Carl Otto Czeschka

Koloman Moser: Carl Otto Czeschka, um 1907, Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck
© Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck

Der Universalkünstler Carl Otto Czeschka war vorwiegend als Grafiker und Kunsthandwerker tätig, arbeitete aber auch als Maler, Kostüm- und Bühnenbildner, Illustrator und Typograf. Der ihm angebotenen Mitgliedschaft in der Wiener Secession sagte er nicht zu. Ab 1905 war er einer der wichtigsten Gestalter der Wiener Werkstätte und zog 1907 für seine Lehrtätigkeit an der Kunstgewerbeschule nach Hamburg.

Carl Otto Czeschka wurde am 22. Oktober 1878 in Wien geboren und besuchte zunächst als Stipendiat das Esterhazy-Gymnasium. Danach begann er eine halbjährige Tischlerlehre bei seinem Vater und war an der Staatsoberschule. Ab 1891 belegte er abends Zeichenunterrichtklassen an der k. k. Lehr- und Versuchsanstalt für Photographie und Reproduktionsverfahren (heute: Höhere Graphische Bundes-Lehr- und Versuchsanstalt) und zeichnete schon damals Kostüm- und Ornamentstudien, Waffen sowie höfisches und kirchliches Gerät.

Czeschka studierte von 1894 bis 1897 bei Christian Griepenkerl an der Akademie der bildenden Künste und gehörte neben Gustav Klimt, Kolo Moser und Josef Hoffmann zu der Künstlergruppe Siebener-Club. Er gestaltete ab 1898 Grafiken für die Mappenwerke Allegorien. Neue Folge und Allerlei Gedanken in Vignettenform, die im Verlag von Martin Gerlach erschienen. Obwohl er in Künstleravantgardekreisen verkehrte, gehörte Czeschka nicht zu den Gründungsmitgliedern der Wiener Secession und sagte 1900 der ihm durch den damaligen Präsidenten Carl Moll zugetragenen Mitgliedschaft nicht zu. Er wandte sich vom Historismus ab, entwickelte sich innerhalb der Wiener Stilkunst zu einem der führenden Grafiker und Illustratoren und lehrte ab 1902 an der k. k. Kunstgewerbeschule, wobei Rudolf Kalvach, Oskar Kokoschka und Editha Mautner-Markhof zu seinen Schüler:innen zählten.

Carl Otto Czeschka und das Gesamtkunstwerk
Geprägt durch die Idee des Gesamtkunstwerks und beeinflusst vom internationalen Kunstgewerbe, das u.a. auf der »VIII. Ausstellung« der Secession präsentiert wurde, beschränkte sich Czeschka ab 1905 als Mitarbeiter der Wiener Werkstätte nicht nur auf den grafischen Bereich: Er entwarf auch Schmuck, Stoffe, Möbel, Spielzeug und Gebrauchsgegenstände und nahm im gleichen Jahr an der richtungsweisenden Ausstellung der Wiener Werkstätte in der neuen Filiale der Galerie H. O. Miethke am Graben teil. Gemeinsam mit den Gründern der Wiener Werkstätte – Fritz Waerndorfer und Josef Hoffmann – sowie Gustav Klimt reiste er 1906 nach London, um die »Imperial-Royal Austrian Exhibition« in Earls Court zu besuchen und auf der Rückreise die Baustelle des Palais Stoclet in Brüssel zu besichtigen. Das umfassende Projekt und Hauptwerk der Wiener Werkstätte symbolisierte am deutlichsten das Ideal des Gesamtkunstwerks, an dem Klimt mit seinem berühmten Mosaikfries mitwirkte und für das Carl Otto Czeschka einige Entwürfe für Tapeten, Stoffe, Möbel, Glasfenster und Reliefs gestaltete. Er beteiligte sich 1907 an der Ausstattung des Eröffnungsstückes Masken von Peter Altenberg im Kabarett Fledermaus, betätigte sich an Kostüm- und Bühnenentwürfen für Nibelungen am Raimund-Theater und König Lear für Max Reinhardt am Deutschen Theater in Berlin. Zu einem wichtigen Auftrag Czeschkas zählte zudem die Wiener-Werkstätte-Einrichtung des Jagdhauses auf der Hochreith von Karl und Leopoldine Wittgenstein, für das er Möbelbezüge und ein eigenes Signet gestaltete. Weiters stellte er auf der – von der sogenannten Klimt-Gruppe organisierten – »Kunstschau Wien 1908« aus, und war Mitarbeiter der Zeitschriften Erdgeist und Die Kunstwelt.

Berufung nach Hamburg
Im Oktober 1907 folgte er der Berufung als Professor an die Kunstgewerbeschule Hamburg, an der er die Fachklasse für Flächengestaltung und Grafik sowie die Leitung der Buchbinderei übernahm. Im Gegensatz zu seinen frühen naturalistischen Arbeiten wandelte sich sein Stil zu geometrischen Formen, archaisch-symbolischer Motivik und arabeskenhaftem Dekor, und er beschäftigte sich mit Typografie. Czeschka war jedoch nicht der einzige Wiener Professor in Hamburg, denn bereits wenige Monate zuvor, im April 1907 ging Richard Luksch an die dortige Kunstgewerbeschule.

Czeschka setzte sich fortan für die Reform der akademischen Ausbildung ein. Vor allem die Gleichstellung und Verschränkung von Kunstgewerbe, angewandter und bildender Kunst unter Praxisbezug waren ihm ein Anliegen. Er arbeitete während seiner Hamburger Zeit weiterhin für die Wiener Werkstätte und erhielt Aufträge für Gebrauchsgrafik, Kunsthandwerk, Innenausstattungen, Glasfenster, Kostüm- und Bühnengestaltungen.

1914 wurde er Mitglied im Werkbund und entwarf verschiedene Schrifttypen wie die Czeschka Antiqua bzw. Czeschka Vienna, wobei der von ihm 1946 gestaltete Titel der Wochenzeitung Die Zeit bis heute verwendet wird. Außerdem beauftragte ihn die Keksfabrik Bahlsen mit Keksverzierungen und der Gestaltung von Feldpostkarten. Besonders seine Arbeiten ab 1918 für die Zigarrenfabrik Wolff, die von Ladenausstattungen über Verpackungen bis hin zu Werbeplakaten reichten, waren über viele Jahre relevant.

Während der NS-Zeit konzentrierte er sich auf die Lehrtätigkeit und trat 1943 in den vorzeitigen Ruhestand. Im Ersten Weltkrieg zerstörten Bombenangriffe Czeschkas Atelier sowie die von ihm entworfenen Glasfenster in der Hamburger Kunstgewerbeschule. Nach dem Tod seiner Frau Martha 1951 lebte Carl Otto Czeschka zurückgezogen und starb am 30. Juli 1960 in Hamburg.

Literatur und Quellen

  • Carl Otto Czeschka, Josef Hoffmann, Ausführung Wiener Werkstätte, Paravent für das Palais Karl Wittgenstein. bda.gv.at/de/aktuelles/artikel/2002/09/carl-otto-czeschka-josef-hoffmann-ausfuehrung-wiener-werkstaette-paravent-fuer-das-palais-karl-wittg/ (15.05.2020).
  • Bettina Berendes: Carl Otto Czeschka. Die Schönheit als Botschaft. Glasfenster der Hamburger Kunstgewerbeschule, Kiel 2005.
  • Markus Kristan: Kunstschau Wien 1908, Wien 2016.
  • Christian Witt-Döring: Palais Stoclet, in: Christian Witt-Döring, Janis Staggs (Hg.): Wiener Werkstätte 1903-1932. The Luxury of Beauty, New York 2017, S. 368-409.
  • Heinz Spielmann, Hella Häussler, Rüdiger Joppien: Carl Otto Czeschka. Ein Wiener Künstler in Hamburg. Mit unveröffentlichten Briefen, Göttingen 2019.
  • Senta Siller: Carl Otto Czeschka 1878–1960. Leben und Werk. Dissertation, Berlin 1993.
  • Josef August Lux: Moderne Kunstausstellung, in: Arbeiter-Zeitung, 13.12.1905, S. 1-2.
  • Brief von Fritz Waerndorfer in Wien an Hermann Muthesius (04/09/1906). D 102-6648.
  • Hans Ankwicz-Kleehoven: Carl Otto Czeschka, in: Alte und moderne Kunst. Österreichische Zeitschrift für Kunst, Kunsthandwerk und Wohnkultur, 6. Jg., Heft 47 (1961), S. 14-17.
  • Hans Ries: Carl Otto Czeschka, in: Günter Meissner, Andreas Beyer, Bénedicte Savoy (Hg.): Allgemeines Künstler-Lexikon. Die bildenden Künstler aller Zeiten und Völker, Band XXIII, Berlin - New York 1999, S. 306.
  • Handelskammer Hamburg (Hg.): CARL OTTO CZESCHKA 1878 - 1960. Ein Wiener Künstler und die Hamburger Wirtschaft, Hamburg 2011.
  • Hella Häussler: Carl Otto Czeschkas Leben und Nachleben, in: Handelskammer Hamburg (Hg.): CARL OTTO CZESCHKA 1878 - 1960. Ein Wiener Künstler und die Hamburger Wirtschaft, Hamburg 2011, S. 18.