Anton Josef Trčka

Anton Josef Trčka: Selbstbildnis mit Glaskugel, um 1916
© ALBERTINA, Wien

Anton Trčka: Gustav Klimt, 1914, Klimt-Foundation
© Klimt-Foundation, Wien

Anton Trčka: Gustav Klimt, 1914, Sammlung Stefan Asenbaum
© Sammlung Stefan Asenbaum

Egon Schiele fotografiert von Anton Josef Trčka, 1914
© ALBERTINA, Wien

Der Künstlerfotograf Anton Josef »Antios« Trčka schuf innovative und außergewöhnliche Porträtaufnahmen, durch die er sich von seiner Kollegenschaft abzuheben vermochte. Der Großteil seines Œuvres wurde während der Bombenangriffe auf Wien im Jahr 1944 zerstört. Der Nachwelt ist er vor allem durch seine Porträtserien von Gustav Klimt und Egon Schiele bekannt.

Trčkas Werdegang
Anton Josef »Antios« Trčka wurde am 7. September 1893 in Wien geboren. Seine Familie stammte ursprünglich aus Südmähren. Diese Wurzeln und Wien als kultureller Schmelztiegel prägten Trčkas Kunstauffassung zeit seines Lebens. Er war Fotograf, aber auch Schriftsteller und betätigte sich nebenbei auf dem Gebiet der Malerei.

Nach dem Pflichtschulabschluss begann er im Jahr 1911 seine Ausbildung bei Karel Novák an der k. k. Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt. Namhafte Studienkollegen Trčkas waren Trude Fleischmann und Rudolf Koppitz. Bereits während seiner Ausbildung signierte er seine Arbeiten mit »Antios«, einem Pseudonym, das sich aus den Anfangsbuchstaben seiner Vornamen zusammensetzt.

Neben dem Experimentieren mit den neuesten fotografischen Techniken sowie der Auseinandersetzung mit der Kunst des Symbolismus und des Piktorialismus beschäftigte sich Trčka intensiv mit der programmatischen Zeitschrift Ver Sacrum, dem Sprachrohr der Wiener Secession, und studierte Druckvorlagen der Wiener Werkstätte. Die daraus gewonnenen Inspirationen waren essenziell für seine Metamorphose zu einem modernen Künstlerfotografen.

Expression im Porträt. Trčkas Bildsprache
Trčka betrachtete die Fotografie nicht nur in ihrem abbildenden Charakter, sondern zeichnete häufig mit einem Pinsel auf dem Negativ. Zu diesen manuellen Veränderungen zählten das Einschreiben der Namen der dargestellten Personen, auch symbolisches Beiwerk wurde oftmals ergänzt, wie etwa in einem um 1925 entstandenen Selbstporträt zu erkennen ist. Er schuf damit eine Bildsprache, die einerseits auf dem Gebiet der modernen Fotografie innovativ und originell war und gleichzeitig Inspirationen aus der Porträtmalerei des Spätmittelalters aufnahm. Kombiniert wurden diese Elemente mit ausdrucksstarken Posen, bei denen vor allem die Gestik eine entscheidende Rolle spielte. Trčka kreierte somit Porträts, die ihn von den Fotografen seiner Zeit unterschieden. Auch wenn er weder einer Künstlervereinigung angehörte noch eine rege Ausstellungstätigkeit unterhielt, schätzte ein Kreis aufgeschlossener Kreativen wie Richard Teschner, Peter Altenberg und die Tänzerin Ellinor Tordis seine ausdrucksstarken Porträts und ermöglichte ihm Aufträge.

»Ich war Schüler Egon Schieles und Gustav Klimts.«
Im Jahr 1914 entstanden die ikonischen Porträtserien von Klimt und Schiele. Der Kontakt zu Klimt ist wahrscheinlich einem Empfehlungsschreiben von Josef Maria Eder, dem Gründungsdirektor der »Graphischen« zu verdanken. »Antios« hielt Klimt in erhabenen Posen und unterschiedlichen Ausschnitten, einen Anzug oder einen seiner berühmten indigoblauen Malerkittel tragend, fest. Visualisiert wird in diesen Porträts Klimts Position als Malerfürst und Grandseigneur der österreichischen Kunst. Trčka verdeutlichte den Stellenwert dieser Künstlerfotografien durch die Einschreibung von Klimts Namen und seiner eigenen Signatur. Überdies erscheint in manchen Aufnahmen in der Ecke rechts unten Trčkas quadratisches Monogramm im secessionistischen Stil.
Abgesehen von diesem Auftrag, der auf Trčka einen bleibenden Eindruck hinterließ, schien er sich auch in der Malerei mit den Werken des Jugendstilmeisters auseinandergesetzt zu haben. Die Federzeichnungen und Aquarelle Einfältige Klänge (1914/15, Privatbesitz) lassen durch ihr quadratisches Format, den Duktus und den auf die Perspektive verzichtenden Bildaufbau Anleihen aus Klimts Landschaftsgemälden erkennen.

Schiele und Trčka kamen auf Vermittlung des Malers Robin Christian Andersen in Kontakt, den er bereits 1912 fotografiert hatte. Die Aufnahmen Schieles zeichnen sich durch bewusste Inszenierung, Ausschnitthaftigkeit und an die damals an moderne Tänze erinnernden Posen sowie die Betonung der Hände aus. Im Vergleich mit den Porträts des arrivierten Klimt inszeniert Trčka Schiele als Inbegriff des Exzentrikers. Darüber hinaus besitzt eine Fotografie besonderen dokumentarischen Charakter, zeigt sie doch Schiele in Interaktion mit seinem unvollendeten und heute verschollenen Gemälde Begegnung (Selbstbildnis mit der Figur eines Heiligen) (1913, Verbleib unbekannt).

Die Ausführung der Porträtreihen von Klimt und Schiele waren für »Antios« von fundamentaler Bedeutung. In einem um 1930 verfassten Manuskript für einen Lebenslauf schlussfolgerte er:

»Ich war Schüler Egon Schieles und Gustav Klimts.«

Trčkas weiterer Werdegang
Im Spätsommer 1916 wurde er in die Armee eingezogen. Kurz darauf lernte er seine zukünftige Ehefrau Clara Schlesinger kennen. Damit trat nicht nur eine Verbesserung seiner finanziellen Situation ein, Schlesinger weckte »Antios’« verstärktes Interesse an der anthroposophischen Bewegung und brachte ihm die Ideen Rudolf Steiners näher. Nach dem Ersten Weltkrieg arbeitete Trčka als Fotograf für die Abteilung für Militärfotografie des Ministeriums für öffentliche Verwaltung in Prag, blieb aber in Wien wohnhaft. Während der 1920er-Jahre beschäftigte sich »Antios« vorrangig mit der Malerei. Er hielt sich in der elterlichen Heimat auf, fand Inspiration in der tschechischen Folklore und beteiligte sich an zwei Ausstellungen in Prag und Wien. Anschließend arbeitete er im Atelier von Hella Katz, einer der wichtigsten Fotografinnen der Zwischenkriegszeit. 1926 gründete Trčka die Ringwerkstätten für Kunsthandwerk und Lichtbildkunst und 1930 absolvierte er seine Meisterprüfung als Fotograf. Wenig später gab er dieses Metier jedoch nahezu vollständig auf und versuchte sich als Dichter und Organisator von anthroposophischen Lesungen.

Anton Josef »Antios« Trčka starb am 17. März 1940 in Wien. Seine letzte Ruhestätte fand er am Wiener Zentralfriedhof. Nahezu sein gesamter Nachlass wurde während der Bombenangriffe auf Wien im Jahr 1944 zerstört.

Literatur und Quellen

  • Österreichisches Biographisches Lexikon. Anton Josef Trčka. www.biographien.ac.at/oebl/oebl_T/Trcka_Anton-Josef_1893_1940.xml (01.04.2020).
  • Monika Faber: Anton Josef Trčka: Menschenbilder in fließenden Rhythmen – Die Fotografien des ANTIOS (1893–1949), in: Carsten Ahrens, Cark Haenstein, Rudolf Kicken (Hg.): Die Künstlichkeit des Wirklichen. Fotografierte Körper. Anton Josef Trčka, Edward Weston, Helmut Newton, Ausst.-Kat., Kestner Gesellschaft (Hannover), 14.03.1998–24.05.1998, Zürich - Berlin - New York 1998, S. 17-26.
  • Monika Faber: Anton Josef Trčka. 1893–1940, in: Monika Faber (Hg.): Anton Josef Trčka. 1983–1940, Ausst.-Kat., Staatliche Kunsthalle Baden-Baden (Baden-Baden), 00.00.1999; Bildarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek (Wien), 00.00.1999; Arp Museum Bahnhof Rolandseck (Remagen), 00.00.1999; Rupertinum (Salzburg), 01.07.1999–31.07.1999, Wien 1999, S. 14-109.
  • Österreichisches Biographisches Lexikon. Trčka, Anton Josef. www.biographien.ac.at/oebl/oebl_T/Trcka_Anton-Josef_1893_1940.xml (19.07.2022).
  • Ann Thomas: Witkiewicz, Trčka and Kesting: Pioneers in modernist portraiture, Online 2005.
  • Albertina (Hg.): Egon Schiele, Ausst.-Kat., Albertina (Wien), 22.02.2017–18.06.2017, München 2017.