Ferdinand Hodler

Photographische Rundschau und photographisches Centralblatt. Zeitschrift für Freunde der Photographie, 20. Jg., Heft 23 (1906).
© Klimt-Foundation, Wien

Der Schweizer Maler Ferdinand Hodler schuf Porträts, Landschaften und monumentale Figurenbildnisse, die durch klare Formen, Farben und sein Kompositionsprinzip des »Parallelismus« charakterisiert wurden. Er war ein Vertreter des Symbolismus und stellte mehrfach in der Wiener Secession und in zahlreichen internationalen Ausstellungen aus.

Ferdinand Hodler wurde am 14. März 1853 in ärmlichen Verhältnissen in Bern als ältester Sohn von Margareta und Johann Hodler geboren. Nach dem frühen Tod seines Vaters heiratete seine Mutter 1861 den Dekorations- und Flachmaler Gottlieb Schüpbach, bei dem Hodler während seiner Volksschulzeit lernte. Hodler verlor mit 14 Jahren auch seine Mutter an Tuberkulose. Um 1868 begann er eine Lehre beim Vedutenmaler Ferdinand Sommer in Thun, in dessen Atelier er nach Werken von François Diday und Alexandre Calame Landschaftsbilder für Touristen malte. Hodler brach seine Lehre ab und zog nach Langenthal, wo er seinen Lebensunterhalt mit dem Verkauf von Landschaftsansichten verdiente, die er ab 1871 signierte.

Im Jahr 1872 ging Hodler nach Genf, um sich weiterzubilden: Im Musée Rath kopierte er Gemälde von Diday und Calame und bekam ab 1873 einen fünfjährigen Freiplatz in der Malereiklasse von Barthélemy Menn, dem Direktor der École des Beaux-Arts. In den folgenden Jahren nahm Hodler regelmäßig an Ausschreibungen, Wettbewerben und Ausstellungen im In- und Ausland teil, reiste nach Paris und Madrid und besuchte in Genf Vorträge und Kurse über Anatomie, Philosophie, Literatur, Englisch, Physik und Mechanik. Er begann sich vermehrt der Freilichtmalerei zu widmen und bezog 1881 ein Atelier in der Grand-Rue 35.

Ab 1885 tauschte er sich mit befreundeten Künstlern und Literaten regelmäßig über idealistische und symbolistische Inhalte aus und wurde künstlerisch erfolgreicher. Zwar wurde Hodler 1890 die Ausstellung seines ersten monumentalen Hauptwerks Die Nacht (1889/90, Kunstmuseum Bern) im Musée Rath aus sittlichen Gründen verwehrt, jedoch konnte er das Gemälde auf eigene Initiative im Genfer Wahlgebäude öffentlich präsentieren. Im Frühjahr 1891 nahm die Jury des »Salon du Champ-de-Mars« – darunter auch Pierre Puvis de Chavannes und Auguste Rodin – Die Nacht einstimmig zur Ausstellung in Paris an. Es folgten diverse Ausstellungsbeteiligungen wie zum Beispiel im »Salon Rose + Croix« in der renommierten Pariser Galerie Durand-Ruel.

Hodler beschäftigte sich in seinem Werk zunehmend mit der pantheistischen Einheit von Mensch und Natur. Sein moderner Freskenentwurf zum Thema Rückzug von Marignano für den Waffensaal des Züricher Landesmuseums sorgte 1897 für heftige Diskussionen. Der aufwendige Auftrag war so umfangreich, dass er sogar die Einladung von Gustav Klimt zur »I. Ausstellung« der Wiener Secession ausschlug.

Internationaler Durchbruch und Wiener Netzwerk
Sein internationaler Durchbruch kam 1899 mit seiner Teilnahme an der Biennale in Venedig, 1900 mit der »Weltausstellung Paris«, auf der er das Gemälde Der Tag ausstellte und eine Goldmedaille erhielt sowie mit seiner Mitgliedschaft der Berliner Secession. Im gleichen Jahr präsentierte er die Marignano-Seitenfelder auf der wegweisenden »VIII. Ausstellung« der Secession in Wien, die sich dem Kunstgewerbe widmete und die Wendung zur Stilkunst bewirkte. Die Secession ernannte ihn zum korrespondierenden Mitglied und zeigte 1901 auf der »XII. Ausstellung« Hodlers Gemälde Der Auserwählte (1893/94, Kunstmuseum Bern) und Der Frühling (1900/01, Museum Folkwang Essen) gemeinsam mit Werken von Jan Toorop und Fernand Khnopff.

Weiters verweilte Hodler im Winter 1903 auf Einladung Dr. Anton Loews – dem Begründer des berühmten Sanatorium Loew – für sieben Wochen in Wien, um eine Replik der von ihm angekauften Erstfassung von Der Auserwählte zu malen. Auf der Rückreise hielt er sich in München auf und wurde auf Empfehlung Max Klingers als korrespondierendes Mitglied der Münchener Sezession aufgenommen. Im Juni reisten Carl Moll und Koloman Moser zu Hodler in die Schweiz, um Gemälde für die »XIX. Ausstellung« der Wiener Secession auszusuchen. Hier war er 1904 als Ehrengast mit 31 Werken vertreten und entwarf das Ausstellungsplakat. Journalisten wie Franz Servaes, Ludwig Hevesi und Berta Zuckerkandl berichteten enthusiastisch über sein Œuvre, das die Wiener Kunstszene nachhaltig beeinflussen sollte. Während seines Aufenthaltes logierte er gemeinsam mit seiner Frau Berthe Hodler  im von Josef Hoffman gestalteten Haus des Industriellen und Fotografen Friedrich Viktor Spitzer auf der Hohen Warte und verkehrte mit den über die Secession bekannten Künstlern und Nachbarn der »Künstlerkolonie« Carl Moll, Kolo Moser, Hugo Henneberg und dem Sammler Carl Reininghaus.

Dem Austritt der sogenannten Klimt-Gruppe aus der Secession folgten im April 1906 auch einige korrespondierende Mitglieder, wie u.a. Ferdinand Hodler. Ein weiterer Berührungspunkt mit Gustav Klimt war die »II. Ausstellung des Deutschen Künstlerbundes« 1905. Hier erhielten beide Maler einen eigenen Saal, Hodler war mit 12 Werken vertreten und fungierte zudem als Jurymitglied.

Er verfasste ab 1907 ästhetische Notizen zum »Parallelismus«, seinem Kompositionsprinzip, das er nach eigener Aussage 1909 im Thunersee mit symmetrischer Spiegelung (1909, Musée d’art et d’histoire, Genf) am besten angewendet hatte. Im Winter 1909/10 organisierte Moll als Leiter der Galerie Miethke eine Einzelausstellung, wobei Hodler bereits 1905 die Reproduktionsrechte an seinen Werken an die Galerie, die zudem als Verlag agierte, abtrat.

Hodler pflegte Freundschaften zu Künstlern wie Emil Orlik, Auguste Rodin und Hoffmann, wobei Letzterer 1913 die Einrichtung seiner luxuriösen Wohnung am Quai du Mont-Blanc 29 in Genf gestaltete, die die Wiener Werkstätte ausführte. Nach Ausbruch des ersten Weltkrieges unterzeichnete Hodler 1914 ein Manifest gegen die Bombardierung der Kathedrale Notre Dame in Reims durch deutsche Truppen, was zu seinem Ausschluss aus allen deutschen Künstlerverbänden führte. Von 1916 bis 1917 gab er Zeichenunterricht an der Genfer École des Beaux-Arts, malte vermehrt Gebirgslandschaften und sein Umgang mit Formen, Farben und Linien wurde freier.

Ferdinand Hodler erhielt zahlreiche Preise und Ehrentitel, war Mitglied in Künstlerverbänden im In- und Ausland und das Kunsthaus Zürich zeigte 1917 seine umfassendste Retrospektive mit rund 600 Werken. Im Kunsthaus Zürich eröffnete 1918 auch die von Moll kuratierte Ausstellung »Ein Jahrhundert Wiener Malerei«, in der 15 Klimt-Werke in einem eigenen Saal gezeigt wurden. Laut Berta Zuckerkandl beschwor Hodler sie bereits 1917, »[…] eine Klimtausstellung in der Schweiz in die Wege zu leiten.«.

Nicht nur seine Eltern und Geschwister schieden früh aus seinem Leben, er verlor auch zwei Geliebte und Modelle – Augustine Dupin, die Mutter des Sohnes Hector und Valentine Godé-Darel, die Mutter der Tochter Pauline Valentine (genannt Paulette) – die er beide am Sterbebett malte. Nach einer kurzen Ehe mit Bertha Stucki (zwischen 1889‒1891), heiratete er 1898 Berthe Jacques, mit der er bis zu seinem Tod am 19. Mai 1918 zusammenlebte.

Literatur und Quellen

  • Franz Servaes: Sezession. Der Monumentalmaler Hodler, in: Neue Freie Presse, 19.01.1904, S. 1-4.
  • Beatrice Meier: Ferdinand Hodler, in: Historisches Lexikon der Schweiz. hls-dhs-dss.ch/de/articles/019084/2006-11-06/ (08.05.2020).
  • Hans-Peter Wipplinger (Hg.): Ferdinand Hodler. Wahlverwandtschaften von Klimt bis Schiele, Ausst.-Kat., Leopold Museum (Museums Quartier, Wien), 13.10.2017–22.01.2018, Wien 2017.
  • Brief mit Kuvert von der Vereinigung bildender Künstler Österreichs in Wien an Ferdinand Hodler in Bern, unterschrieben von Gustav Klimt (12/20/1897). FH-1020-0167.
  • Berta Zuckerkandl: Wien, in: Die Kunst für Alle. Malerei, Plastik, Graphik, Architektur, 19. Jg. (1903/04), S. 286.
  • N. N.: Austritt aus der Wiener Secession, in: Deutsches Volksblatt, 22.04.1906, S. 10.
  • Berta Zuckerkandl: Ein Jahrhunder Wiener Malerei, in: Fremden-Blatt, 01.06.1918, S. 1-2.
  • Ferdinand Hodler. Catalogue raisonné der Gemälde. www.ferdinand-hodler.ch/hodler.aspx (25.04.2022).
  • Tobias G. Natter, Niklaus Manuel Güdel, Monika Mayer, Elisabeth Schmuttermeier, Rainald Franz (Hg.): Hodler, Klimt und die Wiener Werkstätte, Ausst.-Kat., Kunsthaus Zürich (Zürich), 21.05.2021–29.08.2021, Zürich 2021.
  • Monika Meyer: Der »unbekannte« Anton Loew. Anmerkungen zur Provenienz von Gustav Klimts Judith I, in: Tobias G. Natter, Niklaus Manuel Güdel, Monika Mayer, Elisabeth Schmuttermeier, Rainald Franz (Hg.): Hodler, Klimt und die Wiener Werkstätte, Ausst.-Kat., Kunsthaus Zürich (Zürich), 21.05.2021–29.08.2021, Zürich 2021, S. 80-95.
  • Regula Bolleter: Wien 1904, in: Oskar Bätschmann, Paul Müller (Hg.): Ferdinand Hodler. Catalogue raisonné der Gemälde., Band 4, Zürich 2018, S. 121-131.
  • Andreas Beyer, Bénédicte Savoy, Wolf Tegethoff (Hg.): Allgemeines Künstler-Lexikon. Die bildenden Künstler aller Zeiten und Völker, Band LXXXIII, Berlin - New York 2014, S. 480.