Fernand Khnopff

Fernand Khnopff, in: Die Graphischen Künste, 23. Jg. (1900).
© Universitätsbibliothek Heidelberg

Der belgische Maler, Grafiker und Fotograf Fernand Khnopff ist einer der wichtigsten Vertreter des Symbolismus. Während seiner Aufenthalte und Ausstellungen in Wien beeindruckte er Gustav Klimt und die anderen Künstler der Wiener Secession so sehr, dass ihm eine eigene Ausgabe der Zeitschrift Ver Sacrum gewidmet wurde.  

Fernand Khnopff wurde am 12. September 1858 in eine Familie des gehobenen belgischen Bürgertums hineingeboren. 1866 übersiedelte die gesamte Familie nach Brüssel, wo Khnopff ab 1876 an der Academie Royal des Beaux-Arts bei Jan Portaels und Xavier Mellery lernte. Zunächst schuf er nach dem Vorbild seiner Lehrer vor allem naturalistische Landschaften und Porträts. Gemeinsam mit seinem Bruder, dem Dichter Georges Khnopff, bewegte er sich häufig in literarischen Kreisen.

Im Zuge mehrerer Reisen nach Paris in den späten 1870er Jahren setzte er sich intensiv mit Gemälden alter Meister auseinander, während er auf der Weltausstellung Paris (1889) mit den englischen Präraffaeliten in Kontakt kam. Dieser Stil prägte sein Schaffen von da an maßgeblich. Durch sein reges Interesse an zeitgenössischer Literatur, entwickelte er die Formensprache der Präraffaeliten jedoch weiter zu einer Bildsprache, die psychologische und mystische Inhalte transportierten sollte. Er zählt damit in Belgien zu einem der ersten Künstler des Symbolismus.

Das Werk Khnopffs, der sich bereits in Brüssel als erfolgreicher Porträtmaler etabliert hatte, wurde fortan von zwei Frauentypen dominiert: Die Femme Sphinx als mystisches und gefährliches Halbwesen und deren Konterpart die Femme Ange als himmlische, verträumte Erscheinung.

Fernand Khnopff: I lock my door upon myself, 1891, Neue Pinakothek München
© Bayerische Staatsgemäldesammlungen - Neue Pinakothek München

1883 wurde er zum Mitbegründer der symbolistischen Künstlergruppe Société des Vingt, deren Ziel es war die moderne Kunst zu fördern und der Öffentlichkeit näher zu bringen. Schon 1893 löste sich die Vereinigung allerdings wieder auf.

Zeit seines Lebens nahm Khnopff an diversen internationalen Ausstellungen teil, was ihm zu europaweitem Erfolg verhalf. Außerdem fertigte er Illustrationsgrafiken für mehrere internationale Magazine wie The Studio sowie für die Werke bekannter symbolistischer Literaten wie Stéphane Mallarmé.

Fernand Khnopff auf der I. Secessionsausstellung, in: Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession (Hg.): Katalog der I. Kunstausstellung der Vereinigung bildender Künstler Österreichs, Ausst.-Kat., Blumensäle der k. k. Gartenbaugesellschaft (Wien), 26.03.1898–20.06.1898, Wien 1898.
© Bibliothek des Belvedere, Wien

Fernand Khnopff in Wien
Khnopff stellte 1895 das erste Mal in Wien im Rahmen der »XXIII. Jahresausstellung der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens« aus, auf der sein Werk Memories [Erinnerungen] (1889, Musees Royaux des Beaux-Arts, Brüssel) mit der Goldmedaille ausgezeichnet worden war. Schon davor waren seine Werke durch Publikation in diversen Zeitschriften in Österreich bekannt geworden.

Kurz nach Gründung der Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession 1898 wurde der moderne belgische Künstler zu einem korrespondierenden Mitglied der jungen Künstlerbewegung ernannt. Noch im Frühjahr desselben Jahres reiste er nach Wien um an der ersten Ausstellung der Vereinigung teilzunehmen, wo er mit 20 Werken (16 Gemälden und 4 Skulpturen) vertreten war. Laut eines Berichtes des Kunstkritikers Ludwig Hevesi war der Künstler - den er bezeichnender Weise den »Ober-Mystiker« nannte - sowohl beim Wiener Publikum als auch bei den Künstlern der Wiener Secession sehr wohlwollend aufgenommen worden: »Nun Fernand Khnopff war kürzlich in Wien. Die Jungen haben ihn auf Händen getragen und bei herzlichem Gelage gefeiert.«

Die Verehrung Khnopffs sowohl seitens der jungen Secessionisten als auch der Wiener Gesellschaft führte dazu, dass diesem eine ganze Ausgabe der Zeitschrift Ver Sacrum gewidmet wurde. Fernand Khnopff selbst gestaltete die Grafiken für die 12. Ausgabe des 1. Jahrgangs 1898. Nach der erfolgreichen Teilnahme an der ersten Secessionsausstellung nahm Khnopff auch an der zweiten Ausstellung der Vereinigung mit sieben Werken teil, darunter eines seiner Hauptwerke: L’encens [Weihrauch] (um 1898, Musée d‘Orsay). Bis 1911 beteiligte sich der Belgier noch an zahlreichen weiteren Ausstellungen der Wiener Secession.

Gustav Klimt und Fernand Khnopff
Für das Schaffen der jungen Secessionisten war Khnopff mit Sicherheit ein wichtiges Vorbild. Vor allem in jenen Werken Gustav Klimts, die um 1900 entstanden, ist der Einfluss des belgischen Malers deutlich spürbar. Vergleicht man Khnopffs 1898 in der Secession ausgestellten Werke mit dem Œuvre Klimts, so wird deutlich wie sehr die Gemälde des Symbolisten Klimt als Inspirationsquelle dienten.
Khnopffs Acrasia (The Faerie queene) (1892, Musée royeaux des Beaux Arts, Brüssel), zeigt eine rothaarige, stehende, nackte Frau, die von einem fließenden, blauen Tuch umspielt wird. Die ganze Darstellung scheint zu flimmern, was dem Gemälde eine mystische Qualität verleiht. Im Jahr drauf präsentierte Klimt seine Nuda Veritas (1899, Theatermuseum, Wien), ebenfalls eine rothaarige, stehende, nackte Frauengestalt. Das blaue Tuch aus Khnopffs Acrasia findet seine Entsprechung in einer bewegten Wassersphäre im Hintergrund. Generell bedient sich Klimt in seinen frühen, allegorischen Gemälden desselben Frauentypus wie Khnopff (rothaarige, blauäugige Frauen mit blasser Haut, die dem englischen Idealtypus entsprechen) und übernimmt auch dessen flimmernde, fast schon körnige Malweise. Das Versetzen des Betrachters in eine Art mystische Trance ist hierbei das Ziel.

Ein derartiger Vergleich lässt sich auch in den Landschaftsbildern fortsetzen. Beide Künstler schufen diese vorwiegend in ihren Sommerfrischedomizilen, wobei sich der Belgier von der Umgebung in Fosset und Klimt von der Atterseeregion inspirieren ließ. Khnopff präsentierte 1898 Eau calme [Stilles Wasser] (um 1894, Privatbesitz) in Wien, worauf Klimt mit ein Morgen am Teiche (1899, Leopold Museum, Wien) reagierte. Khnopffs A Fosset. Sous les sapins [Tannen (in Fosset)] (1894, Musée royeaux des Beaux Arts, Brüssel), diente vermutlich als Inspiration für Klimts Tannenwald I (1901, Kunsthaus Zug, Stiftung Sammlung Kamm) und Tannenwald II (1901, Privatbesitz).

Galerie

Klimt und Khnopff

  • Fernand Khnopff: Unbewegtes Wasser. Der Teich von Menil, 1894, Belvedere, Wien
    © Belvedere, Wien
  • Gustav Klimt: Ein Morgen am Teiche, 1899, Leopold Museum
    © Leopold Museum, Wien

1904 erhielt Khnopff den Auftrag zur Gestaltung von Paneelen für das Musikzimmer des Palais Stoclet in seiner Heimatstadt Brüssel. Hier trafen die beiden Künstler erneut aufeinander, da Gustav Klimt im selben Haus an der Ausstattung des Speisezimmers arbeitete, für welches er 1909 bis 1911 Der Stocletfries (1905–1911, Privatbesitz) schuf.

1913 wurde er zum Mitglied der Academie Royal de Belgique ernannt. Für das Théâtre royal de la Monnaie in Brüssel entwarf Khnopff über einen Zeitraum von fast zehn Jahren Kostüme und Requisiten. Fernand Khnopff starb am 2. November 1921 mit 63 Jahren in Brüssel.

Literatur und Quellen

  • Ludwig Hevesi: Acht Jahre Sezession (März 1897–Juni 1905). Kritik – Polemik – Chronik, Wien 1906, S. 15, S. 30-35.
  • Agnes Husslein-Arco, Alfred Weidinger (Hg.): Dekadenz. Position des österreichischen Symbolismus, Ausst.-Kat., Unteres Belvedere (Wien), 20.06.2013–13.10.2013, Wien 2013, S. 68-76.
  • Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens (Hg.): Katalog der XXIII. Jahresausstellung der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens, Ausst.-Kat., Künstlerhaus (Wien), 30.03.1895–09.06.1895, Wien 1895.
  • Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession (Hg.): Ver Sacrum. Organ der Vereinigung bildender Künstler Österreichs, 1. Jg., Heft 12 (1898).
  • Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession (Hg.): Ver Sacrum. Organ der Vereinigung bildender Künstler Österreichs, 1. Jg., Heft 2 (1898), S. 28.
  • Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession (Hg.): Katalog der I. Kunstausstellung der Vereinigung bildender Künstler Österreichs, Ausst.-Kat., Blumensäle der k. k. Gartenbaugesellschaft (Wien), 26.03.1898–20.06.1898, Wien 1898.
  • Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession (Hg.): Katalog der II. Kunst-Ausstellung der Vereinigung bildender Künstler Österreichs, Ausst.-Kat., Secession (Wien), 12.11.1898–28.12.1898, Wien 1898.
  • Günter Meissner, Andreas Beyer, Bénédicte Savoy, Wolf Tegethoff: Allgemeines Künstler-Lexikon. Die bildenden Künstler aller Zeiten und Völker, Band LXXX, New York - Berlin 2014, S. 185.
  • Hans Vollmer (Hg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker, Band XX, Leipzig 1927, S. 246.