Auguste Rodin

Auguste Rodin vor seiner Skulptur der Denker, in: Otto Grautoff: Künstler-Monografien, Band 93, Bielefeld - Leipzig 1911.
© Universitätsbibliothek Heidelberg

Auguste Rodin: L'Age d'Airen
© Agence photographique du musée Rodin - Jérome Manoukian

Beteiligung Rodins an der 9. Secessionsausstellung, in: Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession (Hg.): Katalog der IX. Kunst-Ausstellung der Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession, Ausst.-Kat., Secession (Wien), 00.01.1901, Wien 1901.
© Bibliothek des Belvedere, Wien

Der Bildhauer Auguste Rodin erlangte durch sein Werk weltweite Anerkennung. Als korrespondierendes Mitglied der Wiener Secession nahm er häufig an Ausstellungen der Künstlergruppe teil. 1902 besuchte er Wien und lernte den über zwanzig Jahre jüngeren Gustav Klimt persönlich kennen, den er durch sein Schaffen nachhaltig beeinflusste. Beide Künstler waren Pioniere ihrer Zeit und Schlüsselfiguren der Kunst um 1900.

François-Auguste-René Rodin wurde am 12. November 1840 in Paris geboren. Die Familie lebte in bescheidenen Verhältnissen. Von 1854 bis 1859 war Rodin Schüler an der École Impérial Spécial de Dessin et de Mathématiques. 1857 bewarb er sich erfolglos an der École des Beaux-Arts – auch »Grande École« genannt. Ab 1858 fertigte er dekorative Plastiken für verschiedene kunsthandwerkliche Ateliers um sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Aus dem Jahr 1860 stammt Rodins erste, noch erhaltene Plastik. Es handelt sich dabei um eine Büste seines Vaters Jean-Baptiste Rodin (1860, Musée Rodin, Paris).

Rodin wird zum renommierten Bildhauer
Nach einer Studienreise nach Florenz und Rom 1875/76 begann Rodin sich intensiv mit dem Werk Michelangelos auseinanderzusetzen. Seine Skulptur Le Vaincu [Der Besiegte] wurde unter dem Titel L’Age d’Airain [Ehernes Zeitalter] (1877, Musée Rodin, Paris) 1877 im Salon de Paris ausgestellt und löste in der Pariser Kunstwelt einen Skandal aus. Rodin wurde vorgeworfen, er habe die Statue direkt auf seinem Modell geformt. Der Bildhauer konnte schlussendlich das Gegenteil beweisen und der Skandal verhalf ihm zu Bekanntheit in der Pariser Kunstszene.

1880 beauftragte die Regierung den aufstrebenden Bildhauer ein Portal für das nie ausgeführte Musée des Arts décoratifs zu schaffen. In Abwandlung von Motiven aus Dantes Divina Commedia schuf er eines seiner Hauptwerke: La Porte de l’Enfer [Das Höllentor] (1880–1917, Musée Rodin, Paris), das ihm den Durchbruch zum Erfolg brachte.

Rodin in Wien
Auch außerhalb von Frankreich war man bereits auf Rodin aufmerksam geworden. Besonders die Vereinigung bildender Künstler Österreichs, Secession, die sich bemühte die Wiener Kunst vermehrt im internationalen Kontext zu präsentieren, hegte ein reges Interesse an dem innovativen Bildhauer. Carl Moll, Josef Engelhart und Wilhelm Bernatzik, die immer wieder Reisen in die französische Hauptstadt unternahmen, hatten die Gelegenheit die Werke des Bildhauers vor Ort kennen zu lernen. Bereits kurz nach der Gründung der Wiener Secession 1897 wurde Rodin zum korrespondierenden Mitglied ernannt. Schon im Jahr darauf beteiligte er sich an der »I. Kunst-Ausstellung der Vereinigung bildender Künstler Österreichs« 1898 mit Modellen des Monument à Victor Hugo [Denkmal für Victor Hugo] (1886, Petit Palais, Musée des Beaux-arts de la Ville de Paris) sowie der Büste des Bildhauers Aimé-Jules Dalou (1883, Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg), welche die Secessionisten für die Moderne Galerie ankaufen wollten. Außerdem zeigte man Werke Rodins in der IV. (1899) und VII. Secessionsausstellung (1900). Bedeutend war seine Teilnahme an der IX. Secessionsausstellung 1901. Auf der Schau, deren Schwerpunkt die Präsentation von Werken des verstorbenen Mitgliedes Giovanni Segantini, sowie anderer internationaler Künstler aus dem Ausland war, wurden vierzehn Plastiken und acht Grafiken von Rodin gezeigt. Das Wiener Publikum nahm den modernen Bildhauer durchwegs positiv auf, Hevesi bezeichnete ihn 1898 als: »Eine Art Pariser Michelangelo«, ein anderer Rezensent schrieb:

»Der dritte Heilige der strenggläubigen Moderne, der zur Anbetung ausgestellt ist, heisst [!] August [!] Rodin.«

Rodin, der keine der Ausstellungen selbst besucht hatte, kam erst 1902 das erste Mal persönlich nach Wien. Im Anschluss an eine Kollektiv-Ausstellung seiner Werke in Prag, trat Rodin seinen Rückweg über die österreichische Hauptstadt an, wo er einige Tage verweilte. Berta Zuckerkandl, deren Schwester, Sophie Clemenceau, in Paris lebte, hatte den Kontakt zu Rodin für die Künstler der Secession hergestellt. Zu Ehren des Bildhauers gab sie eine Jause im Sachergarten, bei der höchstwahrscheinlich auch Gustav Klimt anwesend war.

Im Zuge der Besichtigung der zu diesem Zeitpunkt stattfindenden XIV. Ausstellung der Secession – der sogenannten »Beethoven-Ausstellung« - traf Rodin am 5. Juni 1902 auf Klimt, der mit dem Beethovenfries (1901, Österreichische Galerie Belvedere, Wien) einen monumentalen Beitrag zur Schau geleistet hatte. Berta Zuckerkandl schrieb 1970 über diese Begegnung aus ihrer Erinnerung:

»Und als er dann im Klimt-Saal vor dessen Beethoven-Fresko steht schweigt er wieder – doch es ist das Schweigen der Ergriffenheit. Er nimmt Klimts Hände in die seinen: >Was sind Sie für ein Künstler! Sie verstehen ihr Handwerk<«.

Gustav Klimt: Der Beethovenfries (Die feindlichen Gewalten), 1901/02, Österreichische Galerie Belvedere, Dauerleihgabe in der Secession, Wien
© Belvedere, Wien

Rodins Atelier mit dem Höllentor, in: The International Studio. An Illustrated Magazine of Fine and Applied Art, Band 33 (1907/08).
© Universitätsbibliothek Heidelberg

Aufgrund zahlreicher Unstimmigkeiten in dem fast 70 Jahre verspäteten Bericht bleibt der Wahrheitsgehalt dieser Schilderung jedoch fraglich.

Im Zuge von Rodins Teilnahme an der XVI. Ausstellung 1903, die dem Impressionismus gewidmet war, verfasste der Bildhauer für Ver Sacrum einen Beitrag über die Ziele der Plastik. Darin betont er die Notwendigkeit, nach der Natur zu arbeiten und seinem Empfinden zu folgen, um einem »sens de vie« nachzuspüren.

Klimt, der die Werke Rodins durch die zahlreichen Secessionsausstellungen bereits vor dessen Besuch in Wien gekannt haben muss, schien von dem modernen Bildhauer beeindruckt gewesen zu sein. Immer wieder hatten die Gestaltungsprinzipien der Plastiken Rodins eine Vorbildwirkung für die Malerei Klimts. Bei den dicht gedrängten, figuralen Kompositionen der Fakultätsbilder Die Philosophie (1900–1907, 1945 in Schloss Immendorf verbrannt) und Die Medizin (1900–1907, 1945 in Schloss Immendorf verbrannt), spielte beispielsweise Rodins Höllentor als Vorbild eine wesentliche Rolle. Auch die Behandlung von Bildthemen wie Krankheit, Alter und Sexualität, dürfte ihren Weg über Skulpturen Rodins in das Œuvre Klimts gefunden haben.

Galerie

Das Höllentor und die Fakultätsbilder

  • August Rodin: La Porte d'Enfer
    © gallica.bnf.fr / BnF
  • Auguste Rodin: Studien für die Figurengruppen am Porte d'enfer, in: Otto Grautoff: Künstler-Monografien, Band 93, Bielefeld - Leipzig 1911.
    © Universitätsbibliothek Heidelberg
  • Gustav Klimt: Die Philosophie, 1900-1907, 1945 in Schloss Immendorf verbrannt, in: Kunstverlag Hugo Heller (Hg.): Das Werk von Gustav Klimt, Wien - Leipzig 1918.
    © Klimt-Foundation, Wien
  • Gustav Klimt: Die Medizin, 1900-1907, 1945 in Schloss Immendorf verbrannt, in: Kunstverlag Hugo Heller (Hg.): Das Werk von Gustav Klimt, Wien - Leipzig 1918.
    © Klimt-Foundation, Wien

Auguste Rodin: Büste von Gustav Mahler, 1909, Wien Museum
© Wien Museum

Wien sollte für Auguste Rodin lebenslang ein wichtiger Bezugsort bleiben. 1903 verfasste der österreichische Dichter und gute Freund Rodins, Rainer Maria Rilke, eine Biografie über den Künstler. Rilke war es auch der 1908 im Kunstsalon Heller eine Schau der Grafiken des sonst hauptsächlich als Bildhauer bekannten Künstlers initiierte. Carl Moll erteilte 1909 den Auftrag an Rodin eine Bronzebüste von Gustav Mahler (1909, Kunsthalle Mannheim) anzufertigen, die er drei Jahre später im Zuge einer Ausstellung im Wiener Hagenbund präsentierte. International folgten ab 1912 Ausstellungen in Tokio und London sowie die Eröffnung eines eigenen Rodin-Raums im Metropolitan Museum in New York.

Ab 1914 verschlechterte sich der Gesundheitszustand Rodins zunehmend. Nach zwei Schlaganfällen spendete der Künstler 1916 alle seine Werke an den französischen Staat, der daraufhin das Musée Rodin einrichtete. Am 17. November 1917 starb Auguste Rodin im Alter von 84 Jahren. Seine Statue Le Penseur [Der Denker] (1902, Musée Rodin, Paris) wurde über seinem Grab aufgestellt.

Literatur und Quellen

  • Mona Horncastle, Alfred Weidinger: Gustav Klimt. Die Biografie, Wien 2018.
  • Rodin in Wien. Art in Words. artinwords.de/rodin-und-wien/ (10.01.2022).
  • Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession (Hg.): Katalog der I. Kunstausstellung der Vereinigung bildender Künstler Österreichs, Ausst.-Kat., Blumensäle der k. k. Gartenbaugesellschaft (Wien), 26.03.1898–20.06.1898, Wien 1898.
  • Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession (Hg.): Katalog der IX. Kunst-Ausstellung der Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession, Ausst.-Kat., Secession (Wien), 00.01.1901, Wien 1901.
  • Ludwig Hevesi: Moderne Plastik, in: Acht Jahre Sezession (März 1897–Juni 1905). Kritik – Polemik – Chronik, Wien 1906, S. 17.
  • Auguste Rodin: Rodin, Meunier, Bartholomé und Debois über die Ziele der Plastik, in: Vereinigung bildender KünstlerInnen Wiener Secession (Hg.): Ver Sacrum. Mitteilungen der Vereinigung bildender Künstler Österreichs, 6. Jg., Heft 6 (1903), S. 140.
  • R. L.: Ein Gespräch mit Rodin, in: Neue Freie Presse, 06.06.1902.
  • Agnes Husslein-Arco, Stephan Koja (Hg.): Rodin und Wien, Ausst.-Kat., Unteres Belvedere (Wien), 01.10.2010–06.02.2011, Wien 2010.
  • Max Hollein, Tobias G. Natter (Hg.): Klimt & Rodin. An Artistic Encounter, Ausst.-Kat., Legion of Honor - Fine Arts Museum of San Francisco (Lincoln Park, San Francisco), 14.10.2017–28.01.2018, San Francisco 2017.