Charles Rennie Mackintosh

Charles Rennie Mackintosh fotografiert von James Craig Annan, 1893
© National Portrait Gallery, London

Der schottische Architekt, Designer, Möbelgestalter, Kunsthandwerker, Grafiker und Maler wurde von der englischen Arts and Crafts-Bewegung, dem Symbolismus und wie viele seiner Zeitgenossen vom Japonismus beeinflusst. Mit seinen Gesamtkunstwerken nimmt er eine prominente Position der europäischen Avantgarde der Jahrhundertwende ein.

Charles Rennie Mackintosh (eigentlich MacIntosh) wurde am 7. Juni 1868 in Glasgow geboren. 1884 begann er eine Lehre bei dem Architekten John Hutchinson, ab 1888/89 arbeitete er als Entwurfszeichner in dem Architekturbüro Honeyman & Keppie. Bis 1894 besuchte Mackintosh parallel zu seiner Berufstätigkeit Abendklassen an der Glasgow School of Art, wo er auch James Herbert MacNair, Frances MacDonald und ihre Schwester Margaret MacDonald kennenlernte. Zusammen formten sie die Künstlergruppe The Four und gestalteten anfangs vor allem Aquarelle, Plakate und Kunsthandwerk. 1899 heirateten MacNair und Frances MacDonald, 1900 auch Mackintosh und Margaret MacDonald.

Zu Charles Rennie Mackintoshs frühen Arbeiten zählten Aufträge seiner Arbeitgeber John Honeyman und John Keppie, wie die Inneneinrichtungen für den Glasgow Art Club und Craigie Hall (1892/93). Er entwickelte eigenständige, von Funktionalität bestimmte Designs, jedoch waren Einflüsse historischer schottischer Architektur erkennbar. Es folgten größere Projekte, wie das Gebäude der Kunsthochschule Glasgow School of Art, das in zwei Bauphasen (1897–1899 und 1907–1909) entstand, sowie Queen's Cross Church (1896–1899). Zu seinen wichtigsten Leistungen zählte eine Serie von sogenannten Tearooms, die er für die Unternehmerin Catherine Cranston im Zentrum von Glasgow in der Ingram Street (1900–1901) und Sauchiehall Street (1903) gestaltete.

Ähnlich wie seine Zeitgenossen der Jahrhundertwende, betrachtete sich Mackintosh in seiner Künstlerrolle als Architekt und Designer, der für das gesamte Gefüge eines Gebäudes, von der Außenfront, über die Innenräume bis hin zur Ausstattung verantwortlich war. In diesem Sinne des Gesamtkunstwerks entwarf er auch Möbel, Textilien, Ausstattungen, dekorative Elemente und kunstgewerbliche Gegenstände. Vor allem seine geometrisch-schlichten Stuhldesigns mit außergewöhnlich hohen Rückenlehnen sind bis heute bekannt.

Da Mackintosh über diverse Kunstzeitschriften Bekanntheit erlangte, wurde um 1900 auch der amtierende Secessions-Vizepräsident Josef Hoffmann auf ihn aufmerksam. Hoffmann bat seinen kunstaffinen Freund und Auftraggeber Fritz Waerndorfer – der Unternehmer, Mäzen und spätere Mitbegründer der Wiener Werkstätte sprach fließend Englisch und war mit neuesten britischen Designtrends vertraut – nach Glasgow zu reisen, um ihn für die »VIII. Ausstellung« der Wiener Secession einzuladen. Die Ausstellung widmete sich dem Kunstgewerbe und neben international anerkannten Künstlern wie Charles Robert Ashbee und Henry van de Velde beteiligten sich die Mackintoshs und die MacNairs mit einem Interieur in Saal X. Ludwig Hevesi berichtete:

»Wer dieses Zimmer betritt, sagt gewiß [!] zuerst: ›Toorop.‹ Eine gewisse Verwandtschaft ist ja vorhanden. […] Das Zimmer ist weiß, die Möbel sind schwarz, alles Holz ist glatt, dünn, eng, sezessionistisches ›Brettl‹, mit einzelnen plötzlichen Gevierten von bunt losgehendem Ornament.«

Die Ausstellungsbeteiligung steigerte nicht nur den Bekanntheitsgrad des korrespondierenden Secessionsmitglieds Mackintosh, die Arbeiten der schottischen The Four übten aber auch nachhaltigen Einfluss auf das Werk von Joseph Maria Olbrich, Josef Hoffmann, Gustav Klimt, Koloman Moser und Designer der 1903 gegründeten Wiener Werkstätte aus. So wandelte sich der Wiener Jugendstil zum reduzierten, geometrischen und auf Schwarz-Weiß-Kontrasten basierenden Secessionismus.

Die 1901 erschienene Mappe Haus eines Kunst-Freundes umfasste 18 Architekturentwürfe von Charles Rennie Mackintosh und wirkte wegweisend für Europas Architekturentwicklung. Mackintoshs Kunst fand über Kunstzeitschriften und Ausstellungsbeteiligungen weltweite Verbreitung, besonders erwähnenswert war dabei die »I. Internationale Ausstellung für moderne dekorative Kunst in Turin 1902«. In einem seiner Hauptwerke, dem Hill House der Glasgower Peripherie Helensburgh, stellte Mackintosh zwischen 1902 und 1904 die rau verputzte Außenfassade im rustikalen Stil stimmungsvoll gestalteten Innenräumen gegenüber, in denen er Licht, Raum, Form und dekorative Motive raffiniert kombinierte.

Das Ehepaar Mackintosh war bereits 1900 während der Secessionsausstellung zu Gast in Waerndorfers Villa im Cottage-Viertel und laut Hevesi entstand schon damals die Idee zur Gestaltung dessen Musiksalons. Im Zuge der Umgestaltung seines Hauses beauftragte Waerndorfer die Mackintoshs, Kolo Moser und Hoffmann 1902 mit dem Zimmer. Der dreiflügelige Fries von Margaret MacDonald Mackintosh mit dem Motiv Die sieben Prinzessinnen aus dem gleichnamigen Theaterstück von Maurice Maeterlinck wurde allerdings erst 1907 eingebaut.

Waerndorfer reiste 1906 gemeinsam mit Gustav Klimt, Hoffmann und Carl Otto Czeschka nach London, um anlässlich der Präsentation des österreichischen Kunstgewerbes die »Imperial-Royal Austrian Exhibition« in Earls Court zu besuchen. Dabei trafen sie vermutlich am 5. Mai 1906 auch Mackintosh, wie es Klimt in einer Ansichtskarte an Emilie Flöge am Vortag ankündigte.

Bereits 1901 wurde Mackintosh zum Partner von Honeyman und Keppie, er beendete die Zusammenarbeit jedoch 1913 und verließ Glasgow, um mit seiner Frau nach England zu ziehen. Nach dem Ersten Weltkrieg erhielt er nur noch wenige Aufträge, beendete seine Karriere als Architekt und widmete sich der Malerei, dem Zeichnen und der Grafik. 1914–1915 arbeitete er in Suffolk an einer Serie von botanischen Studien; es folgten acht Jahre in London, in denen er Serien von Stillleben und progressive Textil-Designs schuf.

In seinen letzten Lebensjahren wandte er sich ganz der Malerei zu: Zwischen 1923–1927 entstanden einige seiner gelungensten Aquarelle in Südfrankreich, beeinflusst von den Landschaften, Dörfern und Städten entlang der Flusstäler in den Pyrenäen. Charles Rennie Mackintosh erkrankte an Krebs und verstarb am 10. Dezember 1928 in verarmten Verhältnissen in London.

Literatur und Quellen

  • Scottish Architects. Mackintosh. www.scottisharchitects.org.uk/architect_full.php (30.03.2020).
  • Ludwig Hevesi: Aus der Sezession. Achte Ausstellung der „Vereinigung“, in: Acht Jahre Sezession (März 1897–Juni 1905). Kritik – Polemik – Chronik, Wien 1906, S. 282-288.
  • Ludwig Hevesi: Aus der Sezession, in: Acht Jahre Sezession (März 1897–Juni 1905). Kritik – Polemik – Chronik, Wien 1906, S. 288-293.
  • Georg Fuchs: Mackintosh und die Schule von Glasgow in Turin, in: Deutsche Kunst und Dekoration, Band 10 (1902), S. 575-598.
  • Vereinigung bildender KünstlerInnen Wiener Secession (Hg.): Ver Sacrum. Mitteilungen der Vereinigung bildender Künstler Österreichs, 4. Jg., Heft 23 (1901).
  • N. N.: Ein Mackintosh-Teehaus in Glasgow, in: Dekorative Kunst. Illustrierte Zeitschrift für angewandte Kunst, Band 13 (1905), S. 257-273.
  • Fernando Agnoletti: The Hill-House Helensburgh. Erbaut von Architekt Charles Rennie Mackintosh, in: Deutsche Kunst und Dekoration, Band 15 (1904/05), S. 337-361.
  • Ansichtskarte von Gustav Klimt in London an Emilie Flöge in Wien (05/04/1906).
  • Ludwig Hevesi: Haus Wärndorfer, in: Altkunst – Neukunst, Wien 1909, S. 221–227.
  • Elana Shapira: Modernism and Jewish Identity in Early Twentieth-Century Vienna: Fritz Waerndorfer and His House for an Art Lover, in: Studies in the Decorative Arts, Band 13 (2006), S. 52-92.