Familie Ucicka

Maria Ucicka fotografiert von Albert Voisard, um 1899
© Klimt-Foundation, Wien

Gustav Klimt: Nachricht von Gustav Klimt in Wien an Maria Ucicka in Wien, 06.07.1899, Klimt-Foundation
© Klimt-Foundation, Wien

Maria Ucicka mit ihrem Sohn Gustav fotografiert von Karl Strempel, um 1900, Klimt-Foundation, Wien
© Klimt-Foundation, Wien

Gustav Ucicky fotografiert von Victor Angerer, um 1910
© Klimt-Foundation, Wien

Maria Ucicka, Modell und Geliebte von Gustav Klimt, gebar im Jahr 1899 seinen erstgeborenen Sohn Gustav Ucicky. Dieser reüssierte als Kameramann und Filmregisseur.

Maria Ucicka
Die aus ärmlichen Verhältnissen stammende Maria Ucicka wurde am 9. Juli 1880 geboren. Die ersten Lebensjahre im böhmischen Karolinenthal (Karlin) bei Prag verbringend, zog sie schließlich gemeinsam mit ihrer Mutter, Theresia Ucicka, vor der Jahrhundertwende nach Wien. In der Reichshaupt- und Residenzstadt bestritten beide Frauen ihren Lebensunterhalt hauptsächlich als Näherinnen und Bedienerinnen, abgesehen von einem kurzweiligen Konditorei-Gewerbe, das sie gemeinsam betrieben. Berichten von Angehörigen zufolge lernte Maria Ucicka Gustav Klimt im Jahr 1898 in der Wiener Dominikanerkirche kennen. Ihr außereheliches Naheverhältnis zu dem Künstler ist nicht nur durch 68 zwischen 1899 und 1916 verfasste Schriftstücke des Meisters und durch den gemeinsamen Sohn belegt. Die Zeichnung Porträtstudie Maria Ucicka (1898/99 (unvollendet), Klimt-Foundation, Wien, S 1989: 3315) sowie das Gemälde Mädchen im Grünen (um 1898, Klimt-Foundation, Wien) belegen ihre Rolle als Modell Gustav Klimts.

Am 6. Juli 1899 gebar sie ihren Sohn Gustav. Klimt schickte Glückwünsche an die junge Mutter:

»Gratuliere herzlich zum kleinen Prinzen und zum glücklichen Überstehen der schweren Stunde. Wünsche Wo[h]lergehen und baldige Genesung. Herzlichen Gruß.«

Zwischen dem Vater, der Mutter und dem Sohn gab es im Verlauf der Jahre wenig direkten Kontakt, bis auf gelegentliche Besuche von Maria Ucicka »mit dem kleinen Gusti« in den Ateliers sowie Briefe und Ansichtskarten, die ihr Klimt schickte. Immerhin unterstützte der Künstler sie und den Sohn, wie auch Maria »Mizzi« Zimmermann, Consuela »Ella« Huber und deren Söhne, mit monatlichen Geldzuwendungen. Nach dem Tod Gustav Klimts im Februar 1918 erhob Maria Ucicka weitere finanzielle Ansprüche. Gustav Ucicky erhielt schließlich eine einmalige Abfindung von 4.000 Kronen (ca. 8.000 Euro). Maria Ucicka verstarb am 4. Jänner 1928. Sie wurde am Hietzinger Friedhof, unweit vom Grab Gustav Klimts, bestattet.

Gustav Ucicky
Gustav Ucicky wuchs in dem Bewusstsein auf, ein uneheliches Kind Gustav Klimts zu sein. Die Distanz durchaus wahrend, ist anzunehmen, dass der Maler teilweise für die Ausbildung seines Kindes aufkam. Im Notenkatalog aus den Jahren 1907/08 des Norbertinums, einer Internatsschule in Tullnerbach bei Pressbaum, ist Gustav Ucicky verzeichnet. Ab Mitte des Jahres 1913 begann er wohl auf Intervention Klimts eine Lehre im k. k. Militär-Geografischen Institut. Ab dem Jahr 1916 fasste er Fuß in der Filmindustrie. Ucicky arbeitete für die Sascha-Film-Fabrik und filmte als einer von mehreren Kameramännern das Begräbnis von Kaiser Franz Joseph I.. 1918, in jenem Jahr als sein Vater verstarb, avancierte Ucicky zum filmischen Begleiter der Kaiserfamilie während der Türkei-Reise.

1919 strebte Ucicky eine Namensänderung auf Klimt an, die jedoch seiner Erinnerung nach von Mitgliedern des Künstlerhauses und der Wiener Secession unterbunden wurde:

»Prompt erfolgte eine Petition des Wiener Künstlerhauses und der Secession, in welcher sämtliche damals lebenden Maler und Bildhauer dagegen protestierten, dass ein Mensch, der beim Film ist und noch dazu den gleichen Vornamen hat wie Klimt, sich Gustav Klimt nennt […].«

Ab 1921 war er Chefkameramann bei Sascha-Film, dessen Arbeit vor allem in künstlerischer Hinsicht geschätzt wurde. Gegen Ende der 1920er-Jahre beschritt Ucicky auf Anraten seines Mentors Alexander Kolowrat-Krakowsky neue Wege als Filmregisseur. Zu seinen bekanntesten Filmen dieser Zeit zählt das Stummfilmdrama Café Elektric (1927) mit Marlene Dietrich und Willi Forst in ihren ersten Hauptrollen. Während des Zweiten Weltkrieges wurde er als Regisseur für NS-Propagandafilme eingesetzt. Nach Kriegsende war er mit einem Arbeitsverbot belegt. Danach entstanden vor allem Heimatfilme, mit denen Ucicky aber nicht an seine bisherigen Erfolge anschließen konnte.

Zeit seines Lebens erwarb er Werke von Gustav Klimt als Kompensation seines raren Vater-Sohn-Verhältnisses. Gustav Ucicky starb am 26. April 1961 in Hamburg. Er wurde auf dem Hietzinger Friedhof neben seiner Mutter begraben.

Ursula Ucicky
Die Journalistin und Regieassistentin Ursula Ucicky (geb. Kohn) wurde im Jahr 1922 als Tochter des jüdischen Tuchfabrikanten Heinrich Kohn in Cottbus geboren. Die von den Nationalsozialisten eingeführten Rassengesetze führten zum Verlust von Haus und Fabrik. Nach Kriegsende lebte Kohn u. a. in England und Israel. 1953 kehrte sie nach Deutschland zurück. Drei Jahre später lernte sie ihren künftigen Ehemann Gustav Ucicky während einer Filmpremiere in Hamburg kennen. Sie assistierte ihm fortan bei seinen Filmen. Im Zuge der Verlassenschaftsabhandlung ging nach Ucickys Tod die verbliebene Sammlung in das Eigentum seiner Ehefrau Ursula über. 2013 gründete sie die Klimt-Foundation und brachte die in ihrem Besitz verbliebenen Gemälde und Zeichnungen in die gemeinnützige Privatstiftung ein mit dem Zweck, diese zu beforschen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Gustav und Ursula Ucicky, um 1956
© Klimt-Foundation, Wien

Literatur und Quellen

  • Georg Markus: Klimts Schwiegertochter: „Der Name Klimt sagte mir nichts“. kurier.at/chronik/geschichten-mit-geschichte/klimts-schwiegertochter-der-name-klimt-sagte-mir-nichts/400430545 (22.04.2020).
  • Sandra Tretter: Gustav Klimts Naturvision im Atelier und auf Sommerfrische, in: Sandra Tretter, Peter Weinhäupl (Hg.): Gustav Klimt. Florale Welten, Wien 2019, S. 27.
  • Armin Loacker: Ungleiche Verhältnisse. Über die Beziehung Gustav Klimts zu Maria und Gustav Ucicky, in: Sandra Tretter, Peter Weinhäupl (Hg.): Chiffre: Sehnsucht – 25. Gustav Klimts Korrespondenz an Maria Ucicka 1899–1916, Wien 2014.
  • Sandra Tretter: Parallele Welten. Gustav Klimts Korrespondenz an Maria Ucicka im Kontext gelesen, in: Sandra Tretter, Peter Weinhäupl (Hg.): Chiffre: Sehnsucht – 25. Gustav Klimts Korrespondenz an Maria Ucicka 1899–1916, Wien 2014, S. 9-68.
  • Sandra Tretter, Peter Weinhäupl (Hg.): Chiffre: Sehnsucht – 25. Gustav Klimts Korrespondenz an Maria Ucicka 1899–1916, Wien 2014.
  • Christoph Brecht, Armin Loacker, Ines Steiner (Hg.): Professionalist und Propagandist. Der Kameramann und Regisseur Gustav Ucicky, Wien 2014.
  • Brief von Otto Kiebacher in Wien an Maria Zimmermann in Wien (10/29/1919).