Heinrich Ferstel

Heinrich Ferstel fotografiert von Josef Löwy, um 1880
© Wien Museum

Heinrich Ferstel: Architekturzeichnung für die Votivkirche, 1859, Wien Museum
© Wien Museum

Heinrich Ferstel war einer der bedeutendsten Architekten der Ringstraßenära. Er plante und errichtete unter anderem die Votivkirche, das neue Universitätsgebäude, die Kunstgewerbeschule und das österreichische Museum für Kunst und Industrie.

Heinrich Ferstel, geboren 1828 in Wien, besuchte für einige Jahre gleichzeitig das Polytechnische Institut und die Akademie der bildenden Künste in Wien. Sein Architekturstudium, das er unter anderem bei Eduard van der Nüll und August Sicardsburg absolvierte, beendete er erst 1850, nachdem er dieses wegen der Revolution unterbrechen musste. Er unternahm Studienreisen und sammelte für einige Jahre praktische Erfahrungen im Atelier seines Onkels. 1853 machte sich Ferstel schließlich als Baumeister selbstständig.

Ein Baumeister und Architekt der Ringstraße 
Ferstel nahm an zahlreichen Wettbewerben im In- und Ausland teil. Bereits 1854 gewann er mit nur 26 Jahren die Ausschreibung für den Bau der Votivkirche, die anlässlich des verhinderten Attentats auf Kaiser Franz Joseph I. gestiftet wurde. Danach folgten weitere monumentale Aufträge für öffentliche Gebäude, die in der Wiener Innenstadt oder an der Ringstraße errichtet wurden – darunter das Bank- und Börsengebäude (heute: Palais Ferstel), das österreichische Museum für Kunst und Industrie, die Wiener Kunstgewerbeschule und das neue Universitätsgebäude; für dessen Deckengestaltung des Festsaals wurden später Gustav Klimt und Franz Matsch beauftragt.

Professor, Autor und Juror

Der Architekt unterrichtete ab 1866 an der Bauschule des Polytechnischen Instituts in Wien und übernahm 1880 dessen Leitung. Daneben war Ferstel auch als Autor tätig und verfasste unter anderem zusammen mit Rudolf Eitelberger – späterer Direktor des Museums für Kunst und Industrie – die Schrift Das bürgerliche Wohnhaus und das Wiener Zinshaus und plädierte für eine Reform des Wohnungswesens. In den 1870er Jahren übernahm Ferstel zusammen mit Theophil Hansen und Friedrich Schmidt auch redaktionelle Tätigkeiten bei der Allgemeinen Bauzeitung. Darüber hinaus fungierte Ferstel bei Architekturwettbewerben als Jurymitglied und bewertete unter anderem die Entwürfe und das Bauvorhaben für die Oper, das Rathaus und den Zentralfriedhof in Wien.  

Internationale Anerkennungen und früher Tod
Ferstel erhielt als Architekt viele Auszeichnungen aus dem In- und Ausland und war Mitglied zahlreicher Vereine und Vereinigungen, wie der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens. 1879 ernannte ihn die Stadt Wien aufgrund seiner Verdienste zum Ehrenbürger. 1883 verstarb Ferstel mit nur 55 Jahren in Wien; die Fertigstellung der Wiener Universität erlebte der Architekt nicht mehr.

Literatur und Quellen

  • Architektenlexikon. Wien 1770–1945. Heinrich Ferstel. www.architektenlexikon.at/de/1051.htm (20.04.2020).
  • Allgemeine Bauzeitung, 1883, S. 81-87.
  • Felix Czeike (Hg.): Historisches Lexikon Wien, Band 2, Wien 1993, S. 284-285.
  • Österreichische Akademie der Wissenschaften (Hg.): Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950, Band 1, Wien 1994.
  • Österreichische Kunst-Chronik, Nummer 23 (1884), S. 461-465.
  • Andreas Beyer, Bénédicte Savoy, Wolf Tegethoff (Hg.): Allgemeines Künstler-Lexikon. Die bildenden Künstler aller Zeiten und Völker, Band XXXIX, Berlin - New York 2003, S. 174.