Familie Flöge

Gustav Klimt: Porträt Barbara Flöge, 1917/18, Privatbesitz
© Galerie Welz

Gustav Klimt und die Flöges im Ruderboot am Attersee vor der Villa Paulick, Sommer 1909, Klimt-Foundation
© Klimt-Foundation, Wien

Gustav Klimt mit den Schwestern Flöge in Paul Bachers Motorboot "Namenlos" am Attersee, Sommer 1905, Klimt-Foundation
© Klimt-Foundation, Wien

Gustav Klimt: Pauline Flöge im Rokokokostüm, 1892-1894, ARGE Sammlung Gustav Klimt, Dauerleihgabe im Leopold Museum, Wien
© Leopold Museum, Wien

Gustav Klimt: Porträt Emilie Flöge, 1902/03, Wien Museum
© Wien Museum

Familie Flöge bedeutete für Gustav Klimt nicht nur eine verwandtschaftliche und freundschaftliche Verbindung. Vor allem die Beziehung zu Emilie Flöge sollte ihn zeit seines Lebens als Mensch und Künstler prägen.

Hermann und Barbara Flöge
Hermann August Flöge, geboren am 25. Februar 1837 in Wien, erlernte wie sein Vater den Beruf des Drechslermeisters. Er spezialisierte sich auf die Produktion von Meerschaumpfeifen. Auf der »Weltausstellung« 1873 in Wien wurde er für seine Fabrikationen mit einer Fortschritt-Medaille ausgezeichnet. Er heiratete 1862 Barbara (geb. Stagl), die am 20. November 1840 ebenfalls in Wien als Tochter des Baumeisters Benedikt Stagl geboren worden war. Sie bekamen sechs Kinder, wobei zwei davon, Rudolf und Hermine bereits im Kindesalter verstarben.

Hermann Flöge starb am 28. Dezember 1897. Mit Porträt Hermann Flöge sen. am Totenbett (1899/1900, Belvedere, Wien) erwies ihm Gustav Klimt die letzte künstlerische Ehre. Auch Barbara wurde kurz vor dem Ableben des Künstlers von diesem selbst im Gemälde Porträt Barbara Flöge (1917/18, Privatbesitz) in Öl auf Leinwand festgehalten. Sie verstarb am 27. Februar 1927.

Hermann, Therese und Gertrude Flöge
Der erstgeborene Sohn, Hermann Benediktus Flöge, kam am 14. März 1863 zur Welt. Von 1888 bis zu seinem Tod am 4. März 1916 arbeitete er in der Wiener Niederlassung der Dornbirner Textilfirma Herrburger & Rhomberg als Buchhalter und Prokurist. Auch seine künstlerischen Anregungen für die Buntwarenmusterung wurden von der Firma sehr geschätzt. Mit Gustav Klimt war er verwandtschaftlich und freundschaftlich verbunden. 1906 heiratete Hermann Therese Paulick. Am 16. Dezember 1907 erblickte Gertrude »Trudl« Flöge das Licht der Welt. Klimt fertigte mehrere Porträtskizzen der kleinen Gertrude an. Zudem dokumentieren im Sommer 1909 und Frühjahr 1913 entstandene Schnappschüsse im Ruderboot bzw. am Bootssteg der in Seewalchen gelegenen Villa Paulick Klimts familiäre Verbindung zu Gertrude und ihren Eltern. Nach dem Tod ihrer Mutter Therese im Jahr 1949 erbte Gertrude, die für Klimt während seiner 17jährigen Sommerfrische an diesem oberösterreichischen See impulsgebende historistische Villa. Gertrude Flöge starb am 28. Juli 1971.

Pauline Flöge
Die am 21. Dezember 1866 in Wien geborene Pauline Magdalena Flöge erlernte den Beruf der Schneiderin. 1895 eröffnete sie eine Privatlehranstalt für Damenkleidermacherei. Auch sie wurde von Klimt porträtiert, etwa im Gemälde Pauline Flöge im Rokokokostüm (1892-1894, ARGE Sammlung Gustav Klimt). 1904 ließ sie ihre Lehr- und Ausbildungstätigkeit hinter sich und begründete mit ihren Schwestern Helene und Emilie einen eigenen Modesalon. Sie leitete das Büro und kümmerte sich um administrative Belange. Pauline verstarb am 3. Juli 1917. Klimt porträtierte sie ein weiteres Mal am Totenbett, jedoch gilt dieses Werk als 1945 verbrannt.

Helene (geb. Flöge), Ernst und Helene »Lentschi« Klimt
Helene Anna Flöge, die am 20. Mai 1871 in Wien geboren wurde, heiratete am 7. September 1891 Gustavs Bruder Ernst. Dieser Bund, der aufgrund des plötzlichen Todes von Ernst am 9. Dezember 1892 von kurzer Dauer war, führte nichtsdestotrotz nicht nur zur Bekanntschaft zwischen Gustav Klimt und seinem Lebensmenschen Emilie Flöge, sondern begründete auch die innige Verbundenheit zwischen Klimt und Familie Flöge. Für die am 28. Juli 1892 geborene Tochter Helene »Lentschi« Emilie Klimt (verh. Donner) übernahm Klimt die Vormundschaft. Er hielt seine sechsjährige Nichte, für die er stets väterliche Fürsorge aufbrachte, in Porträt Helene Klimt (1898, Privatbesitz) fest.
Ihre Mutter Helene arbeitete bis zu ihrem Tod am 27. Jänner 1936 im mit ihren Schwestern gegründeten Modesalon. Sie war für den Kontakt mit den Kundinnen verantwortlich. Auch die Tochter »Lentschi« sollte in dem Familienbetrieb mitarbeiten. Die Nichte Klimts besuchte für ein Jahr eine Kunstschule für Frauen und Mädchen und lernte ab Oktober 1910 an der k. k. Kunstgewerbeschule zunächst unter Rosalia Rothansel in einem Sonderkurs für Textilarbeiten und belegte im Nebenfach Ornamentales Zeichnen bei Franz Cizek. Danach nahm sie bis 1913 bei Adele von Stark Unterricht in Emailkunst.

Helene »Lentschi« heiratete am 25. Juni 1921 den Bankdirektor Dr. Rudolf Donner. Nach dem frühen Tod ihres Mannes lebte sie mit ihrer Tante Emilie zusammen und verbrachte unzählige Sommer am Attersee. Helene »Lentschi« Donner starb am 5. Jänner 1980.

Emilie Flöge und Gustav Klimt
Die am 30. August 1874 geborene Emilie Louise Flöge war die jüngste Tochter von Hermann und Barbara Flöge. Sie führte als künstlerische Leiterin mit ihren Schwestern Pauline und Helene den Modesalon »Schwestern Flöge«, der am 1. Juli 1904 in einem von der Wiener Werkstätte gestalteten Geschäftslokal auf der Wiener Mariahilfer Straße eröffnet wurde. Sie war Klimts enge Vertraute und sein Lebensmensch, gemeinsam verbrachten sie viele Sommer am Attersee. Um 1892 porträtierte Gustav erstmals die zukünftige Modedesignerin und Geschäftsfrau in Emilie Flöge im Rokokokostüm (1892–1894, Privatbesitz). Ihr wohl berühmtestes Bildnis schuf Klimt jedoch 1902/03. Er präsentierte das Gemälde Porträt Emilie Flöge (1902/03, Wien Museum, Wien) 1908 auf der »Kunstschau Wien«, wo es vom Niederösterreichischen Landesausschuss erworben wurde. Der Jahrhundertkünstler berichtete aus diesem Anlass in einer Ansichtskarte von 6. Juli 1908 an Emilie Flöge, die bereits am Attersee verweilte:

»Heute wirst Du ›verschachert‹ respective ›einkassiert‹ [...].«

Eine Vielzahl an Ansichtskarten von Klimt an Emilie gibt Einblick in das von gegenseitigem Respekt und Inspiration geprägte Verhältnis. Die Antwortschreiben Emilies sind nicht erhalten. Am 30. Dezember 1917 verfasste Klimt seine letzte Karte aus Winkelsdorf bei Familie Primavesi an Emilie, die in Wien verweilte, und wünschte ihr »ein aller allerglücklichstes Neujahr – wie wir es Beide so dringenst brauchen«.

Nur wenige Tage später erlitt er einen Schlaganfall. Klimt starb am 6. Februar 1918. Nach seinem Ableben wurde der Nachlass unter einer Erbengemeinschaft aufgeteilt. Auch Helene »Lentschi« Klimt und Emilie wurden dabei berücksichtigt. Emilie bewahrte die geerbten Stücke, wie Utensilien aus Klimts Asiatika-Sammlung, seinem Kostümfundus, Gemälde und Zeichnungen, in den Wohnräumen der Casa Piccola, im sogenannten »Klimtzimmer« auf. Auch das letzte unvollendete Monumentalgemälde des Meisters Die Braut (1917/18 (unvollendet), Klimt-Foundation, Wien) ging u.a. in Flöges Besitz über. 1938, nach der Schließung des Modesalons, übersiedelten Emilie und Helene samt Hab und Gut in die Ungargasse 39 (Wien-Landstraße). Der gesamte Klimt-Nachlass, der sich dort befand, verbrannte 1945 als die Wohnung im Kriegsgeschehen zerstört wurde. Emilie Flöge starb am 26. Mai 1952.

Literatur und Quellen

  • Ansichtskarte von Gustav Klimt in Wien an Emilie Flöge in Kammer am Attersee, 2. Karte (Morgen) (07/06/1908).
  • Ansichtskarte mit Kuvert von Gustav Klimt in Winkelsdorf an Emilie Flöge in Wien, DLSTPW12 (12/30/1917), Privatbesitz, courtesy Klimt-Foundation, Wien.
  • Sandra Tretter, Peter Weinhäupl (Hg.): Gustav Klimt. Emilie Flöge. Reform der Mode. Inspiration der Kunst, Wien 2016.
  • Wolfgang Georg Fischer: Gustav Klimt und Emilie Flöge. Genie und Talent, Freundschaft und Besessenheit, Wien 1987.
  • Wolfgang Georg Fischer: Gustav Klimt und Emilie Flöge III. Erinnerungen an Emilie Flöge, in: Alte und moderne Kunst. Österreichische Zeitschrift für Kunst, Kunsthandwerk und Wohnkultur, 26. Jg., Heft 190/191 (1983), S. 57.