freie Presse, 07.06.1912, S. 5-6.
  • Neues Wiener Tagblatt, 03.03.1906, S. 7.